Sonntag, 11. Dezember 2005
Sunday of love


Der Sommer der Liebe war definitiv schon vorbei, als ich spätgeborenes Herbstkind damit begann, von meiner sexuellen Reife Gebrauch zu machen. Ob die späte Geburt im Autumn of '63 eine Gnade oder ein Fluch war, tja, schwer zu sagen. Jedenfalls war ich zu jung, um die Studentenunruhen, Sit-ins und Sex, Drugs & RocknRoll-Exzesse der späten Sechziger aktiv mitzuerleben. Aber so ganz ist diese kulturelle Prägung auch an meiner Generation nicht vorübergegangen, wie ich heute in der Frankfurter Schirn Kunsthalle sehen konnte. Das ganze psychedelische Gewaber in Gelb, Orange- und Rot-Tönen, Bewegtbilder, die den Betrachter auf einen Trip zu schicken scheinen, diese ganze vertraute Ikonographie des Hippie- und Gammlertums, vor dem mich meine Eltern immer gewarnt hatten, das alles bettet die Frankfurter Ausstellung sehr gut ein in den popkulturellen Kontext jener Jahre. Leider stellte sich das Aufsichtspersonal ziemlich stur in Sachen Fotographieverbot, sonst hätte ich hier liebend gerne ein paar Eindrücke serviert - etwa den flower-power-mäßig bemalten Porsche von Janis Joplin (kein Wunder, dass sie dann den HErrn um einen Mercedes-Benz anflehte). Allerdings wurde mir von dem ganzen psychedelischen Hippiekram dann doch so schwirr im Schädel, dass ich schon anfing, Zimtsterne zu sehen und Glühwein zu riechen. Aber nach dem Genuss einer knackigen Rostbratwurst auf dem Weihnachtsmarkt am Römer war ich wieder im Hier und Jetzt angekommen. Im winter of love 05. Und glühweinselig wie ich war, ließ ich mich (ausnahmsweise mal) nicht lumpen, als mich ein Tippelbruder um Kleingeld ansprach. Ich bestand nicht mal auf der sonst üblichen Spendenquittung. Unser Steuerberater wird mir deswegen sicher Vorhaltungen machen. Aber jetzt, wo das Fest der Liebe immer näher rückt, wollen wir doch nicht so kleinlich sein. Und gleich mal ne passende Musik für den Tages-Ausklang raussuchen: All you need is love von den Beatles, gefolgt von Come together...

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Tapfer von Ihnen,
sich in die Menschenmassen auf dem Römer zu wagen. Letzten Samstag beging auch ich diesen Wahnsinn, um den geschätzten Briten im Schlepptau deutsche KonsumWeihnachtskultur zu zeigen. Ohne Glühwein lässt sich das nur schwer ertragen. Zeit für die Ausstellung blieb leider nicht, das werde ich nachholen. Im MMK darf man übrigens nach Unterschreiben eines Dokumentes Fotos anfertigen. Werde mal nachforschen, warum es die Schirn verbietet.

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Wie, du warst in Frankfurt und hast nicht mal Bescheid gegeben? Ts..

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Ähm, ja.
Hatte den Mann Deines Herzens neulich so verstanden, Du würdest Wochenend-Dienst schieben. Oder hatte ich da was missverstanden? Anyway, es war eh nur ne relativ spontane (und ziemlich kurze) Familien-Exkursion. Als der Abend dämmerte, waren wir schon wieder on the road, weil die Kleine keinen Mittagsschlaf gehabt hatte.

@Frau fishy_: Fragt sich, was mehr Tapferkeit erforderte - Weihnachtsmarkt oder Ausstellung. Hatte beides seine spezifischen Herausforderungen. In den Menschenmassen hatte ich ja den Kinderwagen als Rammbock Abstandhalter dabei. ;-)

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Herr Mark, es ist einfach in den Musen eine Fotographieerlaubnis zu bekommen. Beim Kartenkauf danach fragen. In der Schirn bekommt man dann einen grellen Sticker und darf ungehemmt und aus allen erdenklichen Lagen Bilder machen.

Weihnachtsmarkt: Gibt es was Schöneres als vor dem Karussell zu stehen und zu warten bis die Lütten wieder aussteigen und das letzte Kleingeld verbraucht ist? Steht Ihnen noch bevor, die angefrorenen Extremitäten bei „…in der Weihnachtsbäckerei…“ lauthals mitsingend, mental von innen wieder zu wärmen.

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"come together" habe ich in den letzten tagen schon mehrfach empfohlen. ich bin ein wenig später geboren als sie, aber ja, dann doch in kindheit und jugend geprägt von dieser kultur, so dass man in den neunzigern in der merkwürdigen situation war, dieses phänomen nicht verursacht zu haben, es aber irgendwie verarbeiten zu müssen (da verstorben). ich denke, das prägt einen bis ans ende.

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Die psychedelischen Gestaltungselemente
hatte unsere Schülerzeitung noch in den späten Siebzigern, und die musikalische Sozialisation der Endsechziger und Frühsiebziger hat auch uns Spätgeborene noch erreicht, keine Frage. Aber ich hatte schon nicht mehr diesen massiven Schlaghosen-Hau, den mein älterer Bruder noch kultivierte als ich längst in Röhrenhosen rumstakste. Von daher glaube ich, dass mein grundlegendes Lebensgefühl doch eher schon von New Wave & Co. geprägt worden ist als von den Spätausläufern des Hippietums. Das schlägt sich auch immer noch in meiner Vorliebe für eher kühles Mobiliar nieder.

Herr Nicodemus, schieben Sie's auf meine Unerfahrenheit. So nen Apparillo mit mir rumzuschleppen, das fand ich früher immer total touristenmäßig uncool. Und für das Bildermachen auf Interviewterminen und dergleichen habe ich ja in aller Regel nen Profi-Fotografen dabei. Nur Schreiber von Lokalblättchen oder Fanzines halten auch selber drauf. Erst in der Kombination Familie/Digitalkamera/Blog entdecke ich das Feld Fotografie (oder sagen wir lieber Rumgeknipse) allmählich für mich.

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Sie hatten Glück mit der Musik in der Zeit, in der Sie aufwuchsen.

Ich nicht.

Gruß,
Maria Magdalena Depeche Duran Pet Shop Miami Vice.

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Najaaa,
schlechte Musik gab's auch schon in den 80ern. Ich denke da an Modern Talking. Oder Kajagoogoo und so Zeux. Aber insgesamt will mir in der Tat scheinen, im Radio wäre die Quote hörbarer Musik höher gewesen als in den Neunzigern und heute. Kann aber auch daran liegen, dass ich in den jungen Jahren dem Mainstream noch nicht so radikal-kritisch gegenüberstand...

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"Dance, dance, dance to the radio." (Joy Divsion, "Transmission")

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Und in der Mainstream-Variante:
all we hear is radio gaga, radio googoo... (Queen, "weißnichtvonwelcherScheibe")

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