Donnerstag, 29. Dezember 2005
Nachbetrachtung zum Fest
Es begab sich zu der Zeit, nachdem Angela Merkel in Berlin Volkstribunin geworden war, dass ich nach rund 20 Jahren mal wieder einen Weihnachtsgottesdienst besuchte. Mit meinem angetrauten Weibe und unserem Kindelein verschlug es mich in eine evangelische Kinder-Mette - zelebriert von einer Pastorin. OK, sowas soll's geben, ich bin da ja völlig unvoreingenommen. Dass dann aber auch der Josef im Krippenspiel von einem Mädchen dargestellt wurde, fand ich ein wenig, nun ja, seltsam. Zumal es bei den Hirten auf dem Felde ja nicht an Jungs fehlte. Hat nun die matriarchalische Weltverschwörung das protestantische Christentum schon so weit unterwandert, dass im weihnachtlichen Krippenspiel unverhohlen lesbische ehe-ähnliche Lebensgemeinschaften promotet werden? Hatte mir eigentlich vorgenommen, die Pastorin darauf bei Gelegenheit mal anzusprechen. Dann überlegte ich aber weiter und erforschte mein eigenes Herz, ob ich selber als Junge gern den Josef gespielt hätte. Und diese Frage muss ich ja nun ganz klar verneinen. König Herodes, klar, immer gerne - garstiger Herbergsvater, kein Problem, die Rolle war mir gewissermaßen wie auf den Leib geschneidert. Aber Josef? No way. Genausowenig übrigens wie Balthasar - das war nämlich derjenige der drei heiligen Könige, dessen ethnische Zugehörigkeit mittels schwarzer Erdal-Schuhcreme im Gesicht signalisiert wurde, wenn die Sternsinger am Dreikönigstag in meiner Heimatgemeinde auf Tour gingen. Ich weiß gar nicht, ob dieser Brauch noch gepflegt wird. Bei den heiligen drei Königen, die im Weihnachtsgottesdienst auftraten, war jedenfalls kein Schwarzer (darf man das so sagen?) dabei. Ist vielleicht nicht mehr politisch korrekt. Wie ja auch Weihnachten streng genommen nicht pc ist. In dieser Frage war man in der DDR eigentlich schon deutlich weiter. Da sprach man ja auch nicht von Weihnachtsengel, sondern von Jahresendfigur. Wobei - wenn ich weiter darüber nachdenke, dann ist Silvester, das ja nach einem christlichen Heiligen benannt ist, auch nicht pc. Und dass wir Neujahr feiern, ist ja ein Schlag ins Gesicht unserer jüdischen und islamischen Mitbürger, die ja mit ganz anderen Kalendern und Zeitrechnungen operieren. Also verzichte ich schweren Herzens darauf, meinen Leserinnen und Lesern am 31.12. ein schönes neues neues Jahr zu wünschen. Ich tue es stattdessen jetzt schon und hoffe, damit niemanden diskriminiert zu haben.

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