Freitag, 7. Dezember 2007
Besuch in der Bloghütte (3)
Was daran so spannend sein soll, im Fernsehen mehr oder minder bekannten Zeitgenossen beim Kochen zuzusehen, habe ich nie so recht verstanden. Bis gestern abend. Da hatte ich nämlich Bloggistans führenden Foodpornographen zu Gast. Und so kam ich in den Genuss einer ganz privat-exklusiven Kochshow in unserer engen Küche. Da hätten die Zuschauer zuhause an den Empfangsgeräten ordentlich was zu gucken gehabt. Allein schon, wie die kleine Barke vollgeladen bis über die Kiellinie mit allerlei Köstlichkeiten hier vorm Haus ankerte: genug Kuchen und Torte an Bord, um allen meinen Tanten, Großtanten und Cousinen einen sonntagnachmittäglichen Glukoseschock zu verpassen, dazu allerlei frische Zutaten für ein zünftiges Kartoffelgratin: Käsesorten, diverse Gemüse - ja selbst die Auflaufform und die praktische Käsereibe hatte der Meister im Handgepäck dabei. Sardische Tomaten, die - ich traue mich kaum, diese vielbenutzte Phrase zu verwenden - noch nach südländischer Sonne duften. Und last not least Kartoffeln einer bestimmten Sorte aus der Nähe von Bamberg, die so dünnhäutig sind, dass sie sich fast von selber pellen, wenn man sie aus Versehen "bayerisch" nennt statt "fränkisch".

Mehr als ein paar Handreichungen konnte oder musste ich gar nicht machen, ich durfte zusehen, staunen und ein paar Zwischenfragen stellen, als sich Kartoffeln, Kürbis, Mangold, Champignons und Käse Schicht um Schicht in die sorgsam vorgewärmte und mit Butter ausgestrichene Auflaufform schmiegten. Ich lernte, dass die traditionelle bayerische Küche eigentlich gar nicht mit Öl hantiert, sondern stets mit Butter oder Schmalz die nötige Schmierung gewährleistet. Und nach getaner Schnippelei, bei der unser Besucher nicht mal das Bedürfnis verspürte, sein Sakko abzulegen, überließen wir das Weitere der Ober- und Unterhitze des Backofens. Wahrlich, ich sage Euch: Das Warten hat sich gelohnt: Voll krass porno würde man in bildungsferneren Kreisen sagen. Mit Rücksicht auf die zarten Gemüter der Dunkelkammer-Stammgäste haben wir darauf verzichtet, das leckere Ergebnis auch im Bild zu dokumentieren. Zum Teil natürlich auch aus Scham, weil unser bescheidenes Interieur in einem rheinischen Backsteinhaufen nicht so ganz gegen die barocke Pracht am Donauufer anstinken kann.

Aber sei's drum, unser Tee-Sortiment (samt dem japanischen Teegeschirr meiner Frau) war satisfaktionsfähig. Und so wurde es noch ein angenehm-anregender Abend mit sehr interessanten Themen, größtenteils weit weg von aktuellem oder vergangenem Blogger-Tratsch. Für ein ausgiebiges Frühstück nach zu kurzer Nachtruhe fehlte heute leider die Zeit, der Gast musste zu seinem Vortragsort eilen, meine Frau zur Arbeit und die Kleine in den Kindergarten.

Schade, so angenehme und pflegeleichte Gäste beherbergt man gerne auch mal länger als für eine Nacht. Und es schwebt immer noch eine Frage im Raum, die meine Frau gestern Nacht kurz vorm Schlafengehen auf den Punkt brachte: Wie geht dieser zuvorkommende, freundliche, tierliebe und kultivierte Mitmensch mit einer virtuellen Kunstfigur zusammen, die im Netz ziemlich extrem polarisiert, um es mal vorsichtig auszudrücken? Wie darf man sich die Verwandlung vorstellen? Reicht eine Computertastatur mit Netzanbindung, oder welchen Schalter muss man umlegen, damit vom Leder gezogen werden kann gegen Linkstricher, Johurnaille, Trackbackschleimer und Kommerznutten? Ich weiß es nicht, und womöglich ist das auch gar nicht so wichtig. Wichtich is aufm Platz, hat mal ein kluger Kopf gesagt. Und aufm Platz, das ist nicht an der Blogbar oder oder im 3-D-Space, der sich sinngemäß "zweites Leben" nennt. Sondern im hier und jetzt in der Kohlenstoffwelt, wo ein Rest vom gestrigen Gratin über Nacht gut durchgezogen haben dürfte und darauf wartet, alle gemacht zu werden.

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