Montag, 26. Februar 2007
Phantomschmerzen
Wie gut oder schlecht man sich an einem neuen Wohnort akklimatisiert hat, weiß man vielleicht erst, wenn man zwischenzeitlich noch einmal an den alten zurückkehrt. Die Gelegenheit dazu lieferte eine Familienfeier am Wochenende. Wenn wir schon mal in der Gegend sind, so der Gedanke, könnte man auch den lieben Ex-Nachbarn einen Besuch abstatten und den Nachmietern noch ein Stück Nassraum-Zubehör in die Hand drücken, das die Umzugsfirma fälschlicherweise mit an den neuen Wohnort transferiert hatte.

Als wir am Freitag nachmittag die Alpen Westerwald und Taunus hinter uns hatten und nach stundenlangem Geschütte und trübem Himmel endlich die Sonne durchbrach, kämpfte ich offen gestanden schon mit der Rührung, als linkerhand die vertraute Silhouette des Odenwalds auftauchte und sich das Darkmobil fast wie von selbst durch die ganzen wohlvertrauten Autobahnkreuze, -Dreiecke und Abfahrten fädelte. So, als ginge es nach Hause.

In unserer der Einfahrt parkte aber der Volvo-Kombi unserer Nachmieter, die uns auch sofort zu einer Wohnungsbesichtigung einluden. Soll man ja ablehnen, habe ich neulich irgendwo gelesen. Aber neugierig, wie wir nun mal sind, ließen wir uns nicht lange bitten. Das von uns liebevoll gewischte Gelb in Flur und Wohnzimmer strahlt immer noch von den Wänden, und in der hellblau getüpfelten Eishöhle machen sich die aktuellen weißen Büromöbel (fast) genau so gut wie meine schwarzen vorher. Das Kinderzimmer ist zu einem Prinzessin-Lilyfee-Themenpark Mädchentraum in Rosa mutiert. Vielleicht blüht uns sowas ja auch mal, wenn die Kleine dereinst von ihrem Mitspracherecht Gebrauch macht.

Wie in unserer neuen Wohnung auch leuchten dort noch einige nackte Glühbirnen als Provisorium von der Decke. Dabei hatte ich mir doch den Rücken verrenkt und die Schlagbohrmaschine ruiniert, um in der Stahlbetondecke einige Dübellöcher für Deckenhaken anzubringen. Hier in der neuen könnte ich die Löcher auch mit einem Zahnstocher bohren, was auch nicht mehr Laune macht, wenn man dann mit wackligen Klappdübeln hantieren muss.

Jedenfalls war es interessant zu sehen, wie die Nachmieter mit ganz anderem Mobiliar unsere funktionale Aufteilung der Wohnung nahezu 1:1 übernommen haben. Und gestehe ichs offen, es hat schon auch ein bisschen gepiekst, dass diese schöne Wohnung nicht mehr die unsrige ist. Aber zumindest tröstet es, dass nette Leute drin wohnen. Und wenn demnächst die Bebauung auf den Nachbargrundstücken losgeht, ist es mit der Idylle und dem freien Blick auf den Bachlauf auch vorbei.

Nach vorne geguckt stellt sich aber die Frage, ob wir uns mit den immer deutlicher zutage tretenden Unzulänglichkeiten des neuen Domizils noch dauerhaft arrangieren. Oder von hier aus in aller Ruhe nach etwas besserem Ausschau halten. Dürfte sogar ein bisschen kleiner sein. Aber heller muss sie sein, die nächste Wohnung. Es reicht, wenn man als Netzbürger in Bloggershausen in einer Dunkelkammer residiert.

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