Freitag, 3. Februar 2012
Ach, und wo wir grade dabei sind


Genau. Und wie zum Beweis dieser These drehe ich die Selbstreferenzialitätsschraube mit meinem Beitrag gleich noch mal eine Umdrehung weiter.

Diese Auseinandersetzung Verlagsblogger gegen Pseudonymblogger erinnert mich stark an die Blogger-vs.-Journalisten-Debatte der frühen Nullerjahre. Eigentlich fand ich diesen Antagonismus schon damals überbewertet, aber nachdem ich grade Blogjubiläum feierte, kann ich ja mal ein bisschen was darüber erzählen, was mich meine sieben Jahre Bloggerei aus der Dunkelkammer zu diesem Themenkomplex gelehrt haben:

- Die vermeintliche Autorität unseres Autorennamens, auf die wir Journalisten uns immer so viel einbilden, ist zu einem nicht geringen Teil nur geborgt von den Titeln, für die wir schreiben oder auf deren Gehaltsliste wir stehen.

- Es war anfangs in der Bloggerei daher sehr ungewoht für mich, nicht mit dem realen Namen und was an zusätzlichem Kampfgewicht in meiner prallen Veröffentlichungsmappe drin liegen mag aufzutreten.

- Ich bin aber sehr froh, dass ich dieses Experiment (oder wenn man so will: diese Lockerungsübung) auf mich genommen habe. Nicht nur, weil mir das neue Erfahrungen ermöglichte und eine andere Perspektive auf manches eröffnete. Sondern vor allem, weil mich die Beschäftigung mit Blogs eine gewisse Demut lehrte. Da draußen sind so viele Menschen, die toll schreiben können, die bewegende Geschichten zu erzählen haben, da braucht unsereins sich nicht soo viel drauf einzubilden, anderswo fürs Wörter aneinanderreihen und Sätze drechseln bezahlt zu werden. Zumal das ja oft genug auch kein Leben in Saus und Braus garantiert und kein, äh, Ponyschlecken auf dem Zuckerhof ist.

- Kommentatoren kommen nicht immer mit Kärtchen angemeldet und mit Sakko und Krawatte angetan ins Haus. Das liefert Redaktionen, in denen die Bearbeitung von Leserpost seit jeher als Straflager-Maloche betrachtet wird, natürlich die Bestätigung dafür, dass das alles großer Mist ist. Aber wahrlich ich sage Euch: Ihr habt das - zumindest innerhalb eines gewissen Rahmens - auch selbst in der Hand, wie es in Euren Kommentarspalten zugeht. Aber wenn Ihr wirklich Dialog wollt, dann müsst Ihr halt verdammt nochmal von Eurem Podest heruntersteigen.

- Übrigens beobachte ich beim FAZ-Blog Deus ex Machina ähnliche Tendenzen wie hier: dass der Anteil an Nervkommentaren kaum der Rede wert ist. Und zwar nicht erst im veröffentlichten Bereich, sondern mit Blick aufs Freischalthebelchen am Admin-Armaturenbrett. Da hätte ich mit Blick auf Leserkommentare in diversen Zeitungen nicht unbedingt drauf wetten mögen. Wenn ich manchmal bei welt.de oder rp-online gucke, was da an Leserecho veröffentlicht wird, dann will ich erst gar nicht wissen, was das für ein Rotz sein muss, der dort erst gar nicht freigeschaltet oder gleich gelöscht wird.

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Ja, so Bloggen und Kommentar-Verwaltung ist ein Fulltimejob. Und da reicht es nicht, wenn ein sog. "Moderator" hin und wieder ein "Bitte beachten Sie die Netikette" einstreut. Da muss man substanziell und mit Herz mitmachen.
Für mich wird die olle Metapher vom Blog als "eigenes Wohnzimmer" immer passender als Erfolgsrezept für Blogs (und ähnliche Web 2.0-Formen). Wo man sich gastlich wohlfühlt und dennoch nicht auf den Teppich kackt, da kommt auch ein gutes Gespräch zustande.

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Oh ja,
diese ständigen Ordnungsrufe. Die alte Tante Zeit hat da ja ein beachtliches Repertoire an Gouvernantensprüchen parat: Gekürzt. Verzichten Sie auf polemische Äußerungen. Die Redaktion. Da möchte man dann manchmal grad aus Trotz...

Im FAZIT-Wirtschaftsblog haben auch nicht alle Autoren ein glückliches Händchen im Dialog, aber zumindest verschanzen sie sich dabei nicht hinter Moderatoren mit vorgestanzten Ermahnungsformeln. Wenn man sich dem Leser nicht stellen will, könnte man das bloggen auch bleiben lassen, finde ich.

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Rischtisch.

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Ich erinnere mich,
an die «gute alte Zeit» meines Gastspiels beim gedruckten Magazin. Die Briefkastentante berichtetete von Briefen, die postsackweise hereinkämen, aber in der Regel unveröffentlichbar seien, sowohl inhaltlich als auch in sprachlicher Form. Das führte dazu, daß die Redaktionen gebeten wurden, fallweise selber welche zu schreiben. Daran wird sich, angesichts der Vereinfachung durch das Internet — dippeln, bloß nicht nochmal lesen, wegklicken — allenfalls die angewachsene Masse geändert haben.

Ich hielt dieses Versus-Gerede zum einen von Anfang an für die Wuttrauer derjenigen, denen Privilegien genommen wurden, empfand aber andererseits die Forderung, Blogger müßten anders schreiben, Blogger seien schließlich keine Journalisten, genauso wenig überzeugend. Blogger dürfen ins Netz hacken, was sie wollen, Journalisten sind Regeln unterworfen, das ist meines Erachtens der einzige Unterschied. Aber Text bleibt nunmal Text. An ihm wird die Autorenschaft gemessen.

Nach meinen gewichtigen Umfragen weiß die Welt da draußen ohnehin kaum, was Blogs sind.

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@jean stubenzweig:
Das mit dem Leserbriefe-selber-schreiben kenne ich nur vom Hörensagen, an den entsprechenden Stellen war ich in der Publikumspresse als externer Zulieferer nicht nah genug dran. In der Fachpresse hingegen scheint der Mangel an verwertbarem Feedback nicht ganz so gravierend zu sein. Dass auf großen Sites Leserkommentare von der Redaktion verfasst werden, halte ich nicht für übermäßig wahrscheinlich, schon allein, weil dafür einfach nicht die Ressourcen da sind.

Mit internetten Begrifflichkeiten tun sich übrigens auch viele Journalisten immer noch schwer. Als neulich jemand auf Facebook das Staatsoberhaupt verunglimpfte und dafür eine Anzeige kassierte, war auch vielfach zu lesen zu lesen, einem Blogger drohe Strafe.

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Tja, war ich nicht da, um Ihnen zu 7 Jahren Bloggen zu gratulieren. Mach ich das halt jetzt: Grattis!

Zum Thema: Ich denke die Intensionen von Blogs bzw. deren Betreibern ist zu vielfältig, zu unterschiedlich, als das sie tatsächlich mit der journalistischen Tätigkeit verglichen werden kann. Und weil es für mich so ist, ist es auch völlig ohne Belang, ob ein Blog anonym betrieben wird oder nicht. Ein Satz im verlinkten Text bringt es auf den Punkt:


Ob jemand anonym bloggt oder nicht, ist für mich daher nicht mehr der entscheidende Faktor: Auf den persönlichen Diskusssionstil, auf den Respekt vor den Argumenten und den Personen kommt es an.


Und da, Herr mark, sind Sie, im Gegensatz zu vielen anderen hier, für mich sowieso weit vorn. Aber das wissen Sie bereits.

Und:
Der mit ernsterem Anliegen, so wie ich, wird natürlich unter Klarnamen bloggen. ;-)

.

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"Der mit ernsterem Anliegen, so wie ich, wird natürlich unter Klarnamen bloggen. ;-)"

*schmunzel*

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Wenn man "Egomarketing"
zu den ernsteren Anliegen zählen darf, dann wirds wohl stimmen. ;-)

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Das erlernte Handwerk spielt meiner Meinung als bloggender/plaudernder Nichtjournalist nach eine nicht unerhebliche Rolle. Wenngleich des Journalisten Blogbeiträge noch lange keine guten Geschichten garantieren, bestechen dessen Texte zumindest durch Wortgewandtheit.

Gratulation zum siebenjährigen.
Ich bin gerne bei Ihnen zu Gast. Unterhaltsame Beiträge, gute Texte.

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Gut, Blogs sind was anderes als Kommentarspalten auf Nachrichtenseiten. Aber: Ich war gerade mal wieder bei heise.de und habe mir die Kommentare zu einem Artikel angesehen und zwei Dinge entdeckt:

1. Es gibt unglaublich verstockte, lernresistente, spottliebende Vollpfosten da draußen.
2. Es gibt ein paar wenige, die versuchen das Niveau zu heben — aber sie werden von einer Flut intellektuellem Schwachsinn und grobem Unfug niedergerissen, wie es in der freien Natur nur ein Tsunami könnte.

Ich werde ja nicht müde zu bemerken, dass Heise einige der intelligentesten Magazine auf dem Weltmarkt rausgibt, aber gleichzeitig die unterirdischsten Kommentatoren hat. Wie passt das zusammen?

Egal. Kommentare wie sie bei Heise üblich sind, habe ich auch bekommen, und das hat mich am Ende bewogen innerhalb der Blogsphäre ohne Nachsendeantrag und mit neuer Rufnummer umzuziehen, und nur noch Blogeinträge für meine Tochter zu machen. Wenn die wer liest, ist in Ordnung. Geschrieben habe ich die aber für jemand anderes. Und wenn alles so läuft wie es geplant ist, wird sie bald die ersten Worte davon lesen können. Und wer weiß, vielleicht, in 10 Jahren oder so, meine Texte von heute kommentieren. Darauf freue ich mich wirklich …

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Ohne das,
was bei Deiner vorigen Adresse auflief, zu verharmlosen oder gar zu entschuldigen: Du hattest da thematisch aber auch ein extrem heißes Eisen angefasst. Warum bei heise.de Foristen genauso ungebremst steil gehen, wenn es um Linux vs. Windows oder dergleichen geht, ist und bleibt mir rätselhaft. Davon abgesehen hast Du auch recht, dass bei Zeitungsblogs nicht unbedingt die gleiche Klientel kommentiert wie auf Nachrichtenseiten.

Was bloglesende (oder kommentierende) Töchter angeht, ist der Tag hier womöglich nicht mehr fern. Neulich meinte die Kleine beim Blick über meine Schulter: "Die dunkle Seite ist Deine, stimmt's?"

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Aber Linux vs. Windows, das ist doch der große Glaubenskrieg unserer Tage!</unqualifizierter Wortbeitrag>

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@muerps:
Das war ein auf die Schnelle konstruiertes Beispiel (das brisante Fass mit Apfel-Produkte pro & contra wollte ich nicht aufmachen).

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Über Apple positiv zu schreiben ist in der Tat wie die Herdplatte auf „volle Pulle“ drehen und warten was passiert. Aber die Tendenz ist bei allen anderen Themen identisch. Übrigens: Linux ist tot. Es ist nur noch nicht umgefallen.

Und Mark, lass uns nicht über das heiße Eisen reden. Vielleicht mal bei einer stillen Tasse heißen Tee und etwas Gebäck aus der Hand unserer Töchter, aber nicht in Kommentarspalten. Das Thema hat in mir viele Illusionen (und Hoffnungen) die Menschheit betreffend ausgelöscht …

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Weiter vertiefen
wollte ich hier weder das Apfelthema noch das heißere Eisen, keine Sorge. Das ist in einem anderen Rahmen wirklich besser aufgehoben.

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Öh...
Bin ja nun nicht unbedingt der intellektuell Angehauchte, so das ich die Problematik im ganzen schwerlich erfassen und beurteilen kann.
Als Normalsterblicher kommt mir beim Überfliegen der Thematik das Stichwort "Zickenkrieg" in den Sinn.

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Das trifft es gar nicht schlecht.
Natürlich geht es da nicht zuletzt um Luft- bzw. Deutungshoheit, und dass Journalisten da kein Monopol mehr drauf haben, damit kommen längst nicht alle Vertreter der Zunft gut klar. Andererseits muss man auch sagen, die Bedrohung für das Mediensystem geht wohl weniger von Bloggern und Twitterern aus...

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Das sieht aus wie die neuen reclam-Hefte...

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