Mittwoch, 17. Juni 2009
Achthundert Viertelpfünder
"100 Kilo in einem Jahr abnehmen" - versprach heute die Betreffzeile einer Mail, die mir eine gewisse Dr. Michelle Schmidt freundlicherweise, aber ungefragt zukommen ließ. Normalerweise landet solcherlei Rohrpost bei mir ja immer ganz flugs in der Rundablage, vor allem, wenn sie von so kryptischen Mailadressen wie aimezuu@completel.net kommt. Aber ausgerechnet heute trifft dieser Betreff dann doch einen wunden Punkt. Denn: Wie der Zufall so spielt, überschritt mein Lebendgewicht heute morgen auf der Waage erstmals die kritische 100-Kilo-Marke. Es waren nur ein paar Gramm drüber, mit Schuheausziehen, Geldbeutel und Schlüsselbund aus den Hosentaschen nehmen, pinkeln gehen und Ohren putzen konnte ich die Digitalanzeige wieder in den zweistelligen Bereich bewegen, ohne mich ausgezogen zu haben.

Aber trotzdem: Es ist an der Zeit, der unbequemen Tatsache ins Auge zu sehen: Ich habe Übergewicht. Nicht unbedingt dramatisch, mein BMI (wenn das überhaupt irgendwas aussagt) liegt 0,4 Punkte über dem für meine Altersgruppe noch als normalgewichtig geltenden Eckwert von 27. Und dennoch: So richtig anfreunden kann ich mit meiner neuen Mitte nicht. Mehr noch: Irgendein Teil meiner Persönlichkeit weigert sich sogar beharrlich, mich selber als "zu dick" wahrzunehmen. Was eigentlich nicht weiter verwundert, wenn man sich vor Augen hält, dass ich immer noch recht dünne Handgelenke habe und bisweilen recht hohlwangig in den Spiegel schaue. Bis ins 40. Lebensjahr war ich eher untergewichtig unterwegs, so dass eine frühere Freundin von mir (von Beruf Ärztin) immer wieder zu mir sagte: "Mark, schlank sein ist ja schön und gut, aber was ist, wenn Du mal ernsthaft krank wirst? Du hast ja keinerlei Reserven."

Na bitte, diesem Übel wäre also wirksam abgeholfen in der Zwischenzeit. Ich habe Reserven satt, vor allem in der Körpermitte. Mein besonderer Dank hierfür gilt unter anderem der rührigen Firma Hans Riegel in Bonn, deren Erzeugnisse ja bekanntlich nicht nur Kinder froh machen, sondern, wie es in der einschlägigen Reklame früher immer so schön hieß "...und Erwachs'ne ebensooo". Allerdings schwant mir, dass ich diesen stark saccharosehaltigen Frohmachungen künftig öfters mal entsagen sollte, wenn ich dem nutzlosen Ansammeln weiterer Reserven einen Riegel (nein, Hans, auch keinen Schokoriegel) vorschieben will.

"Was tun?" - fragte schon der Berufsrevolutionär Lenin in einer Kampfschrift. Und Berufskraftfahrer Ralf, der einen nicht sooo dramatischen Bauchumfang von 90 cm mit sich herumträgt, hat für sich auch schon eine Antwort gefunden. In seinem Kampf gegen die Pfunde sucht er zudem Mitstreiter. Wobei ich gestehen muss: Ich zögere noch. Nicht weil ich es mir nicht zutrauen würde, in weniger als zwei Monaten dahin zu kommen, 100 Liegestütze am Stück abdrücken zu können. Ich bin aber zum einen nicht der Typ für Gruppendruck, Sozialkontrolle, Abnehm-Along, Weightwatchtower Society oder Promise-Keepers-Bruderschaften mit feierlichen Gelöbnissen im vollen Stadion. Zum anderen bin ich im Unterschied zu Ralf weder fürs Fahrradfahren gehandicapped noch Nichtschwimmer. Daher erscheint es mir ratsamer, eigene Ziele zu definieren und ein auf meine Möglichkeiten abgestimmtes Bewegungsprogramm zusammenzustellen.

Aber ich wollte auf diesem Weg doch herzlich danke sagen für die Anregung. Und der Frau Doktor Michelle Schmidt sage ich an dieser Stelle weniger herzlich "nein, danke!" Hundert Kilogramm abzunehmen, das tut bei mir in absehbarer Zeit nun wirklich nicht Not.

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