Mittwoch, 10. Juni 2009
Besser K-Arsch-Stadt
Eins vorweg: Ich mag sie ja nicht so, diese pompös-luftigen Kunstnamen wie Arcandor, Aventis oder Agilent, mit denen traditionsreichen Unternehmen nach Fusionen oder Übernahmen neuer Sex-Appeal eingehaucht werden soll. Für die unnötige Umbenennung von Karstadt-Quelle in Arcandor war noch Geld in der Ladenkasse, und jetzt ist es anscheinend alle. Hm.

Das finde ich sehr bedauerlich, um das mindeste zu sagen. Und selbst auf die Gefahr hin, mich hier als anti-hip, uncool oder gar vorgestrig zu outen, sage ich es rundheraus: Ich stehe der Institution Kaufhaus und Karstadt im speziellen nach wie vor wohlwollend gegenüber, E-Commerce hin und Fachgeschäft her. In meiner Heimatstadt war der Karstadt-Klotz im K-Quadrat traditionell die nächstliegende Anlaufstelle auf meiner Innenstadt-Route. Wurde man da nicht fündig, ging es eben zum Paradeplatz, wo sich Hertie und Kaufhof gegenüberstanden und wenn nötig von da aus weiter in die Fußgängerzone Richtung Wasserturm.

Dass der Karstadt meistens die erste Station war, lag nicht unbedingt daran, dass der Laden in jeder Kategorie das beste Sortiment oder das zeitgemäßeste Ambiente gehabt hätte. Hey, wir reden hier schließlich über Karstadt und nicht über Konsumtempel wie Harrods oder Printemps. Nein, das große Plus beim Karstadt waren immer die Mitarbeiter (female form included), die mir stets einen Tick freundlicher und hilfsbereiter schienen als das Verkaufspersonal bei Kaufhof oder Hertie. Schätzen gelernt hatte ich dies zu meiner Studentenzeit in den 80ern, als ich einmal für einen offiziellen Termin eine gute Hose brauchte, Bundfalte, grauer Flanell, hauptsache seriös. Meine Mittel waren nicht unbegrenzt, ich hatte einen Hundertmarkschein in der Tasche, mehr war nicht drin. Ich probierte hier und dort an, fühlte Stoffe zwischen den Fingern, blieb lange unschlüssig zwischen Preis und Passform. Denn die einzige Hose, die mich wirklich ansprach, kostete 120 Mark. Hmpf.

Ich wollte aber diese Hose und sah ein, dass ich dafür bisschen was tun musste. Ich guckte mir unauffällig das anwesende Personal an, um den Abteilungsleiter zu identifizieren. Den sprach ich dann an mit der Hose über dem Unterarm und schilderte ihm mein Problem: morgen Termin, gute Hose, begrenztes Budget. "Verstehe", sagte der Mann und rückte seine Hornbrille zurecht, "dann sehen wir uns das gute Stück doch mal genauer an." Drehte und wendete die Hose nach allen Seiten, zeigte dann bedeutungsvoll auf eine Stelle in der Innenseite des linken Hosenbeins (wo ich beim besten Willen nichts erkennen konnte): "Oh, ein Webfehler, so kann man diese Hose natürlich nicht zu diesem Preis verkaufen, wissen Sie was, junger Mann, mit 95 Mark sind Sie dabei."

Kassiert, gebongt, schönen Tag noch. Und muss ich eigens erwähnen, dass ich dort in den Jahren danach ein Vielfaches dieser nachgelassenen 25 Mark in den Ladenkassen gelassen habe? Klar gerät man auch bei Karstadt mal an jemanden, der nicht seinen besten Tag hat. Oder stellt fest, dass es einen gewünschten Artikel nicht oder anderswo günstiger gibt. Aber einer gewissen Grundsympathie für den Laden tat das nie einen Abbruch bei mir. Und ich fände es sehr schade wenn die Kaufhauslandschaft vollends zu einer Monokultur wird. Wenn freilich die Übernahme durch Kaufhof die einzige Chance ist, den Mitarbeitern ihre Arbeitsplätze zu sichern, dann nimmt man auch das als Kaufhauskunde in Kauf.

Aber was ich dem famosen Herrn Middelhoff und seinen Missmanagern für Furunkel an welche Körperstelle wünsche, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Das entnehme der kundige Leser bitte der Überschrift.

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