Mittwoch, 18. September 2013
Nicht für die Schule, für die Eltern lernen wir
So, und wieder ist ein Elternabend überstanden. Die neue Klassenlehrerin hat sich vorgestellt und ihre pädagogische Marschrichtung für das weitere Schuljahr verkündet: "Soziales Lernen" werde bei ihr großgeschrieben, Gruppenarbeit wo es nur geht, gegenseitiges Unterstützen ist gaaanz wichtig, auch sonst soll das Miteinenader im Klassenverband gestärkt werden. Hmja, wenns der Wahrheitsfindung dient. Bin ja froh, dass die bisherige Klassenlehrerin (eher eine von der alten Schule) einstweilen Rechnen weiter unterrichtet. Nicht dass da vor lauter Gruppenarbeit und sozialem Miteinander zu lange rumdiskutiert wird, ob 22 + 11 immer 33 ergeben muss oder ob es nicht auch mal 44 sein können, wenn die Gruppe von Tisch 3 das lieber so hätte.

Wie auch immer, ich will den frischen Wind im Lehrkonzept jetzt nicht vorschnell schlecht reden, ich sehe da durchaus auch gute Ansätze. Allerdings machten einige Eltern schon dezent deutlich, dass ihre Kinder von diesem pädagogischen Paradigmenwechsel im Moment noch etwas überfordert seien. Entsprechend galt dann bei der anstehenden Wahl der Elternvertreter die Devise "keine Experimente", so dass ich mit 19 von 19 Stimmen wiedergewählt wurde. Schade nur, dass mein bisheriger Stellvertreter aufgrund vermehrter Präsenzforderungen bei Kunden im benachbarten Ausland nicht mehr zur Verfügung steht. Das anstehende Grillen mit der alten und der neuen Klassenlehrerin hatte er aber im Vorfeld schon so gut vorbereitet, dass dieser Punkt heute abend nicht bis in die Puppen diskutiert werden musste. Wer sich an seiner Statt als Stellvertretende(r) aufstellen lassen könnte, hatten wir vorab auch schon sondiert. Unsere Wunschkandidatin konnte dann tatsächlich 100 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen, und ich freue mich schon auf gute Zusammenarbeit.

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Die Wahl der Elternvertreter läuft ja wie die Bayernwahl ;-)

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Das ist die mit der Existenz von Fraktionen unvereinbare Einheit des Elternwillens.

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Oh, Herr cut, das hört sich sehr dialektisch an und überfordert mein einfaches Gemüt !

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Theoretischer Überbau, werter don ferrando, ist trotz einiger Semester Politikwissenschaft auch meine Stärke nicht, ich bin da mehr so der Praktiker, der sich im Volke wie der Fisch im Wasser bewegt. ;-)

Künftig werde ich mich aber auch verstärkt auf das schulpolitische Parkett begeben müssen, denn bislang war das die Domäne meines Stellvertreters, der praktischerweise auch selber Elternsprecher in einer höheren Klasse war und als solcher auch als Gesamtelternsprecher in der Schulkonferenz amtete. Nicht dass es mich zu dem Titel auch drängte, aber zumindest muss ich ja den Eltern meiner Klasse reporten, was da auf der Ebene so alles bekakelt wird. Meine Stellvertreterin hat ihre Kandidatur davon abhängig gemacht, dass ich ihr das vom Hals halte, und das werde ich gerne tun, wenn ich dafür nicht Muttis zum Muffinbacken einteilen muss oder in der Kleberfrage des Laternenbastelns vermitteln muss zwischen der Uhu- und der Pritt-Fraktion. ;-)

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"wenn ich dafür nicht Muttis zum Muffinbacken einteilen muss oder in der Kleberfrage des Laternenbastelns vermitteln muss zwischen der Uhu- und der Pritt-Fraktion. ;-)"

ich teilte der Muffinorganisatorin bisher immer mit, daß sie mich einteilen möge wo am Ende noch eine Lücke ist, ich kann sowohl Pappbecher kaufen als auch Mineralwasser oder einen Kuchen backen, ohne Grundsatzfragen draus zu machen. Auf der Basis bekam ich eine freundliche Kurzmail, in der klar stand, was gefragt ist.
Für dieses Entgegenkommen bekam ich dann die Freistellung vom Standdienst mit der offiziellen Erklärung "Baby" oder "Kleinkind". Da einige Mütter ihr Schulkind, das ja betreut werden muß, als Erklärung angebeben hatten, gewann ich. Schulkind ist zuzumuten, sich alleine auf dem Schulfest zu bewegen.

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Ich selber war mal auf einem Elterabend -ich glaube, die Kinder waren in der 2. Klasse- und glaubte naiverweise, ich könnte beim Beginn um 19:00 Uhr ein Championsleague-Spiel ab 20:45 Uhr (und 5 Minuten Heimweg) schauen...Mitte der 2. Halbzeit war ich zurück. In der Grundschule ist auch die Elternschaft recht heterogen zusammen gesetzt, da werden Fragen gestellt...

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Elternabende dauern grundsätzlich bis um 10. Letztes Mal mußten wir im Kindergarten noch Bewegungsspiele spielen, damit es nicht zu früh vorbei war...

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Boah. Hier hat es sich die Spielzeit auf rund 90 Minuten eingependelt. Eigentlich hatte ich gestern mit Verlängerung gerechnet - wegen neuer Klassenlehrerin und des anstehenden Grillens, aber dank der exzellenten Vorarbeit meines Stellvertreters war der letzte Punkt auch schnell abgehandelt.

Einmal, es dürfte in der zweiten Klasse gewesen sein, da hat es sich auch gezogen wie Kaugummi. Da wurde jedes Lernheftchen hinterfragt bis dorthinaus, Fragen gestellt zu Sachverhalten, welche die Lehrerin grad erschöpfend erklärt hatte, mannmannmann, wenn ich damals noch geraucht hätte, hätte ich eine Zigarettenpause gebraucht, um nicht irgendwann das HB-Männchen zu machen.

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"Soziales Lernen" werde bei ihr großgeschrieben, Gruppenarbeit wo es nur geht, gegenseitiges Unterstützen ist gaaanz wichtig, auch sonst soll das Miteinenader im Klassenverband gestärkt werden. Hmja, wenns der Wahrheitsfindung dient."

Okay, sie machen also auch Sozialblabla, das beruhigt mich.


In Bremen ist es unter Elterns nicht unüblich, "nebenbei" selber zu unterrichten oder teuer Zusatzunterricht zu bezahlen. In der Schule lernen sie sozial, 22+11 lernen sie zu Hause.

Die Marschrichtung Deutsch soll "Spaß am lernen" sein, auf Details wie Rechtschreibung wird dabei explizit nicht so großer Wert gelegt weil (offizielle Begründung)
a) es die Freude am Schreiben hindert
b) es ziemlich viel Arbeit für die Lehrerin wäre, jeden Rechtschreibfehler anzustreichen, das sei nicht leistbar
Nun ja. Die Elternschaft war mäßig begeistert, neueren pädagogischen Erkenntnissen nicht zugänglich und irgendwie auf Rechtschreibung fixiert. Wir überlassen die Reform des pädagogischen Ansatzes dem Elternvertreter und üben statt dessen Orthographie, die Freude am Lernen litt bisher nur geringfügig.

Zum Thema Klassenverband muß ich sagen, daß ich den Kindern, die sich ja grad ein paar Wochen kennen (Neuzusammensetzung), einfach Zeit geben würde, wenn es dann nicht klappt, kann man immer noch pädagogisch werden. Damit war ich aber in der Mindermeinung, aus dem Heimweg brummelte ich unschöne Wörter wie "Volksgemeinschaft" und "du bist nichts, deine Klasse ist alles" und trat arglose Steinchen in den Straßenrand. Wir sind halt in Bremen, da ist es total wichtig, schon frühzeitig zu lernen, daß man nicht aus dem Glied fallen sollte.

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@cassandra:
Ganz so arg schlägt das Pendel hier jetzt nicht um in Richtung sozialpädagogische Kulturrevolution und "lasst hunderttausend Stilblüten blühen". Den Eindruck, dass Rechtschreibung künftig vernachlässigt wird, hatte ich nicht. Eher im Gegenteil, es kommen wohl immer neue "Lernwörter" hinzu, deren korrekte Schreibung auch gebimst und wiederholt abgefragt wird im Rahmen von Diktaten und Übungen. Anspruchslos ist das sicher nicht, und das Sozial-Klimbim sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der dritten Klasse (auch ganz unabhängig vom Lehrerwechsel) schon deutlich mehr Dampf gemacht wird als bisher, man könnte sagen, der Ernst des Lebens beginnt genau jetzt.

Was Klassenverband und gruppendynamische Spielchen angeht: Joah, kann man machen, solange das nicht als tagfüllendes Programm zu sehr auf Kosten von zentraleren Lerninhalten geht. Gut fand ich auf alle Fälle, dass die jetzt erfolgte Klassensprecherwahl in Kontext gesetzt wurde zur Bundestagswahl, die Kandidaten mussten sowas wie ein Programm ausarbeiten, wofür sie sich verstärkt einsetzen wollen, falls sie gewählt werden. Da wurde z.T. auch das Blaue vom Himmel runter versprochen, und das ist wie im richtigen Leben auch. Ebenso, dass mans dann halt leiden muss, dass andere die Entscheidungen treffen, wenn man selber sich nicht aufstellen ließ oder kein mehrheitsfähiges Programm auf die Beine stellte. ;-)

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Klassensprecher wurden hier nicht gewählt, dieser Beliebtheitswettbewerb findet erst nach der Grundschule statt.

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Könnte jetzt gar nicht mehr sagen, ob es in der ersten Klasse schon explizit Klassensprecher gab. In der zweiten Klasse lief das qua Ernennung von der Klassenlehrerin, da traf es neben mademoiselle793 noch den Sohn der Frau, die die Klassenkasse verwaltet. Hätte mein Stellvertreter einen Sohn gehabt, wäre der es womöglich geworden. Denn dass es ein Junge und ein Mädchen sein muss, ist so etwas wie ungeschriebenes Gesetz (oder tatsächlich eine Vorschrift).

Was natürlich einen weiteren Kampfplatz für mainstreamende Genderilla eröffnet, denn bei dieser forcierten Fortschreibung der traditionellen Zweigeschlechtlichkeit bleiben transisch-queere Daseins- und Mischformen wieder mal auf der Strecke. ;-)

Aber egal ob gewählt oder ernannt, ich sehe die Klassensprecherrolle, so wie Töchterlein sie mir referierte, durchaus leicht zwiespältig. Denn es geht dabei ja nicht nur um die Interessensvertretung der Schüler gegenüber dem Lehrkörper. Vielmehr sollen die Klassensprecher überspitzt gesagt auch gleichzeitig den Büttel für die Lehrer machen, Aufsicht führen, Fehlverhalten von Mitschülern mahnen und falls das nicht fruchtet auch reporten. Das finde ich durchaus nicht ohne, birgt es doch kein unerhebliches Risiko, dass bisherige Beliebtheit auf Dauer zwischen diesen zum Teil entgegenwirkenden Interessenssphären zerrieben wird.

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Bei uns ist die Büttelfunktion in Verantwortungsbereiche aufgeteilt: Milch holen, Leise-Monitor, Hausaufgabenwächter und was weiß denn ich. Das rotiert, aber die heteronormative Aufteilung gibt es auch hier, vielleicht ist es auch eine Frauenquote, ich weiß es nicht.

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Heteronormative Aufteilung in der dritten Klasse.

"Uiuiui", würde jetzt Samson - mit leichtem Tremolo - sagen.

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Ich bezweifle, daß trans- oder queer-Identitäten in der dritten Klasse gesichert vorkommen :-)

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Cassandra, das ist doch genau die Frage, was dieser Befund, so er zuträfe, beweisen würde. Es ließe sich daraus ja auch schlussfolgern: Der normierende Druck der Zweigeschlechtlichkeit ist in dieser Umgebung so exorbitant hoch, dass sich kein von dieser Norm abweichendes Kind aus der Deckung traut. Das muss also proaktiv gefördert werden, man muss entsprechende Angebote machen, und wenn eine dritte geschlechtsunbestimmte Toilette sauberer wäre als die heteronormativen Schullatrinen, würde mademoiselle793 auf zweigeschlechtliche Zuodnungen keinen Furz geben und auf den queertransweißnichtegal-Lokus gehen.

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Vielmehr sollen die Klassensprecher überspitzt gesagt auch gleichzeitig den Büttel für die Lehrer machen, Aufsicht führen, Fehlverhalten von Mitschülern mahnen und falls das nicht fruchtet auch reporten.

Huch, das scheint heute anders zu sein als früher. Unter den Bedingungen mag doch keiner das Amt übernehmen.

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Ich fürchte fast, mademoiselle793 ist durch einen Zeittunnel in die "Wilhelm -Pieck-Schule" geraten.

Wenn da morgens ein Fahnenappell zelebriert wird und man freudig Druschba ruft, da würde ich hellhörig werden, lieber IM-793 ... (Observation fortsetzen.)

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@arboretum: Mir ist das auch erst etwas deutlicher geworden, als Töchterlein sagte, dass sie eigentlich keine Lust habe, sich zur Wahl zu stellen und ich nachbohrte, wo denn das Problem liege. In ihrer Wahrnehmung dominierte jedenfalls die Sorge, mehr als Transmissionsriemen für den Lehrerwillen fungieren zu müssen als für die Klasse tatsächlich etwas bewirken zu können. Ich kann das natürlich nicht überprüfen, ob das einer objektiveren Betrachtung standhält, aber ich verstehe ihr Zögern, sich das weiterhin anzutun - zumal sie ja sagen kann been there, done that... Ich gehe wohlwollenderweise mal davon aus, dass sich in den höheren Klassen der Akzent dieses Amtes tatsächlich mehr in Richtung Vertretung der Schülerinteressen verschiebt, aber im Moment ist das wie gesagt eine eher zweischneidige Sache.

Die Folge ist natürlich, dass sich auf Jungsseite nur ein Kandidat gefunden hat - und das ist ausgerechnet der personifizierte Problemfall. Naja, sehen wir es Bewährungs- und Sozialisierungsmaßnahme...

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@diktionaftis: Ich bin da kein IM, sondern gewissermaßen offizieller Angehöriger der Militärmission von der anderen Seite des eisernen Vorhangs. Ich darf zwar mit meinem kleinen Jeep auf bestimmten genehmigten Routen im Sektor Rot herumfahren, aber ich kriege dabei weniger zu sehen als das, was der Weltöffentlichkeit bei der Truppenparade auf dem Roten Platz präsentiert wird.

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ach, man weiß ja wieder, wie das läuft: zack, schülerzeitung, jugendgruppenleiterin, studentische hochschulgruppen, asta-mitarbeit, bürger-inis...

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@vert:
Ah, haben wir hier Ihren Kurzlebenslauf? ;-)

Ach ja, wo ich Sie grad dahabe: Im Urlaub hatte ich irgendwann versucht, Ihre Seite anzusteuren, und zu meiner großen Überraschung meldete sich auf dem spanischen Hotelrechner mit Münz-Internet eine deutschsprachige Jugendschutz-Funktionalität mit dem Hinweis, die gewünschte Seite könne nicht angezeigt werden, weil dort problematische Begriffe festgestellt worden seien. Neugierig geworden klickte ich auf "Details", und ich musste zur Kenntnis nehmen, dass Sie in ihrem Blog das Wort "Nazis" verwendet haben.

Uiuiuiui (*im Samson-Tonfall vorgetragen*) - wenn das schon ausreicht, um problematisiert zu werden, dann schreib ich das jetzt auch nochmal hin: Nazis. NAZIS! ALLES JUGENDSCHUTZ-NAZIS, JAWOLL!

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Meine Schülerzeitungskarriere war kurz... der betreuende Deutschlehrer hatte mir Fotos von den Tretern diverser Mitschüler vorgelegt und ich sollte was kreativ-witziges draus machen. Mir fiel aber weder kreativ nich witzig ein, und so habe ich den plötzlich wieder verfügbaren Platz im Wahlpflichtbereich lieber für Latein genutzt. Damit war eine beeindruckende Karriere in der Politik vorzeitig beendet.

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Die Schülerzeitung an meiner Schule war von Moskau ferngesteuert ziemlich fest in der Hand von Leuten aus der SDAJ- und DKP-Jugend. Dann gab es kurzzeitig ein deutschnationales Konkurrenzheftchen, bei dem mitzuwirken ich ebensowenig Ambitionen hatte wie bei der Schul-Prawda der Rotfront. Und für eine dritte, gemäßigtere Publikation habe ich keine Marktchancen gesehen, somit fehlt mir dieser Punkt im Lebenslauf.

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Schülerzeitung gab es bei uns auf der kooperativen Gesamtschule irgendwie nicht. Und auf der Oberstufe machte die ausgerechnet einer aus der Jungen Union. Wahrscheinlich aus Trotz, die Schule galt als links. Außerdem entsinne ich mich dunkel an sporadische Wandzeitungen.

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Ich war Gründungschefredakteur unserer Schülerzeitung.
Nie Jugendgruppenleiter und meine politische Karriere kam auch nicht in Schwung.
Vielleicht hätte ich es in Italien probieren sollen.
Als Tangentopoli zusammenbrach und Silvio mit Forza Italia startete war ich gerade im Land.
Na ja, wer weiß, wozu es gut war !

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Passens gut auf sich auf, Major Mark793.

Was auf genehmigten Routen so alles passieren kann - ich sage nur: "Uiuiuiui."

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Ich war an zwei Kooperativen Gesamtschulen und einer Integrierten Gesamtschule.

In Niedersachsen galt damals (und soweit ich weiß auch heute noch), daß Schülerzeitungen absolut unpolitisch sein müssen.

An KGS Nr1 war die Schülerzeitung das Projekt des besagten Deutschlehrers und berichtete von den Aktivitäten der Schülerzeitungs-AG plus humoristische Einlagen (siehe Schuhe).
An Nr2 war es das offizielle Verlautbarungsorgan der Schulleitung, zusammengestellt von der Sekretärin auf Geheiß des Rektors. Da wurden dann auch besonders gelungene Aufsätze veröffentlicht.

In Schule Nr3 hatte man auf die Schülerzeitung verzichtet, dafür verteilte die örtliche Antifa-Jugend ihr Periodikum VOR dem Schulgelände, da sie auf dem Schulgelände ja nicht durften. Das führte dann dazu, daß die Chefdeutschlehrerin sich Rechtschreibung und Kommasetzung vornahm und als sie fertig war, nahm sich die Autorin vor, immer dreifach zu checken, ob man das so schreiben könne und solle :-)

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Ich vermute jetzt mal, das Gebäude von Schule Nr3 ist ein hässlicher Betonklotz mit teilweise innenliegenden Räumen, die nur Oberlicht haben.

Stimmt's?

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soooo häßlich ist der nicht!
Und manche Räume hatten nicht mal Oberlicht, aber bei den Video-Räumem macht das nichts.

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Oh, in Sachen Gesamtschulen-Betonklotz kann ich auch mitreden, aber an Fensterfronten und Innenhöfen herrschte in dem zerklüfteten Waschbeton-Monstrum eigentlich kein Mangel. Nach den ersten Gymnasialjahren in einem etwas muffigen und bröckelnden Gründerzeitbau bescherte der Schulwechsel mir indes schon einen kleinen Kulturschock.

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"dass sie eigentlich keine Lust habe, sich zur Wahl zu stellen."

Das ist noch gar nichts!
Ich war vier Jahre lang Gruppenratsvorsitzender (entspricht zwei roten Streifen auf dem Aufnäher an der Pionierbluse!). Erst danach, mit 10 Jahren, hatte ich genug Renitenz angesammelt, um darauf zu bestehen, dass ich nie kandidiert habe und den Scheiß nicht mehr mitmache. :-)

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@fritz_:
Von was genau ist die Rede? Subkomsomolzen? Thälmann-Pimpfe? ;-)

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Hahahaha, Sub-Komsomolzen, das Wort muss einst der Spiegel erfunden haben. Insgesamt bitte keine Witze mehr über Vorgänge in Diktaturen! :-)
Gruppenrat war die Klassenvertretung. Meiner Erinnerung nach, solange man im Pionieralter war. 7-10 Jahre= Jungpionier, blaues Halstuch. 11-13 Jahre= Thälmannpionier, rotes Halstuch. Ab 14 FDJler, Blauhemd (nicht Braunhemd).

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Blauhemden sah man bei uns an der Schule nur ganz, ganz selten.

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Genau, das muss man für die Klassenfeinde dazusagen: die jeweilige Verkleidung wurde nur auf Aufforderung getragen, z.B. einmal im Vierteljahr eine Viertelstunde lang beim Appell auf dem Schulhof.
Sonst nie.

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also, wenn jemand im Blauhemd erschien (was gelegentlich passierte), dann zog er sich nicht um. Und bei Fahnenappellen wäre der Lappen bei uns wahrscheinlich geklaut worden...

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Beim Anlegen des Halstuches (und beim Knüpfen eines einwandfreien Pionierknotens) konnte man sich so schön von den Mädchen assistieren lassen.

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@fritz_:
Den Begriff Subkomsomolzen habe ich selber geprägt - analog zu den Dotcomsomomolzen als Bezeichnung für junge Netzpioniere, die für die Zwangskollektivierung von Dateneigentum eintreten.

Die neue Klassenlehrerin hat übrigens einen Klassenrat eingeführt hat, der freilich mit Klassenkampf nichts zu tun hat, es ist eine Art Kummerkastenheft, dessen Beiträge dann im Rahmen eines wöchentlichen jour fixe diskutiert werden. Gute Sache, das. Weitermachen...

@cassandra: Blauhemden in Göttingen?

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Blauhemden: aber holla! Wir hatten auch Leute mit Betriebskampfgruppenabzeichen. Die Grenze war ja nicht weit weg :-)


Den Klassenrat haben wir auch, eine gar nicht mal so doofe Idee, ein Mal die Woche zu sagen, was schief läuft oder auch, was gut läuft.
Da legt man Zettelchen in einen Briefkasten und der wird geleert und drüber geredet.

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Naive Ostfolklore im Westen, ziemlich süß, hätte ich wahrscheinlich auch mit gemacht.
_________

Göttingen, Göttingen, da bin bin ich halbwegs auf dem Laufenden seit Heines Harzreise. Ich hoffe, die großen Füße behindern Sie nicht allzusehr im Alltag (Tschulligung). :-)

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Heine ist seit einer ganzen Weile nicht mehr in Göttingen gewesen :-)

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Arbeiter- und Bauerntrachten aus der Zone auftragen, ei verbibbsch, das wäre mir nicht mal im Traum eingefallen. Ich hatte andere Mittel und Wege, meine Eltern auf die Palme zu bringen, und den Spruch "dann geh doch rüber" haben wir auch ohne FDJler-Kluft oft genug gehört.

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uiuiuiuiui!
thanx for the check! da wär ich ja nicht drauf gekommen, schnell mal ein cleanbot drüberlaufen lassen (-nazis;-)

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(Trollbeitrag durch Blogger.de-Admin gelöscht.)

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Es mag überraschen, aber das Blauhemd war nicht auf die FDJ beschränkt bzw die hatten ein West-Pedant oder so.

Damit hätte ich Mütterlein auch nicht schocken können, in der Vaterfraktion war das zumindest bei diesem Stilmittel einfacher.

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Blaues Hemd? Klingt nach den Falken aka Sozialistische Jugend Deutschlands - die übrigens in der Sowjetischen Besatzungszone nach dem Krieg nicht mehr zugelassen und sogar verfolgt wurden, auch in der DDR. Einige wurden erschossen, einige starben in Haft, einige bekamen 25-jährige Haftstrafen.

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@arboretum: Sie kennen ja Subkulturen. Aber dass es ausgerechnet die gewesen sein sollen, die in Göttingen ein Revival feierten, scheint mir nicht übermäßig wahrscheinlich. Für plausibler halte ich da ein offen oder verdeckt SED-gesponsertes Westpendant zu einer Zoni-Jugendorganisation.

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Mein Mathelehrer, bei dem ich mündliches Abi machte, war in seiner Jugend auf deren Festivals, stellte sich 'mal im Gespräch heraus. Im Rhein-Main-Gebiet gab es auch Falken, soweit ich weiß.

SED-gesponserte Parteigänger gab es ebenfalls, einer meiner Lehrer war in der DKP. War gar nicht so selten, mein damals bester Freund hatte in der Mittelstufe ebenfalls eine Lehrerin gehabt, die DKP-Mitglied war. Von einem Kunstlehrer an der Oberstufe hieß es, er sei im KBW gewesen.

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Wie ging das mit dem Radikalenerlass zusammen? Ich will nicht sagen, dass dergleichen in Ba-Wü unmöglich gewesen wäre (Mannheim war ja traditionell eine rote Hochburg im tiefschwarzen Ländle), aber an meiner Schule bekam ein Physiklehrer noch richtig Stress wegen eines großen "Atomkraft nein danke"-Aufklebers auf seinem klapprigen VW-Bus. Ich weiß nicht, wie es einem bekennenden Kommunisten da ergangen wäre.

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Der Lehrer, den ich im Laufe von fünfeinhalb Jahren in diversen Fächern (Sprachen) hatte, sagte, er habe zehn Jahre lang Berufsverbot gehabt. In der Zeit hielt er sich mit Übersetzungen aus dem Chinesischen - Philosophie - über Wasser. Er war ein Sprachgenie und meines Wissens auch nicht verbeamtet, sondern nur angestellt. Dass der in der DKP war, wusste auch jeder. Und er war bekannt dafür, Cäsars Gallische Kriege marxistisch zu interpretieren. Die CDU-Eltern einer Mitschülerin regten sich darüber fürchterlich auf und es musste deshalb eigens ein Elternabend veranstaltet werden, zu dem auch wir Schüler antanzen mussten. Die Mitschülerin bekam vom Lehrer am Tag danach einige ironische Kommentare zu hören und ansonsten hatte das keine große Wirkung.

Wie das mit der Deutschlehrerin des besten Freundes lief, weiß ich nicht, soweit ich weiß, war sie aber verbeamtet. Ich schätze, die hielt ihre Mitgliedschaft geheim. Aber ich bekam von ihr mal das Wahlprogramm der DKP in die Finger gedrückt. Wir fragten sie daraufhin, ob sie in der DKP sei, was sie bestätigte. Der beste Freund und sein Kumpel hatten sich mal abends mit ihr in der Kneipe getroffen - sie war ja nicht mehr deren Lehrerin -, und mich mitgenommen.

Mit "Atomkraft, nein danke"-Ansteckern rannten an dem Oberstufengymnasium viele herum, die klebten zudem an etlichen Autos, auch von Lehrern. Da hat kein Hahn nach gekräht.

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Der genaue Hergang ist mir nicht erinnerlich, den Stress mit dem Physiklehrer dürfte aber eher der ziemlich reaktionäre Direktor vom Zaun gebrochen haben und nicht die Stadt oder das Oberschulamt. Zu dem Zeitpunkt dürfte die hohe Zeit der schulbehördlichen Gesinnungsschnüffelei schon ein paar Jahre vorbei gewesen sein, aber Friede, Freude Eierkuchen herrschte deswegen noch lange nicht.

Ich würde auch nicht drauf wetten, dass jemand, der mal mit Berufsverbot belegt war, in Baden-Württemberg ohne Rumprozessieren bis nach Karlsruhe wieder einen Fuß in ein Klassenzimmer gekriegt hätte. Die Betroffenen werden es dann eher in Hessen, NRW oder Bremen versucht haben, nehme ich an.

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Yupp, ich hatte die Sozialistische Jugend aka Die Falken im Jahrgang. Das war nicht Subkultur, das war damals salonfähig.

Da hing auch Che Guevara im Lehrerzimmer. Echt jetzt.

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"Die Betroffenen werden es dann eher in Hessen, NRW oder Bremen versucht haben, nehme ich an."

Das nehme ich auch an ;-)

Ich nehme allerdings an, die Betreffenden sind mittlerweile in Pension, denn sonst würden die künftigen Revolutionäre (aka Schüler) was lernen, der Sowjetbereich war in Naturwissenschaften immer das unerreichte Ziel von West-Mathelehrern, statt in burgoisen Stuhlkreisen über ihr Gefühlsleben zu reden. Total konterrevolutionär.

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Jaja, der Glaube an die von verstehbaren Gesetzmäßigkeiten gesteuerten Mechaniken der Weltgeschichte, die unausweichlich auf den Endsieg des Kommunismus hinauslaufen, saß gerade bei Mathe- und Physiklehrern manchmal ganz schön tief. Ansonsten wird man den Naturwissenschaftlern in der SU schlicht das höhere gesellschaftliche Renommée geneidet haben.

@cassandra: Che Guevara war ja schon zu Lebzeiten irgendwie...Pop, das allein heißt noch gar nichts. Aber dass Falken in ihrem typischen Federkleid bei Ihnen rumflatterten, finde ich viel bemerkenswerter. In meinen Revieren hab ich manch schrägen Vogel gesichtet, aber von der Sorte hatte ich nie einen gesichtet.

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Pop, genau.
Ernesto Dingsda (mit zufälliger, haha, Freundin aus der DDR) mit dem einen berühmten, von ihm ungeliebten Foto bzw. dem entsprechenden Schattenriss auch in der tiefen Provinz ein Star; was ist schon das eine oder andere Massaker gegenüber einer schönen Fotografie? Nix.

Nur die Ruhe, ich besitze zufällig sowohl ein altes T-Hemd mit dem abgebildeten Antlitz des verhinderten Ministers darauf als auch ein Fahrrad in der Farbe seiner Uniform.
Hasta la victoria, siempre, Venceremos, no pasaran, falscher Film, ach so? Schnell noch nach Kuba, solange Fidel angeblich noch lebt. Es genügte ein Federstreich und der ganze Humbug fiele in Zeitlupe um, allein wegen der Schwerkraft.
Wie was? Ich hab schon vor grob hundert Jahren zu Friedenszeiten bei der verordneten Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische-Freundschaft nie Beiträge bezahlt, war aber kein Problem, weil ich die Beitragsmarken verwaltet habe.

Um es bei einem der führenden Philosophen der westlichen Welt zu belassen: El Duffo o muerte.

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Das war nicht Pop, das war ernstgemeint. Das kompeltte Ensemble an der Lehrerzimmerwand bei davorgerücktem Tischlein war:
eine schwarz-rote Fahne
der Che
ein bunter Blumenstrauß
eine Sammeldose "Milch für Kubas Kinder".
Eine Interpretation als Pop ist in dieser Zusammenstellung nicht naheliegend, vielmehr bietet sich eine sakrale an.

Das war ernstgemeint, glauben Sie mir :-)

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Klar war das ernstgemeint. Über Religion muss man nicht streiten, die braucht man nur zur Kenntnis zu nehmen.

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Tja, was dem einen "Misereor" und "Mutter Teresa", ist dem andern sein "Milch für Kubas Kinder" und Onkel Ho der ikonische Berufsrevolutionär aus Argentinien.

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Ich habe ja einen älteren Bruder, dem ich so manches "verdanke".
Und so saßen wir 1968 auf dem Dorf und schrieen.
Ho-Ho-Ho Tschi Mihn

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Davor bewahrte mich gewissermaßen die Gnade der etwas späteren Geburt. Hinzu kommt, dass wir 1968 womöglich noch gar keinen Fernseher hatten, der kam erst kurz vor der Mondlandung ins Haus, wenn ich mich recht erinnere. Popkulturell verdanke ich meinen älteren Brüdern natürlich auch so manches aus der Schlaghosenära, dafür haben die später nie die Kurve gekriegt zu Punk, New Wave undsoweiter...

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Då, schaugts amoi, wås i heid mit'bråcht håb.

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Haha, dass passt ja wie die Kerze auf den Altar.

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Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich nicht alle indentifizieren kann.
Aber der dritte von links ist wohl Enver Hodsscha!
Kann sich von Ihnen noch jemand an Radio Tirana erinnern, das auch auf deutsch sendete und bei uns zu empfangen war?

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Die Linksaußen-Ecke, da müsste ich auch raten: ganz am Rand der conducator?

An Radio Tirana kann ich mich nicht erinnern, mein kleines Transistorradio, mit dem ich unter der Bettdecke manchmal Krimihörpiele hörte, bekam solche Exoten nicht herein. Und an das alte Küchenradio mit dem magischen Auge, das auch Mittelwellensender empfangen konnte, kam ich als Steppke ohne Stuhl nicht heran, das limitierte den Radius meiner Exkursionen durch den Äther etwas.

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Sogar das Schiff ist prominent, als Schlagwort und als Bild war das wirklich jedem Kind geläufig, aus irgendeinem Grund, Oktoberrevolution, rhabarberrhabarber.

http://de.wikipedia.org/wiki/Panzerkreuzer_Aurora

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Ah, das beantwortet meine unausgesprochene Frage. Dachte schon, das wäre die Lusitania der Panzerkreuzer Potemkin.

Meine Bildungslücken in Sachen Bolschewismus sind gigantisch, muss ich immer wieder feststellen. Mangels Ost-Verwandtschaft hatte ich zum Arbeiter- und Bauernstaat null Bezug, die DDR lag mir gefühlt so fern wie die innere Mongolei. Nach dem Abi hatte ich mich immerhin mal von Freunden belabern lassen, mit nach Jugoslawien zu fahren, was schon eine zwiespältige Sache war. Blockfrei hin oder her, das waren ja auch Kommunisten. ;-)

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magisches Auge
viel interessanter als Beromünster, Kalundborg, Hilversum oder Königs Wusterhausen auf Mittelwelle, wäre ja der UKW-Empfang des Behördenfunks gewesen, wenn man ihn denn hätte hören dürfen.

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Hier sind noch ein paar hübsche Devotionalien aus den beginnenden 80ern.

Das Museum der Dinge ist wohl 1 Besuch wert.

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Ist vorgemerkt für den nächsten Berlin-Besuch. Sehr interessant - gerade für uns Besucher vom Westpol - war übrigens auch das DDR-Museum Wir waren da mit jemandem, der mit Gedenkstätten, Erinnerungskultur und didaktischer Präsentation von Exponaten professionell befasst ist, und der war auch sehr angetan. Die Schattenseiten des Systems und die Ursachen des Untergangs der Dädärää bleiben natürlich nicht völlig ausgespart, aber alles in allem geht es da nicht um posthume Demütigung, sondern mehr um den Versuch, mit der Warenwelt auch etwas von der Normalität des DDR-Alltagst für die Nachwelt zu bewahren. Und wers mag, kann sich anschließend im DDR-Restaurant mit Krusta oder halbem Broiler stärken. Wobei ich nicht beurteilen kann, ob das Esseneinigermaßen authentisch ist, ich war ja nie "drieben", solange die Mauer noch stand.

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Ich war ja erst im zarten Alter von 15 als die Mauer fiel, bin aber nur ein paar km von der "Zonengrenze" wie es so schön hieß, großgeworden.

Heimlich DDR-Fernsehen gucken, weil mein Vater das nicht wollte wegen Kommunisten und so. Aber die hatten die besseren Kinderfilme- tschechische Kinderserien, in denen man sich mit "Ahoi" begrüßte, und natürlich die ungeschlagen kitschig-überladenen Märchenfilme, in denen Prinzessinnen goldene Kleider trugen.

Mein Vater war Fahrer im Transitverkehr nach Berlin und im unteren Grundschulalter war mitfahren total cool. Die DDR-Grenzer schenkten mit bei Grenzübertritt öfters Schokolade oder Kekse, über die mein Vater lästerte, weil "das Zonenzeug" doch auf keinen Fall schmecken könne. Machte nichts, war trotzdem lecker.

In der Grundschule kam die Lehrerin eines Tages in der Adventszeit rein und erzählte, daß man im Osten kein Weihnachten feiern dürfe und wie ihr Weihnachtspaket an die Verwandtschaft dem Zoll zum Opfer gefallen wäre.

Dann der ungeschlagene Höhepunkt in der 8. Klasse: Ländervergleich DDR-BRD. Lt Tafelanschrieb sollte im Heft "DDR" und "Deutschland" stehen, was mir unsinning erschien, also schrieb ich "DDR" und "BRD". Das stieß unserem Lehrer auf, ich möge das sofort korregieren. Ich wies ihn auf das Problem der Teilung Deutschlands hin und das die DDR doch auch deutsch sei. Ja, das stimme, aber wenn man "BRD" schreibt, dann erkennt man die DDR als Land an und die DDR wäre kein Land. Wieso machen wir einen Ländervergleich wenn das eine gar kein Land ist? Klein-Cassie in Grundsatzfragenstimmung konnte jeden Pädagogen in Weißglut versetzen :-)
Der Lehrer beschloß, dieses dünne Eis zu verlassen und sich auch auf Grundsatzfragen einzuschießen. Man kürzt sein eigenes Land nicht ab! Ich erwidere, "Deutschland" sei auch nur eine Kurzform von "Bundesrepublik Deutschland". Pädagoge erinnert sich an die verstreichende Unterrichtszeit und schlägt als Abkürzung (so man denn sein eigenes Land unbedingt meint, abkürzen zu müssen) "Bun Rep Dtschland" vor. Nun ist "ditsch" der dialektale Ausdruck von "nicht ganz klar im Kopf" und das war dann sogar mir zu unpatriotisch, also blieb ich bei BRD und kassierte die 6 wegen Leistungsverweigerung mündlich. Dabei war das doch nicht mal mündlich, ich hatte doch brav mitgeschrieben...

So ideologiefrei wie immer gewünscht waren wir auch auf der anderen Seite des Zauns nicht.

Im Ländervergleich lernten wir übrigens, daß unser Land viel toller, besser und reicher ist und das man "drüben" ja nicht mal Geld für gescheite Heizung habe, da müßten die Leute ihre Wohnungen mit der Abwärme von irgendwelchen Fabriken heizen. Heute nennen wir das Fernwärme und Bremen ist total stolz auf die Anzahl an Haushalten, die umweltfreundliche Wärme bekommen.

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Schokolade
Die Schwester meines Großvaters durfte seinerzeit aufgrund ihres Alters zu Besuch in den Westen kommen.
Sie brachte einmal Ost-Schokolade mit, die dem Gaumen von uns Kindern nicht wirklich schmeichelte. Wir jedoch - artig und wohlerzogen - bedankten uns und aßen ein Stückchen.
Der Rest der Tafel landete dann später im Mülleimer, taktisch-klug von anderem Unrat bedeckt.

So war das beim verwöhnten Klassenfeind ...

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@cassandra: Tja,
irgendwie muss die Band "Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs" ja auf ihren Namen gekommen sein. ;-) Streit um die Abkürzung BRD oder die "DDR"-Tüddelchen der Springerpresse, ja, so ganz von fern kommen da paar Erinnerungen wieder hoch. Aber wie gesagt, aus persönlicher Perspektive war das andere Deutschland für uns so weit weg wie die innere Mongolei. Der einzige der Familie, der je DDR-Boden betreten hatte, war mein älterer Bruder, der war mal auf Klassenfahrt in Berlin, und da gehörte der Grenzübertritt in den sowjetisch kontrollierten Sektor mit Zwangsumtausch, komisches Zeugs essen und allem Drum Dran natürlich zum Ausflugsprogramm. Aber auf den Gedanken, da freiwillig hinzufahren und sich das zu geben, wäre sonst keiner gekommen. Wobei neben der räumlichen Entfernung wie gesagt auch das Fehlen von Verwandtschaft den Graben so tief erscheinen ließ.

Wie ideologisch gefärbt der Systemvergleich im Schulunterricht abgehandelt wurde, daran kann ich mich gar nicht so genau erinnern. Woraus ich schließe, dass es mit deutlich weniger Kaltem-Kriegs-Krampf verbunden gewesen sein dürfte als bei Ihnen. Im Politik-Studium war der Systemvergleich dann auch nochmal ein Thema. Das müsste so 1987/88 gewesen sein, da ging es neben der Ist-Analyse auch schon sehr dezidiert um die Frage, ob und wann Glasnost und Perestrojka in der SU auch in der DDR für Veränderungen sorgen. Im Proseminar Wahlforschung spekulierten wir auch schon vor dem Mauerfall herum, wie die DDR-Bürger in freien Wahlen oder bei gesamtdeutschen Wahlen abstimmen würden. Und da wurde ich für meine Vermutung, dass uns da womöglich ein recht hoher Stimmenanteil am rechten Rand des Spektrums überraschen könnte, noch verlacht: Ach ja, wo sollen die denn bitte schön herkommen, da drüben könne es doch keine Rechten geben. Jaja, schon klar...

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Wenn man verreist, gehört die seltsamen Speisen der Eingeborenen zumindest auszuprobieren einfach dazu. Dann kann man nach Hause kommen und sein Schnitzel wieder genießen und wissen "zu Hause schmeckt es doch am Besten".
Wobei ich annehme, daß die entsprechendene Ost-Küche in Schüler reinzutrichtern auch dazu gedient haben könnte, daß die Schüler lernen, wie besenkelt das Ost-Essen doch ist. Zumindest erscheint mir das nicht unlogisch, denn die 10. Klasse besagter Schule fuhr immer nach Berlin und dann auch immer einen Tag "rüber" und sie allwe beschwerten sich über den Mangel an Burgerbrätern im Osten. Wobei der nächste Bürgerkönig oder Gasthaus zum Goldenen Bogen in unserem erschwerten Fall grobe 30 Kilometer entfernt war, wir also fastfoodversorhungstechnisch auch nicht grad Metropole waren. In der Kreisstadt gab es einen "Kochlöffel" und im Dorf eine Pommesbude, die 2 Mal die Woche im Sommer ihre Erzeugnisse (Bratwurst, Currywurst, Pommes) anbot. Das Maulen hatte was kafkaeskes- man war überlegen weil man ja THEORETISCH jederzeit 30 km fahren konnte, um Bulette zu essen, was aber die meisten Eltern mit Vogelzeigen beantwortet haben.


Ich war im Sommer vor dem Mauerfall dann das erste Mal in Ost-Berlin, eine Freundin besuchen und dann stand der Ausflug ins Pergamon-Museum, also in den Osten., auf dem Programm samt Besuch bei einer befreundeten Familie zum Mittagessen. Ich entdeckte, daß man im Osten keinen TK-Fisch kannte und das die Forelle folglich frisch war, was ich nicht für den versorgungstechnischen Super-GAU gehalten habe.
Das einzig etwas seltsame an dem Besuch war, daß es minimal Hassel gab, ob die Familie mich mit rüber nehmen dürfe, da sie ja offensichtlich nicht erziehungsberechtigt seien. Aber das dürfte nicht DDR-spezifisch gewesen sein.

So allgemein gesagt wurde bei uns der Kalte Krieg zwar ausgefochten bis zum Allerletzen, aber die Realität war dann immer deutlich entspannter als die Horrorgeschichten von den armen Verwandten aus dem Osten, denen die STASI den Lebkuchen klaut.


Wobei der Sommer vor dem Mauerfall der letzte war vor dem Umzug in die große weite Welt, äh, Stadt. In dem Schuljahr hatte ich versucht, die Schulleitung auf das Nazi-Problem auf dem Schulhof hinzuweisen: Hitlergruß am Morgen geht nicht. Antwort der Schulleitung:
a) wir sind ein demokratischer Staat, da gibt es keine Nazis
b) das sind ordentliche Jungs aus guten Familien, das sind keine Nazis
c) woher ich überhaupt wissen will, wie ein Hitlergruß aussieht, den kann ich nicht kennen weil er ja verboten ist und der Nationalsozialismus erst in der 10. Klasse unterrichtet werden.

das hätte wahrscheinlich ähnlichst "drüben" kommen können.


Letztens fragte der Große Tiger, ob es wirklich stimme, daß ich mich an die DDR erinnern könne, ob es die echt gegeben hätte und wie das so gewesen sei. Ein alter Atlas hat geholfen und ich bekam den "Zeitzeugen-Award". Die nächste Frage war, ob ich schon gelebt habe als noch Kutschen gefahren sind und als es noch keinen Strom gab...

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"c) woher ich überhaupt wissen will, wie ein Hitlergruß aussieht, den kann ich nicht kennen weil er ja verboten ist und der Nationalsozialismus erst in der 10. Klasse unterrichtet werden.

das hätte wahrscheinlich ähnlichst "drüben" kommen können."

Na ja, ich habe mir meine erste blutige Lippe eingefangen an einem Aprilwochenende 1987 um den 20. April herum, als ich ein paar andere Diskobesucher darauf hinwies, dass ihre schwarzen Armbinden ja wohl der Ausbund seien. Dann muss ich noch gerufen haben: "Wo ist die Stasi, wenn man sie mal braucht!" Im Ergebnis hatte ich ordentlich paar in der Fresse sitzen und über den kleinen Hauptnazi (ein zäher Bursche, aber ich habe ihm auch paar verpasst) erfuhr ich später, dass er Lehrerkind war aus einer VoPo/Stasifamilie stammte. So konnte jugendliche Rebellion in der DDR auch aussehen, es gab nicht nur Punks, Hippies Gammler und Kirchengänger.

Was Papa sagen will: in der polizeilosen Anarchie von 1989-90 ff. sind die Fußballhools, Skins und andere Sinnsucher nicht plötzlich vom Himmel gefallen.

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aber die Realität war dann immer deutlich entspannter als die Horrorgeschichten von den armen Verwandten aus dem Osten, denen die STASI den Lebkuchen klaut.

Na ja, meiner Verwandtschaft hat die Stasi nicht nur Lebkuchen geklaut. Ein Cousin meiner Mutter saß im Gelben Elend, bis die DDR ihn in den Westen verkaufte. Ein anderer Cousin schaffte es hingegen, über die Mauer zu flüchten (da waren die KJS und die GST-Lager doch mal für was gut gewesen). Dessen ältere Schwester musste sich erst einmal ein Jahr in der Produktion bewähren, bis sie Medizin studieren durfte - falsches Elternhaus, ihr Vater war Arzt.

Was Skins und Neonazis in der DDR betrifft, so hatte die Stasi bereits in den sechziger und siebziger Jahren Hunderte rechtsextremistische Taten registriert, aber das wurde schön unter den Teppich gekehrt. Im Oktober 1987 überfielen DDR-Skinheads ein Konzert in der Ost-Berliner Zionskirche. Dort spielten an dem Abend "Die Firma" aus Ost-Berlin und "Element of Crime" aus West-Berlin vor etwa 2.000 Leuten (EoC waren mit einem Touri-Visum gekommen und spielten auf geliehenen Instrumenten). Die anwesende Volkspolizei sah übrigens seelenruhig zu wie die Skinheads die Konzertbesucher mit Eisenketten verprügelten. Vertuschen ließ sich dieser Überfall aber nicht mehr, da westliche Medien darüber berichteten. Im März 1989 erschien in einer Samisdat-Zeitschriftder Essay "Die neue alte Gefahr. Junge Faschisten in der DDR" von Konrad Weiß, die "Zeit" druckte ihn nach. Das hinderte Kurt Hager aber nicht daran, am 8. Mai 1989 zu behaupten: "In der DDR wurde der Faschismus mit Stumpf und Stiel ausgerottet."

Der Anführer des Schlägertrupps hat übrigens vier Jahre Bautzen dafür bekommen. Er kam durch die DDR-Amnestie im Mai 1990 frei und versuchte später, als Opfer des SED-Regimes anerkannt zu werden. Ich weiß aber nicht, ob er damit Erfolg hatte.

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"Was Papa sagen will: in der polizeilosen Anarchie von 1989-90 ff. sind die Fußballhools, Skins und andere Sinnsucher nicht plötzlich vom Himmel gefallen."

Da trafen sie dann ja auch viele neue Freunde aus dem Westen und gemeinsam sind wir unausstehlich.

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"Na ja, meiner Verwandtschaft hat die Stasi nicht nur Lebkuchen geklaut. Ein Cousin meiner Mutter saß im Gelben Elend, bis die DDR ihn in den Westen verkaufte. Ein anderer Cousin schaffte es hingegen, über die Mauer zu flüchten (da waren die KJS und die GTS-Lager doch mal für was gut gewesen). Dessen ältere Schwester musste sich erst einmal ein Jahr in der Produktion bewähren, bis sie Medizin studieren durfte - falsches Elternhaus, ihr Vater war Arzt."

Eine etwas weniger durchideologisierte Position als die, die der Lehrkörper vertrat, wäre vielleicht sinnvoller gewesen: statt Grundschulkindern Tränengeschichten zu erzählen, in denen Weihnachten verboten ist (was keiner Realitätsprüfung standhält) das Unrecht ansprechen. ohne es zu generalisieren im Stile von "und immer wenn man auf ein Konzert geht, teilt die VoPo Einsenketten an Nazis aus, damit sie auch ordentlich zulangen können"

Wenn man dann nämlich feststellt, daß in der DDR durchaus Weihnachten gefeiert werden dürfe, nicht grundsätzlich jede Kirche gesprengt worden ist (ja, wir haben Videos von kirchensprengungen in Berlin geguckt, es hieß, das sei da völlig üblich) und es immer nur Eintopf in der Schulkantine gibt weil das Land zu arm ist für was anderes, dann schüttelt man irgendwann den Kopf über das, was da kaltkriegerisch an's Kind gebracht wurde.

Der Erstkontakt zur DDR-Bevölkerung war dann übrigens eine Mitschülerin, die im Sommer 89 geflüchtet waren und bei der klang das alles weniger wild, aber da war das Thema dann ziemlich bald vorbei.

Zur Anti-Neonazi-Garantie kam es dann in einer anderen Schule. Da hatten einige Schüler, die zum Dekorieren des Festsaals für die Einheitsfeier verpflichtet waren (ich blies Luftballons in schwarz, rot und gelb auch und berufe mich bis heute auf Befehlsnotstand), Befürchtungen, was den Rechtsextremismus angeht. Da an unserer Schule grad ein Mitschüler mit entsprechendem Hintergrund wegen Waffen auf Schulgelände geflogen war (es folgte eine steile Karriere als Lokalgröße, hatte ja nun Zeit) und die braune Welle durch die DDR schwappte und Göttingen lag nahe genug am Rand, daß man das recht gut mitbekam, davon konnten grad Schüler, die offensichtlich nicht deutsch seit 125 Generationen waren, ein Lied singen...
jedenfalls war den Mitschülern unwohl. Als dann noch beim Dekorieren das Deutschlandlied (1. Strophe...) angestimmt wurde durch den anderen Teil der Schülerschaft und es zu Disharmonie deswegen kam, hielt Kunstlehrerin Doppelname eine bewegende Rede, in der sie versprach, daß sie und alle anderen Erwachsenen dafür Sorge tragen würden, daß niemals sich ein Mensch in Deutschland wegen seiner Hautfarbe fürchten müsse und das hier immer alle Menschen sicher leben könnten.
Nach Solingen udn Mölln wollte ich sie immer mal besuchen und drauf ansprechen.
Die schulische Einheitsfeier habe ich übrigens geschwänzt. Schlimm genug, Luftballons aufblasen zu müssen, dazu konnte man in der Unterrichtszeit gezwungen werden, aber am 3. Oktober war ich nicht bereit, die Schule zwecks Feier der Einheit zu betreten. Irgendwann war auch mal gut.


Die DDR war sicher nicht der perfekte Staat, aber ganz so trüb wie das der Lehrkörper darstellte, war sie sicher auch nicht. Das konnte man damals schon ahnen, selbst als Schüler in Niedersächsisch-Sibirien, denn so super wie im kopierten Unterrichtsmaterial sah der bundesdeutsche Alltag auch nicht aus.

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@ Arboretum
GTS --> GST. :-)

@ cassandra_mmviii

Weihnachten verboten. O mein Gott, o mein Gott, o mein Gott. Ihr armen Kinder, das haben sie euch erzählt? Rolling on the floor laughing, Schmerz lass nach. Wir reden von der Zone, zirka 1980, nicht wahr?
Soweit es meine Heimat betrifft: wer einem Erzgebirger Weihnachten zu klauen trachtete, hätte nicht mehr lange Zeit, in Frieden über seinen Frevel nachzusinnen, sondern würde bald auf dem Marktplatz nurmehr friedlich im Wind von der großen Weihnachtspyramide baumeln.
__

"Die DDR an sich": netter Versuch, der mit riesengroßem Abstand beste des ganzen Ostblocks, trotzdem 1990 kein Verlust; zu einer Fortsetzung ab 1990 als Spielwiese sozialtheoretischer Planspiele von Leuten, die keinen Nagel in die Wand kriegen, und Odenwaldlehrern durfte man Menschen nun mal leider nicht in Kollektiv-Haft nehmen. Auch nicht, wenn es nur um die Doofen ging, die den verlorenen Krieg u.a. durch Verlust ihrer Würde auch für die BuRepDeutschland mit bezahlt haben nur um 16 Millionen Zonis ging.

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@ fritz_.: Sorry, war ein Tippfehler in der Eile. Ich korrigiere es.

Und bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Dass Weihnachten in der DDR verboten sei, wurde andernorts keinesfalls in der Schule erzählt. Wäre auch ziemlich fruchtlos gewesen, das hätte keiner geglaubt. Schließlich gab es immer Mitschüler mit Ost-Verwandtschaft. Meine Schwestern und ich halfen meiner Mutter Weihnachtspäckchen für ihr früheres Kindermädchen und deren Tochter und Enkel zu packen, die uns ihrerseits auch jedes Jahr ein Weihnachtspäckchen schickte. Sehr häufig waren die kleinen Erzgebirgefiguren darin.

Ein Jahr lang hatten wir auch einmal eine Mitschülerin, deren Familie aus der DDR ausgereist war.

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Liebe Arboretum, nein, bitte lassen Sie! :-) War nur in Sorge wegen der womöglichen Verwirrung motivierter Leser, denen bei den ganzen Ossithemen sowieso schon der Schädel brummt. :-) "Die kleinen Felher machen uns eigentlcih liebenswürdig", wie ihr Stadtgenosse und freiwilliger Ossi Goethe uns einmal ins Poesiealbum geschrieben hat.

(GTS könnte sogar mühelos als Geräte-Traktoren-Station durchgehen, auf dem Land, kurz nach dem Kriech.)
:-)

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Die "Weihnachten feiern verboten"-Geschichte hielt keiner Realitätsprufung stand, nicht mal der von beeindruckbaren Grundschulkindern.

Ostverwandtschaft hatte zwar kaum einer (plattes Land ohne nennenswerte Vorkriegsmobilität, die zu Tante Else aus Dresden geführt haben könnte, und eine recht überschaubare Anzahl an Flüchtlingen, die nach dem Krieg geblieben waren, meine Familie war eine davon, aber da war die gesamte Familie aus "heute Polen" geflohen und lebte nun größtenteils im Ruhrgebiet), aber wir guckten ja alle mehr oder weniger heimlich Ostfernsehen.

Tigergatte fällt auch immer vor Lachen um wenn ich wieder Kalter Krieg im Grenzland-Geschichten erzähle... das stand definitiv nicht in den offiziellen Rahmenrichtlinien und solider Unterricht war es auch nicht, aber passierte trotzdem. Wieso man sich im Unterricht Bilder von Kirchensprengungen angucken soll, entzieht sich mir weitgehend.

Ich sehe schon einen Zusammenhang zwischen den eher gestrigen Ausrichtung des Lehrkörpers zu den vorgestrigen Begrüßungen ein paar Jahre später.
Wir hatten so oft eingetrichert bekommen, daß die DDR nur da sei, um einem das Leben schwer zu machen und der primäre Unrechtsstaat war, daß alle Fragen, wieso denn hinten im Wald noch Steine mit Hakenkreuz stehen, sich erledigt hatten.
In der DDR herrschen die fiesen Russenkommis, und gegen die haben wir uns schon im Krieg gewehrt.
Ein Teil meiner Mitschüler verwendete das Hakenkreuz synonym mit der Deutschlandflagge im Grundschulalter wenn es um Länderspiele etc ging

Da wuchs zusammen und so weiter.


Ja, das war nach 1980 in der Westzone :-)

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"Kirchensprengungen"? Es hat jede Woche hundertmal gerumst, dann flog einem schon wieder so ein Holzkrux um die Ohren! Nee, Quatsch.

Kirchensprengungen, da lobe ich mir doch die Kirchen-zu-Kuhstall-Bewegung, die ich womöglich gerade erfunden habe.

Was geographisch das östliche Ende des Sendegebiets von ARD und ZDF anging, gibt es eine vielbeachtete Folge heimlich aufgenommener Fotos (Film is meines Wissens nich) von der Sprengung von St. Paul in Leipzig unter „gänsefleisch maln gofferraum aufmachen“-Walther Ulbricht.
Das Kirchengebäude, immer schon Teil der Alma mater Lipsiensis in der durch und durch weltlichen Stadt Leipzig, das Kirchengebäude also war hinüber ganz gut durch den Krieg gekommen, die politische Entscheidung, es nicht wieder aufzubauen (greif mal einem nacktem Mann in die Tasche) es abzureißen gleichwohl ein Fingerzeig des Spitzbarts.
Der Moment des Einsturzes ist in der Gestaltung des heutigen Uni-Gebäudes wie in Zeitraffer/Zeitlupe stilbildend dokumentiert. (Es gibt bei Wikipedia kein vernünftiges Foto davon, weder Kirchenfreunde noch sonstige Leipziger noch die eine Million Studenten haben offenbar ihren Fotoapparat gezückt und können mit den Details des Ensembles allzuviel anfangen, das ist dann wohl der Ausdruck echt gelungenen Marketings, wobei mir persönlich schon dümmere Architektur untergekommen ist.)

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Wenn ich das Bild
a) richtig erinnere
b) richtig einordne
war das in Berlin, wo diese Kirche mitten auf der Grenze stand, davon gibt es soweit ich weiß Bilder, könnte also stimmen.

Aber das ist schon länger her als der Becksche Text, da kann die Erinnerung also trügen.

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Sie meinen sicherlich die Sprengung der Versöhnungskirche an der Bernauer Straße 1985.

Die westdeutschen TV-Nachrichten berichteten damals darüber. Ich erinnere mich noch an die Aufnahmen, wie der Kirchturm zusammenfiel.

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Ich weiß nicht, wann das war, aber noch, was mein Vater (der die Kirche auch nur von Außen kannte). "Denen ist nichts heilig"

Könnte hinkommen, '85 war ich in der Grundschule. Ich kann mich an die Lehrerin, die das Video (damals noch eine Filmrolle) vorführte, erinnern und daran, daß es voll war in der Aula zum Gucken, weil alle Klassen da waren. Aber das Jahr... weiß nicht.
Aber eins weiß ich sicher: das stand nicht auf dem offiziellen Lehrplan: "Klasse 4: Sprengung von Kirchen weltweit und im Ostblock, dankenswerterweise hat der Feind passenderweise für Bildmaterial gesorgt".

Ich schreibe die ideologische Aufheizung der Zonenrandlage zu: das jährliche Manöver der Briten und Us-Amerikaner mit Biwak auf dem Dorfplatz und Panzergedöns war weitgehend akzeptiert, es diente ja der Sicherheit, nur ein paar Zugezogene ereiferten sich wenn die Soldaten das öffentliche Klo neben dem Kindergarten zum Waschraum umfunktionierten und spärlich bekleidet bis nackt vor der Kindergartentür rumstanden.

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Und im Radio hüben wie drüben BFBS (wegen der mehren und besseren Musik)?

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gerade den haben wir nicht gekriegt, dafür Ostradio.

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This is BFBS, the British Forces Broadcasting Service in Germany und the time now is seven o'clock. Good evening, ladies and gentlemen.

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Im wilden Süden gabs weder BFBS noch Radio Eriwan DT 64, aber AFN mit den "American Top 40". Hab den Jingle noch im Ohr...

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Casey Casum! (Phonetisch)

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Zum BFBS muss man sich Big Ben und seine Glockenkollegen im Hintergrund vorstellen.

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Bischkek, Irkutsk und Jerewan
gehen uns immer weniger an.
(leiser Narhallamarsch)

Ich leg' mich für heute aufs Kanapee, sonst würde ich noch die Herkunft und Geschichte des non scholae in der Überschrift zum Thema machen, das kann keiner wollen. :-)

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Ha ha, Herr Mark, ich auch. Und am Samstagnachmittag, wenn alle deutschen Sender Fußball übertrugen, lief da stundenlang der Country Countdown. Weia.

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O Gott, das hatte ich schon verdrängt.

@Don Ferrando: Genau: Casey Kasem! Habs aber auch erst nachgucken müssen, wie der sich schrieb. Wüßte auch nicht mehr zu sagen, ob coast to coast noch ein anderes Format war oder ob dieses Schlagwort im Rahmen der Top 40 immer strapaziert wurde.

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Aaah, die Long Distance Dedications ...

Von Kaminer gibt es doch so eine schräge Geschichte, wo sich zwei seiner Bekannten bei ihm treffen. Der eine war früher beim militärischen Nachrichtendienst der Amis und musste immer den sowjetischen Sender hören, um anhand der durchgegebenen Grüße für die in der DDR stationierten Soldaten irgendwelche Informationen zu sammeln, während der russische Bekannte die Long Distance Dedications im AFN fürs sowjetische Pendant protokollieren musste. Beim Treffen hauen sie sich gegenseitig die entsprechenden Erkennungsmelodien und Hits mit Begeisterung um die Ohren.

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Sehr skurril, das hätte auch einem Herbert Rosendorfer einfallen können.

Diese Grüßerei im Radio ging mir immer schon auf den Sender. Aber die Annahme, dass da auch manche verklausulierte iBotschaft von militärischer Relevanz dabei sein dürfte, ist nicht so verwegen.

Und gab es auf Mittel oder Langwelle nicht auch irgendwelche Sender, auf denen im Nachtprogramm nur elend lange Zahlenkolonnen runtergebetet wurden?

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Arno Schmidt hätte die siebenstellige Logarithmentafel dafür liefern können.

Auch schön ist ja der Seewetterbericht:

Deutsche Bucht:
Südwest 4 bis 5, vorübergehend etwas zunehmend, west- bis
nordwestdrehend, See bis 1,5 Meter.
IJsselmeer:
Südwest bis Süd um 3, west- bis nordwestdrehend, zeitweise
diesig, See unter 0,5 Meter.
Südwestliche Nordsee:
Südwest 3 bis 4, westdrehend, etwas abnehmend, zeitweise diesig,
See 0,5 bis 1 Meter.
Engl.Kanal-Ost:
Schwach umlaufend, später Ost bis Südost um 3, diesig,
Nebelfelder, See 0,5 Meter.

Ad infinitum ...

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Ja, die gab es.

In Jean Cocteaus berühmten Filml Orphée sitzt Orphée stundenlang im Auto von Heurtebise (dem Chauffeur der Prinzessin), um die geheimnisvollen Botschaften aus dem Jenseits im Radio zu hören. Wie mir ein Verwandter erzählte, sind sie eine Referenz an die verschlüsselten Nachrichten, die die BBC für die französische Résistance sendete. Jener Onkel konnte sich noch gut an die BBC-Durchsagen erinnern.

Ah, hier ist eine Filmszene, wo im Radio nicht nur Zahlen durchgegeben werden, sondern die krytischen Sätze, die Orphée so faszinierten. In der Szene hört er sie das erste Mal.

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Großartig. Ach ja, wenn ich anno 1985 das Stichwort "Gelber Hahn" in Funk oder Fernsehen gehört hätte, dann wäre das der Aufruf gewesen, mich mit einem Seesack voll olivgrüner Kluft in der Soundso-Kaserne einzufinden. Gegen Ende des Jahres erhielt ich dann aber die Aufforderung, die Klamotten in der Kaserne abzugeben, wogegen ich nichts einzuwenden hatte. Wahrscheinlich wäre ich eh getürmt, wenn der Gelbe Hahn irgendwo gekräht hätte. ;-)

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Ich sage nur: Fulda Gap. Und flexible response.

Der Film ist übrigens sehenswert. Falls Sie ihn also noch nicht kennen ...

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Ja, das sind die genau Stichworte. Ich erinnere mich an eine Karikatur im "stern", in der ein hochrangiger General von Mitarbeitern der grünen Minna aus der Hightech-Kommandozentrale gezerrt wird, und er schreit seinen Kollegen noch zu: "Aber verstehen Sie denn nicht, dass unsere Nach-nach-nach-nach-Rüstung nur die logische Antwort auf die Nach-nach-nach-Rüstung von denen drüben ist???"

Ich hatte den Film sogar schon mal gesehen, aber es ist so lange her, dass ich kaum noch Erinnerungen daran habe.

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@mark 08:19
wie ein Fisch im Wasser
Steht das nich im kleinen grünen Büchlein von Gaddafi?

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Nee, nee,
das war mehr so die Ecke Sun Tsu oder I Ging.

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Der Fisch im Wasser erlangte Bekanntheit durch Mao und er hat ihn von Tsun-Zu oder wie auch immer man den Mann dieser Tage schreibt.

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Ein Ständchen am Morgen.

Levolutionälel Gluß - Lotflont!

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der herr cut: stets textfest.

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Die Kenntnis der passenden Textstelle erspart das eigene Nachdenken!

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wo steht das denn?

(der herr cut: stets selbstkritisch;-)

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Na, hier!

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Hier?
Eher da. Also Wikipedia natürlich. Wo denn sonst (tldr). Stichwort Demokratischer Zentralismus.

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ach herrjeh, jetzt erst gesehen, die richtige zitatzuordnung geschah natürlich durch cassandra_mmviii und nicht durch herrn cut. offenbar kann ich besser schreiben als lesen. fing halt auch mit c an. (und hätte offensichtlich bestens gepasst!)

und "Die Kenntnis der passenden Textstelle erspart das eigene Nachdenken!" ist natürlich schon ein eigener aphorismus - vielleicht für das kleine rote buch des großen schwarzweißen vorsitzenden?

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Glückwunsch (und schade, dass ich für den Bayern-Witz zu langsam war)!

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Welcher Witz?

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Naja, gemessen an den Wahlergebnissen im einstigen Ostblock ist es in Bayern doch recht knapp ausgegangen.

Entsprechend war mir gestern abend auch mehr nach DDR-Witzen zumute. Um ein Haar hätte ich dem Zentralkommittee der SED für meine Wiederwahl zum Generalsekretär gedankt. ;-)

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Aber woher denn? Durch das gesammelte Auszählen von Briefwahlunterlagen gab es doch in Bayreuth auch eine hundertundzehnprozentige Wahlbeteiligung... (Link)

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Beste Glückwünsche der Partei, Genosse Mark!

Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

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@diktionaftis: Haha, danke, das ist großartig. Den Lernfortschritt in seinem Lauf - hält weder Ochs noch Esel auf.

So siehts nämlich aus!

@texas-jim: Das ist ja völlig kurios, aber mit einer Wahlbeteiligung von geringfügig über 79 Prozent kann ich dagegen nicht anstinken.

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Ob sich unser Herr mark am Ende des Schuljahres auch hinstellt und Ich liebe Euch doch alle! der versammelten Volkskammer Elternschaft zuruft?

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Das sicher nicht (zumal es gelogen wäre). Eher verursache ich Chaos, wenn ich kurz vor Schuljahresende verfrüht Reisefreiheit verkünde.

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