Montag, 15. September 2008
Weißt Du noch...?
mark793, 13:12h
Am Wochenende war es mir vergönnt, eine kleine Zeitreise von etwa 30 Jahren in die Vergangenheit anzutreten: Die Schulklasse, der ich bis nach der Achten angehörte, lud zum Treffen im Schullandheim - mit Übernachtung, Nachtwanderung und allem Drum und Dran.
Um die 20 Mittvierziger sind der Einladung gefolgt, mit dem inwischen pensionierten Lieblingslehrer von damals, Herrn G., an die Stätte erster Händchenhalt- und Knutscherfahrungen zurückzukehren. Im Eingangsbereich riecht es noch so klamm und muffig nach feuchtem Schuhwerk wie damals. Ach Gott, der Speisesaal, da standen doch immer die verbeulten Blechkannen mit dem undefinierbaren Früchtetee drin. Und in welchem Zimmer sind die Jungs? Zimmer 2 und 3 und die Mädels einen Stock höher. Wie damals. In den Zimmern sind jetzt aber auch Duschkabinen und Waschbecken. Der alte Waschraum mit der Gemeinschaftsdusche, wo wir Jungs von draußen vom Berghang aus immer versuchten, durch die gekippten Milchglasfenster bisschen was interessantes zu sehen, wird jetzt anderweitig genutzt.
Wir Ankömmlinge sammeln uns im Speisesaal, wo Sekt bereitsteht. Und wer ist dieser kleine, alte Mann mit Brille? Nee, oder? Das ist der damalige Schulleiter, vor dem ich seinerzeit ganz schön Manschetten hatte, wenn ich wegen irgendeiner Aktion mal wieder bei ihm antanzen durfte. Einmal war er drauf und dran gewesen, mich von der Schule zu werfen, aber da sind die Mädels der Klasse zu ihm ins Büro marschiert und haben ihm gesagt, das ginge nicht an, schließlich sei ich beim Werfen von Wasserbomben auf die Bauarbeiter im Hof nicht alleine gewesen, aber wenigstens als einziger so ehrlich gewesen, die Beteiligung zuzugeben. Und damit war mein Allerwertester gerettet. Jetzt streckt der Ex-Direx mir die Hand entgegen mit fragendem Blick, ich nenne meinen Namen, und er fragt mich, "ach, waren Sie nicht der, der das Waschbecken gesprengt hat?" Ich verneine, "Nicht schlecht geraten,aber knapp daneben, ich war der Wasserbombenwerfer, der die Bauarbeiten im Hof sabotiert hat." Ah ja, jetzt erinnere er sich.
Überhaupt erstaunlich, an was man sich noch alles erinnert. Auch an Unordnung und frühes Leid. Da oben auf dem Bänkchen hinterm Haus heulte Christiane, als Thomas mit ihr Schluss gemacht hatte. Oder wie wir Sabine, die sich oben im Wald den Fuß verknackst hatte, auf einer Behelfsbahre aus zwei dünnen Baumstämmen und einem Anorak runter ins Tal trugen. Die Geländespiele, die Wanderungen, wie wir den Mühlbach neben dem Haus stauten, die Parties, meinen zwölften Geburtstag, den ich im Partyraum des Nebengebäudes feierte und bei dem der Lehrer mit seinem alten Plattenspieler und den Oldie-Singles für Stimmung und Bewegung (come on let's twist again - like we did last summer...) sorgte. Zwei Jahre später dann die Klammerblues-Orgien mit Pink Floyd, Novalis und Barclay James Harvest. Hach.
Aber dann steht erst mal die Nachtwanderung auf dem Programm. Der Weg durch den dank Fast-Vollmond nicht komplett dunklen Wald ist noch seltsam vertraut. Wir stapfen wacker bergauf, und ich bin froh, dass ich das Innenfutter für die Outdoor-Jacke doch nicht dabei habe, denn die Lauferei wärmt nicht unerheblich. Herr G., der ehemalige Englisch- und Lateinlehrer, kann es nicht ganz lassen, über Sprachverwandtschaft, Etymologie und dergleichen zu dozieren. Und jetzt weiß ich wieder, warum ich ihm so dankbar bin, dass er sowohl meine ersten Jahre Englisch als auch die ersten beiden Jahre Latein unterrichtete: Denn sämtliche Sturheil-Pauker und pädagogischen Vollversager, die zum Teil nach ihm kamen, haben es nie geschafft, mir den Spaß an Sprachen ganz auszutreiben. Aber ein schrilles "Autsch! Mist" von weiter vorne reißt mich aus diesen Gedankengängen: Es ist jemand umgeknickt - dreimal darf man raten, wer: Sabine M. Diesmal müssen wir sie aber gottlob nicht aus dem Wald heraustragen; nach einer Pause und ein bisschen humpeln geht es munter weiter beziehungsweise zurück ins Landheim.
Dort geht es dann nahtlos über in den gemütlichen Teil. Fotos gucken, klönen, und je später der Abend wird, desto mehr geht das anfängliche "mein Haus, meine Frau, mein Auto" dann auch über in "meine Scheidung, mein Karriereknick, meine Midlife-Crisis". Wobei es nicht wirklich tröstet, festzustellen, dass andere auch ihr Päckchen zu tragen haben. Dass Josie zweimal durch Jura-Examen gerasselt war, hatte sie schon zum zehnjährigen Abitreffen erzählt. Dass sie jetzt versucht, sich von ihrem gewalttätigen Ehemann zu trennen und als wäre das alles noch nicht schlimm genug, zu allem Überfluss auch noch an multipler Sklerose erkrankt ist, das hat sie am Wochenende nicht oder nur in Andeutungen erzählt. Die restlichen Puzzlestücke werden in kleineren Gesprächsrunden stückeweise und geflüstert herumgereicht.
Ich spreche lange mit Heike, die erst nach meinem Weggang von der Schule in diese Klasse gekommen war. Die Schwierigkkeiten, die sie hier mit dem Akklimatisieren und akzeptiert werden hatte, kannte ich ja auch von meiner neuen Klasse an der anderen Schule. So stellen wir übereinstimmend fest, dass wir bestimmt viel Spaß miteinander gehabt hätten, hätte das Schicksal uns in der gleichen Klasse zusammengeführt.
Martina, mit der ich im zarten Alter von 12 Jahren im Landheim Händchen gehalten hatte, bekommt weit nach Mitternacht mit zunehmender Schlagseite den leichten Silberblick, der sie (immer noch) so besonders süß machte. Sie guckt mir tief in die Augen und sagt: "Hach Mark, weißt Du, ich habe Deine dunkle Seite immer gespürt, und irgendwie hast Du mich fasziniert, mir gleichzeitig aber auch ziemliche Angst gemacht. Deswegen ist das mit uns nichts Dauerhaftes geworden."
Tja, was soll man nach einer solchen Ansage nach vier Uhr morgens noch anderes machen als sich ins Etagenbett zu wuchten? Ich hatte ja darauf spekuliert, dass meine Jugendliebe Angela, die mir den zweiten Landheimaufenthalt versüßt hatte, mich vielleicht im Schlafsack ein bisschen wärmen könnte. Aber wegen familiärer Verpflichtungen am Sonntag hat sie es vorgezogen, noch am Samstag abend nach Hause zu fahren. Hmpf, da liege ich also hineingefaltet in ein zu kurzes Einsneunzig-Bett und komme wenns hoch kommt zu zweieinhalb Stunden Schlaf. Nach dem Frühstück stehen wir noch lange vorm Haus in der Morgensonne und kriegen nicht so recht die Kurve zum zügigen Abschiednehmen. Dazu bedarf es dann nur eines Kurzbesuchs von Frau L., unserer damaligen Mathelehrerin. Als die auftaucht, weiß ich, dass es Zeit ist, die Heimfahrt in die Gegenwart anzutreten.
Um die 20 Mittvierziger sind der Einladung gefolgt, mit dem inwischen pensionierten Lieblingslehrer von damals, Herrn G., an die Stätte erster Händchenhalt- und Knutscherfahrungen zurückzukehren. Im Eingangsbereich riecht es noch so klamm und muffig nach feuchtem Schuhwerk wie damals. Ach Gott, der Speisesaal, da standen doch immer die verbeulten Blechkannen mit dem undefinierbaren Früchtetee drin. Und in welchem Zimmer sind die Jungs? Zimmer 2 und 3 und die Mädels einen Stock höher. Wie damals. In den Zimmern sind jetzt aber auch Duschkabinen und Waschbecken. Der alte Waschraum mit der Gemeinschaftsdusche, wo wir Jungs von draußen vom Berghang aus immer versuchten, durch die gekippten Milchglasfenster bisschen was interessantes zu sehen, wird jetzt anderweitig genutzt.
Wir Ankömmlinge sammeln uns im Speisesaal, wo Sekt bereitsteht. Und wer ist dieser kleine, alte Mann mit Brille? Nee, oder? Das ist der damalige Schulleiter, vor dem ich seinerzeit ganz schön Manschetten hatte, wenn ich wegen irgendeiner Aktion mal wieder bei ihm antanzen durfte. Einmal war er drauf und dran gewesen, mich von der Schule zu werfen, aber da sind die Mädels der Klasse zu ihm ins Büro marschiert und haben ihm gesagt, das ginge nicht an, schließlich sei ich beim Werfen von Wasserbomben auf die Bauarbeiter im Hof nicht alleine gewesen, aber wenigstens als einziger so ehrlich gewesen, die Beteiligung zuzugeben. Und damit war mein Allerwertester gerettet. Jetzt streckt der Ex-Direx mir die Hand entgegen mit fragendem Blick, ich nenne meinen Namen, und er fragt mich, "ach, waren Sie nicht der, der das Waschbecken gesprengt hat?" Ich verneine, "Nicht schlecht geraten,aber knapp daneben, ich war der Wasserbombenwerfer, der die Bauarbeiten im Hof sabotiert hat." Ah ja, jetzt erinnere er sich.
Überhaupt erstaunlich, an was man sich noch alles erinnert. Auch an Unordnung und frühes Leid. Da oben auf dem Bänkchen hinterm Haus heulte Christiane, als Thomas mit ihr Schluss gemacht hatte. Oder wie wir Sabine, die sich oben im Wald den Fuß verknackst hatte, auf einer Behelfsbahre aus zwei dünnen Baumstämmen und einem Anorak runter ins Tal trugen. Die Geländespiele, die Wanderungen, wie wir den Mühlbach neben dem Haus stauten, die Parties, meinen zwölften Geburtstag, den ich im Partyraum des Nebengebäudes feierte und bei dem der Lehrer mit seinem alten Plattenspieler und den Oldie-Singles für Stimmung und Bewegung (come on let's twist again - like we did last summer...) sorgte. Zwei Jahre später dann die Klammerblues-Orgien mit Pink Floyd, Novalis und Barclay James Harvest. Hach.
Aber dann steht erst mal die Nachtwanderung auf dem Programm. Der Weg durch den dank Fast-Vollmond nicht komplett dunklen Wald ist noch seltsam vertraut. Wir stapfen wacker bergauf, und ich bin froh, dass ich das Innenfutter für die Outdoor-Jacke doch nicht dabei habe, denn die Lauferei wärmt nicht unerheblich. Herr G., der ehemalige Englisch- und Lateinlehrer, kann es nicht ganz lassen, über Sprachverwandtschaft, Etymologie und dergleichen zu dozieren. Und jetzt weiß ich wieder, warum ich ihm so dankbar bin, dass er sowohl meine ersten Jahre Englisch als auch die ersten beiden Jahre Latein unterrichtete: Denn sämtliche Sturheil-Pauker und pädagogischen Vollversager, die zum Teil nach ihm kamen, haben es nie geschafft, mir den Spaß an Sprachen ganz auszutreiben. Aber ein schrilles "Autsch! Mist" von weiter vorne reißt mich aus diesen Gedankengängen: Es ist jemand umgeknickt - dreimal darf man raten, wer: Sabine M. Diesmal müssen wir sie aber gottlob nicht aus dem Wald heraustragen; nach einer Pause und ein bisschen humpeln geht es munter weiter beziehungsweise zurück ins Landheim.
Dort geht es dann nahtlos über in den gemütlichen Teil. Fotos gucken, klönen, und je später der Abend wird, desto mehr geht das anfängliche "mein Haus, meine Frau, mein Auto" dann auch über in "meine Scheidung, mein Karriereknick, meine Midlife-Crisis". Wobei es nicht wirklich tröstet, festzustellen, dass andere auch ihr Päckchen zu tragen haben. Dass Josie zweimal durch Jura-Examen gerasselt war, hatte sie schon zum zehnjährigen Abitreffen erzählt. Dass sie jetzt versucht, sich von ihrem gewalttätigen Ehemann zu trennen und als wäre das alles noch nicht schlimm genug, zu allem Überfluss auch noch an multipler Sklerose erkrankt ist, das hat sie am Wochenende nicht oder nur in Andeutungen erzählt. Die restlichen Puzzlestücke werden in kleineren Gesprächsrunden stückeweise und geflüstert herumgereicht.
Ich spreche lange mit Heike, die erst nach meinem Weggang von der Schule in diese Klasse gekommen war. Die Schwierigkkeiten, die sie hier mit dem Akklimatisieren und akzeptiert werden hatte, kannte ich ja auch von meiner neuen Klasse an der anderen Schule. So stellen wir übereinstimmend fest, dass wir bestimmt viel Spaß miteinander gehabt hätten, hätte das Schicksal uns in der gleichen Klasse zusammengeführt.
Martina, mit der ich im zarten Alter von 12 Jahren im Landheim Händchen gehalten hatte, bekommt weit nach Mitternacht mit zunehmender Schlagseite den leichten Silberblick, der sie (immer noch) so besonders süß machte. Sie guckt mir tief in die Augen und sagt: "Hach Mark, weißt Du, ich habe Deine dunkle Seite immer gespürt, und irgendwie hast Du mich fasziniert, mir gleichzeitig aber auch ziemliche Angst gemacht. Deswegen ist das mit uns nichts Dauerhaftes geworden."
Tja, was soll man nach einer solchen Ansage nach vier Uhr morgens noch anderes machen als sich ins Etagenbett zu wuchten? Ich hatte ja darauf spekuliert, dass meine Jugendliebe Angela, die mir den zweiten Landheimaufenthalt versüßt hatte, mich vielleicht im Schlafsack ein bisschen wärmen könnte. Aber wegen familiärer Verpflichtungen am Sonntag hat sie es vorgezogen, noch am Samstag abend nach Hause zu fahren. Hmpf, da liege ich also hineingefaltet in ein zu kurzes Einsneunzig-Bett und komme wenns hoch kommt zu zweieinhalb Stunden Schlaf. Nach dem Frühstück stehen wir noch lange vorm Haus in der Morgensonne und kriegen nicht so recht die Kurve zum zügigen Abschiednehmen. Dazu bedarf es dann nur eines Kurzbesuchs von Frau L., unserer damaligen Mathelehrerin. Als die auftaucht, weiß ich, dass es Zeit ist, die Heimfahrt in die Gegenwart anzutreten.
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pmtzl,
Dienstag, 16. September 2008, 02:25
Mein zehnjähriges Grundschulklassentreffen in der damaligen Stammpizzeria lief in etwa wie folgt ab: "Und jetzt so?" "Arbeit?" "Schon Kinder?" und dann war der nächste dran. Überhaupt hat man sehr gemerkt, wie groß der Unterschied ist zwischen den Leuten, die in diesem Kaff geblieben sind, und denen, die rausgekommen sind. Und als "Krönung" lagen auf der Pizza Dosenchampignons.
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lady.death1,
Dienstag, 16. September 2008, 10:50
schön ; ne ?
Man denkt die Zeit rennt einem davon , dabei bleibt sie irgenwie stehen .. in solchen Momenten.
Irgendwas ist immer.
Die Schrägen von damals sind immer noch schräg aber angesagtweil eben schräg,
die Beliebten meist nicht beneidenswert..
man sieht dahinter und denkt :
alles nur Theater.
Aber es ist gut das mal vor Augen zu haben .
Anschließend wissen wir :
Es geht uns gut ;)
( erschreckt hat mich nur das Wort : Mittvierziger)
Man denkt die Zeit rennt einem davon , dabei bleibt sie irgenwie stehen .. in solchen Momenten.
Irgendwas ist immer.
Die Schrägen von damals sind immer noch schräg aber angesagtweil eben schräg,
die Beliebten meist nicht beneidenswert..
man sieht dahinter und denkt :
alles nur Theater.
Aber es ist gut das mal vor Augen zu haben .
Anschließend wissen wir :
Es geht uns gut ;)
( erschreckt hat mich nur das Wort : Mittvierziger)
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mark793,
Dienstag, 16. September 2008, 14:13
@pmtzl:
Welchen Sinn Grundschultreffen haben sollen (noch dazu nach 10 Jahren, wo vielleicht grad einige beim Bund/Zivildienst oder beim Studium sonstwo sind), hat sich mir nie so recht erschlossen. Indes muss ich gestehen, dass das zehnjährige Abitreffen auch nicht von größerem Tiefgang geprägt war als "was machste so beruflich und sind schon Kids da"?
@Lady Death: So hart wie "alles nur Theater" würde ich es nicht ausdrücken. Es ist auch legitim, auf dieser Bühne nur die Schokoladenseite vorzuzeigen und die biographischen Brüche und persönlichen Krisen nur dem engsten Freundeskreis zuzumuten. Auch wenn sich natürlich jeder denken kann, dass nicht bei allen alles so wohlbestellt ist, wie es vordergründig präsentiert wird. Nur ist das für mich halt weitgehend uninteressant, die ganze Zeit auf diesem Level zu smalltalken und dieser Form der Selbstdarstellung längere Aufmerksamkeit zu schenken. Da interessieren mich die nicht so straighten und durchgeplanten Lebensläufe dann doch viel mehr. Und gar nicht mal aus dem Grund, dass ich mir nachher sagen kann, da gehts mir im Vergleich ja noch Gold.
Was ist an dem Wort "Mittvierziger" erschreckend? Mich hat unser frisch pensionierter Lehrer, ein sehr fitter Mittsechziger, sehr beeindruckt. Der hätte diesen Job auch noch gut fünf, zehn Jahre mit Freude machen können, das ist nicht einer von diesen früh überforderten und ausgebrannten Frührentnern, die zur Wiedererlangung von irgendwelchem Lebenssinn auf teure Eso-Seminare in der Toskana fahren müssen. Wenn Du so jemanden erlebst, verliert auch das Wort "Mittsechziger" viel von seinem Schrecken.
@Lady Death: So hart wie "alles nur Theater" würde ich es nicht ausdrücken. Es ist auch legitim, auf dieser Bühne nur die Schokoladenseite vorzuzeigen und die biographischen Brüche und persönlichen Krisen nur dem engsten Freundeskreis zuzumuten. Auch wenn sich natürlich jeder denken kann, dass nicht bei allen alles so wohlbestellt ist, wie es vordergründig präsentiert wird. Nur ist das für mich halt weitgehend uninteressant, die ganze Zeit auf diesem Level zu smalltalken und dieser Form der Selbstdarstellung längere Aufmerksamkeit zu schenken. Da interessieren mich die nicht so straighten und durchgeplanten Lebensläufe dann doch viel mehr. Und gar nicht mal aus dem Grund, dass ich mir nachher sagen kann, da gehts mir im Vergleich ja noch Gold.
Was ist an dem Wort "Mittvierziger" erschreckend? Mich hat unser frisch pensionierter Lehrer, ein sehr fitter Mittsechziger, sehr beeindruckt. Der hätte diesen Job auch noch gut fünf, zehn Jahre mit Freude machen können, das ist nicht einer von diesen früh überforderten und ausgebrannten Frührentnern, die zur Wiedererlangung von irgendwelchem Lebenssinn auf teure Eso-Seminare in der Toskana fahren müssen. Wenn Du so jemanden erlebst, verliert auch das Wort "Mittsechziger" viel von seinem Schrecken.
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goetzeclan,
Dienstag, 16. September 2008, 11:35
Schöne Erinnerungen. Mit solchen Erinnerungen im Gepäck wäre ich da auch hingefahren. Aber wenn ich so einen Rückblick aus meiner Perspektive in meine Vergangenheit wage, wäre ich der Einladung nicht gefolgt. Absolut nicht. Besser für mich, und für die anderen.
Waren denn alle da bei dem Treffen? Und wenn nicht, war das abzusehen, dass einige nicht kommen werden?
Waren denn alle da bei dem Treffen? Und wenn nicht, war das abzusehen, dass einige nicht kommen werden?
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mark793,
Dienstag, 16. September 2008, 12:10
Ja,
einige blieben verschollen, ein paar haben frühzeitig abgesagt wegen Familienfeiern oder anderen Verpflichtungen an diesem Wochenende. Zwei hatten schon bezahlt und wurden von einem grippalen Infekt kurzfristig gehindert. Und einer hatte im Vorfeld keinen Hehl daraus gemacht, dass er keinen Bock darauf hat. Gut, das ist irgendwo verständlich, das war auch ein seltsamer Vogel, der im Landheim immer mit Badehose duschte und der es auch sonst nicht leicht hatte.
Wobei es mich dann andererseits auch wieder wundert, denn in meiner anderen Klasse und der Jahrgangsstufe gab es Mitschüler, die wesentlich schlimmer gemobbt worden waren, aber trotzdem zu den Abitreffen kamen. Aber man kann ja nicht reingucken und macht sich auch keine Vorstellung von den Verletzungen, die man anderen zufügt im Laufe seines Schülerlebens. Heike zum Beispiel, die war wunderhübsch und schon ein Jahr älter als die anderen Mädels, kam aus sehr betuchtem Elternhaus, hatte immer die Top-Klamotten und die coolen Stecher aus den älteren Jahrgängen am Start. Die musste auch - gerade im Landheim - manche häßliche Aktion der anderen Mädels wegstecken und wollte doch einfach nur gemocht werden, dazugehören und gar nichts besonderes sein.
Diese Wunden kann so ein Treffen nicht unbedingt heilen, aber zumindest helfen, es besser einzuordnen. Wobei das Risiko, dass es irgendwann wieder in alte Verhaltensmuster abgleitet, nie ganz auszuschließen ist, von daher kann ich den Entschluss, solchen Events lieber fernzubleiben, sehr gut verstehen.
Wobei es mich dann andererseits auch wieder wundert, denn in meiner anderen Klasse und der Jahrgangsstufe gab es Mitschüler, die wesentlich schlimmer gemobbt worden waren, aber trotzdem zu den Abitreffen kamen. Aber man kann ja nicht reingucken und macht sich auch keine Vorstellung von den Verletzungen, die man anderen zufügt im Laufe seines Schülerlebens. Heike zum Beispiel, die war wunderhübsch und schon ein Jahr älter als die anderen Mädels, kam aus sehr betuchtem Elternhaus, hatte immer die Top-Klamotten und die coolen Stecher aus den älteren Jahrgängen am Start. Die musste auch - gerade im Landheim - manche häßliche Aktion der anderen Mädels wegstecken und wollte doch einfach nur gemocht werden, dazugehören und gar nichts besonderes sein.
Diese Wunden kann so ein Treffen nicht unbedingt heilen, aber zumindest helfen, es besser einzuordnen. Wobei das Risiko, dass es irgendwann wieder in alte Verhaltensmuster abgleitet, nie ganz auszuschließen ist, von daher kann ich den Entschluss, solchen Events lieber fernzubleiben, sehr gut verstehen.
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goetzeclan,
Dienstag, 16. September 2008, 13:16
Na, ich habe es in so fern gut, dass ich überhaupt gar nie zu einem Treffen eingeladen wurde. Bisher. Auf der anderen Seite hört man auch viel mehr über Klassentreffen von Gymnasien als von Hauptschulen. Ich habe überhaupt noch nie von einem Hauptschul-Klassentreffen gehört. Möglicherweise ist die Motivation in diesen Gesellschaftskreisen sich an die Vergangenheit zu erinnern geringer?
Es gab mal eines von der Berufs-Fachschule. Da war alles anders. Auch da habe ich eine schmerzliche (und deutlich einseitige) Jugendliebe wieder gesehen. Der erste stumme Gedanke beim Wiedersehen war: Glück gehabt. Ansonsten habe ich den ganzen Abend mehr oder minder geschwiegen, bzw. mich im SmallTalk aufgehalten. Ausnahmslos alle meine damaligen Mitschüler haben den klassischen Weg beschritten und nach der BFS eine Ausbildung gemacht und dann weiter in der Stadt gearbeitet. ich habe nach meiner Ausbildung den Wechsel in Vertrieb und Marketing gemacht (sagen wir mal besser, ich bin da reingerutscht) und im Rahmen meiner Arbeit als Produktmanager bin ich auch etwas in der Welt herumgekommen. Ich war für meine Firma in Holland, Frankreich, Schweiz, Österreich, Belgien und USA. Meine Mitschüler waren allenfalls mal von Ehrenfeld nach Poppelsdorf gefahren, um dort einen Auftrag zu erledigen. Sollte ich in diesem Kreis von Paris, sprechen, von Wien, Amsterdam, Brüssel oder San Francisco? Nein. Ich habe tief gestapelt, und mich daran erfreut, wie es den anderen ergangen ist. Sind alles gute Leute gewesen. Ein wichtiger TEil meines Lebens.
Nur der Stich ins Herz, wenn man hört das einer nicht kommen kann, weil er seit mehren Jahren tot ist, der war schon krass ...
Es gab mal eines von der Berufs-Fachschule. Da war alles anders. Auch da habe ich eine schmerzliche (und deutlich einseitige) Jugendliebe wieder gesehen. Der erste stumme Gedanke beim Wiedersehen war: Glück gehabt. Ansonsten habe ich den ganzen Abend mehr oder minder geschwiegen, bzw. mich im SmallTalk aufgehalten. Ausnahmslos alle meine damaligen Mitschüler haben den klassischen Weg beschritten und nach der BFS eine Ausbildung gemacht und dann weiter in der Stadt gearbeitet. ich habe nach meiner Ausbildung den Wechsel in Vertrieb und Marketing gemacht (sagen wir mal besser, ich bin da reingerutscht) und im Rahmen meiner Arbeit als Produktmanager bin ich auch etwas in der Welt herumgekommen. Ich war für meine Firma in Holland, Frankreich, Schweiz, Österreich, Belgien und USA. Meine Mitschüler waren allenfalls mal von Ehrenfeld nach Poppelsdorf gefahren, um dort einen Auftrag zu erledigen. Sollte ich in diesem Kreis von Paris, sprechen, von Wien, Amsterdam, Brüssel oder San Francisco? Nein. Ich habe tief gestapelt, und mich daran erfreut, wie es den anderen ergangen ist. Sind alles gute Leute gewesen. Ein wichtiger TEil meines Lebens.
Nur der Stich ins Herz, wenn man hört das einer nicht kommen kann, weil er seit mehren Jahren tot ist, der war schon krass ...
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kenzaburo,
Dienstag, 16. September 2008, 14:35
ich kann schon verstehen, dass jemand keinen bock hat. ich selbst habe bisher sämtlichen ehemaligen anfragen (grundschule, abitur etc) unbeantwortet ignoriert. selbst dem jährlich stattfindenden ehemaligentreffen meines gymnasiums (ganze schule nicht nur einzelne jahrgänge) besuche ich schon seit 15 jahren nicht mehr. auch den wasserstandsmeldungen die die mutter dem lokalblättchen entnimmt über hochzeiten, geburten und todesfälle höre ich mir nur höflicherweise ihr gegenüber an. mir fehlt schlichtweg das interesse an den ehemaligen mitschülern völlig egal, ob das haus/karriere/auto spiel gespielt wird, oder es einfach nur nette leute sind, die ein bischen über sich erzählen.
(und ich gehörte damals eher zur mobbenden fraktion, als zu den aussenseitern)
(und ich gehörte damals eher zur mobbenden fraktion, als zu den aussenseitern)
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pappnase,
Dienstag, 16. September 2008, 12:19
jetzt hab ichs doch gelesen, danke.
(zuerst wollte ich ja nicht so lange einen dunklen bildschirm haben...)
(zuerst wollte ich ja nicht so lange einen dunklen bildschirm haben...)
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mark793,
Dienstag, 16. September 2008, 13:53
Oh, ich habe zu danken,
dass Sie die Mühsal dann doch auf sich genommen haben. Beim Schreiben hab ich da und dort schon dran gedacht, dass es eigentlich ne Zumutung ist, in diesem Layout so ein langes Elaborat aufzutischen.
Ihrem Bildschirm hats aber sicher gut getan. ;-)
Ihrem Bildschirm hats aber sicher gut getan. ;-)
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jammernich,
Dienstag, 16. September 2008, 14:02
"Ich hatte ja darauf spekuliert, dass meine Jugendliebe Angela, die mir den zweiten Landheimaufenthalt versüßt hatte, mich vielleicht im Schlafsack ein bisschen wärmen könnte."
Pfui. Schämen Sie sich...
Pfui. Schämen Sie sich...
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mark793,
Dienstag, 16. September 2008, 14:28
Schämen Sie sich lieber
Ihrer schmutzigen Phantasie, Herr Jammernich. Was soll an ein bisschen unschuldigem Wärmeaustausch verwerflich sein? Da wäre nichts gelaufen, was wir unseren Lebenspartnern nicht hätten guten Gewissens berichten können.
Aber wo ich Sie schon mal da habe: Wie sieht Ihre Frau das eigentlich, wenn Sie immer bei Frau VomDorf * rumflirten? Hm?? ;-)
* Name von der Redaktion geändert?
Aber wo ich Sie schon mal da habe: Wie sieht Ihre Frau das eigentlich, wenn Sie immer bei Frau VomDorf * rumflirten? Hm?? ;-)
* Name von der Redaktion geändert?
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jammernich,
Dienstag, 16. September 2008, 14:48
Sie hat sich noch nicht bei mir beschwert, schließlich habe ich der Frau aus Bremen* nicht angeboten, meinen Schlafsack zu teilen };-) und das Ganze kann außerdem jederzeit von meiner Frau nachgelesen werden. Ist somit eher harmlos, nech...
Schmutzige Phantasie haben Sie im Übrigen ins Spiel gebracht, ich finde den Wunsch nach einer gemeinsame Nacht mit einer Jugendliebe in einem Schlafsack zumindest nicht unschuldig...
*Ort von der Redaktion geändert
Schmutzige Phantasie haben Sie im Übrigen ins Spiel gebracht, ich finde den Wunsch nach einer gemeinsame Nacht mit einer Jugendliebe in einem Schlafsack zumindest nicht unschuldig...
*Ort von der Redaktion geändert
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schmerles,
Dienstag, 16. September 2008, 15:33
Der Abijahrgang trifft sich alle 5 Jahre. Neuerdings ist es so, dass alles da in summa mehr kostet, als ich trinken will. Daran merke ich dass ic älter werde.
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mark793,
Dienstag, 16. September 2008, 16:39
Gut beobachtet.
Ich denke, selbst eine preisattraktive Flatrate für ethanolhaltige Getränke würde mich nicht mehr motivieren können, an den Exzessen der Jugend nochmal anzuknüpfen.
Wobei ich sagen muss: Das Büffet zum 20jährigen im Bootshaus war auch ziemlich überteuert. Die Essenskosten hätte nur ein Vielfraß wieder reinfuttern können. Aber da ich vorher eh noch auf einer anderen Einladung war, hab ich mir das sowieso geschenkt.
Im Landheim haben sie für die knapp 50 Euro Paketpreis (ok, Getränke jenseits des Begrüßungssekts nicht inklusive) aber ganz schön was aufgefahren fürs Abendbüffet und zum Frühstück. Ich hatte mehr so Jugendherbergsniveau erwartet und war daher positiv überrascht.
Wobei ich sagen muss: Das Büffet zum 20jährigen im Bootshaus war auch ziemlich überteuert. Die Essenskosten hätte nur ein Vielfraß wieder reinfuttern können. Aber da ich vorher eh noch auf einer anderen Einladung war, hab ich mir das sowieso geschenkt.
Im Landheim haben sie für die knapp 50 Euro Paketpreis (ok, Getränke jenseits des Begrüßungssekts nicht inklusive) aber ganz schön was aufgefahren fürs Abendbüffet und zum Frühstück. Ich hatte mehr so Jugendherbergsniveau erwartet und war daher positiv überrascht.
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