Montag, 31. Juli 2006
Flurbereinigung
Mehr als einmal habe ich mir schon vorgenommen, dieses Provisorium von Deckenleuchte im Flur endlich zu beheben. Die dreistrahlige Halogenschiene liegt auch schon länger parat. Nun könnte ich mich damit rausreden, dass mich die zwielichtigen Erfahrungen mit Leuchten aus dem Hause Ikea schrecken. Aber es ist auch Bequemlichkeit im Spiel und mangelnde Lust, mir beim Dübellöcher-Bohren in diese mörderharte Betondecke Rücken und Nacken zu verrenken.

Tja, und verschärfend hinzu kommt noch ein kleines Trauma in Sachen Provisorien im Flur: Als ich anno 90 mit meiner damaligen Freundin zusammenzog, hatten wir uns beim Renovieren der heruntergekommenen Altbauwohung ziemlich verausgabt. Nicht unbedingt finanziell, aber nervlich. Auf den letzten Metern ging uns beim Verlegen des Teppichbodens (Leute, vergesst Eure berechtigten Einwände: Den Dielenboden wieder herzurichten, hätte einen vierstelligen DM-Betrag verschlungen) die Luft aus. Im Flur stand noch allerlei herum, das seinen Platz noch nicht gefunden hatte. Und so blieb der Flurboden mit den verfleckten und unabgeschliffenen Holzdielen eine offene Wunde in der ansonsten sehr gepflegten Wohnung.

So gingen einige Jährchen ins Land. Ich hatte noch ein paar Anläufe unternommen, meine Freundin zu motivieren, allez hopp, lass uns doch die letzten Meter jetzt auch noch klarmachen. Aber irgendwie wollte sie nicht so recht. Aber als sie dann zu einer einwöchigen Studienreise nach Irland fuhr, schritt ich zur Tat: Mit einem Freund holte ich die Reststücke aus dem Keller, und zusammen puzzelten wir so lange rum, bis der Flurboden endlich zum Rest der Wohnung passte.

Die Rückkehr meiner geliebten C. in unser gemeinsames Domizil verlief dann aber anders als ich mir das vorgestellt hatte: Sie zog einen Riesen-Flunsch und machte mir bittere Vorhaltungen, wie dilettantisch wir das angepackt hätten. Sie hätte es doch schon so perfekt durchgeplant gehabt, dass auch der Strich des Bodens bis in die letzten Winkel stimmt, und wir hätten das ja jetzt wohl total vergurkt. Darauf ich: "Deine detaillierte Planungsarbeit in Ehren, aber de facto lagen die Reststücke vom Boden jetzt schon fünf Jahre im Keller. Und dort wären sie bald auch endgültig verrottet, wenn ich das jetzt nicht in Angriff genommen hätte."

Dem Argument hatte sie nichts entgegenzusetzen. Und damit war das Thema erst mal durch. Aber irgendwie hatte ich das vage Gefühl, dass bei ihr da ein Restgroll zurückgeblieben war wegen der Aktion. Wie auch immer, einige Monate später versandete war unsere Beziehung ohnehin im verflixten siebten Jahr. Und als sie mir ankündigte, auszuziehen, sagte ich nur, ist ok, vermutlich das beste für alle Beteiligten. Jahre später im Rahmen eines Aufarbeitungsgesprächs gestand sie mir dann, dass meine Aktion im Flur ihr tatsächlich das Gefühl gegeben habe, dies sei nicht mehr ihre Wohnung. Im Lauf der Jahre hätte sich bei ihr nämlich die Vorstellung festgesetzt, dass sie wohl ausziehen würde, sobald dieses Provisorium im Flur behoben wäre. Und so war es dann auch. Manchmal, wenn ich das oben abgebildete Ensemble aus Lüsterklemme, Leitungsdraht und Birnenfassung einschalte, durchzuckt mich die Erinnerung an das vorige Flur-Provisorium. Dieses hier werde ich wahrscheinlich lassen, wie es ist.

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Na das ist ja eine pefide Story.

mmmh, mir fallen da aber noch ein paar andere Lesarten ein. Einerseits könnte es auch heißen, daß man solche Sachen einfach nicht immer und immer wieder verschieben sollte, es könnte aber auch heißen, daß es Vorteile gehabt hätte, die Freundin vorher zu informieren und nochmal um Rat zu ersuchen. Vielleicht hätte Deine werte Gattin ja lieber einen edlen Kronleuchter dort anstelle von Halogenschienen? Würde ja auch weniger Löcher in der Decke brauchen ;o)

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Ja, das Problem
war wohl tatsächlich nicht so sehr die Aktion als solche, sondern die mangelnde Kommunikation. Warum hat sie, wenn ich das Fass mit dem Boden aufgemacht habe, nie klipp und klar gesagt, dass es ihr lieber wäre, es zu lassen, wie es ist? Das wär ja verhandelbar gewesen.

Aber ihr deswegen groß Vorwürfe zu machen, steht mir nicht zu. Es gab auch ne Menge Situationen, die ich durch mein Schweigen schlimmer gemacht habe als sie eigentlich waren.

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Ihre Ex-Freundin brauchte wohl noch die Illusion, die Beziehung sei so provisorisch wie der Fußboden. Über diese Phase sind Sie doch hinweg, jetzt mit Kind und allem Drumherum. Oder vielleicht nicht?

Meiner Privattheorie zufolge lassen sich Einrichtung und Zustand der Wohnung sowieso nicht vom inneren Zustand trennen (wobei ich mir der Wirkungsrichtung noch nicht ganz sicher bin).

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Mit Kind und soweiter
gibt es wiederum andere Provisorien und Unperfektheiten ambienter Art in Kauf zu nehmen. ;-)

Der Punkt bei C. war damals wohl weniger, dass sie die Beziehung lieber lose und unverbindlich gestaltet hätte. Ihr passiver Widerstand, mit dem sie das Chaos-Biotop Flur verteidigte, speiste sich eher aus der Quelle, dass sie ihre Anarcho-Hausbesetzer-Ewigstudenten-Sozialisation doch gerne noch im Wohnungs-Outfit angemessen repräsentiert gesehen hätte. In weiten Teilen der Bude hatte ich ja meinen kühleren und cleaneren Style durchgedrückt.

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Ähm. Hust. Ich habe exakt so ein Provisorium seit... hmm.. über zwei Jahren?! Und der Witz ist, ich habe genau so lange schon die Lampe, die an diese Stelle soll. Weiß auch nicht, wieso die nun stattdessen in der Speisekammer verstaubt.

Ich befürchte, das sagt jetzt ganz viel Schlechtes über mich aus. Aber ich hatte so das Bedürfnis, mich zu outen...

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Fühlen Sie sich frei,
mit weiteren erschütterernden Bekenntnissen aufzuwarten. Um eine erneute Steilvorlage zu liefern: In unserem Badezimmer kommen dort, wo bei anderen Leuten der beleuchtete Spiegel (oder ein Alibert) hängt, drei Strippen mit Lüsterklemme aus der Wand. Zum Gucken, was man das da so treibt stylingtechnisch, genügt uns nach wie vor ein Kosmetikspiegel-Klappteil von etwa 20 cm. Durchmesser, das auf der Ablage steht. Erstaunlich, wie zäh sich manche Provisorien behaupten - und das, obwohl wir ansonsten nicht unbedingt bedürfnislos wie Diogenes in der Tonne leben...

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Ich habe auch drei solcher "Lampen" zu Hause, kann jedoch aber einen Umzug vor weniger als einem Jahr vorweisen, den ich zur Erklärung heranziehen könnte.

Könnte, ja, *hüstel*, denn ich habe diese "Lampen" aus der Vorwohnung mitgebracht, wo sie knapp 6 Jahre auf Ersatz des Provisoriums warteten...

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Ich habe aus der Erfahrung (in meiner alten Wohnung hatte ich das Provisorium zu früh abgeklemmt und stattdessen lieber einen Deckenfluter danebengestellt) in meiner neuen Wohnung ziemlich direkt überall Lampen angebracht.
Dafür habe ich immer noch keine Garderobe - nicht daß ich mich nichtmal danach umgeschaut hätte - aber mir gefällt einfach nichts. Entweder finde ich das Aussehen mies, oder es sieht nach Arbeit aus - Aber die Aluleiter tuts auch ganz gut...

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drei Strippen mit Lüsterklemme aus der Wand

Solcherlei Provisorien finden allerdings typischerweise ihr Ende mit dem Moment, in dem der Nachwuchs gelernt hat, auf Stühle zu steigen. :)

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Meine Wohnung und mein Leben sind in etwa so vielfältig mit Provisorien angereichert wie mein Gebiss. Und jetzt weiß ich auch warum.

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Provisorische Dauerlösungen zeigen auch, wie kreativ man mit der eigenen Bequemlichkeit bzw. Unbequemlichkeit leben kann....

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Rien ne dure que le provisoire
sagen die Franzosen. Bei denen gehört das tiefere Verständnis für die Vorzüge der Vorläufigkeit gewissermaßen zum savoir vivre. Unsereins fragt sich ja eher, ob das Leben langfristig betrachtet etwas anderes sein kann als ein provisorischer Tod... ;-)

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..so schlecht schauts doch gar nicht aus :)

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Die Schlichtheit
hat tatsächlich was. Übrigens lustig: Ich sach "Tod", und prompt kommentierst Du. ;-)

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..das hab ich gar nicht mitbekommen..
huch.

Die dicke Birne hat in der Tat was für sich. da gibts doch auch so Basteldraht.. den würde ch dekorativ rumwickeln,
und fertisch is die designerlampe.
Was man nicht schön findet, soll man betonen :))

Ich knips mal das Chaos in meiner Küche , da hängt sed 13 Jahren der ventilator und die Küchenlampe an einer " Affenschaukel" .. und mein Bruder verspricht mir seid genau 13 Jahren zwei Schalter anzubringen , damit ich nicht immer die Birnen von einer Lampe rausdrehen muß.. und das Kabel ist echt häßlich.. trotz der Kastaniendeko der Kids... aber langsam gewöhn ich mich dran.. hättest du nix gesagt, hätt ich es nicht beachtet :))

Wie gehts denn der Kleinen überhaupt?
CShon lange nix mehr von ihr gelesen ....

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Der Lütten gehts total gut.
Ihre Fortschritte sind wirklich rasant im Moment, dass man kaum mithalten kann als Berichterstatter. Seit kurzem klettert sie einfach in ihren Hochstuhl, wenn sie Hunger hat und sagt "Essen!" Und auch sonst kristallisieren sich aus dem Gebrabbel immer mehr sinnvolle Wörter heraus. Sie versteht immer besser, was man will (und was sie im Zweifelsfall nicht will). Ziemlich aktuelles Bild hatte ich ja dieser Tage hier gepostet.

Die Schalter für das Ventilator-Beleuchtungs-Ensemble zu trennen ist unter Umständen nicht so ohne. In meiner alten Wohnung hat mein Brüderlein (gelernter Elektriker) auch die Finger davon gelassen. Inzwischen gibts auch Ventilatoren mit integrierter Beleuchtung, die schaltungstechnisch easy sind (aber meistens häßlich).

Es gäbe noch eine andere Möglichkeit, die hängt aber davon ab, was es für ne Lampe ist und wie sie hängt: die konventionellen Birnenfassungen nämlich mit unwesentlich größeren ersetzen, die nen Zugschalter integriert haben. An die kann Bruderherz Dir ein beliebig langes Kettchen machen zum An- und Ausschalten, da musste nicht ständig die Birnen rausdrehen.

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Es ist ja schon so ein Ventilator mit drei (oder warens vier) Birnen dran.. so Casablanca mäßig. Mit Zugschalter.
Aber ich bin ja nicht jeden Tag gewachsen.. und muß immer auf den Stuhl rauf..
Und so dreh ich im Sommer wenns hell ist, die Zusatzlampe über der Arbeitsfläche einfach raus .
Komplizierte Geschichte

Mein Bruder ist übrigens auch Elekriker *lach*Was ein Zufall....

Ja , in dem Alter sind die Kleinen äußerst süß - und anstrengend .
Und wenn sie erst mal in die NEIN Phase kommen.. herrlich. ( Bei uns hält die immer noch an ;) )

Das letzte Bild der Kleinen hab ich auf so einem Bobby Car ( Audi??) gesehen.. das da oben ist MEIN Ableger!!:))

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"Nichts ist beständiger als ein Provisorium"
ist eine Lebensweisheit, die ich von meinen Eltern mitbekam. Ich vermute mal, das verbirgt sich auch hinter Ihrem Rien ne dure que le provisoire. Und da ich ja aus Berlin stamme, wo es einen geschichtlich starken Zusammenhang zu den Franzosen/zum Französischen irgendwie gibt, passt das ja ganz gut zusammen, obwohl ich von der frz. Version/Herkunft des Spruches noch nix gehört hatte.

Ich glaube, von beständigen Provisorien kann auch jeder irgendwie ein Liedchen singen. Speziell Lampen scheinen dafür prädestiniert. Wir hatten nach unserem letzten Umzug über drei Jahre gebraucht, um im WC das Stromkabel über dem Spiegel mit einer Schalter-Lampe zu versehen, da der Hauptlichtschalter nervigerweise untrennbar mit der Lüftung verbunden war. Als Provisorium stand – zur Beleuchtung ohne Lüftung – eine Halogenschreibtischlampe herum ...

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