Freitag, 28. Juli 2006
Schreck-Sekunden
Hin und her überlegt hatten wir gestern, wie wir das klandestine und klangvolle Kerbtier wirkungsvoll aus der Reserve locken: die Plage in einem geharnischten Beitrag anprangern, der auch Namen nennt oder gleich die chemische Keule einsetzen? Den letztlich zielführenden Vorschlag machte dann meine Frau: "Heb doch mal diesen Übertopf hoch und rüttel mal an jenem Bäumchen". Gesagt, getan - und just als wir uns wieder anderen und wichtigeren Dingen zugewandt hatten, spazierte der junge Hüpfer ganz keck quer über das Fenster im Arbeitszimmer. Glas drüberstülpen, Blatt Papier unterschieben und den kleinen Krachmacher auf die Wiese vorm Haus tragen war eins. Da kann er jetzt rascheln und asseln nach Herzenslust. Viel anderes Vergnügen kennt so ein Vieh ja nicht. Aber nichts wäre verkehrter, als der Kreatur ihr So-sein zu verargen. Manchmal, in ganz besonderen Momenten des Einklangs mit der Schöpfung, ersehne ich die Gabe des heiligen Franziskus, die frohe Botschaft auch parkinson-kranken Kojoten, tollwütigen Rehkitzen und allem anderen gestörten Getier vermitteln zu können. Aber so sehr ich auch in Zungen rede, starren mich die Viecher blöde an. Manchmal versuchen sie auch, mir ins Hosenbein zu zwicken. Oder an der Ecke der Dunkelkammer das zitternde Hinterbein zu heben. Und das alles nur, um emotionale Überreaktionen zu provozieren. Wer ihnen also über den Weg läuft und mal angeknurrt wird: nicht erschrecken. Die tun nichts, die wollen nur spielen.

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