Sonntag, 18. Juli 2010
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Auf der Autobahn A 40 war ich heute auch unterwegs. Aber nicht im unmotorisierten Event-Gedränge und Menschenmassen-Geschiebe zwischen Duisburg und Dortmund. Sondern auf relativ freier Strecke in der Gegenrichtung zum Badesee kurz vor Venlo.

Nicht, dass ich dort gar kein Gedränge erwartet hätte. Vorigen Sonntag, als wir am anderen Ende der Republik weilten, soll es vom Parkplatz zwei Kilometer Rückstau bis auf die Autobahn gegeben haben. Platz für Handtücher in Seenähe dürfte da ziemlich knapp gewesen sein, den Weg ins Wasser musste man sich vermutlich mit Ellbogen, Knien und Kopfstößen freirempeln. Aber heute hielt sich der Andrang im Grenzen - ganz im Unterschied zum rechtsrheinischen Abschnitt der A 40: Auf dem gesperrten Ruhrschnellweg sollen sich heute drei Millionen Menschen getummelt haben.

Diese Info und solche Bilder bestätigen mich darin, dass es die richtige Entscheidung war, den Sonntag linksrheinisch am See zu verbringen und das Mega-Event im Ruhrpott weiträumig zu meiden. Wobei es mich ehrlich gesagt schon gereizt hätte, einmal auf der Autobahn zu radeln. Aber diesem Impuls sind offenkundig so viele Radler gefolgt, dass streckenweise gar nichts mehr ging auf der sogenannten Mobilitätsspur. Und wenn ich schon im Stau stehen muss - dann doch lieber im Auto.

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HölleHölleHölle
sach ich ihnen! Ich hatte ebenfalls absolut kein Bedürfnis an diesen Gedrängelmarathon.
Als A40-Anwohner durfte ich dann aber ab ca. 4:45 Uhr morgens dennoch, wenn auch unfreiwillig, teilnehmen. Alle 15-30 Minuten ein Hubschrauber oder Kleinflugzeug welche im Extremtiefflug weite Schleifen drehten. Man kam sich irgendwann vor wie im Krisengebiet. Meine Nachbarn (ü85) haben schon begonnen die Konservenvorräte im Keller aufzustocken weil sie dachten das der Russe wieder vor der Tür steht.

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Der Russe?
Wusste gar nicht, dass der Iwan die rote Armee so weit in den Westen vorgestoßen ist. Aber gut, vielleicht hatten Ihre Nachbarsleutchen die einschlägigen Erfahrungen auch anderswo gesammelt.

An den üblichen Linienflieger-Lärm haben wir uns ja halbwegs akklimatisiert, aber so außerplanmäßiges Krisenreaktionsgebrumsel am Himmel zu früher Morgenstunde würde mich auch ein wenig nervös machen. Als ich im Vorfeld von dieser Stillleben-Aktion las, dachte ich eigentlich, hey, coole Sache. Aber als ich mir dann ausmalte, was sich da voraussichtlich für Menschenmassen auf dem Ruhrschnellweg rumschieben, dämpfte das meine Lust auf dit Janze doch ganz erheblich.

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Aber irgendwie war es rührend.

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Glaub ich gerne.
Wäre mir dabei nicht eine ausgeprägte Phobie gegen größere Menschenansammlungen im Weg, würde ich das wahrscheinlich genauso empfinden.

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Rudelnradeln?

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Naja,
streckenweise mehr Rumstehen als Radeln, wie mir scheint.

Aber das Event dürfte mehr Radler mobilisiert haben als der bundesweite AOK-Radsonntag.

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Ich bin 1973 mal auf einer Autobahn geradelt. War ganz ok …

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Ohne nachzugoogeln
hätte ich jetzt gesagt 1975, aber ich erinnere mich nur an einen Blick von der Autobahnbrücke herunter, geradelt sind wir nicht auf der Fahrbahn. Weiß nicht mehr, ob da die Sorge vor Fahrzeugen mit Ausnahmegenehmigung mitspielte oder was sonst uns nicht geheuer gewesen sein mag.

Auf jeden Fall war da null Andrang zu sehen von der Autobahnbrücke im Viernheimer Wald aus. Mag sein, dass sich das auf stadtnäheren Abschnitten ganz anders darstellte.

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Das muss bei Leverkusen gewesen sein. A3 nehme ich an. War aber nicht viel los damals, nicht mal Autos mit Ausnahmegenehmigungen. Das wurde erst deutlich mehr als nach ein paar Wochen klar war, dass es die überhaupt gibt, und wie einfach die offensichtlich zu bekommen waren.

„Deutschland reagierte auf die Ölkrise mit einer ungewöhnlichen Sparmaßnahme und verhängte mit dem Energiesicherungsgesetz vom 9. November 1973 insgesamt vier autofreie Sonntage (25. November, 2., 9. und 16. Dezember 1973) sowie Tempolimits. Dies hatte einen enormen moralischen aber kaum einen wirtschaftlichen Effekt. Staunend nutzten die Bundesbürger in ganzen Familienverbänden die seltene Möglichkeit, einmal die Autobahn zu Fuß zu erkunden. Lediglich Taxis und Ärzte durften fahren sowie Frischware-Lieferanten. Am vierten autofreien Sonntag gab es dann so viele Ausnahmen, dass es auf den Straßen wieder zu Staus kam.“ Quelle: Wikipedia

Zu der Zeit waren Deutsche noch brav und hielten sich ans Gesetz. Heute geht ja jeder mehr nach der Devise „was nicht verboten ist, ist erlaubt“.

Am ersten Ölkriesen-Wochenende war jedenfalls Blechkutschentechnisch nahezu nix unterwegs …

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Ah, tatsächlich schon 1973,
da hat mir meine Erinnerung einen Streich gespielt. Ich hätte auch nicht mal mehr sagen können, ob das Sommer oder Winter war.

Ich weiß nur, das diffuse Gefühl multipler Bedrohungslagen war schon damals sehr präsent. Geboten waren ja nicht nur Ölkrise, Nahost-Konflikt und RAF-Terror, Sonntag nachmittags zur besten Sendezeit malten auch Professor Heinz Haber oder Hoimar von Dithfurt diverse Schreckensszenarien an die Wand, Überbevölkerung, Wasserknappheit und was-nicht-alles, man konnte kaum damit rechnen, das Jahr 2000 einigermaßen wohlgemut zu erleben...

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Und wenn wir hier schon die „old farts“ raushängen lassen vorm versammelten Jungspund-Publikum (Ausnahmen mögen mir verzeihen), da war ja noch der Vietnam-Krieg, fester Bestandteil zum Leberwurstbrot aufgeräumt bürgerlicher Abendessen …

Immer wieder schön hingegen: Jacques-Yves Cousteau

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Hm,
seltsamerweise war dieser Topos bei uns kaum ein Thema und gefühlt gaaaanz weit weg. Ich kann nicht mal sagen, dass unsere Eltern uns von der Thematik bewusst abgeschirmt hätten, auch in den Nachrichten war Südostasien nach meinem subjektiven Eindruck nicht sonderlich präsent, zumindest ab dem Zeitpunkt als ich regelmäßig Tagesschau guckte. Das änderte sich eigentlich erst mit dem Umweg übers Kino und die einschlägigen Filme.

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@Cousteau:
Hieß dem sein Kahn nicht "Apocalypso now"? ;-)

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Also ich kann mich gut an schwarz-weiß-Bilder von amerikanischen Soldaten erinnern, die durch Büsche liefen, Hubschrauber die gerade landeten oder starteten und vor allem an die immer gleiche Karte mit den vielen Pfeilen Richtung Süden, immer näher an Saigon ran. Und dann, 1975 in der Tagesschau, einen Filmbeitrag wo Amerikaner mit dem Hubschrauber aus ihrer Botschaft in Saigon raugeflogen wurden. Danach hörte das dann auch auf. Nicht das ich verstanden hätte worum es da ging, aber es war mir sehr präsent.

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@Costeau: Nein, der Kahn hieß Belafonte. Harry Belafonte um genau zu sein … ;-)

Der Kahn den Du meinst gehört Marlon Brando und Charlie Sheen.

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@15 Uhr 23:
Du hast wahrscheinlich recht, das muss damals auch bei uns präsent gewesen sein. Ich erkläre mir das so, dass in meinem Fall diese frühe Erinnerung womöglich überlagert wurde durch die vielen, vielen späteren Wiederholungen. Natürlich habe ich diese Bilder vom letzten Hubschrauber auf dem Botschaftsdach und die GIs im Dschungel und all das auch vor Augen, aber irgendwie habe ich das Gefühl, mit diesem Thema erst später bewusst konfrontiert gewesen zu sein. Vielleicht hängt das wirklich damit zusammen, dass über das Thema Vietnamkrieg bei uns damals nicht gesprochen wurde. Da war der Nahost-Konflikt eher ein Dauerbrenner, und dementsprechend erinnere ich mich auch besser an die dazugehörigen Nachrichten-Bits.

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Tja, also „gesprochen“ haben die „Erwachsenen“ damals darüber auch nicht. Außer so Sachen wie „Muss das denn sein?“, oder „Die armen Kinder!“, oder „Da, guck doch mal“.

Ein kritische Auseinandersetzung hat nicht stattgefunden. Wie auch? Das waren damals schon treue BILD-Leser ohne die Neigung sich woanders eine zweite Meinung zu holen …

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