Donnerstag, 27. Juli 2006
Wer nicht fragt, bleibt dumm
Es war nicht der Fragebogen, den Marcel Proust in seinem Leben zweimal ausfüllte. Sondern einer der vielen abgewandelten Klone in einer Kundenzeitschrift einer internationalen Hotelkette oder Kreditkartenfirma, der dem Künstler Gottfried Helnwein einst eine Antwort auf die indiskrete Frage abnötigte: "Wann haben Sie zuletzt geweint?" Der österreichische Maler mußte wohl nicht lange überlegen: "Das war, als ich das letzte Mal so einen bescheuerten Fragebogen ausfüllen musste."

Man mag nun sagen: Hey, gut gegeben. Bleibt freilich der Einwand, dass er es dann auch gleich hätte lassen können. Aber ein wenig Koketterie ist ja auch bei den blogosphärischen Stöckchenspielchen immer dabei. Und so gestehe ich freimütig, dass ich meine Tränen schon längst getrocknet habe. Denn das Stöckchen von Frau Seelchen liegt hier schon eine Weile herum in der Dunkelkammer:

Welche 5 Städte/Orte möchtest Du in Deinem Leben auf jeden Fall noch sehen?
St. Petersburg
Buenos Aires, wenn meine Frau mir die Stadt zeigt
die Pyramiden von innen
Rennes-le-Chateau
Atlantis (notfalls per Tauchboot, je nachdem)

Welche technische Entwicklung willst Du in Deinem Leben unbedingt noch erleben?
Das nehme ich wie es kommt. Da ist nichts, dem ich entgegenfiebern würde.

Welche technische Entwicklung bisher stellt für Dich die Allerwichtigste dar?
Trotz allen neueren Entwicklungen doch der Buchdruck. Ob das Internet mal ähnlich weitreichende kulturelle Folgen hat, wird man wohl erst aus größerer zeitlicher Distanz deutlicher sehen können.

Wie definierst Du persönlich die “absolute” Liebe?
Die absolute Liebe entzieht sich ja wohl allen Definitionsversuchen, sonst wäre sie nicht absolut. Das Wort Definieren wurzelt nämlich in finis, was soviel wie Grenze oder Ende bedeutet. Und die absolute Liebe, so wie ich sie verstehe, kann eigentlich weder Grenzen noch ein Ende akzeptieren.

Da ich wahrscheinlich eh der letzte in der Reihe bin, gilt ab hier Selbstbedienung. Wer mag, kann sich diesen Fragebogen einfach mitnehmen. Mich hat das Ausfüllen keine Tränen gekostet, nur ein bisschen Schweiß...

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Ah, was lange währt, wird endlich gut oder so ähnlich.

Die Pyramiden möchte ich auch mal von innen sehen. Aber wer weiß, ob die noch stehen, wenn ich mal dorthin komme. ;-)

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Ich sagte ja,
ich habs nicht vergessen. Um die Pyramiden selber sorge ich mich nicht so sehr wie um das Drumherum. Das zwar objektiv gesehen auch nicht gefährlicher sein dürfte als das Frankfurter Bahnhofsviertel, aber gerade in so einer politischen Lage wie im Moment möchte ich nicht inbedingt in diese Himmelsrichtung fliegen - es sei denn, mit ner F-18, haha.

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Leider gibt's zur Zeit wenig Grund
zum Lachen, wenn man in den Orien blickt, und der Witz mit der F-18 ist nicht sehr lustig. Außerdem kenne ich in ganz Ägypten keinen Ort, der auch nur annähernd so gefährlich wäre wie das Frankfurter Bahnhofsviertel. Ich würde nachts um 3 mit 1.o00.000 Euro quer durch Kairo laufen und keine Sekunde zweifeln, daß ich mit dem Geld auch am anderen Ende ankomme.

Aber lassen wir das Politische mal einen Moment beiseite ;-:
Allen, die mal in die Pyramiden möchten, sei nur angekündigt, daß dies nichts für schwache Nerven ist: Für Klaustrophobiker ganz ausgeschlossen - und ich habe vorher nicht gewußt, daß ich einer bin, habe es dort beim Hinunter- und Hinaufklettern des endlosen Einstiegstunnels bemerkt -, und bei der im Inneren herrschenden Hitze und Schwüle nur für Leute machbar, die richtig fit sind, sonst ist der Kreislauf am einlaufen. Außerdem gibt's drinnen wenig zu sehen.

Ich will aber auch nicht den Spielverderber geben, es sind schon mythische Orte, die einen ungeheuren Reiz haben, laßt euch also nicht abhalten! Die Antike hat schon gemeint, daß die Pyramiden ein Weltwunder sind, und man kann es noch heute schwerlich anders sehen (außer vielleicht die dort möglicherweise umherschwirrenden Seelen der armen Bausklaven, die diese Dinge errichten mußten).

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Ich schätze, innen ist ein steiniger Weg.

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Ich hätte gerne nach dem Stöckchen gegriffen, aber recht schnell festgestellt, dass ich diese Fragen überhaupt nicht beantworten kann - abgesehen von der Nummer 1 mit den Orten. Und das sieht dann nach bisschen wenig aus, irgendwie.

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Ich muss gestehen,
dass ich an jeder Frage ziemlich zu kauen hatte. Besonders die beiden Fragen zu den technischen Entwicklungen entpuppten sich überraschenderweise als recht harte Nüsse.

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Genau. Bei den beiden Technik-Fragen fehlt mir sowohl Fachkenntnis als auch Interesse. Und die letzte ist für mich unbeantwortbar. Ich warte mal besser auf einen nächsten Fragebogen. ;)

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Tja der Fragebogen war auch mal Kurzweil im FAZ-Magazin (das gibt's nicht mehr). Da war auch die Frage: "Was ist für Sie das größte Unglück?" Die Person antwortete: "Die Hollandtomate". Das habe ich mir gemerkt...

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Auf den FAZ-Magazin-Fragebogen
hatte ich ja eingangs angespielt. Dass Marcel Proust sich den zweimal vorgenommen haben soll, stand nämlich standardmäßig im Einleitungstext. Besonders blöd fand ich immer die Frage: "Welche militärische Leistung bewundern Sie am meisten?" Nicht, dass ich der geborene Ultra-Pazifist wäre, aber da noch jede militärische Leistung mit Hilfe von verheiztem Humankapital vollbracht wird, würde ich meine Bewunderung gern in andere Richtungen kanalisieren.

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