Sonntag, 6. Februar 2011
Streckenweise stürmisch aufböend
Gestern nachmittag habe ich mich bei stark böigem Wind (8 bft Südwest laut Wetterbericht) auf den Sattel geschwungen. Das war eine gute Idee, den Kopf so richtig durchpusten zu lassen. Denn ich ging mit einer Themenidee für das FAZ-Blog schwanger, und es glühte mir ein wenig die Birne bei der Frage, wie ich von den angeblichen Twitter-Revolutionen in Tunesien und Ägypten die Kurve kriege zu den lauen Shitstorm-Lüftchen, welche unsere einheimischen Netz-Aktivisten von Zeit zu Zeit so ablassen. Und ob es da vielleicht eine Verbindung gibt, warum sich mancher Shitstormtrooper so an den Ereignissen jenseits des Mittelmeers berauscht, während die netzpolitischen Diskurse in Deutschland allenfalls minderheitentauglich sind. Das Ergebnis dieser Überlegungen steht jetzt online. Und beim Schreiben heute lief es exakt so wie beim Fahrradfahren gestern: Auf den ersten Kilometern anstrengend, fast zermürbend, dann kam ich allmählich trotz des Gegenwinds auf Betriebstemperatur. Und die zweite Hälfte des Ausritts absolvierte ich völlig locker, geradezu beflügelt vom Rückenwind. Kunststück, wenn man gegen den Wind startet und dann die Wende einleitet. Aber beim Schreiben ist das nicht immer so einfach. Da ist es oft genug manchmal so, dass die letzten fünf bis zehn Zeilen mehr Anstrengung kosten als der ganze Text davor. Da steckt man vorher nicht drin.

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Selbstkommentieren ist doof,
aber so ist wenigstens dieser Link auch hier in der Dunkelkammer gut aufgehoben:

Das Netz nützt nicht nur den Rebellen, sondern auch der dunklen Seite der Macht.

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Ich betrachte sowas nicht als selbstkommentieren, sondern als weitererzählen.

Und außerdem noch Danke für diesen Beitrag bei der FAZ.

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Gern geschehen,
auch wenn ich ein bisschen den Verdacht habe, dass ich dort hauptsächlich den Bekehrten predige. Die Retweet-Revolutions-Romantiker trauen sich womöglich nicht zu kommentieren oder liegen mit Exoskelett-Gelenkschmerzen danieder. Vielleicht hätte ich Jens Best, dem Jäger der verlorenen Häuser, und seinen Dotcomsomolzen nochmal eine mitgeben sollen. ;-)

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Die,
das nebenbei angemerkt, im öffentlich-rechtlichen Medienbereich eine nahezu ausnahmslose Präsenz darstellen; erst kürzlich wieder in der Sendung «neues». Das gibt (zumindest mir) zu denken.

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@stubenzweig:
Ich würde nicht den Topos der Konspiration bemühen wollen, da haben sich halt ein paar Leute mit ähnlicher Wellenlänge gesucht und gefunden. Zunächst war da im ZDF das vom Handelsblatt gebraucht gekaufte Format des "Elektrischen Reporter" von und mit Mario Sixtus, dann kam die Sixtus-vs.-Lobo-Reihe, anschließend ein paar Pilotfolgen eines neuen Formats, in dessen Begleitblog dann auch Michael Seemann über Post-Privacy schreiben durfte, von dem Aufmerksamkeitskontigent ist dann halt auch für Kumpel Jens Best und seine Aktivisten noch was übrig. Wobei ich den Beteiligten ihre jeweiligen 15 Minuten Ruhm durchaus gönne, aber ich lege doch Wert auf die Feststellung, dass diese Kreise nicht für das Netz sprechen.

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Das meinte ich
(in meiner ungewohnten Kürze): «dass diese Kreise nicht für das Netz sprechen». Darüber ärgere ich mich durchaus, wenn ich solche Sendungen sehe bzw. die Kommentare dieser Leutchen höre, ob sie nun Best, Lobo, Sixtus heißen oder dieser bärtige universitäre psychologische Internetdurchblicker sind (dessen Name mir gerade nicht einfällt). neues oder wie auch immer sie heißen mögen, diese Novitäten-Magazine, versuchen in eine breite Masse hinein zu vermitteln, das sei Avantgarde, der man unbedingt zackig zu folgen habe, wolle man nicht als arrière-garde den Anschluß verpassen, illustriert das Ganze noch von einem Streetview korrigierenden besten Lichtbildner (erst dieser Tage). Die Moderator(inn)en humpeln bereits hinterher, weil sie von den verschiedenen Fronten nicht wirklich etwas wissen. Daß es bei dieser Angelegenheit um mehr geht als um ein paar verhüllte Häuser und das innerhalb des Netzes auch heftig diskutiertes Thema ist, das wird erst gar nicht erwähnt (aus Unwissenheit?). So plappert ein ganzer Kontinent den Warhol nach, ohne je mitbekommen zu haben, was dieses aus dem goldenen Westen über den Teich geschwommene anything goes tatsächlich für gesellschaftliche Auswirkungen hatte und hat. Klappentext-Journalismus ist das, was da öffentlich-rechtlich produziert wird. Zweifelsohne werden auch fraglos qualitätsvolle Hintergrund-Informationen geliefert. Aber zu Uhrzeiten, wenn diejenigen, die sie nötig hätten, längst auf dem Sofa der seichten Unterhaltung vor sich hindämmern. – Eine gewisse Kontinuität der Des- oder Falschinformation sehe ich also durchaus dabei. Aber mir fehlt auch Ihre Gelassenheit.

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Diese Kontinuitäten
sehe ich durchaus auch, und das liefert womöglich den Grund, warum ich mich nicht mehr unbedingt berufen fühle, mit Feuer und Schwert dreinzuhauen. Den großen Riss in meinem früheren Weltbild lieferte seinerzeit die erste Internet-Blase, die sogenannte new economy mitsamt ihrer begeisterten Berichterstattung, bei der ich mich fragte, ob die alle (auch in meinem direkten publizistischen Umfeld) noch ganz richtig ticken oder ob es nur meinem Knick in der Optik geschuldet war, dass mir der Kaiser relativ unbekleidet schien. To make a long story short, ich habe in jenen Jahren so viel an Glauben an das System eingebüßt, dass mich diese ähnlich klingenden Echos und Resonanzen in der Version zwonull nicht mehr so richtig auf die Palme bringen. Aber zu einer echten Gelassenheit habe auch ich noch ein gutes Stück Weg vor mir. Manchmal reitet es mich eben dann doch, den Dotcomsomolzen und dem Nachwuchs-Nietzsche eins draufzugeben.

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„dass diese Kreise nicht für das Netz sprechen“ ist nur teilweise richtig. Nämlich für die, die aktiv am „Netz“ teilnehmen. Für die Schar der TV-Konsumenten mit geringem bis gar keinem Bezug zum Netz sprechen sie letztlich doch fürs „Netz“ [1]. Andere Infos als von den oben Genannten haben sie nicht.

Die Lobos, Bests und ihre Freunde und Kollegen besetzen frühzeitig Positionen, und werden dadurch (und nur dadurch) irgendwann zu Ikonen. Und wenn genügend Konsumenten dran glauben, dann *sind* sie eines Tages die Sprecher des Netzes, so wie Franz Beckenbauer für „den Fußball“ spricht. Oder eben nicht.

Und „das Netz“ bzw. „der Fußball“ steht daneben und fragt sich, wie das passieren konnte …


[1] Wer auch immer „das Netz“ ist.

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@Für die Schar der TV-Konsumenten...
Einspruch stattgegeben. Was den Vergleich mit Franz Beckenbauer und dem Fußball angeht, muss man fairerweise dazusagen, dass der Franz als Spieler, Trainer und Teamchef doch so viel geleistet hat, dass man ihm die, ähm, inhaltliche Qualität seiner TV-Kommentare irgendwie nachsehen mag. Mit entsprechenden Leistungen sind die Vorturner der Daseinsdigitalität nicht unbedingt aufgefallen, aber wozu auch, wenn die Markenbildung und Ikonisierung auch so funktioniert...

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Dem Herrn Lobo wird man eines Tages auch nachsagen, dass er … ähm, viel … ähm, geleistet hat, fürs Netz und so.

Aber Du hast natürlich Recht. Der Kaiser polarisiert zwar, aber das Verhältnis Anhänger zu Kritiker beträgt gefühlte halbe-halbe

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Wo ich vorgestern noch schrieb,
dass ich den Begriff der Konspiration nicht wählen würde in diesem Zusammenhang, bekennt nun einer der Beteiligten, es sei durchaus eine Verschwörung im Gange:

http://m spr0.de/?p=2070

Eine Verschwörung der globalen Elite. Soso. Jetzt mache ich mir langsam wirklich Sorgen. International agierende Iphone-Illuminaten sind mitten unter uns. Sie kommen nicht mit scharzen Hubschraubern, sondern wahrscheinlich mit weißen Ohrstöpseln...

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Die Verschwörung der Blasierten. Sie werden uns zu Tode langweilen.

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iPhone-Illuminaten? Die sind gefilmt worden

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Ja, ich weiß.
Darauf spielte ich an mit den weißen Ohrstöpseln (war übrigens interessant zu sehen, wer alles von meinen FB-Kontakten das Filmchen verlinkt hatte).

@monnemer: Zu Tode langweilen trifft in meinem Fall nicht so ganz. Mir gehts da eher wie den Zeitgenossen, die ganz langsam an Unfallstellen vorbeifahren und nicht weggucken können. Im Straßenverkehr kann ich sowas ganz gut ausblenden und zügig meiner Wege gehen, aber bei steilen Thesen von gewissen Leuten im Netz muss ich mich bisweilen schon zwingen, nicht reflexhaft drauf einzusteigen.

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Wir hatten gestern bis zu 110 km/h Windstärke.
War ... interessant. Wurde über eine rote Ampel geweht (zum Glück kein Auto weit und breit) und hab den Baum vom Mamazwerg alleine aufgestemmt. (Weil auf das "allein geht nicht, machen wir bitte zu zweit" verschwandt der Mamazwerg spurlos für 15 min im Badezimmer.)


Nun ja und mit Texten, wie mit andren Sachen bzw. Arbeiten auch - manchmal rumpelts stark zu Beginn und dann flutscht es eh. Besser so, als es läuft und zieht sich zum Ende hin ; )

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Holla, hundertzehn Sachen
sind ja nochmal verschärft. Da hätte ich mich schon allein aus Sorge wegen herumfliegender Äste (oder gar Dachziegel) nicht freiwillig aufs Rad gesetzt. Wobei der Trainingseffekt schon enorm wäre, da kann man auch als Flachlandtiroler das Gefühl haben, den Großglockner raufzuradeln.

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Da muß man nun wohl Gebühren zahlen (Radfahrer - aber ist wohl an die Uhrzeit gekoppelt? Habs nur überflogen und als "betrifft mich sicher nie nicht" abgelegt *gg*).

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Ich wünschte, es würde mich betreffen.

Ich stelle mir eine Alpenüberquerung mit dem Rad als prachtvolles Naturschauspiel mit überwältigenden Kontrasten dar. Auf der einen Seite das Aufragen der gewaltigen Steinmassen inmitten immer karger werdenden Bewuchses, und auf der anderen Seite der mit jedem Höhenmeter besser erkennbare dramatische Zusammenbruch erst meiner Kondition und dann meiner Person auf dem Sattel …

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Letzteres
kann ich durchaus schon im Mittelgebirge haben. Ich weiß nicht, ob ich in diesem Leben noch dahin komme, ernsthaft über alpine Touren nachzudenken. Andererseits hat mein Schwiegervater erst mit jenseits der 50 angefangen, und der hatte zum Trainieren auch nichts anderes als den Wilseder Berg oder die Harburger Berge (das dürfte wenns ganz hoch kommt, dem Monte Bambiniporzione in D-Grafenberg entsprechen).

Aber Du hast mir da sicher auch einige Höhenkilometer voraus, zu Deinem Stadtteil soll es ja recht knackig raufgehen, sagte mir jemand, der sich in der Gegend auskennt (und auch gelegentlich Radmarathons fährt). Von dem habe ich auch einige Streckenempfehlungen rund um Erkrath/Neandertal. Aber die Ecke sieht mich erst wieder, wenns etwas wärmer ist. Bei Kälte machen meine Knie Zicken, wenns zu steil wird.

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„Aber Du hast mir da sicher auch einige Höhenkilometer voraus“

Hatte, Mark, hatte. Mein „Lakes“ ist schon seit Oktober 2009 nicht mehr ernsthaft bewegt worden. Ein mal während eines Nordseeurlaubs, aber das waren keine 100 Kilometer ehemaliger Meerboden, der war so platt, denn hätte man zum Eichen von Wasserwaagen verwenden können.

Konditionstechnisch fange ich wieder ganz vorne an, wenn ich dann mal anfange …

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Soll das heißen, alles das hier ist ganz umsonst gewesen?

Die ganzen Blogbeiträge für den Weltfrieden, mehr Verständnis, Toleranz (obwohl, das Wort „Toleranz“ ja IMHO eher als Beleidigung einzustufen ist), Akzeptanz (na also, geht doch) und all das Engagement, für das man extra seinen Fernsehsessel verlassen hat um mal was zu *tun*, da muss man doch was *tun*, es muss etwas geschehn!

Also, alles das zählt nicht? Schade. Denn mehr ist leider nicht drin. Wir haben schließlich alle unsere Probleme …

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@der_papa:
Umsonst schon (ist hier ja kein Paid Content), ob aber auch vergeblich, wer wüßte das mit letzter Sicherheit zu sagen?

Deine Mühe, diese Geschichte von Heinrich Böll zu verlinken, war jedenfalls nicht vergebens. An dieses lehrreiche und so zeitlose Stück hatte ich mich fast gar nicht mehr erinnert, danke für die Auffrischung.

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