Mittwoch, 15. September 2010
Weiter westwärts
Da sind zwei Dinge, die derzeit nicht so laufen wie sie sollten: zum einen eine zu doll laufende Nase, die mich rätseln lässt, ob die letzten allergenen Spätblüher die Schleimhäute attackieren oder einfach nur der Frühherbst seinen Tribut von meinem Immunsystem fordert. Das zweite ist, dass der bestellte Ersatz für das defekte Klickpedal vom Koga nicht beikommt.

Aber gut, in Afrika hungern Kinder andere haben womöglich größere Sorgen. Und nachdem heute weder Regenradar noch akut drückende Abgabetermine (geschweige denn die laufende Nase) einen ernstzunehmenden Hinderungsgrund lieferten, habe ich mich auf Sir Walters Sattel dem teilweise böig auffrischenden Gegenwind aus West-Süd-West entgegengestemmt. Bis zur niederländischen Grenze habe ich es in der Kürze der Zeit nicht geschafft, aber in Nettetal war ich schon recht nah dran. Die Gegend rund um Nettetal ist übrigens tatsächlich ganz nett, schmucke Städtchen mit schönen backsteingotischen Rathäusern und geruhsamen Wochenmärkten, drumherum die Wälder auf den sanft dahingeschwungenen Süchtelner Höhen, die ein paar Höhenmeter bieten, ohne dem heldenkurbelnden Fahrer allzuviel abzufordern. Ein paar Kilometer weiter westwärts würde es hinuntergehen ans Ufer der Maas, nach Venlo oder flussaufwärts nach Roermond, aber das musste ich heute wie gesagt auf ein andermal vertagen.

Auf dem Rückweg folgte ich in Viersen noch einem braunen Hinweisschild mit der Aufschrift "Steinkreis", den ich allerdings nicht auf Anhieb fand. Ich fragte eine Frau, die in der Gegend ihren Kinderwagen rumschob, aber die konnte mir auch nicht weiterhelfen (wer hat eigentlich den Irrglauben in die Welt gesetzt, Passanten nach dem Weg zu fragen brächte einen weiter?), und so trat ich dann eben den Rückweg an - nur um festzustellen, dass ich beim ersten Anlauf an diesem Ensemble vorbeigefahren war. Nicht, dass ich ein niederrheinisches Stonehenge erwartet hätte, aber das schien mir nun wirkich popelig (auch wenn da ein Beuys-Schüler dran rumgehämmert haben mag). Aber was verschlägts, letztlich markieren diese kleinen Umwege und Abstecher doch den Unterschied zwischen Genussradeln und sturem Kilometerbolzen mit Blick auf Tacho, Schnitt, Pulsfrequenz und CO2-Bilanz. Und das nächste Mal mache ich vor so einem Genussritt auch frische Akkus in die Kamera...

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Man lernt keine Stadt, keine Gegend jemals mehr so kennen wie jene, in der man als Kind aufgewachsen ist. wir werden uns also auch künftig hin und wieder verfahren.

(Das könnte am Ring natürlich nicht passieren und auf den Fotos habe ich gerade gesehen, dass da sogar welche mit schweren Mountainbikes teilnehmen was die Sache doch gleich in ein milderes Licht rückt. Und so sage ich jetzt einfach mal leichtsinnigerweise, dass ich mitfahre, wenn die anderen Herrschaften sich denn aufraffen können. "Team Alphonso" wäre doch recht klanghaft, dabei die FAZ aufs Trikot geschwungen.

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@verfahren:
Ja, stimmt. Im heimatlichen Umland habe ich mich sehr viel seltener vergurkt. Nicht zuletzt dank der Panoramen von Oden- und Pfälzer Wald hatte man ja immer Anhaltspunkte auch ohne Sonnenstand.

Hier am Niederrhein sieht streckenweise alles ziemlich gleich aus. Zwar geben der Düsseldorfer Rheinturm und die weithin sichtbaren Kohlekraftwerke bei Grevenbroich etwas Groborientierung, aber die Straßenverläufe zwischen den Ortschaften liegen manchmal ganz schon quer zur angestrebten Hauptfahrtrichtung.

(Rad am Ring ist für mich noch so weit weg, weit jenseits meines Planungshorizonts, aber ich ventiliere diese Idee durchaus mit einigem Wohlwollen).

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„Man lernt keine Stadt, keine Gegend jemals mehr so kennen wie jene, in der man als Kind aufgewachsen ist.“

… und die, die man mit dem eigenen Rad erkundet hat.

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Aber als Kind war das noch mal anders. Wenn man Nachmittage lang mit dem Rad teils ziellos herumstreunt, sich irgendwann, bevor es dunkel wird, wieder einfindet und dabei solch spannende Orte wie die Müllkippe erkundet, auf der alte Fahrradrahmen herumliegen und ähnliche Schätze, dann unterscheidet sich das doch sehr von der meist geordneten und kontrollierten Ausfahrt der Erwachsenentage. Als Kind hätte ich doch nie einen Gedanken verschwendet an Karten. Irgendwie stellte man im Laufe der Erkundungen ganzt von selbst die eigene innere Landkarte her, schaffte neue Verbindungen, füllte leerte Flächen.

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