Mittwoch, 11. Februar 2009
Blackout
Als vor ein paar Tagen die Mitteilung von der RWE im Briefkasten lag, man müsse Mittwoch wegen Reparaturarbeiten den Strom für einige Stunden abstellen, da ließ ich mir deswegen keine grauen Haare wachsen. Hatte ich vorige Woche doch auch schon eine mehrstündige Störung des Telefon- und Internet-Anschlusses gut überstanden. Allerdings hatte ich der Vorplanung für heute nicht die Eventualität berücksichtigt, dass die Kleine wegen Rumhustens, Naseschniefens und Ohren-Aua nicht in den Kindergarten gehen würde. Damit waren alle meine Ausweich-Aktivitäten (Internet-Café, Schaufensterbummel oder auf Foto-Safari gehen) hinfällig.

Und obwohl wir alles versucht hatten, um die Kleine schonend auf den Stromausfall vorzubereiten, gab es dann doch ein Riesenrabääääh, als heute morgen um halb neun wie angekündigt die Lichter in der Wohnung ausgingen und der CD-Player im Kinderzimmer verstummte. Zur Ablenkung spazierte ich mit ihr zur Baustelle an der nächsten Ecke, wo die Männer in den grellbunten Overalls unterhalb des Stromkastens rumbuddelten. Der Oberchecker im RWE-Overall erklärte ihr auch, dass bis Mittag der Strom wieder da sei.

Irgendwie machte sie an der Baustelle auch den Eindruck, es verstanden zu haben. Aber wieder zuhause kriegte sie es den ganzen Vormittag über so gar nicht verarbeitet, dass sie im Bad/Klo das Licht nicht anmachen kann beim Pinkeln gehen (immerhin kommt Tageslicht aus zwei kleinen Fenstern, man braucht also keine Taschenlampe oder Kerzenschein). Und dass die Hexe-Huckla-CDs nicht laufen, das war natürlich die Vollkatastrophe. Alles stromlose Spielzeug (und davon gibts eine Menge) war völlig uninteressant, selbst von ihrem Klapprechner, der mit Akkus problemlos laufen würde, wollte sie überhaupt nichts wissen; Malbücher, Puppenhaus, Puzzles - alles doof, wenn man nicht CDs hören kann dabei.

Jetzt fließt der Strom wieder, und Hexe Huckla ist zum wiederholten Mal in die Abenteuer mit ihrer englischen Kollegin Witchy gestartet. Und ich frage mich, ob das normal ist, dass ein Kind heutzutage völlig auf dem Zahnfleisch geht, weil es mal einen halben Tag auf die permanente Berieselung verzichten muss. Gut, sie gehört nicht zu den Kids, die keine zwei Stunden Autofahrt überstehen ohne ihr Benjamin-Blümchen-Geplärre oder irgendwelche Zeichentrickfilm-DVDs auf mobilen Abspielgeräten. Aber trotzdem macht man sich so seine Gedanken.

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In der Tat macht man sich zu Recht Gedanken. Insbesondere die "Dickie" und "Fisher-Price"-Sachen kommen ja kaum ohne Strom/Batterie aus. Alles dudelt und leuchtet permanent. Am liebsten im Wohnzimmer. Und das schon für die Allerkleinsten. Wir haben versucht, solche Geschenke zu vermeiden. Aber zwei kleine CD-Spieler und -seit Weihnachten- zwei V-Tech-Laptops (geniale Geschäftsidee: ab 4 Jahren, ab 5 Jahren, ab 6 Jahren ... jedes Jahr einen neuen...) konnten wir nicht verweigern (haben ja alle). Und -da mache ich mir nichts vor- die wii-Konsole etc. kommt zu gegebener Zeit, die nicht allzu weit entfernt ist. Das ist so sicher, wie Fortuna D´dorf drittklassig bleibt.

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Der Kelch mit der Konsole
mag vielleicht an uns als Mädchen-Eltern etwas länger vorübergehen. Mit blinkenden und dudelnden Batteriefressern haben wir die Kleine bislang auch eher kurz gehalten. Den quietschbunten Kinderlaptop hat uns die Mutter von einem Kiga-Freund der Kleinen mehr oder weniger aufgenötigt. Habe damit auch meinen Frieden gemacht, selbst wenn mich der Sound der Kiste manchmal nervt, aber wenigstens kriegt sie damit einen weiteren spielerischen Zugang zu Buchstaben und Zahlen. Ich finds nur allmählich etwas bedenklich, dass permanent irgendwelche CDs dudeln müssen, wenn sie in ihrem Zimmer ist und dass es ihr anscheinend kaum noch möglich ist, im Malbuch rumzukrakeln oder mit dem Puppenhaus zu spielen ohne zusätzliche Beschallung.

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Ja, man macht sich immer Gedanken - gefolgt von Schuldgefühlen. Aber RWE, das ist letztlich ja auch nur ein großes Stadtwerk.

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Bislang
halten sich die Schuldgefühle noch in Grenzen. Mit etwas über vier Jahren ist die Kleine halt doch noch zu klein, als dass es allzuviele Gelegenheiten gegeben hätte, uns zu fragen, hach, was haben wir nur falsch gemacht, dass unsere Tochter so geworden ist?

Wir versuchen es nach der Devise: sich Gedanken machen ist okay, sich verrückt zu machen nicht.

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Mir fällt beim Lesen gerade auf, dass es hier im Teenie-Zimmer erstaunlich ruhig ist. Ich nehme an, sie liest Comics oder lernt Mathe. Beides geht besonders gut ohne Strom. Letzteres wäre mir natürlich deutlich lieber.

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Ah, interessant!
Ich dachte ja immer, das wäre das Alter, in dem es gar nicht ohne zusätzlichen permanenten Schalldruck geht. Vielleicht ist das aber auch schon früher vorbei, wenn es früher anfängt als bei uns damals.

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Bei J. ist das extrem stimmungsabhängig. Aber meistens ist der I-pood ja nicht weit. Der braucht zwar Strom, ist aber mobil und total leise. Das würde mir manchmal gar nicht auffallen, wenn sie sich mal wieder durchschallen lässt.

I pood

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Haha, klasse!
Ansonsten sehe ich beim Ei-Pott (und vergleichbaren Geräten) nicht nur den Beschallungszweck, sondern auch den Zusatznutzen, sich mit den Ohrstöpseln abzuschotten gegen die Welt da draußen. Das ist wohl mehr so ein spezielles Bedürfnis, was in der Jugend aufkommt. Der Kleinen genügt es im Moment noch, dass da zusätzlich was dudelt, wenn sie am Spielen, Malen oder Räumen ist.

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Ich glaube eher, dass es um das immer und überall pooen geht... die scheuen sich ja nicht mal ihre Handys dudelnd durch die Gegen zu tragen...

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Wobei man in dem Fall
die Sekundärbotschaft "Guck mal, was ich fürn coooles Teil habe" nicht überhören sollte. Überdies ist Krach machen ja auch integraler Bestandteil jugendlicher Selbstvergewisserung, ganz gleich, ob das nun mit knatternden Mopeds oder dudelnder Unterhaltungs- und Fernmelde-Elektronik stattfindet.

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