Freitag, 9. Mai 2008
Zum Abschuss freigegeben
Hier kommt am Wochenende mal wieder einiges zusammen: Pfingsten, Muttertag und Schützenfest. Zwischen den Häusern über der Straßen flattern weiße, rote und grüne Wimpel, auf dem Dorfplatz bauen mitreisende nicht mehr ganz so junge Männer ein paar Buden und Fahrgeschäfte auf. Vor der Kirche ballt sich ein Auflauf von Lokalprominenz, die Herren allesamt in festlichen schwarzen Anzügen, auf dem Kirchenparkplatz stehen die dunklen Oberklassen-Limousinen dichtgedrängt. Der prominenteste Dorfbewohner, der kürzlich gewissermaßen den Vogel abschoss mit seiner millionenschweren Firmenpleite (näheres entnehmen Sie bitte der Boulevardpresse) läßt sich indes nicht blicken.

Trotzdem komme ich mir mit dem Fotoapparat um den Hals ein bisschen vor wie ein Paparazzo. "Sind das gewerbliche Fotos?" fragt mich einer vom fahrenden Volk, der die Schießbude mit Trophäen bestückt. "Nein - ganz privat", sage ich, und verkneife mir den Versuch, ihm zu erklären, was ein Weblog ist. Die alten Herren drüben am Stehtisch vor Pauls Pinte beäugen mein Tun auch ganz misstrauisch, als ich den wimpelgeschmückten Straßenzug ablichte. Paule himself weiß, das ich gegenüber wohne, aber er grüßt mich nicht, weil ich noch nie den Fuß in seine Kneipe gesetzt habe. Hinten auf meinem kleinen Rucksack steht der Werbeaufdruck "Karamalz", diese Marke führt er nicht, sowas trinkt hier keiner. Bei ihm gibbet Füchschen, und wer da nicht mitkann, gehört halt nicht wirklich hierher. Gleichviel, er wird auch ohne meine aktive Mitwirkung an diesem Wochende wieder den Umsatzrekord des Jahres einfahren, wenn die ganzen Schützenformationen und Marschmusikzüge hier um die Ecke kommen und hektoliterweise Alt bleifrei nachtanken.

Mir kommen meine diesbezüglichen Betrachtungen vom Vorjahr wieder in den Sinn. Und ich frage mich, ob ich denn in der Zwischenzeit hier mehr angekommen bin. Ehrlicherweise müsste ich die Frage mit "nur wenig" beantworten. Und das, was sich zum besseren bewegt hat, ist weniger der analog-realen Nachbarschaft zu verdanken, sondern eher der virtuellen.

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Ich verstehe Ihre Befremdlichkeiten hinsichtlich des Brauchtums und den Schwierigkeiten, das richtige Verhältnis zu den Nachbarn zu finden. Das ist bei uns, also 2 Örtchen weiter von Ihnen aus gesehen, genauso. 10.000 Einwohner, aber gefühlte 20.000 Jungmänner beim Schützenzug. Erstaunlich. Ich würde da niemals mitmachen. Zum Glück bekomme ich ein wenig sozialen Kontakt über den Sportverein (dort, wo ich jeweils wohne, spiele ich Tischtennis) und ich kann sagen: Sportler sind unkompliziert. Da findet man schnell Kontakt. Anders verhält es sich in unserer Reihenhaussiedlung: Da ist von nett, aber distanziert (was mir entgegenkommt) bis hin zu Neid (man glaubt kaum, worauf man neidisch sein kann: eigene Kinder haben mehr Freunde als Kinder des Nachbarn etc.) und Mißgunst alles zu finden. Wir ziehen ja demnächst zurück nach Düsseldorf: ich glaube, da ist das einfacher. Zumindest das elitäre, arrogante fällt dann hoffentlich weg. Letztens wurde unsere bald 5-jährige Tochter gefragt, ob die Mutti denn auch einen Jeep fahren würde. Leider nein. Und ein eigenes Pferd steht auch nicht auf der Kaufliste der nächsten Jahre...

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Was das angeht,
geht es hier im Kindergarten normaler/bodenständiger zu als es Postleitzahl und Soziodemographie des Ortsteils vermuten ließen. Die Quattroporte- und Cayenne-Fahrerinnen bringen ihren Prädikatsnachwuchs anscheinend eher in den konfessionellen Kindergarten als in den städtischen. Da muss ich mich mit dem 10 Jahre alten Darkmobil nicht total sozial deklassiert fühlen jeden Morgen und Nachmittag. ;-)

Aber es ob es bei Ihnen am neuen Wohnort groß anders wird, dürfte auch davon abhängen, wie urban oder suburban Sie künftig wohnen. Dieses neidgetriebene Reihenhausding scheingt mir eher ein Vorort- oder eben Kleinstadt-Phänomen. Je städtischer die Wohnlage, desto mehr verliert sich das zugunsten einer allgemeinen Gleichgültigkeit. Zumindest nach meiner unmaßgeblichen Beobachtung.

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Ich hab den Wink verstanden. Ich vernachlässige Sie.

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da fällt mir ein, sie hätten da gestern auch gut bei sein können...

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Gestern war was? Sehn 'se mal. Ich bin derzeit nicht ganz hier.

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War ja auch nix offizielles,
aber Sie dürfen sich natürlich nach wie vor zur virtuell/analogen Lieblingsnachbarschaft zählen, Frau Diagonale. Der unterschlagene Link sollte keine Spitze sein, mit tanzten nur schon nach zwei gesetzten Links die a-s in den eckigen Klammern vor Augen, und dann musste ich erst mal Pause machen, in den Keller gehen Kindersitz aufs Fahrrad montieren und mit der Kleinen einen ersten Ausritt machen. Ich bessere das gleich nach da oben.

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man wohnt da nur und lebt da nicht; kann ich gut nachvollziehen - nur eben mit dem vorteil, dass die nächsten schützenfeste erst in fünf kilometern anfangen und, zumindest im sommer wenn alles grün ist, die nachbarschaftliche bebauung gar nicht zu sehen...
kühe hingegen sind noch etwas handlicher als sportler; der esel ist auch recht handzahm.

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Also in Waltons Mountain
müsste ich ja nun auch nicht wohnen. Jetzt am Wochenende nervt es zwar ein wenig mit dem Tschingderassabum, aber nächste Woche weiß ich es wieder zu schätzen, in nur 30 Meter Luftlinie Entfernung zu frischen Brötchen zu wohnen.

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frische brötchen? 5km.
nachteil, zugegeben.
ich habe nie gesagt, dass es nicht auch die hölle sein könnte. allerdings menschenleer.

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@vert: wo wohnen Sie denn? Holländische Grenze?
McPomm?

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mehr a) als b). der rest bleibt mein - wie könnte es hier auch anders sein - dunkles geheimnis...

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Das sei Ihnen nachgesehen,
hier muss keiner seine GPS-Koordinaten angeben. Andererseits ist es manchmal auch nett, Blogger und Kommentatoren verorten zu können. Als wir heute nach längerer Fahrradtour durch die Verbundgemeinde in Sichtweite des grünen Wasserturms im Eiscafé saßen, dachte ich noch, aha, hier in der Ecke wohnt also der Herr Rocky Raccoon (noch). Dann kann der doch vielleicht auch sagen, ob der Laden was taugt, ob man da eventuell mal Gäste zum Brunchen hinschleppen kann.

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Im Eiscafe am alten Marktlatz saßen Sie? Dann waren Sie in "Kirschkernspuckweite" von uns weg. Das Eiscafe ist sicherlich gut, aber nicht zum Brunchen. Empfehlenswert ist dagegen "Pronto Salvatore" (Rheinstr.) oder auch der "neue" Mexikaner auf der Gonellastr. Zum Brunchen mit Kindern empfehlen wir aber das "Route 66" in Bösinghoven (Bösinghovener Str.). Kinderfreundliche Motorradkneipe! Rustikales Essen und schöner, großer Spielplatz. Brunchen nur Sonntags morgens: sehr empfehlenswert, insbesondere bei schönem Wetter im großen Garten, der direkt zum Spielplatz übergeht.

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@mark: Mißverständnis meinerseits. Ich hatte den Link nicht gesehen. Langst Fährhaus 755 also. Kenne ich nur als Biergarten: tolle Lage, bin immer gerne dort gewesen. Allerdings nicht zum brunchen. Zu teuer für alleinverdienende Familienväter. Wenn Sie das aber mal wagen, geben Sie Bescheid, wie´s war. Noch ein Tipp, wenn man nicht so auf den Euro schauen muss: Auermühle im Angertal, Ratingen. Sehr schöne Lage und toll für Kinder. Sehr schöner Sandspielplatz. Brunchen super-teuer, aber es lohnt sich auch für ein Stück Kuchen mit Kaffee oder Kakao. "www.cafe-liebevoll.de" Wir fahren da selber demnächst wieder hin.

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@ziwo:
Das ist wesentlich mehr (und detaillierter) als ichs wissen wollte. In die Gegend komm ich wahrscheinlich wirklich erst, wenn der Meeresspiegel 40 Meter über dem heutigen Niveau liegt. ;-)

@rocky raccoon: Im "Route 66" haben wir uns jetzt schon mehrfach die Abendsonne auf den Pelz brennen lassen, während sich die Kleine auf der großen Rutsche und auf der Schiffschaukel vergnügte. Sehr schöne Location. Gestern einem Gespräch am Nebentisch entnommen, dass es da schon so aussah, als der Sprecher vor Jahrzehnten als Steppke mit seinen Eltern im Bösinger Hof zu Gast war. Hatten vorhin auch überlegt, ob wir den Schlenker in die Biker-Biergartenbeize noch machen, aber nach der Radelei am Rhein entlang vom Haus Mönchenwerth bis hinters "755" waren uns die Beine dann doch schon bisschen schwer. Hab dann zu Hause noch bisschen totes Tier auf den Grill geworfen.

Ihren Tipp in Ratingen-Angertal werden wir mit Sicherheit mal anchecken.

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Mal lernt also schon
holländisch, wol? Naja, wenns da Windparks gibt, dann fühlen sich die nederlandse Neubürger sicher recht bald heimisch da oben. Und so komische asymmetrische Architektur mit Bullaugenfenstern kennen die auch aus Amsterdam...

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A pro pos Foto: Blitzense doch mal bei so nem Laserschießstand mit der Knippse und schauense dann, was passiert...

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Hm, ich weiß nicht.
Besteht das Risiko, dass der Schießbudenbesitzer dann in putativer Notwehr von seiner Schusswaffe Gebrauch macht?

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Ich weiß nicht, wie schreckhaft er ist, aber es wird alles gleichzeitig losgehen.

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