Montag, 5. Mai 2008
Von der Maas bis an die, äh, Düssel
In die Hauptstadt der niederländischen Provinz Limburg wollte ich ja schon länger mal, nicht zuletzt angeregt durch diesen Beitrag. Und nachdem Maastricht von hier am Niederrhein aus wirklich nur anderthalb Katzensprünge entfernt ist, gab es jetzt am verlängerten Wochenende mit KrückenBrückentag keinen Grund mehr, den Kurzausflug noch länger hinauszuzögern. Zumal meine Frau für den 1. Mai ein ganz besonderes Arrangement getroffen hatte: eine Übernachtung im Kruisherenhotel. Muss ich eigens erwähnen, wie sehr mich die Aussicht elektrisierte, die Nacht in einem spätgotischen Klosterbau samt Kirche zu verbringen, der vor ein paar Jahren zu einer Herberge der gehobenen Kategorie entweiht umgebaut wurde?

Die Gotik, das wußte schon Gustave Flaubert, ist ein "Baustil, der mehr als andere zur Frömmigkeit anregt." Aber deswegen will man ja auch als Neugote nicht unbedingt in apostolischer Armut nächtigen. Andererseits schreckte das Attribut "Designhotel" auch ein wenig ab. In völliger Verzückung einen Aufpreis in womöglich dreistelliger Höhe pro Nacht abzudrücken, nur weil irgendwelches Colani-, Starck- oder sonstiges Designer-Gerümpel in den Zimmern und in der Lobby rumsteht, das tut nun wirklich nicht Not.

Aber meine Sorge erwies sich als unbegründet. Alt und Neu harmonieren wirklich sehr schön in dem ehemaligen Kreuzherrenkloster. Die kubisch-nüchterne Glas- und Stahlkonstruktion des Aufzugs, die zart-transparenten Leuchtscheiben von Ingo Maurer, die im Kirchenraum schweben, und die Hotelbar in rotem Plüsch, das alles schmiegt sich überraschend reibungslos in den ehemaligen Kirchenraum mit seinen steil nach oben strebenden Spitzbogen in Sandstein. Sollte jemand auf die Idee kommen (was Gott in seiner ganzen Güte verhüten möge), den Kirchenbau wieder seinen ursprünglichen sakralen Zwecken zuzuführen, ließe sich der ganze weltliche Tand und Krempel innerhalb von zwei Wochen aus dem Kirchenraum entfernen. So stand es im Prospekt zu lesen. Aber nachdem Maastricht ja noch über einige andere ansehnliche Kirchenbauten verfügt, steht dieser Fall vorderhand nicht zu befürchten.

So. Und irgendwie müsste ich jetzt noch elegant die Kurve kriegen und beschreiben, wie und wo wir den Rest des verlängerten Wochenendes zubrachten. Aber ein wenig sträubt sich mein Innerstes gegen die Chronistenpflicht. Fast ist es mir ein bisschen peinlich zuzugeben, dass wir in einem Ferienpark-Franchise zu Gast waren. Um es mal positiv zu sagen: Wieder viel gelernt über Land und Leute unseres sympathischen Nachbarstaats. Ich habe endlich mal so eine ominöse Riesenkrokette probiert, ein eher mäßig beheiztes Hallenbad gilt den Niederländern schon als zubtroopisch, und last not least wissen wir jetzt, wo die Flodders Urlaub machen. Die hatten den Bungalow neben unserem.

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Um den ersten Teil der Etappe beneide ich Sie ja sehr. Das klingt absolut spannend. Und was ich bislang von Maastricht gesehen habe, ist in der Tat eine Kurzreise wert.

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Wir waren sicher
nicht das letzte Mal in der Stadt. Und das Hotel ist wirklich ein echtes Highlight. Da darf man dann auch nicht allzulange drüber nachdenken, dass man zum Preis einer Übernachtung dort vielleicht eine Ferienwohnung im Umland für eine ganze Woche bekäme. Und wie gesagt: Das Attribut "Design" habe ich im Vorfeld eher als Drohung verstanden. Ich nächtigte in Köln mal in dem ach so tollen Wasserturm-Hotel. Mir war das damals echt too much vor lauter Kunscht und Chichi, eher was für prominente Fernseh-Schwulis kunstsinnig-kreative Zeitgenossen aus der Unterhaltungsbranche. Inzwischen soll es da nicht mehr so überkandidelt und überladen sein, aber in den frühen 90ern war der Laden ein echtes Augenkrebs-Risiko.

Gut zu wissen, Herr Papp, vielleicht haben Sie ja auch den ein oder anderen preiswerteren Übernachtungstipp. ;-)

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Kloster Lluch auf Mallorca: sehr schön gelegen in den Bergen, tolles Restaurant, große, spartanische Zimmer. Man muß zwar um 23.00 Uhr im Gebäude sein, aber als Wanderer, Fahrradfahrer o.ä. ist das kein Problem. Schönes klösterliches Ambiente zu kleinem Preis und ganz mallorca-untypisch. Und die heilige schwarze Madonna ist allgegenwärtig.

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Davon hörte ich schon mal,
möglicherweise sogar von meiner Mutter, die auf der Insel so manchen ruhigen und beschaulichen Flecken kennt und schätzt. Jetzt, wo Sie's erwähnen, gehe ich in mich und stelle mit Schrecken fest, dass ein Zapfenstreich um 23:00 Uhr nicht mehr wirklich ein Ausschluss-Kriterium darstellen würde. Erschreckend. ;-)

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ja, sehr feines städtchen, ich fahr da auch gern hin.

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Haha, das Klosterleben klingt ja schon interessant. Aber über das Herumfloddern danach möchte ich schon gern ein wenig mehr erfahren ;-)

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Wollen Sie das wirklich wissen?
Eigentlich meinte ich auch gar nicht so sehr unsere unmittelbaren Nachbarn in ihrem Treiben. Es fiel mir nur auf, dass diese nicht eben billige Freizeiteinrichtung eher wenig bis gar nicht von Mitmenschen frequentiert wird, bei deren Kindern ansonsten Bratsche-Üben oder Ballett-Unterricht auf dem Programm stehen. Ich will mich da jetzt auch gar nicht dünkelhaft erheben über die ganzen Flodders (und Fussbroichs!), die mit ihren Kindern anscheinend die überwiegende Mehrheit der Gäste bildeten. Aber ein paar Dinge waren schon auffällig, etwa, dass die dicksten Kinder immer aus den größten Pommes-Eimern gefüttert werden und dann noch ein Softeis hinterhergeschoben kriegen. Und da stelle ich halt fest: Unsere Welt ist das irgendwie nicht.

Es ist wie mit den Indoor-Spielplätzen, die es hier in jedem zweiten Kaff gibt. Wenn die Kleine da nicht jedesmal einen Mordsspaß hätte, würde ich da nicht für Geld hingehen. Da sind wenige Kiddies, zu denen ich die Kleine auf Kindergeburtstag schicken wollte - und nur wenige Eltern, mit denen ich Smalltalk nicht als Zumutung empfinden würde.

Und ich glaube nicht, dass das nur dem Umstand geschuldet wäre, dass ich diesbezüglich so himmelhohe und elitäre Standards hätte. Oder dass mein subkultureller Spezialdünkel mir dabei im Weg wäre. Es müssen ja gar keine geistig-kulturellen Überflieger oder nur inksdrehende Tofu-Burger-Mümmler sein. Ich würde da einfach nur gerne ein paar mehr ganz normale Leute sehen.

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In so einem alten Gemäuer braucht's aber eine gute Heizung, damit das dann als Hotel gemütlich wird. Ich erinnere mich an ein paar eiskalte Nächte in einer Burg bei Koblenz, und auch in diesem schönen Hotel war es nachts doch recht frisch und ich froh über die schweren Wolldecken, die ich im Schrank entdeckte (die "Foto Galeri" lässt sich leider nicht direkt verlinken, aber der Klick auf die zwei Seiten lohnt sich).

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Tatsächlich fragten wir uns,
wie die den Kirchenraum so wohltemperiert gekriegt haben. Gefrühstückt wurde auf einer Bühne im Chorraum in fünf Meter Höhe mit mindestens nochmal sieben oder acht Metern Luft bis zum Rippengewölbe. Und da konnte man morgens problemlos im Polohemd sitzen. Ist mir völlig schleierhaft, wie die das beheizt haben. Die Zimmer (also auch die ehemaligen Mönchszellen) hatten ja allesamt Air Condition und Pipapo. Nachdem ich die Klimaanlage abgeschaltet hatte, wars mir in der Nacht eigentlich eher ein bisschen zu warm.

Danke übrigens für den Link. Dieses orientalische Gebäude sieht ja auch sehr verlockend aus (ich mag auch das dieser Seite unterlegte Geklimper).

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Das ist eines der alten assyrischen Häuser in Mardin in Südostanatolien, einer der ersten christlichen Siedlungen überhaupt. Bei gutem Wetter sehen Sie von der Hotelterrasse die syrische Grenze, die nur 46 Kilometer entfernt ist.

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Die Grenze ist von da aus
aber nicht als markante Zäsur in der Landschaft zu erkennen, oder? Und was heißt in diesem Zusammenhang assyrisches Haus? Bezeichnet das einen Baustil - oder sollte dieses interessante Bauwerk tatsächlich vor der babylonischen Gefangenschaft gebaut worden sein?

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Da lebten einst sehr viele assyrische Christen (das sind die, die noch Aramäisch sprechen), in der Nähe ist das Kloster Deir-ul-Zaferan, das gerade mit Hilfe von EU-Fördergeldern saniert wird. Heute wohnen nur noch einige wenige christliche Familien in Mardin, die meisten Gemeindemitglieder sind ins Ausland gegangen. Wenn Sie mal auf den Link da oben klicken, bekommen Sie auf die Schnelle noch ein paar mehr Infos, wobei die auch schon wieder sieben Jahre alt sind.

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