Sonntag, 18. Mai 2008
Vom Fischer Camper und siner Fru

Spätestens nach der Lektüre dieses Eintrags mag sich mancher geneigte Leser die Frage stellen: Was treibt Menschen mit einem ordentlichen Dach über dem Kopf um, für eine Nacht auf einem Campingplatz zu zelten? Und das bei nicht so tollem Wetter und nicht einmal 20 Kilometer Entfernung zur heimischen Wohnung? Tja, die Frage gebe ich gerne weiter an meine Frau. "Schatz", so sprach die beste von allen am Freitag nachmittag, "ich möchte sooo gerne mal ausprobieren, ob mein Zelt noch was taugt. Lass uns auf den schönen Campingplatz am Rhein fahren und zelten. Du wirst sehen, das wird total gemütlich."

Das hätte als Drohkulisse eigentlich schon reichen müssen. Denn als "gemütlich" empfindet der Deutsche ja auch urige Wirtshäuser mit schweren dunklen Eichenmöbeln, in denen alte Wagenräder und Ochsengeschirre den Wandschmuck bilden. Hinzu kommt, dass ich leicht klaustrophob bin und mir nach meiner letzten Zelterfahrung im Ferienlager von Y-Reisen gesagt hatte: "Junge, das gibst Du Dir allenfalls dann wieder, wenn Du es bei Ausbruch des dritten Weltkriegs nicht schaffst, rechtzeitig zu desertieren vor der Wiedereinberufung." Und wenn im Urlaub oder bei sonstigen Gelegenheiten meine Barschaft nicht für eine ordentliche Unterkunft mit Dach überm Kopf reichen würde, so mein fester Vorsatz, dann bliebe ich eben zuhause.

Und ich kann nicht sagen, dass ich mit diesem Prinzip schlecht gefahren wäre im letzten Vierteljahrhundert. Aber meene Fru, de Ilsebill meine Frau ließ sich von meiner sehr verhaltenen Begeisterung nicht abschrecken und legte die Latte sogar noch eine Stufe höher: "Ich möchte, dass es Dir auch gefällt und dass Du nicht die ganze Zeit muffig bist."

Aber auf die Gefahr hin, den Spannungsbogen an dieser Stelle gleich in sich zusammensacken zu lassen: Es ist mir nicht gelungen, die Nacht im Zelt so richtig zu genießen. Aufbauen und sich gemütlich betten funktionierte reibungslos, die Kleine fands total super und schlummerte denn auch gleich weg. Aber sobald ich mich auch flachlegte, kriegte ich erst mal voll die Beklemmung. Das Gefühl, nicht genügend Frischluft zu kriegen, legte sich wie ein schwerer Alpdruck auf meine Brust.

Dem Umstand war mit partiellem Öffnen der Lüftungsklappe einigermaßen abzuhelfen. Aber irgendwie fand ich auch nicht so recht die Körperhaltung zum Einschlafen. Und jedesmal, wenn ich mich gerade anschickte, in Morpheus Arme zu sinken, war irgendwas anderes: Mal veranstalteten die drei Mädels im Zelt links von uns eine lautstarke nächtliche Prozession zum Waschraum, dann war mal eine Weile lang Ruhe, bis es dem Nachbarn rechts einfiel, dass er seine Luftmatratze mal wieder aufpumpen könnte, was eine gefühlte Dreiviertelstunde dauerte. Vielleicht wurde das ewige "ffft, ffft, ffft" auch anders erzeugt, das will man eigentlich gar nicht so genau wissen.

Man will nur, dass es end-lich aufhört. Aber den naheliegenden Gedanken, mit dem Darkmobil das Zelt des Nachbarn zu Klump zu fahren, dann den Rückwärtsgang einzulegen und nochmal drüberzuschirgeln, damit dann wirklich Ruhe ist, konnte meine Frau mir erfolgreich ausreden. Überhaupt muss ich sagen: Sie hat wirklich alles versucht, um mir den Aufenthalt im Zelt so angenehm wie möglich zu machen. War mir zu warm, fächelte sie mir Kühlung zu, war mir zu kühl, spendete sie mir Körperwärme.

Allein, es fruchtete wenig, und ich haderte nicht zu knapp mit der absurden Gesamtsituation: Da wälzt man sich sinnlos und ohne Not in prekär-primitiven Verhältnissen rum, während vielleicht zehn Autominuten entfernt das komfortable Ehebett im Schlafzimmer verwaist rumsteht. Von dem Krach, den Mutter Natur mithilfe von Windböen und massivem Regengeprassel auf der Zeltplane veranstalten kann, will ich gar nicht reden. Ich kann nur jedem, der einen einigermaßen leichten Schlaf hat, davon abraten, direkt am Rheinufer zu nächtigen. Da tuckern untentwegt Schiffe stromauf und stromab. Und wenn sich so ein schweres Containerschiff von Rotterdam her mühsam und schwerfällig stromaufwärts schiebt, dann vibriert gut zehn Minuten lang die Luft von dem schweren Schiffsdieselgebrumm. Hat sich so ein Pott dann endlich ein paar Rheinschleifen weiter außer Hörweite gewuchtet, dringt von Kaiserswerth wieder das Uffta-Uffta-Gewummer einer Dorfdisko über den Strom.

Ich weiß nicht, wie es zuging und wann es war, dass mir endlich doch noch die Sinne schwanden. Das nächste, was ich weiß, ist, dass gefühlte zehn Minuten später sämtliche Vögel der Umgebung aus vollen Kehlen anfingen, rumzubrüllen und zu tirilieren, dass Gott erbarm. Bis zum Frühstückskaffee war es von da noch ein weiter Weg. Aber ich bin ihn gegangen. Half ja alles nichts. Und als die beste Ehefrau von allen mich tröstete mit dem Hinweis, "sieh es mal so: Da hast Du doch wenigstens wieder was zu bloggen" - da musste ich ihr natürlich recht geben.

Wenigstens dafür wars gut.

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