Sonntag, 25. November 2007
Wort zum Totensonntag
Mehr als andere Monate führt uns der November die Vergänglichkeit unseres irdischen Daseins vor Augen. Das saisonale memento mori fängt mit Allerseelen an und ist am Totensonntag noch nicht wirklich zu Ende. Und ich als Novembergeborener fühle mich eigentlich auch ganz zuhause in dieser dunklen Jahreszeit, die allenfalls von meinem Hochzeitstag aufgehellt wird. Irgendwie wollte es dieses Jahr aber nicht so recht gelingen, dieses schöne und erfreuliche Datum gebührend zu begehen. Da kamen äußerst beunruhigende Nachrichten vom Krankenlager der Schwiegermutter dazwischen, während wir ein paar Tage lang bei meiner Mutter zu Gast waren. Die ist ja nun mit ihren stolzen achtzig Lenzen auch nicht mehr die jüngste - und so unterbrach sie eines Nachmittags mit der Einleitung "Mark, ich möchte mit Dir über meinen Tod sprechen" die Routine des üblichen Kaffeetafel-Smalltalks. Bei dem sind normalerweise eher die eingebildeten und tatsächlichen Leiden meiner hypochondrischen Tante Gertrud ein Thema: Nicht einmal ein Medizin-Nobelpreisträger oder Paracelsus selber wäre wohl noch in der Lage, die eingebildeten oder realen Leiden und die vielfältigen Nebenwirkungen der dagegen eingenommenen Medikamente und Behandlungen auseinanderzufieseln. Wenn aber meine Mutter mit Wörtern wie "Patientenverfügung", "Betreuungsvollmacht" und dergleichen mehr hantiert, da packt mich im ersten Moment schon das kalte Grausen. Aber ich sehe ein, dass es besser ist, diese Dinge anzusprechen und sie nicht ungeregelt zu lassen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich diesbezüglich meine eigenen Hausaufgaben auch noch nicht gemacht habe. Es gibt nicht mal einen Zweitschlüssel für die Dunkelkammer. Im Falle eines Falles wäre hier also (zumindest für die Leser) ein offenes Ende.

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Hm ...
... bei 80 Jahren sollten einen Worte wie "Patientenverfügung" nicht überraschen. Muß man drüber reden, und dann auch machen.

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Sehr schön und dito, was mich angeht.

Ähnliche Thematik auch im Hause Cabman, es war Sommer, die Sonne schien und Vögel zwitscherten, als Frau Mama damit anfing.
Und ganz plötzlich wurde es kalt. Aber, der Tod gehört zum Leben, wie die Geburt und man muss sich damit auseinandersetzen, wenngleich ich es nie wollte und noch immer nicht wirklich kann.

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Gut, als Schlawienerle bin ich von Hause aus morbid veranlagt - wir stehen ja irgendwie auf den Tod, aber mich wundert es jedes Mal aufs Neue, wie wenig Leute über den Tod oder das Ableben sprechen können. Vor allem normal und ohne Hysterie.

Ich hab schon vor Jahren mein Testament geschrieben und auch eine Patientenverfügung dazu gelegt. Mit dem Mamazwerg wird ganz offen alle paar Monate mal über das Thema gesprochen - seis, weils mal wieder um die Gebühren von Grabstellen geht, oder sonst was anfällt. Wir haben auch beide eine Liste WER zu verständigen und wer einzuladen ist. Auch ein wichtiger Punkt. Außerdem besteht der Mamazwerg auf den billigsten Sarg und sollte mal was im Ausland passieren, dann dort verbuddeln lassen. Letzens wollt der Mamazwerg sogar auf eine christliche Einsegnung verzichten, jetzt wo ichs mir mit der Pfarre gut gestellt hab..

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Bald jährt sich der Todestag von meinem Vater, schon zum 7. Mal. Er ist ganz überraschend an einem Herzinfarkt verstorben. Für uns als Hinterbliebene nicht einfach. Von meiner Mutter weiss ich seither, dass sie auf einen Eichensarg Wert legt und auf eine "schöne Leich", wie wir das in Wien sagen, so wie sie es bei meinem Vater arrangieren hat lassen.

Mich beschäftigt mehr, wie mein kommender und letzter Lebensabschnitt aussehen wird. Hab ja beide Beispiele vor Augen (Schwiegermutter - gerade wegen fortschreitender Demenz in einem Pflegeheim untergebracht, aber sonst körperlich gesund; meine Mutter - geistig agil, aber ziemlich schmerzhafte körperliche Beschwerden). Die noch möglichen Mischungen sind auch nicht gerade erbaulich, denn die Wahrscheinlichkeit, geistig und körperlich fit alt zu werden, sind realistischerweise so gering wie ein Lottogewinn. Nur die Werbung verkauft uns eine andere Sicht der Dinge.

Für den Fall der Fälle, dass ich abzutreten habe, sind die profanen Dinge zwischen mir und meiner Frau geregelt, inkl. der Finanzen.

Mein Blog würde aber auch langsam vermodern.

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@kristof:
Ja, definitiv. Thema ist das schon länger, es hing im Endeffekt tatsächlich am "Machen" - aber nachdem mein ältester Bruder da jetzt etwas Dampf macht, kommt wohl Bewegung in die Sache.

@cabman: Mich mit dem Thema Tod auseinander zu setzen, ist für mich weniger das Problem. Mir graut eher vodem Davor, also allem, was mit Krankenhaus, Pflege, Siechtum etc. zu tun hat. Das alles blende ich im Normalfall viel eher aus als den Fakt der Sterblichkeit.

@sid: Sehr vorbildlich! Über das Erdmobiliar habe ich mir indes noch keine Gedanken gemacht. Sollte Ikea bis dahin was passendes im Sortiment haben und meine Frau länger leben als ich, werde ich mich wohl damit abfinden müssen, in einem umgebauten Ivar- oder Billy-Regal in die Grube zu fahren. ;-)

@pille: Ja, mein Vater ging auch eher plötzlich und unerwartet von uns, wie es so schön heißt. Dieses wienerische Bestreben, eine "schöne Leich" zu haben, ist mir sehr sympathisch, auch enn ich es nicht wirklich teile - zumindest im Hinblick auf meine Person, respektive ihre sterblichen Überreste. Im Prinzip hätte ich auch kein Problem damit, meinen Körper den Medizinstudenten für den Präp-Kurs zu vermachen.

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das ist eine meiner schlimmsten befürchtungen, wenn ich jetzt hier wegziehe - dass meine eltern, die ja immer älter werden, eines tages meine hilfe brauchen, also nicht beim sterben, sondern in diesen letzten lebensjahren. und ich bin dann so weit weg. mein papa kriegt bestimmt mal einen herzinfarkt, da würde ich was drauf verwetten. und meine mama hat keinen erste-hilfe-kurs gemacht. vielleicht sollte ich ihr das beibringen. anderseits sagt sie dann wohl wieder, dass sie das eh nicht umsetzen kann. so wie sie sich bis heute noch kein e-mail schreiben traut.

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Mit dem Wissen,
dass meine beiden älteren Brüder noch im 50-Kilometer-Radius vom Elternhaus leben, fiel es mir schon leichter, mich 300 Kilometer entfernt zu installieren. Das sind heutzutage keine sieben Tagesreisen mehr wie anno Tobak, aber gerade mit Kind kesselt man nicht mal eben für nen Nachmittag da runter. Und jetzt sagt meine Mutter unsere Weihnachtseinladung ab, weil ihr das mit dem Zugfahren (was voriges Jahr wohl kein Problem war) heuer zuviel wird. Akut würden wir gern meiner Schwiegermutter im Krankenhaus das Händchen halten, aber ins Hamburger Umland brettert man ja auch nicht mal so eben von hier am Westpol. Das sind halt die Schattenseiten der Globalisierung beruflich geforderten Mobilität und Flexibilität.

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