Montag, 5. November 2007
Girlie Early English
Nachdem unser Töchterlein bislang keine Anstalten machte, aus eigenem Antrieb eine Fremdsprache zu lernen, hielten wir es für geboten, eine kleine bildungspolitische Offensive zu starten. Schließlich soll die Kleine später einmal zu den Globalisierungsgewinnern gehören. Deswegen besucht sie seit kurzem einmal pro Woche einen "Early English"-Kurs in einer privaten Weiterbildungsorganisation, der zumindest soweit wir das recherchieren konnten keine weltanschauliche oder wirtschaftliche Nähe zum Indoktrinationsapparat der Hubbard-Jünger nachgesagt wird.

Meine anfänglichen Bedenken, dieses zusätzliche Bildungsangebot könnte unsere Tochter in ihrem Erwerb der deutschen Sprache beeinträchtigen oder sonstwie überfordern, sind mittlerweile zerstreut. Die Singspielchen im Kurs machen der Kleinen ganz großen Spaß. Und obwohl wir sie ein paar Wochen zu spät angemeldet hatten, hat sie den Vorsprung der übrigen Kids in der Runde sehr schnell aufgeholt.

Sehr großer Beliebtheit erfreuen sich auch die Begleit-CDs, die zuhause neuerdings in der heavy rotation laufen. Gut, so schlimm wie Rolf Zuckowskis gesammeltes Liedgut sind die vier kursbegleitenden Tonträger dann doch nicht. Aber ich gelange dessenungeachtet allmählich an einem Punkt, an dem mich die ständige Beschallung mit Singsang wie "broom, broom, broom, brooooom goes the car" oder "the mouse ran up the clock, the clock says tick-tock - gobble-dee-gock" und dergleichen mehr an die Grenze meiner Leidensfähigkeit bringt.

Ich muss mich auch vehement bremsen, die gefälligen Reime und Merksätze nicht um eigene Sentenzen à la "This is a truck - I don't give a f*ck" und dergleichen zu ergänzen. Aber ich will die Kleine ja nicht zum Outcast in dieser überschicken Kleinklasse machen. Schlimm genug, dass ich sie nach dem Kindergarten nicht noch umziehen und aufbrezeln kann, auch wenn sie, ähem, erkennbar draußen gespielt hat, während die übrigen Gören der Englischklasse stets gestylt wie zum Kindergeburtstag bei Graf Koks abgeliefert werden. Da ist schon ein bisschen anderes (sprich: handverleseneres) Publikum als im städtischen Kindergarten. Die chanelgedünsteten Mamis, die ihre Kleinen in Rüschenbluse oder Burlington-Pulli und passenden Socken mit Rautenmuster im Kurs abliefern, sind selber ziemlich parkettsicher auf Englisch. Und es dampft ihnen die Ambition aus allen Poren, dass sie ihren Prädikats-Nachwuchs in ein paar Jahren auf die International School in der großen Nachbarstadt schicken. Also nicht, dass ich meine Kleine da auch sehe. Aber sagen wir mal so: Etwas Stilsicherheit auf diesem Parkett muss ja kein Fehler sein - sofern der Spaß nicht auf der Strecke bleibt. Und mal sehen, im Frühjahr gucken wir vielleicht mal, was mit Bratschenunterricht und dem U 6-Kindertriathlon so geht.

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