Montag, 7. Mai 2007
Blick zurück (fast) ohne Zorn
mark793, 14:06h
Tja, was soll man über Berlin noch groß Worte machen? Die Stadt ist großartig - und sie ist ganz grauenhaft, je nachdem, wohin man guckt. Ansonsten muss ich ganz nüchtern feststellen: Mit Kind und Köter im Schlepptau unternimmt man im Endeffekt doch weit weniger als man ursprünglich vorhatte, kulturell und sozial gesehen. Da wäre ein Zeitfenster gewesen, einen netten Bloggerkollegen in der Mittagspause auf einen Kaffee zu treffen, das fiel dann kurzfristig flach, weil die Kleine ad hoc ihren Mittagsschlaf vorverlegte. Zu dieser oder jenen kulturellen Lokalität gibt es mit Hund keinen Zutritt, im Auto kann man das arme Vieh auch nicht versaften lassen (Öffis? Vergessen Sie's mit Kinderwagen und dem ganzen Gelörre), was bietet sich also an? Richtig, die vielen Parks, Grünflächen und Spielplätze. Ich könnte nach den paar Tagen fast einen Stadtführer schreiben, der nur die Vorzüge und Nachteile der außerhäusigen Kinderbespaßungseinrichtungen thematisiert. Nach dem Motto, vergessen Sie die Seilbahn im ansonsten sehr schönen Volkspark Friedrichshain, dessen Spielplatz allerdings nicht mal eine Standard-Schaukel zu bieten hat. Dafür wird Ihr Nachwuchs weich landen, wenn er vom Balancierbalken kippt: Der Boden ist nämlich mit weichem Rindenmulch gut abgefedert. Aber das alles wissen die Ortskundigen unter meinen Lesern sicher alles noch viel besser als ich. Und die Nicht-Berliner-Leser mit Kindern werden ihre Hauptstadt-Aufenthalte sicher besser planen als ich.
Eigentlich wollte ich hier auch gar nicht lange rumjammern über mein selbstgewähltes Schicksal als Papi und Hundehalter (jaaa, ich hab den Spruch von W.C. Fields, von wegen, wer Hunde und kleine Kinder nicht mag, früher auch immer sehr gern zitiert). Sondern noch ein paar Worte verlieren über ein Event im Berliner Umland, über das sich auch Kurt Tucholski schon mal ausgelassen hat: das Baumblütenfest in Werder. Ich muss dringend mal nachlesen, was der dicke Berliner mit der genialen Schreibe vor etlichen Jahrzehnten über dieses Fest berichtet hat. Unsere Eindrücke (da spreche ich auch im Namen meiner Frau) sind jedenfalls durchaus zwiespältig. Am frühen Nachmittag ließ sich das Ganze noch sehr schön an: all die vielen Obstwein-Stände, offenen Gärten und Fressbuden mit lokalen Spezialitäten, dazwischen spazierten gut gelaunte und überwiegend nette Menschen in der Frühlingssonne herum. Von der Anhöhe hat man einen wunderbaren Blick auf die Havel, und selbst die Uffta-Uffta-Hits von Antenne Brandenburg, die einen Teil des Festgeländes beschallen, konnten die Laune kaum trüben.
Wie das dann allmählich kippte, kann ich gar nicht so genau sagen. Vielleicht stieg mit sinkender Nachmittagssonne das durchschnittliche Promilleniveau der Besucher, oder es war einfach eine andere Klientel, die allmählich die Besuchermehrheit oder Lufthoheit übernahm: junge Typen mit ganz wenig oder kaum Haaren auf dem Kopf, nölend, grölend, Tätowierungen überwiegend in Frakturschrift, die breitbeinig und ellbogenbetont durch die Menge pflügten. Es lag zunehmend latente Gewaltbereitschaft in der Luft, vereinzelt ist auch "Sieg Heil"-Gebrüll zu vernehmen gewesen. Die Landes- und Bundespolizei war zwar sehr stark präsent. Anscheinend rekrutieren die dortigen Ordnungskräfte aber bevorzugt die gleiche Sorte Redneck-Hackfressen mit hoch anrasiertem Haaransatz, von daher hat das massive Polizeiaufgebot unser subjektives Sicherheitsgefühl nicht nachhaltig zu steigern vermocht.
Gute Freunde hatten uns vorher den Rat gegeben, der Veranstaltung spätestens um 18.00 Uhr den Rücken zu kehren und Land zu gewinnen. So machten wir bereits um kurz nach fünf kehrt, ohne die schöne Insel noch gesehen zu haben. Und je länger wir auf dem Rückweg zum Auto durch dieses Fascho-Hool-Pack mitsamt seinen brunzblöd glotzenden und unförmigen Walkürenweibern schieben mussten, desto mehr wuchs mein Stolz auf die 50 Prozent meiner nichtdeutschen Herkunft.
Und eins hat mir dieser kleine Abstecher in den Osten auch mal wieder vor Augen geführt: Ich bin ein Wessi und irgendwie noch nicht so recht in Gesamtdeutschland angekommen. Es ist nicht so, dass ich irgendwie stolz drauf wäre, ein Wessi zu sein. Es ist ja nicht mein persönlicher Verdienst gewesen, dass der Zufall mich seinerzeit auf der westlichen Seite des Eisernen Vorhangs plazierte. Aber ich bin verdammt froh darum. Froh auch darum, wieder am Rhein zu sein. Und sogar froh, dass es heute regnet - und den märkischen Sand vom Darkmobil herunterwäscht.
Einfach so.
Eigentlich wollte ich hier auch gar nicht lange rumjammern über mein selbstgewähltes Schicksal als Papi und Hundehalter (jaaa, ich hab den Spruch von W.C. Fields, von wegen, wer Hunde und kleine Kinder nicht mag, früher auch immer sehr gern zitiert). Sondern noch ein paar Worte verlieren über ein Event im Berliner Umland, über das sich auch Kurt Tucholski schon mal ausgelassen hat: das Baumblütenfest in Werder. Ich muss dringend mal nachlesen, was der dicke Berliner mit der genialen Schreibe vor etlichen Jahrzehnten über dieses Fest berichtet hat. Unsere Eindrücke (da spreche ich auch im Namen meiner Frau) sind jedenfalls durchaus zwiespältig. Am frühen Nachmittag ließ sich das Ganze noch sehr schön an: all die vielen Obstwein-Stände, offenen Gärten und Fressbuden mit lokalen Spezialitäten, dazwischen spazierten gut gelaunte und überwiegend nette Menschen in der Frühlingssonne herum. Von der Anhöhe hat man einen wunderbaren Blick auf die Havel, und selbst die Uffta-Uffta-Hits von Antenne Brandenburg, die einen Teil des Festgeländes beschallen, konnten die Laune kaum trüben.
Wie das dann allmählich kippte, kann ich gar nicht so genau sagen. Vielleicht stieg mit sinkender Nachmittagssonne das durchschnittliche Promilleniveau der Besucher, oder es war einfach eine andere Klientel, die allmählich die Besuchermehrheit oder Lufthoheit übernahm: junge Typen mit ganz wenig oder kaum Haaren auf dem Kopf, nölend, grölend, Tätowierungen überwiegend in Frakturschrift, die breitbeinig und ellbogenbetont durch die Menge pflügten. Es lag zunehmend latente Gewaltbereitschaft in der Luft, vereinzelt ist auch "Sieg Heil"-Gebrüll zu vernehmen gewesen. Die Landes- und Bundespolizei war zwar sehr stark präsent. Anscheinend rekrutieren die dortigen Ordnungskräfte aber bevorzugt die gleiche Sorte Redneck-Hackfressen mit hoch anrasiertem Haaransatz, von daher hat das massive Polizeiaufgebot unser subjektives Sicherheitsgefühl nicht nachhaltig zu steigern vermocht.
Gute Freunde hatten uns vorher den Rat gegeben, der Veranstaltung spätestens um 18.00 Uhr den Rücken zu kehren und Land zu gewinnen. So machten wir bereits um kurz nach fünf kehrt, ohne die schöne Insel noch gesehen zu haben. Und je länger wir auf dem Rückweg zum Auto durch dieses Fascho-Hool-Pack mitsamt seinen brunzblöd glotzenden und unförmigen Walkürenweibern schieben mussten, desto mehr wuchs mein Stolz auf die 50 Prozent meiner nichtdeutschen Herkunft.
Und eins hat mir dieser kleine Abstecher in den Osten auch mal wieder vor Augen geführt: Ich bin ein Wessi und irgendwie noch nicht so recht in Gesamtdeutschland angekommen. Es ist nicht so, dass ich irgendwie stolz drauf wäre, ein Wessi zu sein. Es ist ja nicht mein persönlicher Verdienst gewesen, dass der Zufall mich seinerzeit auf der westlichen Seite des Eisernen Vorhangs plazierte. Aber ich bin verdammt froh darum. Froh auch darum, wieder am Rhein zu sein. Und sogar froh, dass es heute regnet - und den märkischen Sand vom Darkmobil herunterwäscht.
Einfach so.
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kid37,
Montag, 7. Mai 2007, 15:39
Mauerbau
Ich habe in der Zeit in Berlin meine erste Wand verputzt, sozusagen vorne an der "Rotband"-Front. Beim Maifest in Kreuzberg sollte man übrigens auch nicht sooo lange bleiben ;-)
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mark793,
Montag, 7. Mai 2007, 15:54
Stimmt,
und da ich das Darkmobil nicht zur brennenden Barrikade umfunktioniert sehen wollte, weilten wir während dieser Festivitäten noch am Scharmützelsee und nicht an der Spree. Da haben wir uns also knapp verpasst.
Von Ihren handwerklichen Heldentaten wurde mir berichtet. Unter etwas anderen (lies: glücklicheren) Umständen wäre es mir vielleicht sogar vergönnt gewesen, einen Blick auf das Ergebnis zu erhaschen. Aber vielleicht mögen Sie ja mal ein Bild von der Wand zu Dokumentationszwecken ins Caféfenster stellen? Gerne auch künstlerisch verfremdet oder mit nutzwertigem making of...
Von Ihren handwerklichen Heldentaten wurde mir berichtet. Unter etwas anderen (lies: glücklicheren) Umständen wäre es mir vielleicht sogar vergönnt gewesen, einen Blick auf das Ergebnis zu erhaschen. Aber vielleicht mögen Sie ja mal ein Bild von der Wand zu Dokumentationszwecken ins Caféfenster stellen? Gerne auch künstlerisch verfremdet oder mit nutzwertigem making of...
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goetzeclan,
Montag, 7. Mai 2007, 15:41
Urlaub mit Kinder ist definitiv anders als ohne. In den zwei Wochen Nordsee habe ich auch allerhöchstens ein drittel von dem tun können, was sonst möglich und notwendig wäre. Aber für das Lächeln der Prinzessin am morgen, wenn sie sieht, dass nun alle wach sind, das versöhnt mich mit vielem ...
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mark793,
Montag, 7. Mai 2007, 16:25
Urlaub mit Kind
wird sich auch noch paar Mal ändern, das kann ich Ihnen mit meiner begrenzten Erfahrung von etwas mehr als zwei Jahren auch schon prophezeien. Wobei ich hier streng genommen nicht nur von Urlaub spreche, sondern zum Teil auch von Business-Kurztrips mit vorigem oder anschließenden Privatprogramm. Sowohl unsere letzten beiden Leipzig-Aufenthalte als auch der aktuelle Berlin-Trip hatten für meine Frau z.T. auch berufliches Programm dabei. Was die Abläufe und Arbeitsteilungen vom reinen Urlaubs-Procedere nochmal unterscheidet. Da stelle ich dann fest, wenn ich meine Frau vom Tagungshotel oder von der Messe abhole, dass ich in meiner "freien Zeit" außer zur Kinderbespaßung und dem Hund ausführen zu wenig anderem gekommen bin. Was auch in Ordnung ist und seine großartigen Momente hat, die ich nicht missen möchte. Wenn ich etwa diese Papis auf dem Spielpatz sehe, die sich mehr mit ihrem Handy als mit den Kletterversuchen ihres Kinde befassen, dann finde ich das schon sehr armselig. Aber gerade als der eher mit der Aufzucht befasste Elternteil muss ich nach über zwei Jahren auch mal sagen, dass ein Lächeln der Kleinen auch nicht für alles entschädigt. Und den nächsten Berlin-Aufenthalt werden wir so organisieren, dass auch mal für sonstiges wieder mehr Raum bleibt...
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gorillaschnitzel,
Montag, 7. Mai 2007, 17:35
Schöner Text. Irgendwie les ich den gern. Klingt so....."zufrieden"...
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c17h19no3,
Montag, 7. Mai 2007, 20:11
ganz ehrlich: urlaub mit kind klingt für mich eher nach horrortrip. also falls ich mal kinder haben sollte, würde ich die lieber bei oma und opa lassen, wenn ich mich schon mal erholen kann. und wenn ich stress hab, kommt die kleine laus zur tagesmutti. und danach zur babysitterin. und am wochenende hat ja dann die zweite erziehungsberechtigte hälfte zeit, sich zu kümmern.
und so wird es kommen, dass frau morphine... äh, dass sie am besten weiterhin verhütet. *g*
und so wird es kommen, dass frau morphine... äh, dass sie am besten weiterhin verhütet. *g*
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mark793,
Montag, 7. Mai 2007, 20:23
Wer sagt denn,
dass das ein Erholungsurlaub werden sollte? ;-)) Wie gesagt, für meine Frau wars zum Teil Businesstrip - und für mich eine weitere Grenzerfahrung. Wenn Sie mal an den Punkt kommen, wo Sie alles andere durch haben, die Drogen, den Rock'n'Roll, den Job, die Backpacker-Erlebnisurlaube und dann die kulturell hochwertigen Städtetrips oder Tauchexpeditionen - vielleicht sind Sie dann bereit für die nächste Herausforderung. Und solange das nicht der Fall ist, schön weiterverhüten...
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monnemer,
Montag, 7. Mai 2007, 20:58
Sie tauchen?
oder tauchten? Ansonsten kann ich Gorilla Schnitzel nur zustimmen, schöner Text!
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mark793,
Montag, 7. Mai 2007, 22:32
Getaucht bin ich nicht selber,
allenfalls geschnorchelt. Und bei Backpacker-Trips kann ich auch nicht wirklich mitreden. Aber in meinem Umfeld hat (oder hatte) man mit beidem reichhaltige Erfahrung. Meine abgefahrensten Reisen und Flugerfahrungen fanden ja wie Sie vermutlich wissen zum Teil eher in der biochemischen Sphäre statt. ;-)
Ansonsten: Aufrichtigen Dank!
*verneig*
Ansonsten: Aufrichtigen Dank!
*verneig*
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monnemer,
Montag, 7. Mai 2007, 23:06
Biochemie
hätten Sie jetzt nicht ansprechen dürfen, hier Medikamente aus der Familie der Opiate gerade sehr gefragt, Lumbalprolaps in der nächsten Aufführung. OP in 4 Wochen, drückensemer die Daumen!
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mark793,
Dienstag, 8. Mai 2007, 00:44
Arghh.
Das klingt schmerzhaft, selbst für einen medizinischen Laien wie mich. Ich werde pressen, was das Zeug hält.
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kreuzberger,
Dienstag, 8. Mai 2007, 01:14
Der Amüsementfaktor bei Volksfesten sinkt ja oft im Laufe des Abends. Wenn zu den Kirmes-Besoffenen (zu denen ich natürlich nie gehört habe - wer etwas anderes behauptet, lügt) aber auch noch Faschos dazukommen, wirds aber wohl wirklich unangenehm. Und die Polizisten in Berlin und im restlichen Osten sind tatsächlich schon von der etwas spezielleren Art.
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rollinger,
Mittwoch, 26. August 2009, 12:12
Timing
Ja, Sie haben Recht, man muß wissen wenn man geht. Danke für diesen Link
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