Donnerstag, 9. Februar 2006
Im Namen des Volkes: Zu Recht gelinkt
es erben sich Gesetz und Rechte
wie eine ewge Krankheit fort,
sie schleppen sich vom Geschlecht zum Geschlechte
und rücken sacht von Ort zu Ort.

(Goethes "Faust", der Tragödie erster Teil)

Im Angesicht unserer Sterblichkeit hat es doch etwas tröstliches, dass es ein postmortales Persönlichkeitsrecht gibt. Ich wusste gar nicht, dass so etwas überhaupt existiert - und überlege jetzt angestrengt, wen mein Vater oder dessen Vater (Gott hab sie beide selig) noch verklagen könnten.

Haftungsausschluss: Ich will mich mit diesem Beitrag nicht über das abgeschmetterte Begehr von Trons Eltern lustig machen, den Real-Namen ihres Sohnes aus dem Online-Nachschlagwerk Wikipedia draußenzuhalten. Mir erscheint dieses Anliegen durchaus nachvollziehbar. Auch wenn ich es richtig und verhältnismäßig finde, dass wikipedia.de wieder auf die internationale Domain de,wikipedia.org verlinken darf. Vielleicht war es nicht so geschickt von den Rechtsbeiständen der Eltern, gleich mit dem dicken EV-Knüppel zu kommen. Wie auch immer: Ich bin mal gespannt auf die Urteilsbegründung.

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"Postmortales Persönlichkeitsrecht". Wäre ja zum Lachen, wenn es nicht irgendwie zum Heulen wäre.

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Diese verflixten Eigennamen. Sie behalten immer noch Geltung, egal ob man noch lebt oder schon tod ist. Goethe selbst hat damit zu kämpfen, bzw. es wurde und wird darum gekämft. Es gab schon so viele Goethes: einen Nazi-Goethe, einen Sozialisten-Goethe, einen Kapitalisten-Goethe undundund... Er selbst wurde postmortem gerückt von Ort zu Ort. Ob „sacht“, das bezweifele ich. Aber das Ereignis "Tron" - und Tron ist immer schon mehr gewesen als ein Mensch - legt davon selber Zeugnis ab. Was spielt der "andere" Name da noch für eine Rolle? Und ist Tron nicht heute schon mehr als nur "ein" Name, ein „einziger“ Name?
Die Argumentation der Eltern ist ja, dass dieser andere Name, den sie selber führen, "einzigartig" sei, und sie deshalb nicht in Ruhe gelassen werden. Ist es nicht die Ironie selbst, dass sie genau deshalb nicht in Ruhe gelassen werden, gerade weil er eben NICHT einzigartig ist? Wikipedia hat die beiden Namen, Tron und den anderen, aneinander gebunden und die Eltern somit der Einzigartigkeit ihres Namens beraubt. Eine Einzigartigkeit, die aber vielleicht eher erträumt war, die sich nur kurze Zeit an ein Leben gehängt hatte, die aber gerade durch den Tod nun zum Leben erwacht und sich unendlich vervielfältigt, ohne dass sie noch Einfluss darauf hätten.
Das ist sicher hart. Die Sprache ist manchmal grausam.

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Das sehe ich leicht anders:
Die Einzigartigkeit dieses Namens wird aufgrund des Lexikon-Eintrags eher noch gesteigert, finde ich. Bin aber nicht sicher, ob es klug war, in der Prozess-Strategie darauf so stark abzuheben. Es gibt ja auch so etwas wie einen Gleichbehandlungsgrundsatz, und dementsprechend muss so ein Fall implizit auch immer ein Stück weit so verhandelt werden, dass es im Ergebnis keinen Unterschied macht, wenn die Antragsteller statt Herr und Frau Fnord* halt Herr und Frau Müllermeierschulze geheißen hätten. Denn sonst hätte ein anderslautender Entscheid die skurrile Rechtsfolge, dass den Eheleuten Fnord einen höherrangiger Persönlichkeitsschutz zugesprochen wird als den Müllermeierschulzes.

Das wäre hierzulande vielleicht nicht so schlimm, weil wir ja kein Präzedenzfallrecht haben. Aber anfechtbar wäre eine anderslautende Entscheidung aufgrund dieser Abwägung schon - für mich als juristischen Laien jedenfalls.

* Name von der Redaktion geändert

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Auch wenn ich oben auf etwas anderes aus war. Es ist ein und das selbe, ob du die Sprache oder das Recht auf diesen Fall anwendest. Beide sind gleich grausam.

Denn auch hier spielt uns die Einzigartigkeit wieder ein Schnippchen.
Nimm einen ganz anderen Prozess, ganz egal welchen, Mord, Versicherungsbetrug, ja, irgendwas strafrechtliches. Dann hast du einen Angeklagten. Und wenn du darauf achtest, auf die Verteitigung dieses Angeklagten achtest, dann wirst du IMMER feststellen, dass er sich auf eine Einzigartigkeit beruft: Die Einzigartigkeit einer sozialen, politischen oder kulturellen Situation, die Einzigartigkeit eines Alibies, die Einzigartigkeit einer Psyche, die Einzigartigkeit eines Ergeinisses etc.
Er wird versuchen sich der REGEL, dem Gesetz zu entziehen, glaubhaft zu machen, dass sie auf ihn nicht passt, weil seine einzigartige Situation der Regel nicht angemessen ist, ihr nicht "gerecht" wird.

Hier, an diesem Ort der Einzigartigkeit ist die Unmöglichkeit des gerechten Rechts angesiedelt. Die Eltern von Tron, die sich eben auch auf diese Einzigartigkeit berufen, werden keine Gerechtigkeit erfahren, genauso wenig wie jeder andere, der vor Gericht geht und sich auf seine einzigartige Situation beruft.

Der Richter, der jedesmal von neuem zur Aufgabe hat, die Einzigartigkeit eines Falles mit dem Gesetz in einklang zu bringen schafft somit Recht und niemals Gerechtigkeit.

Genauso wie die Sprache, die auch nichts anderes ist als ein Gesetz, wie Saussure es formuliert.

Wie du es drehst und wendest, welches Gesetz (die Sprache, das Recht) du auch immer anwendest, du wirst der Einzigartigkeit niemals gerecht werden.

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Sehr schön herausgearbeitet,
die Dichotomie von Einzelfall (Verteidigung) und allgemeiner Regel (Gesetz, vertreten durch den Staatsanwalt). Tatsächlich sind ja Recht und GeRechtigkeit so schwer in Übereinstimmung zu bekommen, weil es verschiedene Kategorie- oder Hierachiestufen (oder sprachlich gesehen: Abstraktionsebenen) sind.

Die Entsprechung im Sprachlichen: Auf die generative Text-Grammatik von Noam Chomski, die nur korrekte Sätze produziert, warten wir ja bis heute vergebens. Auch hier sind die Hierachieebenen zwischen einzelnem Sprachakt und den grammatikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht in beiden Richtungen in Übereinstimmung zu bringen.

Leider fehlt mir im Moment die Muße, den Versuch zu starten, das zweistöckige Gedankengebäude auf eine hierarchische Dreiteilung im Sinne von

Fakten
Gesetze
Prinzipien

zu erweitern. Man fordert mich auf, mich um das Abendessen zu kümmern. Ich muss es also einstweilen vertagen...

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o.T.
Oh! Ohohhh! Ich stehe auf Ihrer Blogroll!

Vielen lieben Dankeschöön!

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Warum eigentlich
... machen die Eltern da so ein TamTam? Hätten sie den Mund gehalten, wäre wohl kaum einer auf den Wikipedia-Eintrag gestoßen. So aber ...

O si tacuisses...

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Na, ich nehme an,
die Eltern waren bereits gebrannte Kinder, was mediale Öffentlichkeit angeht - und haben deswegen die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht berücksichtigt.

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off topic
einen schönen guten morgen wünsche ich :)

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Wow,
so früh schon am Rechner? Respekt! Wach war ich zwar auch schon, weil die Kleine quäkte - aber das Bloggen muss dann doch noch ein bisschen zurückstehen hinter der familiären Belange...

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ich
üb doch mit diesen autioteilen rum.
spannend ist das schon - irgendwie

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Ich muss gestehen,
mich reizt es nicht so richtig. Liegt daran, dass ich meine Stimme nicht so gern auf Band oder sonstiger externer Tonspur höre. Wobei: Stimmlage ist eigentlich ok soweit, aber irgendwie stößt mir dann immer mein südrheinfränkischer Akzent auf. Ich hab früher auch ab und an Texte fürs Radio verfasst, aber mich selber ans Mikro zu setzen wäre der Horror gewesen. Zumindest hab ich das irgendwann irgendwann soweit in den Griff gekriegt, dass ich die Ansage vom AB selbst gesprochen habe... ;-)

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ich habe gerade
noch einen anderen radiosender - bezüglich praktikum - kontaktiert. die hätten ab april noch einen praktikumsplatz für 6wochen frei.
mich reizt das schon. vielleicht deshalb, weil ich aufgrund der fotografie und in anderen bereich der medien aktiv bin.
wobei es mir im moment noch nicht viel besser geht als ihnen. ich kann zwar meine stimme ganz gut hören/ertragen, aber mir fehlt der pepp und der fluß.
na, mal sehen, was drauß wird.

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Hat jemand irgendwo eine Begründung gelesen, warum Tron jetzt keine Person der Zeitgeschichte sein soll? Die würde mich interessieren.

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War das im Zusammenhang
mit diesem Verfahren (Aktenzeichen: 218 C 1001/06, Amtsgericht Charlottenburg) überhaupt eine entscheidungsrelevante Frage? In den Meldungen dazu, die ich gesehen habe, war das nicht das Thema, auch wenn es in einigen Diskussionen so ventiliert wurde.

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Oh, keine Ahnung. Würde allerdings erklären, warum ich darüber jetzt nichts mehr gelesen habe. Mir als juristischem Laien klang es bisher plausibel, dass die volle Namensnennung (zumal bei einem Verstorbenen) auch an diesem Kriterium hängen könnte, ähnlich wie beim Recht aufs Bild.

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Mir hatte das
auch eingeleuchtet. Und ich wüßte es auch gern genauer - daher meine Vorfreude auf die Urteilsbegründung. Vielleicht war dieser Aspekt "Person der Zeitgeschichte" ja gar nicht wirklich strittig, weil man davon ausgegangen ist, dass die "Ehrung" mit einem eigenen Beitrag in einem Nachschlagwerk diesen Status schon hinlänglich unterstreicht.

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Der Username selbst ist ja nicht einmalig und kann auch gar nicht geschützt werden. Zumal da Hollywood ja eher n Vorrecht drauf hatte.
Ich kann verstehen, daß die Eltern den RL Namen raushaben wollen, vor allem, wenn es nicht ein so tausendfacher wie Meier oder Müller ist. Diese Leute haben ein Recht auf Privatsphäre, zumal der Tod des Sohnes noch immer nicht ganz geklärt ist und es sicher net lustig ist, von Leuten, die dann zufällig auf ner Seite den Namen finden, Telefonbuch aufschlagen, dann belagert zu werden...

So seh ich das.
Obwohls die Leute falsch angegangen sind, die Sperrung der Seite bringt nix, sie hätten die Löschung des Namens beantragen müssen. Aber was weiß man schon, was die Medien richtig berichten, wenn ich dran denk, was ich heute schon wieder für Schwachfug gelesen hab...

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Hm, stimmt schon.
Aber aus Gründen, die ich weiter oben ausgeführt habe (Gleichbehandlungsprinzip und so) konnte das Gericht wohl keine Extrawurst braten für Träger seltener Namen...

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nur mal kurz vorbeigeschneit
und einen schönen sonntag gewünscht :)

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Auch mal kurz vorbeigeschaut
Es ist so ruhig zur Zeit bei Ihnen. Hat der Schimmel Sie doch paralysiert? ;-)

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