Freitag, 22. Juni 2012
Digitale Durchleuchtung
Zu dem Aufreger-Thema Schufa und Facebook war eigentlich alles gesagt, aber noch nicht von allen. Eigentlich hatte ich auch fest damit gerechnet, dass die zahlenkundige Kollegin Sophia Infinitesimalia in das Thema einsteigt. Sie hatte anderes auf dem Zettel, und so habe ich dieses Feld dann doch noch selber beackert. Ich meine, wenn sich schon die Möglichkeit auftut, irgendwelchen Post-Privatisten-Spackos noch eins mitzugeben, wäre es doch verschenkt, diese Steilvorlage ungenutzt zu lassen.

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Nachdem ich mich ja hier schon als etwas unwissend geoutet habe, kann ich gleich auch noch fragen, was Spackos sind und Spackeria.
Hat etwas u.a. mit JS zu tun?

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Die Frage ist berechtigt,
hier gibts etwas Hintergrundinfo zum Stichwort.

EDIT: Wobei ich aktuell niemanden aus diesem inner circle auf der Liste hatte, es gibt da noch eine Reihe lose asoziierter Leute. Wobei ich deren Kritik am Datenschutz, so wie er vielfach gehandhabt wird, streckenweise sogar teile, ich ziehe halt andere Schlussfolgerungen daraus und glaube nicht, dass die Welt schon besser werden wird davon, wenn wir uns alle möglichst nackig machen.

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Also wenn ich es richtig verstanden habe, ist Spacko eine Wortschöpfung, die nichts mit dem Thema an sich zu tun hat.
Synonym für Flitzpiepe oder Knalltüte??

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Ja, Knallcharge, Vollleuchte oder ähnliches.


So zum Thema:

die Welt wird kein besser Ort weil wir alle nackelicht rumlaufen. Aber sie wird auch nicht schöner wenn der Name oder gar email-Adresse nicht in die Klassenliste kommt.

Alle Welt steht Kopf weil Google Maps dein Haus von der Aussenseite zeigt (etwas also, was jeder Passant sehen kann), aber bei facebook updaten wann man wo Heringssalat gegessen hat.


Kredite sind kein Menschenrecht. Und manchmal wäre es wohl besser, wenn die Bank rechtzeitig "njet" gesagt hätte weil die Bauchlandung nicht gar so überraschend kam.

Nicht jeder kann sich alles leisten. Das auf Pump vorzuspielen und sich so auf Zeit "Teilhabe" an der Glitzerkaufwelt zu erspielen ist verbreitet, aber ist es deswegen eine gute Idee? Oder löst es das Problem?

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@cassandra:
Wie ich drüben grade kommentierte:
(...)Ansonsten ist die Argumentation der Schufa, dass sie ja nicht nur die Interessen der Kreditoren schütze, sondern auch die Verbraucher vor Überschuldung, nicht von der Hand zu weisen. Wie wirksam dieser Schutz ist, wenn sich die Verbraucher dann in die Hände von Kredithaien begeben, die mit "Geld auch bei schlechter Schufa-Auskunft" locken, steht auf einem anderen Blatt. Ich bin nicht unbedingt überzeugt, dass BGE oder die plattformneutralen Maximalforderungen nach Teilhabe der absolut einzige und richtige Weg sind, aber über Grundsicherung wird sich unsere Gesellschaft bald ein paar konstruktive Gedanken machen müssen.

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Nun wird ja nun die Grundsicherung nicht die Überschuldung beseitigen oder Kredithaie.
Das Einstiegslevel ist einfach höher.

Und davon völlig abgesehen, gibt es die Grundsicherung ja bereits. Und es ist weitaus mehr als eine Grundsicherung.
Es sei denn, Sicherung der Nikotinabhängigkeit, etc wird zum Grundbedürfnis erklärt!
.
Aber eigentlich wollte ich dieses Faß hier jetzt nicht aufmachen.

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Ich meinte auch nicht,
da einfach noch mehr Mittel reinzupumpen. Sondern mehr so im Sinne, Beseitigung von Fehlallokationen auch mit anders aufgezogenen Umlageverfahren, aber das würde hier zu weit führen.

Ach ja, wie es zu der Selbstbenennung der Postprivatiers als "Spackos" kam, geht aus der oben verlinkten Seite hervor. Die Gegenfraktion, die mehr so dem klassischen Datenschutzgedanken anhängt, hat sich übrigens das selbstironische Label "Aluhüte" aufgeklebt. Und die entsprechenden Fraktionskämpfe hatte ich in der FAZ auch mal thematisiert.

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Ah, sehr gut.
Den Beitrag hatte ich damals nicht gelesen.

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@ Don Ferrando: Und davon völlig abgesehen, gibt es die Grundsicherung ja bereits.

Die Grundsicherung gibt es nicht im Sinne eines BGE. Das soll ja gerade die bürokratischen Repressalien, Gängelungen durch Ämter und das Bittstellertum beenden.

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"aber über Grundsicherung wird sich unsere Gesellschaft bald ein paar konstruktive Gedanken machen müssen.

stimme völlig zu, bezweifle aber, dass das passieren wird.

"Nun wird ja nun die Grundsicherung nicht die Überschuldung beseitigen oder Kredithaie."

stimme völlig zu. Auch mit BGE wird dieser eigemtlich recht hübsche Planet nicht zum realexistierenden Paradies ganz ohne alle Probleme. Es wird weder Kredithaie abschaffen noch alle Bundesbürger plötzlich zur schwäbischen Hausfrau mutieren lassen noch die relative Armut beseitigen.

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@kid37:
Ja, Sie sagen es, die real existierende bürokratische Gängelungs- und Erpressungs-Maschinerie macht den Unterschied. Grundsicherung, die diesen Namen verdient, sollte ohne dergleichen auskommen.

Gehe da auch mit cassandra d'accord, dass wir auf dem Weg nicht unbedingt in der besten aller denkbaren Welten landen, wo die Löwen bei den Lämmern wieden. Aber auf derzeitigem Kurs kommen wir da noch viel weniger hin.

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Ich halte ein BGE auch für einen Fortschritt, muss aber anmerken dass unter dem Label so viel unterwegs ist, dass einiges mAn kein Fortschritt wäre.

Mein bevorzugtes Modell ist das Althaus-Modell

Warum?

es ist einfach
jeder Hauptschulabgänger kann sein Einkommen und seine Steuer nachrechnen

es ist durchgerechnet und funktionerit bei der momentanen Finanzlage
alles was mit "wenn man die xy-Steuer erhöht" operiert mit Summen, von denen wir nicht wissen, ob wir sie haben.
Das ist dann wie Frau von der Leyen Elterngeldberechnung, dass da bestimmt weniger Geld gebraucht wird was man dann in den Krippenausbau stecken kann und dadurch sinken die Kosten für die Arbeitslosenhilfe was dann dazu führt das mit dem reinkommenden Geld dann das Elterngeld finanziert werden kann... häh? dachte ich nur

es wäre eine Ersparnis für den Staat drin
damit könnte eines Tages vielleicht weniger Staatsschulden geben. Staatsschulden sind nicht gut weil im Kapitalismus Geld Geld kostet und man die Kredite etc eines Tages zurückzahlen muss (Binsenweisheit, leider unbeachtet)

Die im Althaus-Modell durchgerechneten 600 Euro Grundeinkommen pro Erwachsenen sind zwar weniger als das gegenwärtige HartzIV, decken aber die Grundbedürfnisse ab.
Es ergeben sich ausserdem individuelle Möglichkeiten, Geld zu sparen, die staatlicherseits nicht berechnet werden können (was auch gut so ist!)

Ausserdem ist ein GKV-Anteil bereits eingerechnet, das ist beendet hoffentlich alle Diskussionen um Zusatzbeiträge.

Die immer wieder zitierte alleinerziehende Mutter steht besser da als heute.

Der Anreiz, sich ausser dem BGE noch zusätzlich Geld zu verdienen ist sowohl durhc die relativ niedrige Höhe als auch durch das sofortige mehr auf dem Konto da ohne weiteren Verwaltungsaufwand, man muss also nicht befürchten das ab morgen keiner mehr Brötchen verkauft
Gleichzeitig sinkt der Druck, für Niedrigstlöhne zu arbeiten, was vielleicht zu steigenden Löhnen führt.


Das wird nicht alle Probleme dieses Landes lösen, aber das tut das gegenwärtige System auch nicht.

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@cassandra:
Klingt soweit nicht schlecht, wobei ich mich ehrlich gesagt in diese Materie noch nicht sonderlich weit eingelesen habe. Irgendwelche Effekte, die man so vorher noch nicht genau beziffern konnte, würde es auf alle Fälle geben, das liegt in der komplexen Natur der Sache. Das war bei der Einführung des Euro oder der Währungsunion mit der DDR und deren anschließendem Beitritt auch nicht anders, und das hat ja alles keinen abgehalten vor irgendwas.

Es ist, wie Du sagst: Das wird nicht alle Probleme dieses Landes lösen, aber das tut das gegenwärtige System auch nicht.

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Das Problem
sind ja offensichtlich stets andere Klientele, die angeblich zuerst "befriedicht" werden müssen. Anders gesagt: Der politische Wille, es da zu holen, wo es womöglich (ehrlich gesagt: ich hab die Modelle nicht nachgerechnet) zu holen wäre, ist schlechterdings nicht da.

Ich finde die Idee BGE nicht uncharmant, schließe aber auch nicht aus, dass es sich je nach Umsetzung auch als Schnapsidee erweisen könnte. Die "Wohltaten" sind im übrigen der Preis für die Abwesenheit von bürgerkriegsähnlichen Zuständen, und da die H4-Kohle nicht ausreicht, um was auf die Seite zu legen, wird sie komplett verkonsumiert, was volkswirtschaftlich ja auch nicht ganz irrelevant ist. Ich nenne das jetzt mal "trickle-up-effects".

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Tja,
gefickt eingeschädelt.

Wollen wir hoffen, dass da nicht auch Besitzer von kanadischen Dollars zur Kasse gebeten werden - für das Sonderopfer Sirtaki. ;-)

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Wohltaten&Haushalt
Punkt 1:

Geld kostet Geld. Wer schon mal einen Kredit gebraucht hat, musste als erstes beweisen, dass er ihn eigentlich nicht nötig hatte.
Ist auch auf Staatenebene scheinbar nicht anders.

Punkt 2:
Wir haben uns, Herr Mark hat völlig recht, den sozialen Frieden erkauft, ebenso wie die Demokratie.

Punkt 3:
wir können uns unseren Sozialhaushalt eigentlich nicht leisten (siehe Punkt 1). Wir können uns eigentlich gar nichts leisten. Jeder Zusatzhaushalt sind ausserplanmässige Schulden. Die eingeplanten Staatsschulden werden sogar eingeplant.
Als Bankkunde würde man sich, wenn man jeden Monat den Dispo ein bischen ausgeweitet haben will, ganz fix beim Berater einfinden müssen zwecks klärendem Gespräch. Und es wäre diese Art Gespräch, bei denen das Ergebnis weitgehend feststeht. Und wenn das nicht klappt kommt irgendwann Peter Zwegat und sein Flipchart.

Nu' können wir aber nicht die Transferzahlungen einstellen (siehe Punkt 2), sonst droht England Sommer 2011 ein Dauerbrenner (pun intended) und Exportschlager zu werden.

Das ist jetzt der Punkt, Lenin zu zitieren: "Что делать?"- was tun?

Der Karren brettert auf die Wand zu, die Frage ist nicht mehr wann, sondern nur noch wie schnell und mit wie viel Schaden er auftrifft.

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Toller Beitrag, da drüben.

Ok, Banken sind alle Verbrecher, geschenkt. Doch die Annahme, die Schufa will Facebook „anzapfen“ um Banken Argumente in die Hand zu geben unbescholtenen Bürgern Kredite zu verweigern ist IMHO total bekloppt.

Über ihre Aufgabe als Volksknebel hinaus sind Banken vor allem mal Unternehmen die Gewinn erwirtschaften wollen. Wenn die auch nur den Hauch einer Chance sehen, das ihr Geld auch wieder zurückkommt, werden sie es verleihen. Die Frage ist also nicht, wollen Banken via Schufa aus Facebook Infos saugen um so viele Kredite wie möglich abzulehnen, sondern warum lässt man sie nicht die finden, die sich Kredite unlauter verschaffen?

Mit der Schufa-Facebook-Connection könnte die Ausfallrate von Krediten geringer werden, und damit Kredite vergünstigen. Aber so weit, das Kredite billiger werden, wird es wahrscheinlich nicht kommen. Selbst wenn der Facebook-Deal durchgezogen wird …

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Wer sagt denn,
dass es hauptsächlich um die Verweigerung ginge? Ich denke, dafür liefern die bereits gespeicherten Negativmerkmale eine härtere Grundlage. Nein, ich hege je länger ich darüber nachdenke eher den Verdacht, die Schufa wolle als zentraler Datendienstleister der Kreditwirtschaft dazu übergehen, auch feinere Segmentierungen von Kundenkategorien zu liefern, also z.B. Kundenkreise zu identifizieren, die für bestimmte Kreditangebote aufgrund der Lebenssituation (z.B. Nachwuchs bekommen) ganz besonders empfänglich sein könnten.

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Das klingt für mich sehr einleuchtend!

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Wer mal als Selbständiger den Strip hinlegen mußte, um einen Kredit zu bekommen, wird sich über ein Anzapfen von Internetdaten nicht wundern. Es ist ja nicht so, als würden einem Banken jetzt bereits alle echten Gründe, die für oder gegen eine Kreditvergabe sprechen, offenlegen.

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Siehe da: Kaum habe ich hier kommentiert, rief prompt meine Sparkasse an. Die möchten gerne mit mir über meine Situation sprechen, es gäbe interessante Optionen. SIE HABEN UNS ALLE LÄNGST IM BLICK!

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Is ja'n Ding!
Da mag man nicht mehr so recht an Zufälle glauben. Nur weil Du paranoid bist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht hinter Dir her sind...

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Das mußte
aber auch endlich mal gesagt werden. Großen Dank! Ihnen, der Sie's getan haben.

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Danke!
Ich hatte im Vorfeld noch mit mir gerungen, ob es jetzt, wo sich der Staub längst gelegt hatte, noch sinnvoll ist, mit dem Beitrag hinterherzudackeln wie die alte Fasnacht.

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