Freitag, 1. Juni 2012
Memento mori
Es gibt da bei der Radlerei einen ausgesprochen unschönen Aspekt, den ich mit Rücksicht auf die zart besaiteteren unter den Lesern bisher ausgespart habe: Auf Landstraßen und Feldwegen erblickt der Pedaleur allerhand unsanft zu Tode befördertes Kleinwild und Getier. Igel, die ihr Heil vergeblich im Einigeln und Aussitzen suchten und jetzt platt sind wie Flundern; Kaninchen, die einen Haken zuviel oder zu wenig geschlagen haben, um der Stoßstange auszuweichen und jetzt am Straßenrand liegen, als ob sie sich nur mal ein bisschen ausruhen wollen; von den verschiedenen Aggregatszuständen toter Katzen, die ich sehen musste, mag ich an dieser Stelle gar nicht reden. Und dann war da neulich auf einer Abendrunde noch die Ratte, die ein vor mir fahrendes Auto nicht letal, aber doch so heftig erwischt hatte, dass der Nager nur noch in Rückenlage zucken und leise fiepen konnte, aber nicht mehr den Eindruck machte, als würde er in diesem Leben nochmal loshüpfen. Da steht man dann da und weiß nicht so recht, Röntgenapparat und anderes Equipment findet sich eh nicht im Pannentäschchen, aber so gar nichts tun erscheint irgendwie genauso falsch. Nach einer gefühlten Ewigkeit rang ich mich zu einer Handlung durch, die ich in dem Moment für das kleinere Übel hielt und sagte noch: "Geh ins Licht, kleiner Ratz." In den Tagen darauf war ich auf gutem Weg, meinen Frieden damit zu machen, aber jetzt weckt ein Artikel bei "Spiegel online" doch wieder Zweifel. Vielleicht wäre ja doch noch was zu machen gewesen. Aber was? Ruft man den tierärztlichen Notdienst wegen einer angefahrenen Ratte oder einen Jäger für den finalen Rettungsschuss? Oder geht man ungerührt seiner Wege im Vertrauen darauf, dass der Natur schon irgendwas einfallen wird?

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