Montag, 4. April 2011
Autsch!

Der äußerste Triumph der herrschenden Ideologie besteht darin, dass sie es sich leisten kann, als ihre eigene rückhaltlose Selbstkritik in Erscheinung zu treten.
Slavoy Zizek in "Lettre International" Nr. 92

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Skinny Puppy...
....das waren Zeiten (<- nicht unbedingt sentimental verstehen)...Killing Joke, Front Line Assembly, Ministry, die frühen Nine Inch Nails....

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Nicht unbedingt sentimental
- das trifft exakt auch meine Haltung zu jener Epoche. Irgendwie hat die Reaktorkatastrophe in Japan bei mir ein paar Flashbacks in die Nach-Tschernobyl-Zeit ausgelöst. Nicht, dass ich speziell dieses Ereignis im Rückblick so überpräsent auf dem Schirm hätte, aber diese Jahre waren in mehr als einer Hinsicht doch sehr prägend für mich.

Laibach sollten wir in dem Zusammenhang auch nicht unterschlagen...

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Stimmt!

...wobei ich es neulich mal erwähnte: Noch vor 4 oder 5 Jahren ging ich problemlos als Nazi durch, weil sich Laibach auf meinem ipod befand. Allerdings habe ich vor etwa 15 Jahren aufgehört, Laibach erklären zu wollen.

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Wie ich neulich bei Herrn Cabman schrob,
hat mich "Geburt einer Nation" seinerzeit auch nicht wenig irritiert, als das vor einem Vierteljahrhundert in meinem bevorzugten Punker- und Waverschuppen lief. Aber gerade weil ich im ersten Moment dachte, ich (oder eher der DJ) wäre auf dem falschen Dampfer, habe ich mich dann bisschen schlauer gemacht. Und damals stand der Hintergrund mit dem NSK-Künstlerkollektiv ja nicht zwei, drei Mausklicks entfernt abrufbereit. Da musste man halt Leute fragen, die sich besser auskennen, um Hinweise auf vertiefende Lektüre zu bekommen.

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....aber 2006 könnte sich Google in Zweifelsfällen schon mal durchgesetzt haben.
Und: "Geburt einer Nation" ist schlicht die beinahe-Wort-für-Wort-Übersetzung des ansonsten unverdächtigen Queen-Liedchens "One Vision", auch wenn mans zugegebenermaßen nicht sofort erkennt... :-)

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@Gorillaschnitzel: Laibach sind Slowenen. Slowenen sind sehr eigen, und sehr kunstaffin. Da findet man schon mal moderne Gemälde im Schaufenster eines ganz gewöhnlichen Klamottengeschäfts. Ihr Staatswappen hat ein ausgesprochen abgehobener Land-Art-Künstler namens Marko Pogacnik entworfen. So ein Dada-Politik-Musikprojekt wie Laibach erklärt sich locker als moderne Kunst. Mehr Erklärung brauchen die nicht.


Ich mag Slowenien. Und die Slowenen. Und das, was sie kochen. Und ihre krumme Kunst. Und, wie sie tags kühle Mitteleuropäer sind, und nachts feiern wie die Balkanesen. Es sind sozusagen Werbalkanesen. Ich muß da unbedingt mal wieder hin...

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@sethos: Ich habe meine "halbe Kindheit" in Kärnten verbracht (und jährlich kindlich/halbjugendlich den damaligen Aufstieg Haiders miterlebt). Verbunden damit waren Ausflüge nach Jugoslawien, das es damals noch gab, heute heißt dieser Landstrich Slowenien. Ljubljana, Bleder See, die slowenischen Alpen, Planica.
Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass "Geburt einer Nation" praktisch unmittelbar vor der Unabhängigkeit Sloweniens kam.

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Ja,
definitiv. Für mich, der ich nicht so nah dran war, lag da ab 1987/88 irgendwas in der Luft, eine Vorahnung von Aufruhr, Gewalt und Bürgerkrieg, und im Nachhinein hat diese Nummer etwas prophetisches im Hinblick auf die Geburt der slowenischen Nation wenige Jahre später.

Gab hier in der Nachbarschaft einen bemerkenswerten Bloggerkollegen aus Kärnten mit slowenischen Wurzeln, der sich leider seit einigen Jahren sehr rar macht. Da hab ich über Themen wie Ortsschilderstreit in ein paar Kommentarthreads mehr gelernt als aus unseren Mainstream-Medien.

Ist jetzt auch schon wieder fast fünf Jahre her, dass wir auf dem Rückweb von Kroatien noch Zwischenstopp in Bled und Ljubliana machten. Tolle Stadt, müsste man mit mehr Zeit im Gepäck nochmal hin.

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dass wir auf dem Rückweb von Kroatien

Sie waren damals bestimmt auf dieser Datenautobahn unterwegs. ;-)

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Prost!.

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Oh,
meinen Respekt. Sie haben tatsächlich die richtigen Alt-Tasten-und-Zahlenkombinationen gefunden. Ich musste beim Schreiben dieses Namens zu sehr an Pavel Pipovitsch und Bronko Kulitschka denken, um mich auf die Suche nach den richtigen Strichlein konzentrieren zu können.

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Schauspieler Misel Maticevic ist auch so eine Herausforderung.

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Auf welcher Silbe der Nachname von Mišel Matičević betont wird, scheint auch keiner so recht zu wissen, ich habe da schon alle möglichen Variationen gehört.

Ich seh den ja gern.

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Wohingegen sich der Skispringer Primoz Pikl mit nur einem Vogelbad über dem 'z' begnügt.

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kroatisch ist ja eine tonsprache, da ist jedes raten hoffnungslos (nachgucken uebrigens auch). koennte alles sein. vermutlich weiss er es selbst nicht...

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Ich kann bestätigen, daß Hr. Maticevic die korrekte Schreibung seines Namens gerne sieht. Aber versuchen Sie das mal auf dem Mac.

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nein. meine sonderzeichenkompetenz ist nach 7 jahren macs mit amerikanischer tastatur so degeneriert, dass ich mich stets wieder dabei erwische, dass ich meine heimatstadt duesseldorf handschriftlich genau so, s.o., schreibe. auch meinen eigenen namen kann ich nicht mehr, beherbergt er doch das im ausland so unverbreitete rucksack-ß. ich musste mit der emigration die korrekte schreibung meines namens hinter mir lassen, also muehe ich mich auch nicht mit den haceks anderer ab...

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Wenn's fürs Internet ist, geht Namen-einfach-aus-Wikipedia-kopieren ja am schnellsten, mach ich auch immer so. Aber im Gedruckten wird's mitunter schwierig, auch am PC. Manche Programme sind einfach doof, die können dann zwar komische isländische Buchstaben ð (braucht man schließlich andauernd, nicht wahr?), aber schreiben Sie damit mal türkische oder tschechische Namen. Armer Antonín Dvořák, den habe ich schon so oft verstümmeln müssen.

Verrät der Herr auch, wie er sich korrekt ausspricht? Oder ist ihm nur die Schreibweise wichtig?

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Diesen isländischen Buchstaben
braucht man doch für die lautschriftliche Wiedergabe des Englischen recht oft. ;-)

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vgl.

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Danke. Das ist auch die Variante, die ich verwende - bislang aber ohne mir sicher gewesen zu sein, ob's stimmt.

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Danke auch,
das erspart mir die Mühe, Tante Gu zu bemühen (allmählich geht die Fersehverweigerung doch zu Lasten der popkulturellen Allgemeinbildung. Ich hatte zu dem Namen kein Gesicht parat).

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Die meisten Filme mit ihm habe ich im Kino gesehen, sogar einige von denen, die eigentlich fürs TV produziert wurden, wie etwa Eine Stadt wird erpresst, Blackout (davon sah ich allerdings nur einen Teil auf der Großleinwand) und Im Schatten. Um ihn im Im Angesichts des Verbrechens zu sehen, bin ich dann eigens immer abends zu meiner Mutter gefahren, als Arte das brachte.

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Bryan Ferry nannte sein Aufnahmestudio übrigens Führerbunker und war von Leni Riefenstahl-Filmen angetan.

Bowie auf der Bühne, in den 70ern:

http://i72.photobucket.com/albums/i168/infidelinfidel/BowieWonderWorld/111DBDB.jpg

Johnny Rotten im Promo-Video zu "Pretty Vacant" mit Swastika-T-Shirt:

http://www.youtube.com/watch?v=zmHhB9zV_rQ


Im Fetisch-Bereich hat Nazi chic dann kaum mit politischer Anschauung zu tun, ebenso wenig wie die parallele Verwendung kommunistischer Symbole und Ästhetik. Das macht es natürlich für alle jene schwer, die anhand von Schlagworten und Symbolen kategorisieren und katalogisieren.

Und irgendwer hat mal sinngemäß den schlauen Satz gesagt, dass die Nazis gewonnen haben, weil sie die besseren Bilder hatten.

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Sicher hat auch BAP mit 'En der Kristallnaaaaaach' Militaria-Händlern sagenhafte Umsatzzuwächse beschert.

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Da sagen sie was.
Ich bin auch nach wie vor überzeugt davon, dass das politisch-weltanschauliche Abdriften einer bestimmten Clique an unserer Schule ursächlich mit dem lehrplangewollten Overkill an NS-Bewältigung zusammenhing. An meiner vorigen Schule, wo noch Lehrer unterrichteten, die, öhm, im Dritten Reich nicht alles schlecht fanden, wären nicht mal die stockkonservativsten Pullunderträger unter den Schülern auf die Idee gekommen, mit rechtem Gedankengut zu sympathisieren.

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„lehrplangewollten Overkill an NS-Bewältigung “

Die Beobachtung habe ich auch gemacht. Es scheint Menschen zu geben, die sich in dieser „Ordnung“ heimisch fühlen, und die im Unterricht alles erfahren haben, was sie brauchten um aus einem simplen Hobby eine Lebensaufgabe zu machen.

Ähnliches habe ich im Religionsunterricht erlebt. Jahrelanges Traktieren mit allen erdenklichen Informationen über Drogen haben bei einigen dazu geführt, dass sie nun bestens über das Angebot informiert in den Markt gehen konnten um sich in die beschriebenen illegalen Zustände zu blasen.

Interessant daran ist, dass bei allem Bombardement mit Drogen und NS-Gräueln nicht alle unter der Informationswucht zusammengebrochen sind. Bei Einigen haben die Lehrer ihr Ziel erreicht. Die Frage ist, wie die Verteilung ohne das didaktische Trommelfeuer ausgegangen wäre …

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Das
ist wieder mal die 1000-Dollar-Frage. Da kann man letztlich nur spekulieren. Meine Beobachtung von der anderen Schule mit dem älteren Lehrerkollegium ist natürlich nur anekdotisch und basiert nicht auf einer soziodemographisch absolut identischen Schülerstichprobe.

Wahrscheinlich habe ich es schon mal erzählt, aber das Lustige Bescheuerte war ja, dass als es ruchbar wurde, dass da ein paar Schüler mit rechtem Gedankengut kokettierten, im Lehrerkollegium anscheinend der Beschluss gefasst wurde, dem müsste man mit noch viel mehr Infos und NS-Projekttagen und -Wochen entgegensteuern. Was es natürlich nicht besser machte, denn die Faktenlage bezüglich jener 12 Jahre der Geschichte war ja nun hinlänglich bekannt, und ein Teil jener Clique radikalisierte sich daraufhin grad noch mehr.

Die Drogenfilme, das wäre mal einen Thread für sich wert...

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„lehrplangewollten Overkill an NS-Bewältigung “
Mir ist es in meiner Schulzeit gelungen, fast ohne NS durchzukommen.

Von Klasse 9 auf 10 hatte ich den ersten Schulwechsel. Das hiess unter Auslassung der Frz Revolution direkt vom Absolutismus in den Ersten Weltkrieg und danach nach Weimar.
Meine damalige Geschichtslehrerin wies uns an, doch bitte das Kapitel "Verfolgung im NS" zu Hause durchzulesen und machte statt dessen Ostfeldzug. Das war's. Hitler wird gewählt und dann kommt Stalingrad.

Von 10 auf 11 der nächste Schulwechsel. Meine Mitschüler hatten die ganze 10. über NS gemacht, aber irgendwie waren Weimar und Stalingrad an ihnen vorbeigegangen.

In der 13. kam dann (für mich nochmal, für alle anderen was völlig neues) nochmal 1.WK und Weimar dran.
Und dann schlug unserer Lehrer vor, im nächsten Halbjahr könne man ja den NS anschliessen und wurde niedergebuht. Einer meinerMitschüler forderte: "Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!"

Unser Lehrer lies sich überzegen und wir behandelten die Gründung der Bundesrepublik.


Einer meiner Mitschüler beantwortete die Frage, welche historische Person er am meisten bewundere mit "Adolf Hitler". Warum? "Eine andere habe ich nicht kennengelernt".

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@cassandra:
Unsere Schule fühlte sich dem Thema schon allein namensbedingt (benannt nach den Heldengeschwistern der weißen Rose) ganz besonders verpflichtet. Mir ist klar, dass man andernorts und zu anderen Zeiten auch durchs Schulleben kommen konnte, ohne von der NS-Thematik allzusehr behelligt zu werden. Was irgendwie auch nicht Sinn der Sache sein kann.

Die Lehre, die ich für mich aus der spezifischen Erfahrung ziehe ist die, dass mehr Information das Problem damals nicht löste, sondern tendenziell verschärfte. Ich würde das aber nicht über Gebühr generalisieren wollen dahingehend, dass man dieses Thema in den schulischen Curricula grundsätzlich unter ferner liefen abhandeln sollte.

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Eine meiner Schulen benannte sich gerade nach eben jenen Geschwistern um. Aber wir steckten mitten in Weimar und die Geschichtslehrerin meinte (völlig zu recht) dass bruchstückeln nichts bringt.

Auch ich bin weit entfernt davon, diese 12 Jahre zu vernachlässigen. Es gibt gute Gründe, warum man das Thema ausführlicher behandelt als zB die 12 Jahre von 1027 bis 1039.

Es ist meinerAnsicht nach nur begrenzt sinnvoll, wie an meiner letzten Schule geschehen, jedes Jahr ab der 7. Projektwoche dazu zu machen und dabei nach den Erinnerungen meiner Mitschüler, immer wieder 2 Filme guckt: Das "Tagebuch der Anne Frank" und "Die Weisse Rose". Das kann man mal gucken, aber nach dem dritten Mal sollte echt Schluss sein.

Ich habe öfter den Eindruck, dass andere Themen, die zum Verständnis wichtig wären, eher zu kurz fasst. Und das der NS auf den Holocaust begrenzt wird.
Ich hatte am Rande des Geschichtsunterrichtes in der 13. im LK eine etwas seltsame Diskussion mit meinem Lehrer, der aus mir bis heute nicht nachzuvollziehenden Gründen der Ansicht war, der NS hätte sich nicht für Naturwissenschaften interessiert. "So ein bisschen für Vererbungslehre vielleicht" gab er dann zu. Er folgerte dadraus, dass die Naturwissenschaften und folglich auch Naturwissenschaftler ideologisch unbelastet seien und begründete das dann mit der schnellen Entnazifizierung.

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„Die Drogenfilme, das wäre mal einen Thread für sich wert...“

Auf jeden Fall. Ich kann mich an eine Szene in einem Film erinnern, da wurde über LSD-Flashbacks informiert. Die gemurmelte Reaktion im anwesenden Hauptschulpublikum: „Cool, da spart man Geld …“

Und was Filme aus und über die NS-Zeit angeht: In einem Landschulheim in Wipperfürth wurde am Abend des ersten Tages „Die Brücke“ gezeigt. Ziel des Filmes: Die Sinnlosigkeit des Krieges aufzuzeigen, in dem man Kriegsgeile Kids zeigt, die an der Realität des allgegenwärtigen Massenmordens zerbrechen.

Die Idee ist super, der Film sauber umgesetzt, das Ziel wurde vollkommen verfehlt. Die vom Film aufgepeitschten Schüler suchten sich nach der Vorführung im Hof des Landschulheimes Stöcke, die irgendwie den Maschinenpistolen der US-Army ähnlich sahen, und ballerten sich gegenseitig bis in die einsetzende Finsternis in Fetzen.

Meiner Meinung nach kann man niemanden zu einem Teilbereich des Lebens erziehen, wenn ihm der Teilbereich vollkommen Fremd ist. Keiner der Hauptschüler (auch ich damals nicht) konnten sich unter dem was da gezeigt wurde irgend etwas vorstellen. Erst wer Gewalt und die Ohnmacht gegenüber Gewalt durch andere erlebt hat (es muss ja nicht gleich ein Krieg sein) der kann ermessen was in etwa mit dem Film gemeint ist.

Die Lehrer hingegen hatten ihre Erfahrungen damit, und fanden den Film sehr gut. Die Schüler hatten nichts in der Art bisher erlebt, und ballerten fröhlich auf dem Schulhof und spielten eine Extended Version von „Nachlaufen 1.0“: Jetzt mit MP-Stöcken …

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