Dienstag, 19. Januar 2010
Warnhinweis: Es folgen Zynismus und Menschenverachtung
Das ganze Elend auf der Welt (Haiti etc.) hat übrigens noch einen weiteren, der betroffenheitsbesoffenen Öffentlichkeit weniger bekannten nachteiligen Effekt: Es relativiert aufs Übelste meinen tödlichen Männerschnupfen. Wie soll man sich da angemessen in Wehleidigkeit und Selbstmitleid suhlen?

Aber jetzt mal abgesehen von meinen persönlichen Befindlichkeiten: Es gibt hier im Postleitzahlbereich auch viel Elend, das vielleicht nicht ganz so viele Schlagzeilen und Spendenmillionen mobilisiert, wie das Erdbeben in der Karibik. Es wurde in den Medien nicht so groß breitgetreten, aber in den letzten Tagen kam es hier in der Region Köln/Düsseldorf zu einigen Zwischenfällen mit Zügen und, ähem, resultierenden Personenschäden. Der tragische Tod eines 16Jährigen heute an der Benrather S-Bahnhaltestelle markiert gewissermaßen nur die Spitze des Eisbergs. Wie ich hörte, gab es in den letzten Tagen mindestens vier Vorfälle.

Ich will dem neulich aus dem Leben geschiedenen Nationaltorhüter jetzt für die von ihm gewählte und damit vielleicht noch populärer gemachte Methode der Selbstentleibung nicht noch pietätlos hinterhertreten, aber da meine Frau heute in einem Zug saß, der umgeleitet werden musste, tu ichs jetzt einfach trotzdem: Ich rate allen Selbstmordgefährdeten, Max Goldt zu lesen, denn der hat schon manchen zum Schmunzeln und auf ganz andere Gedanken gebracht. Aber selbst wenn das nicht hülfe gegen Weltekel und Daseinsschmerz, so möge sich der Leser trösten mit dem Bekenntnis, dass auch der große Kolumnist selber vor derlei Anwandlungen nicht ganz gefeit gewesen ist. Ich muss die betreffende Passage mal eben aus dem Gedächtnis zitieren, um die Besucher der Dunkelkammer jetzt nicht ellenlangem und hektischem Geblätter in "Die Kugeln in unseren Köpfen" auf die Folter zu spannen.

Da schreibt Goldt jedenfalls sinngemäß, auch er habe sich in selbstmitleidigen Phasen seines Lebens schon der einen oder anderen Selbstmordphantasie hingegeben. Ihm schwebe dabei vor, auf einer abgelegenen und menschenleeren kleinen Insel im japanischen Meer so lange am Ufer zu kauern, bis er vor Durst oder Hunger einfach vornüber tot ins Meer kippe. Für Hysteriker hingegen, die sich ihrer Verzweiflung vor Züge würfen und den Bahnverkehr behinderten, spüre er so etwas wie leise Verachtung.

Das lasse ich jetzt einfach mal so stehen (und verspreche, die Fundstelle mit Seitenangabe, falls gewünscht, bei Gelegenheit noch nachzureichen). Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

... comment

 
ich halte ja den weltrekord im max-goldt-lesungen-besuchen. und da habe ich die angewohnheit, mir jedes mal ein buch signieren zu lassen, welches ich dummes huhn dann immer wieder verschenke. ich denke, dass ich in den letzen 12 jahren oder so ca. 40 buecher von onkel max gekauft habe, und wenn mich nicht alles taeuscht, habe ich nur zwei im schrank. ein skandal. was ich aber sagen wollte: viele, viele male habe ich beim signieren lassen bzw. darauf warten miterlebt, wie lustige studenten in selbstgestrickten pullovern ihn fragen, ob er ihnen nicht einmal was malen koenne. er, der arme tropf, muss dann jedes mal lang und breit erklaeren, dass er ja nicht malen kann, sondern dass stephan katz derjenige ist, der malt. vielleicht liegt hier eine quelle seiner melancholie.

(aber eigentlich wollte ich ja nur damit angeben, dass ich eine weihnachten-im-bordell-cd habe, auf die der grosse meister einst ein bluemchen gemalt hat. als dankeschoen dafuer, dass ich, anders als der vorgaenger, nicht nach einem bild fragte.)

... link  

 
Ich weiß nicht,
welches Gen mir dazu fehlt, aber den Drang, mir Bücher signieren zu lassen, habe ich noch nie empfunden. Das fängt schon mit dem Schlangestehen an. Wenn ich das bereits an der Abendkasse auf mich nehme und eventuell nochmal an der Erfrischungstheke (oder gar - horribile dictu - vor der Sanitärkeramik), dann muss ich das nicht nochmal haben für ein nicht ganz so elementares Bedürfnis.

Aber obwohl ich sonst ja ein öffentlichen Veranstaltungen abholder Schrat bin, habe ich ich mich auch einmal zum Besuch einer Max-Goldt-Lesung überreden lassen - und es wahrlich nicht bereut. Jetzt, wo Sie es sagen, bin ich auch ganz froh, dass ich ihn nie in die Verlegenheit brachte, mir etwas zwischen die Buchdeckel krakeln zu müssen. Ich frage mich ohnehin, was man geraucht haben muss, um auf so ein Ansinnen zu kommen. Wenn ich auf ein Konzert von Slayer ginge (völlig fiktives Beispiel jetzt), käme ich auch nicht auf die Idee, hinterher den Drummer zu fragen, ob er mir ein selbstgereimtes Sonett ins CD-Booklet kalligraphieren mag. Ts.

... link  

 
ich sag nur: verschenken! kommt immer gut an. vor allem AE (shit, keine umlaute), da kann man so gut in den pappeinband reinsignieren. "fuer oma, von max". da ist man schnell alleinerbe.

... link  

 
Meiner Mutter oder gar Tante Gertrud
bräuchte ich damit, so sehr es mich schmerzt, das zuzugeben, nicht zu kommen. Erstgenannte hat es mehr so mit Eso-Erbaulichkeit, letztere liest nur die Lokalzeitung und "Das goldene Blatt". Selbst mit Engelszungen wäre ich außerstande, die Frage "worum gehts denn da in diesem 'Ä'?" einigermaßen erschöpfend zu beantworten, und in der Folge würde ich in der Erbrangfolge nur noch weiter absacken.

Aber wenn ich den Kreis der potenziell Beschenkten mal ein bisschen weiter ziehe, haben Sie natürlich recht mit der Annahme, dass ein handsignierter Onkel Max als Geschenk nachgerade die Wucht in Tüten ist.

Ich für mein Teil verschenke ja alle naslang "Des Teufels Wörterbuch" von Ambrose Bierce in der edlen ledergebundenen Miniaturausgabe, die sich folgerichtig auch nicht in unserem Bücherregal findet...

... link  

 
tante gertrud habe ich auch keines geschenkt. soweit kommt das noch.

... link  

 
ich habe jahrelang den bastard assistant from hell in diversen darreichungsformen verschenkt.
bis ich irgendwann die bundesweit zwei letzten exemplare bestellte um schlussendlich wenigstens eines selbst zu besitzen. band zwei (...goes overseas) bleibt aber wohl verschwunden aus dem regal.

... link  

 
Max Goldt, hm? Mit dem bin ich ehrlich gesagt noch nie warm geworden. Depressiozide Wirkung würde ich persönlich eher dem Kollegen Droste unterstellen, besonders dem infraroten Korsar, seither kann ich in keiner Wohnung leben, in der das nicht im Schrank steht.
Aber wenn Sie mir eins der Goldt-Büchlein empfehlen versuche ich es nochmal...

... link  

 
ich wuerde ja mit 'Ä' anfangen.

... link  

 
Vergnüglicher als Bücher von Max Goldt sind nur seine Lesungen. Ich empfehle übrigens die Methode der Eskimos Innuit: Raus auf eine kleine Eisscholle und dann geräuschlos abtreiben. Vielleicht bricht deshalb das ganze Packeis: es ist ein Angebot der Natur an die Menschheit.

... link  

 
@herzbruch: Ja, warum nicht.
"Die Kugeln in unseren Köpfen" finde ich auch ganz grandios. Dem Vorgänger "Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau" merkt man die Jahre, die uns von der Wende-Ära trennen, halt doch schon deutlich an inzwischen. "Mindboggling - Evening Post"

@not quite like beethoven: Mit Droste (bei mir memetisch eher okkupiert von A. v. Droste-Hülshoff) erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß - oder mit einer Bildungslücke. Hat sich mir einfach nie aufgedrängt. Aber das sollte eigentlich kein Hinderungsgrund sein.

Goldt ist sicher weniger bissig und auch nicht sonderlich getrieben, irgendwelche gesellschaftlichen Mißstände "mit spitzer Feder" aufzuspießen. Ich würde ihn streng genommen nicht mal als Humoristen oder Satiriker klassifizieren. Ich schätze an ihm vor allem die Fähigkeit, auf einer Glatze Locken zu drehen und innerhalb eines Textes die seltsamsten inhaltlichen Bocksprünge zu absolvieren, und das alle in einer liebenswürdig leicht verquasten Sprache, die mir runterläuft wie Öl.

Aber Droste sollte ich vielleicht tatsächlich mal eine Chance geben.

... link  

 
@kid37:
Vielleicht bricht deshalb das ganze Packeis: es ist ein Angebot der Natur an die Menschheit.

Merci, dieser Satz machte meinen Tag, um mal einen unbeholfenen Anglizismus zu bemühen.

... link  

 
Ich denke, ich werde mir Goldt nochmal zuführen, vielleicht auch in der Darreichungsform Hörbuch. Danke für die Tipps.

... link  


... comment
 
irgendwo stand doch mal, dass der mensch zu größerem berufen wäre. nun, was interessiert den "grossen" menschen die armut vor seiner türe, wenn er doch in die ferne schweifen kann um dort "grosses" zu verrichten.

einfach eine spende an die tafel ist doch nicht so schick, wie tränenüberströmt vor großen schuttbergen zu stehen.

wobei man an dieser stelle natürlich auch überlegen könnten, wie den menschen damals zu mute war, als alles in schutt und asche lag und keiner kam der buddeln half.

wir führen krieg gegen die natur, da muss man sich nicht wundern, dass die plötzlich anfängt zu husten und sich zu schütteln.

was natürlich und das sei an dieser stelle auch gesagt, nicht die tatsache aus den augen verlieren lassen sollte, dass das da in haiti wirklich schlimm ist und ich hoffe, dass der liebe gott bei mir vor der türe keinen schnupfen bekommt.

einen schönen mittwoch morgen ihnen.

... link  

 
Nun, in diesem Fall hustet die Erde m.E. nicht, um den quälenden Menschen abzuschütteln, sondern weil da irgendwelche tektonischen Rüttel-Spalten-Gräben verlaufen. Das jetzige Zerbröseln einer Zivilisation dort ist natürlich ein gewisser evolutionärer Vorgang, der dazu führen könnte, dass sowas in Zukunft nicht mehr so umfangreiche Folgen hat. Es sei denn, man baut alles sofort wieder auf ....

... link  

 
Wir führen keinen Krieg mit der Natur. Wir beuten sie aus und verschmutzen sie wo wir können. OK. Aber mit Krieg hat das nichts zu tun. Das wollen uns einige nur einreden …

Guckst Du: http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=16413

Ach, und gute Besserung Mark.

... link  

 
@s_i_e:
Ich bin ja ein großer Bewunderer der Weisheiten von Hopi-Häuptlingen ("Erst wenn das letzte Dampfross abgefahren ist, werdet Ihr merken, dass es nichts bringt, Euch auf die Gleise zu werfen"), aber in dem Fall möchte ich eher Herrn Kristof beipflichten, dass das Erdbeben wohl eher nicht als Immunreaktion der Natur auf den Menschen zu verstehen ist (oder gar als Gottes Strafgericht).

... link  

 
hopis? die können ja auch gut schwadronieren, die hören es schließlich nicht selbst, bei all den kerzen im ohr.

aber manitous rache ist das wohl eher alles nicht.
nicht mal montezumas, aber das ist nun wirklich ein anderes thema.

... link  

 
@der_papa:
Danke für den schönen Beitrag. Ich warte ja auch immer noch auf einen Dreh, wie man auch Erdbeben als als vom Menschen verursacht deklarieren kann (Atombombenversuche, Tiefenbohrungen, Tagebau etc.). Die projektierten Temperaturdaten, auf denen die Erwartung der Klimakatastrophe basiert, kann man bezweifeln, ein Erdbeben aber nicht.

... link  

 
Stand auf diesen dusseligen Aufklebern(!) nicht immer "Weissagung der Cree"?

... link  

 
rothaut ist rothaut! hat hier noch jemand etwas kautabak?

... link  

 
Hat vermutlich nur keine Rothaut nie nicht gesagt nicht.

... link  

 
Rothaut bleibt Rothaut...
Und das ist und bleibt auch mit small- oder strike-tag ein sprachlicher Rassismus, den ich hier aufs entschiedendste anprangern muss. Und Kautabak? Psaw! ;-)

@gorillaschnitzel: Unter uns gesagt halte ich Karl May für den eigentlichen Urheber dieser vielzitierten Sentenz.

... link  

 
@mark: Ich dachte da eher an Jutta Ditfurth. Die hätte wenigstens rote Haare und zu ihren besten Zeiten hatte sie wenigstens ansatzweise was creegerisches.

... link  

 
Die Cree wurden für den Aufkleber zitiert (und dann auch noch völlig falsch), die Hopi wurden im Film Koyaanisqatsi herangezogen. Ist aber letztlich egal. In den Kreisen derer, die so was am Badezimmer-Spiegel kleben haben sind Fakten unerwünscht, weil die alle „von der Industrie verzerrt“ wurden.

... link  

 
@der_papa: ...mitsamt wunderbarer Filmmusik von Philip Glass (wobei, der hatte musikalisch in lyrischer Koproduktion noch besseres auf Lager).

... link  

 
Fakten unerwünscht

und meist mit kulturalistischem geschwurbel verbunden, wie "edle völker" und derlei murks. der hinweis, dass es sich dabei auch nur um positiven rassismus handelt, lässt gerne mal weltgebilde zusammenstürzen.

... link  

 
Heißt das nicht?
«Erst wenn die letzte Tankstelle geschlossen ist, werdet ihr merken, warum es kein Bier mehr gibt.»

... link  

 
Ich habe Koyaanisqatsi Anfang der 1980er im Kino gesehen und war tief beeindruckt. Das lag zwar nur zum Teil an der Musik, aber die meditativen Arpeggien des Herrn Glass haben mich doch berührt. Da es im Zeitalter des Internetz einfach ist einen Überblick über das Gesamtwerk eines Künstlers zu bekommen, kämpfe ich mich nun durch eine lange Liste von Werken, die ich aber nur schwer akustisch unterscheiden kann.

@vert: Das Wort „Rassismus“ impliziert, dass es Unterschiede in der Weltbevölkerung (also: Rassen) gibt, will aber gleichzeitig den brandmarken, der genau das behauptet. Wenn ich es also als Schimpfwort verwende hänge ich im Prinzip intellektuell schwer in den Seilen. Naja …

... link  

 
@der_papa:
Der Begriff Rassismus impliziert keineswegs die Existenz von Rassen, sondern problematisiert die Überhöhung vermeintlich biologischer (oder neuerdings ethnischer oder sonstiger) Unterschiede. Da wollen wir doch mal nicht fahrlässig ungenau werden. Schwieriger wird es erst, wenn wir die sogenannte "kritische Weißseinsforschung" hinzuziehen, die Rassismus mit Weißsein mehr oder weniger gleichsetzt, aber betont, dass Weißsein in diesem Kontext kein biologisch bedingtes oder äußeres Merkmal darstellt, sondern ein soziales Dominanzkonstrukt. Spätestens auf diesem Abstraktionslevel könnte ich es meiner Tante Gertrud auch nicht mehr erklären (aber damit möchte ich es für diesmal auch gut sein lassen damit).

@jean stubenzweig: Von dieser tief empfundenen Weisheit der Wilden existieren mittlerweile viele Varianten; die von Ihnen zitierte macht auch mich als Nicht-Biertrinker tief betroffen. ;-)

Und zur Frage, wer jetzt die schöneren Öko-Merksprüche fürs Autoheck geprägt hat, Cree oder Hopi, kann ich nicht viel sagen, da ich die Quellenangabe auf den Aufklebern nicht mehr vor Augen habe. Aber wer das Thema vertiefen möchte, kann ja mal nach Hopi-Prophezeiungen (oder besser noch "hopi prophecies") googeln. Die Zeit der großen Reinigung von Mutter Erde steht demnach unmittelbar bevor... ;-)

... link  

 
@Koyaanisqatsi, die Zeitraffersequenzen in Verbindung mit der Musik erzeugten ein derartiges körperliches Unwohlsein, dass ich damals das Kino fluchtartig verlassen habe.
Drohten doch die Appalachen zurückzuklappen, wie das in einem Brösel-Comic mal so schön formuliert war.
Kaum erholt in dem Café neben dem Kino, fielen die Strickpullis nach Filmende ein und starteten die Analyse.
Es gab schon schönere Abende.

... link  

 
@monnemer:
Hätte auf der großen Leinwand bei mir vielleicht den gleichen Effekt gehabt, je nach Tagesform. Ich hab den Streifen vor Urzeiten in der elterlichen Glotze gesehen und bin nach anfänglichem "Hääää?" dem hypnotischen Sog dieses Machwerks dann doch erlegen.

... link  

 
Jemand, der die Existenz des Teufels ablehnt kann niemanden als teuflisch bezeichnen ohne sich einem inneren Zwiespalt hinzugeben, der mit Vernunftgründen nur unter Schmerzen zu erklären ist. Mir scheint, das passt auch auf den Begriff „rassistisch“. Jemand der das Vorhandensein von Rassen ablehnt kann dementsprechend niemanden rassistisch benennen. Das müsste auch bei Tante Gertrud ankommen.

Da der Film ohne Dialoge auskommt, verzichtet er auch auf offen moralische (oder was auch immer für -ische) Anklagen. Man darf einfach sehen und bewerten. Wenn Strickpulies daraus etwas stricken was anderen den Mageninhalt wieder an die Sonne lockt, dann kann man schlicht einfach nur fliehen.

Und letztlich ist die Musik von Glass nicht einfach zu schlucken. Durch den Filme habe ich einen ersten Zugang zu seinen Kompositionen gefunden. Aber raus wollte ich auch nach den ersten 10 Minuten. Gut, dass ich ausgehalten habe …

... link  

 
@der_papa:
Sorry, da konstruierst Du einen Scheinwiderspruch. Ich kann zum Beispiel auch selber Sex haben und jemanden trotzdem als Sexisten bezeichnen. Der eigentliche Kern des Rassismus-Problems ist nicht allein, dass jemand an biologisch bedingte Unterschiede zwischen Menschgruppen, Ethnien etc. glaubt - sondern dass diese vermeintlichen Unterschiede überbetont und dazu missbraucht werden, Ausgrenzung und strukturelle Ungleichheiten zu konstruieren und zu zementieren zum Zwecke der Privilegiensicherung. Solange Du diese Komponente der Problematik nicht ansatzweise zur Kenntnis nimmst und nur auf Deinem etwas, nun ja, limitierten Verständnis des Begriffs rumreitest, müssen wir das hier wirklich nicht vertiefen. Für den Einstieg ins Thema bietet sich Wikipedia an, weiter vertiefen kann man das dann in in dieser Ausgabe einer Unizeitschrift. Nicht ganz leichte Kost, zugebeben (der ich übrigens auch nicht den Rang eines unhinterfragbaren Dogmas zuerkennen würde), aber wenn man fundiert Begriffskritik betreiben will, muss man sich schon ein bisschen auf das Thema und den Stand der Diskussion einlassen. Die Einleitung auf Seite 3-4 dieses PDF-Dokuments steckt jedenfalls schon mal ein paar Pflöcke in die Landschaft. Manche unbequeme Erkenntnis zu diesem Themenkomplex und Anregung verdanke ich auch dem Blog andersdeutsch, auch wenn ich den Schlussfolgerungen und Einordnungen der Betreiberin durchaus nicht immer zu folgen vermag. Aber zumindest verstehe ich inzwischen besser,wovon da überhaupt die Rede ist.

... link  

 
@der_papa, Wenn Strickpulies daraus etwas stricken was anderen den Mageninhalt wieder an die Sonne lockt, dann kann man schlicht einfach nur fliehen.
Ich ersetze "fliehen" durch "weggehen" und so ist´s dann auch passiert.

Anders im Kino. Mein Unbehagen wertet weder Film noch Musik. Nur eine Reaktion meines Körpers, wie sie z.B. auch bei Stroboskopblitzen passieren kann.
Sonst nix.

... link  

 
@monnemer ./. koyaanisqatsi: Ich hatte das Glück, den Film leicht angeschiggert -nicht betrunken- und im eigenen Bett nach ner Hochzeit nachts um drei zu sehen und nebenher gabs dieses Entspannungszeugs zu rauchen. Vielleicht macht das den Unterschied.

... link  

 
@der_papa: Najaaaa.....Rassismus. Da könnten wir beispielsweise auch gleich Antisemitismus nehmen, was ja -diesem Diktum folgend- heißt, dass diese Welt Semiten und Nichtsemiten kennt, was aber -Ihrem Diktum folgend- schon wieder rassistisch wäre, ein Wort, das ich aber gar nicht verwenden dürfte und spätestens jetzt wird es ganz enorm schwierig. Ihre Intention verstehe ich sehr wohl und die ist wirklich ehrenwert, aber die Intention scheitert an der Realität. Kurz: Man muss kein Koch sein, um zu sagen, ob das Futter schmeckt.
Es ist nicht ganz das, worauf Sie rauswollten, ja, ich weiß, und ja, ich gebe Ihnen in einigen Details sehr recht...ich finde aber auch, dass Ihre Argumente für den Terminismus "Rassismus" nicht ganz so passen....

... link  

 
Alles klar, ich ziehe meinen Fuss aus dem Fettnäpfchen wieder raus, versuche die Schmiere von den Schuhen zu wischen und entschuldige mich bei den Anwesenden für diesen Ausrutscher.

Wobei ich zugeben muss, dass ich leider kein Wort von des Herrn Gorillaschnitzel Beitrag verstanden habe. Die Welt kennt „Semiten“ (Wikipedia: Als Semiten werden (historische) Völker bezeichnet, die eine semitische Sprache sprechen.“) und „nicht-Semiten“. Ich z. B. bin nicht-Semit, weil ich Semitisch echt nicht sprechen kann. Der Unterschied ist also faktisch vorhanden und nicht wegzudiskutieren, wenn auch ein völlig anderer, als ihn dieser Malerlerling aufgegriffen, verfälscht und bis zur Perversion missbraucht hat.

In meinem Beispiel hat jemand, der einen Unterschied zwischen Menschen deutlich verneint, den von ihm negierten Unterschied trotzdem als Fakt herangezogen, um jemanden dann mit diesem Abstrusum zu diffamieren.

Aber wie gesagt. Ich versuche das Fett gerade abzuwischen. Hat mal jemand ein Stück von einer Küchenrolle?

... link  

 
Sorry, wenn ich da jetzt nochmal drauf rumreite:
In meinem Beispiel hat jemand, der einen Unterschied zwischen Menschen deutlich verneint, den von ihm negierten Unterschied trotzdem als Fakt herangezogen, um jemanden dann mit diesem Abstrusum zu diffamieren.

Wo Du dieses einsame Begriffsverständnis hernimmst, bleibt mir ein Rätsel. Im Begriff Rassismus steckt Rasse als Fakt genauso wenig drin wie im Begriff Atheismus (o Gott, ich weiß, Scheißbeispiel, neues Trigger-Wort für noch mehr abseitige Nebenschauplätze) als Fakt drin steckt, dass es keinen Gott gibt. Es ist ein Glaube, eine Vermutung, und Rassismus ist der Glaube daran, dass es rassische Merkmale gibt, die einen Riesenunterschied zwischen Menschengruppen machen, weswegen die eine Menschengruppe hochwertiger als die andere sei. Wo da in der Kritik an diesem Irrglauben ein Fakt postuliert wird, verstehe ich einfach nicht. Die handelsübliche Definition dieses Begriffs in Forschung, Lehre und sonstwo schließt Rasse als Faktum jedenfalls weiträumig aus.

Gleichwohl bleibt auch gerade mit Blick auf Antisemitismus als Sonderfall festzuhalten, dass man von DEM Rassismus wohl nicht so recht sprechen kann, sondern eher von unterschiedlichen Rassismen, die in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Ausprägungen haben können. Und damit betrachte ich diese Fortbildungsveranstaltung, wenn jetzt nicht noch richtig gute Argumente kommen, wie das zugehen soll, dass die Kritik an Rassismus rassische Unterschiede als Fakt postuliert, als beendet.

... link  

 
@der_papa: Is wurschd, belassen wir´s dabei. Man muss nicht immer alles verstehen, mich schon gar nicht :-) (Oder wünschen Sie weitere Erklärungen?)

... link  

 
Genau. Beendet. War doof davon anzufangen. Sorry. Belassen wir's dabei.

Gehts dem Schnupfen heute besser, Mark, oder eher Dir?

... link  

 
Schnupfen
war/ist eigentlich halb so wild, aber heute Nacht hat das Rumgehuste sehr angestrengt.

... link  


... comment
 
oh je, ja, jetzt sehe ich es erst, herr mark, ich habe ja voellig vergessen auf ihren maennerschnupfen einzugehen. wie stehen die prognosen? was ist die geplante therapie? wir denken alle an sie. mit traenen in den augen.

(zu dick aufgetragen?)

... link  

 
Ach nur ein klein wenig,
nach dem Text ging es mir auch schon ein wenig besser. Aber es wärmt mir natürlich das Herz, dass Sie nicht versäumt haben, die Tröstung noch nachzureichen. Meinen allerverbindlichsten Dank!

... link  

 
oje, der lethale männerschnupfen, achja. schlimm.
sie armer. gute besserung natürlich!

... link  


... comment
 
Bin gestern auch umgeleitet worden. Am Abend aus Richtung Mainz/Koblenz. Heim ins D-Dorf. Bonn Hbf konnte nicht angefahren werden. Vielleicht ...

... link  

 
@cut:
Das scheint ja zu einer veritablen Trendsportart auszuarten. Die Kicks vom S-Bahn-Surfen reichen manchem anscheinend nicht mehr aus.

... link  

 
Ja, einer in dem Zug hatte an dem Tag schon die zweite Verspätung aus dem Grund. Behauptete er zumindest ...

... link  

 
Am Tag zuvor
auf der Hinfahrt südwärts hatte meine Frau auch schon Verspätung gehabt aus dem gleichen Grund, dann auf der Rückfahrt gestern gleich nochmal. Tolle Wurst.

Eine frühere Freundin von mir (Ärztin von Beruf) hat schon länger keine Lust mehr auf Zugfahrten, seit sie sich mal im auf freier Strecke plötzlich zum Stehen gebrachten Zug auf die Lautsprecher-Durchsage "Ist ein Arzt an Bord dieses Zuges?" gemeldet hat. Dabei war da nun wirklich nichts mehr zu retten, wie auch ein medizinischer Laie mühelos erkennen konnte, aber es braucht nun mal die Unterschrift eines Arztes...

... link  

 
@Trendsport
Tschuldigung. Wollte nur kurz nachsehen, wann das damals war. Heute auch wieder. Gleiche Stelle. Gleicher Anlass ...

... link  

 
Die Strecke ist verflucht?

Ah - heute ist Vollmond.

... link  

 
Keine Ahnung. Aber verflucht wohl nicht. Manche Plätze erfreuen sich ja besonderer Beliebtheit. Auch für solche Zwecke. Wer weiß ...

... link  


... comment
 
Nachtrag
zu der in meinem Beitrag verlinkten Geschichte auf rp-online: Die ganzen Leserkommentare (unter anderem von Augenzeugen), die da gestern noch drunterstanden, sind heute nicht mehr auffindbar.

... link  

 
Der letzten Lesung von Hr. Goldt
wohnte ich vor zwei Jahren bei. Er war schon mal frischer. Die Sache mit hemden reinstopfen musste ich ihm aber großen Respekt zollen.
Schlangenstehen gilt es zu vermeiden, auch wenn es um Signaturen geht. Das schaff ich auch nicht

... link  


... comment
 
Max Goldt ist zweifellos der lesenswerteste deutsche Gegenwartsautor. Was den schönen, sozialverträglichen Suizid angeht, favorisiere ich allerdings die von Oliver La Farge in Die letzte Flasche Whisky beschriebene Methode: sich mit einer großen Flasche Hochprozentigem auf einem Ast über einem reißenden Strom (beim ihm war´s der Amazonas, aber vielleicht fände sich sowas ja auch irgendwo am Rhein) solange vollaufen lassen, bis man besinnuingslos in die Fluten sinkt... ist zugegebenermaßen gar nicht so weit weg von der Goldtschen Vision, sozusagen die Alki-Variante.

... link  

 
Ganz so hoch
würde ich die Töne meiner Laudatio gar nicht jodeln wollen - schon allein, weil ich von deutschen Gegenwartsautoren insgesamt eher wenig kenne und somit auch keine valide Grundlage für einen solchen Superlativ habe. Über irgendwelche Popliteraten sehe ich ihn aber auch meilenweit erhaben, kein Zweifel.

Die von Ihnen beschriebene Methode kann sogar ohne entsprechende suizidale Absicht funktionieren. In Mannheim soll kürzlich eine beschwipste junge Dame von der Fußgängerbrücke in den Neckar gesprungen sein (der nun wirklich kein reißender Strom ist), aber auf ihr Wiederauftauchen wartete ihre Freundin, die die Aktion mit dem Handy filmen sollte, leider vergeblich. Selbst so ein Nebenfluss kann ziemlich fiese Strömungen haben.

... link  

 
tot? unglaublich.

ich weiss uebrigens nicht, ob es zu den urbanen legenden gehoert, aber in den top 3 todesursachen in finnland gehoert 'auf dem nachhauseweg besoffen im rinnstein einschlafen und dann bei -30 grad erfrieren'...

... link  

 
@herzbruch:
Ja, tot. Und was Finnland angeht: Top 3 scheint mir fast bisschen hoch gegriffen, aber Top 10 glaub ich unbesehen.

Ähnliches soll aber auch schon in bessergestellten Kreisen Bayerns vorgekommen sein. Ich zitiere mal aus dem Frage- und Antwortspiel von Don Alphonso in seinem FAZ-Blog:

Wie sehr identifizieren Sie sich mit der Kunstfigur "Don Alphonso"?

Eher wenig. Das Vorbild von "Don Alphonso", was den bestimmenden, offensiven Teil des Charakters angeht, ist nicht der Verfasser, sondern ein Junge aus der Nachbarschaft, der genau so war, bis er im Alter von 22 Jahren zu viel trank, von falschen Freunden nach Hause gefahren wurde, sich in deren Auto übergab und deshalb vor dem Haus schnell ausgeladen wurde, wo er, hinter den Wagen seines Vaters gekrochen, in der Winternacht erfroren ist. Vieles von dem, was ich schreibe, ist vielleicht das, was er so sagen würde, wenn er inzwischen so alt wie ich wäre.


Tja. Da kann man dann schon zum Abstinenzler oder gar Antialkoholiker werden.

... link  

 
...man kann sich nur sehr begrenzt hinter virtuellen Figuren verschanzen. Diese Figuren gehen spätestens dann abhanden, wenn es um persönliche Dinge/Erfahrungen geht. Da kann man dann vielleicht Bücher schreiben, da gibts keine Kommentare....aber im Gegensatz zu Agatha Christi oder Günther Grass, die sich wohl nie mit ihren Charakteren identifiziert haben, tut das der Blogverfasser durchaus.

... link  

 
Also die Frage,
ob oder mit welchen Charakteren sich Autoren/Literaten identifizieren und wie stark oder wenn ja warum nicht, ist - das würde ich mit ein paar Semestern Literaturwissenschaft im Kreuz einfach mal ganz keck behaupten - hochspekulativ. Flaubert soll beispielsweise mal gesagt haben: "Emma Bovary - c'est moi."

Es hat sich hier vor Wochen in der Nachbarschaft ein Blogger rund 24.000 Zeichen lang daran abgearbeitet, dass Don Alphonso ja keine echte Kunstfigur sei, sondern eine willkürliche Auslagerung von Charaktereigenschaften oder ein Frustrationsventil oder wasauchimmer, aber ganz bestimmt keine Kunstfigur. Und gestehe ichs offen, dieser Diskurs war mir dann (gerade weil ich die Person hinter Don Alphonso im realen Leben ein wenig kennenlernen konnte) recht bald zu scholastisch. Ob Don Alphonso, so wie er uns präsentiert wird, gegen die EU-Richtlinien für Kunstfiguren verstößt, weil er die Immobilien seines Schöpfers bewohnt, dessen Cabrio fährt und überdies sogar einige weitere soziodemographischen Eckdaten und Werthaltungen teilt - so phuquing what? Dem einen erscheint das Ergebnis als Gesamtkunstwerk stimmig, der andere kann sich daran abarbeiten, so haben doch alle was davon. ;-)

... link  


... comment
 
Zu meiner Schande muss ich mich hier als absolut unwissend brandmarken und gestehen, dass ich noch nie etwas von Max Goldt gehört oder gelesen habe. Dennoch wollte ich mich zum Beitrag äußern.
Auch ich wurde schon öfter, vorwiegend in der kalten und dunklen Jahreszeit, umgeleitet, weil wieder jemand vom Leben genug hatte. Ich fand es ärgerlich, bedauerte aber vor allem den Lokführer und die Rettungsmanschaften, die ersteren psychologisch aufbauen und ansonsten den Rest des Suizidalen aufwischen mussten. Insgesamt ist diese Art, aus dem Leben zu scheiden, jedoch immer noch besser, als beispielweise die Version als Geisterfahrer, die, wie ich neulich gelesen habe, auch zahlreiche andere, unbeteiligte Personen, mit ins Jenseits befördern.
Auch zu einem anderen Aspekt des Beitrages wollte ich mich noch äußern, weil es mir ähnlich ging, als Herr Westerwelle mit großem Bedauern einräumte, dass bei dem Erdbeben in Haiti auch ein Deutscher ums Leben kam. Bei mir kam es so an, dass dieser Deutsche wertvoller als die tausenden Einheimischen sind. Außerdem fragte ich mich, wieso sich nicht z.B. jeden Abend der Verkehrsminister mit betretener Miene vor die Kameras stellt und erklärt, dass in diesem unseren Land auch heute wieder x Verkehrstote zu beklagen sind?

... link  

 
@Westerwelle / Haiti: genau mein Eindruck! Ich musste da sofort das Gleiche denken! 100.000 tote Einheimische...na ja...bedauerlich. Aber leider, leider auch ein Deutscher! Irgendwie auch eine Form von Rassismus, ganz klar.

... link  

 
@conma:
Sicher, ist die Geisterfahrer-Methode als noch verwerflicher und rücksichtsloser anzusehen als das absichtlich unzeitige Betreten des Gleiskörpers. Und ja, Selbstmord-Attentätern und Amokläufern muss man sogar noch größere Erziehungsmängel attestieren, aber ich wollte hier keine verbindliche moralische Rangliste für möglichst kollateralschadensarmes aus-dem-Leben-Scheiden aufstellen.

@Westerwave: Habe die Äußerung nicht live gehört, bin aber sicher, Richard von Weizsäcker hätte passendere Worte für diesen traurigen Sachverhalt gefunden. So liest es sich in der Tat wie eine rassistische Variante des zynischen Spruchs von Josefs Stalin: "Ein Toter ist eine Tragödie, eine Million Tote sind Statistik."

Es ist aber zumindest im Nachrichtenbusiness nicht unüblich, dass bei Flugzeugunglücken irgendwo in der Welt explizit erwähnt wird, wenn auch Deutsche an Bord waren. Inwieweit das newsworthy ist, kann man gerne diskutieren, aber von einem Außenminister darf man mehr Feingefühl erwarten als vom dpa-Basisdienst oder der "Bild".

@conma: Zur letzten Frage: News is what's different, und so gesehen sind die täglichen Verkehrstoten leider Routinefälle, die unter den Tisch fallen, wenn es darum geht, wieder 15 Minuten Sendezeit bei der Tagesschau zu füllen. Andernfalls müsste sich die Redaktion ja auch die kristische Frage gefallen lassen: "Und sonst ist nichts auf der großen, weiten Welt passiert?"

... link  

 
Am Rande
Wäre es nicht korrekter, also nicht politisch, sondern mehr faktisch, nicht vom Selbstmord, sondern von der Selbsttötung zu sprechen, schreiben et cetera? Eine Auslegungsfrage ist das ja wohl nicht.

... link  

 
@stubenzweig:
Guter Punkt. Hatte ich sogar selber mal in einer Diskussion irgendwo angemerkt, mich dann aber hier selber nicht dran gehalten. Ich würde Ihnen insoweit recht geben, dass das mord-konstituierende Merkmal der "Heimtücke" völlig fehlt, wenn jemand des Lebens überdrüssig Tabletten nimmt. Andererseits finde ich es beispielsweise gerechtfertigt, von "Selbstmordattentaten" zu sprechen. Und bei Selbsttötungshandlungen, die es zumindest billigend in Kauf nehmen, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen, würde ich den Begriff Selbstmord nicht zwingend herausredigieren.

... link  

 
Zustimmung
Auf jeden Fall ist nun mehr Differenzierung vorhanden.

... link  

 
Ich würde ja eher von einem „Drama“ sprechen, wenn dieser Begriff nicht so furchtbar abgelutscht wäre. Auch „menschliche Katastrophe“ trifft es ganz ordentlich, ist aber durch den inflationären Gebrauch ebenso deutlich abgeschmackt. Die Tat auf den Grad der Behinderung anderer Personen zu reduzieren fällt mir (als nicht Betroffener) jedoch schwer. Und dabei bin ich noch nicht mal einer von den Strickpulli-tragenden-Gutmenschen, die hier an anderer Stelle Erwähnung finden. Wenn die erst loslegen …

... link  

 
Drama,
Katastrophe, etc. - kann man ja alles machen zur Umschreibung/Einordnung. Letztlich sind das aber abstrakte Kategorien, und der Einwand von Herrn Stubenzweig bezog sich auf den ganz konkreten Begriff für eine spezifische Handlung. Aus dem semantischen Dilemma helfen uns letztlich auch keine schwammigen Kategorisierungen heraus, ein Drama, eine Tragödie kann auch ein (nicht selbst gelegter) Wohnungsbrand sein.

Ich gebe in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass die (ab)wertende Komponente im Begriff Selbstmord nicht zuletzt auf der christlichen Lehrmeinung fußt, wonach diese Handlung auf alle Fälle verwerflich ist oder gar eine Todsünde darstellt. Das allein sollte schon Grund genug sein, den Begriff Selbstmord nicht mehr unreflektiert zu verwenden und damit diese fragwürdige Wertvorstellung zu perpetuieren.

Nur um den Grad der Behinderung anderer Personen oder die Störung der öffentlichen Ordnung ging es mir nicht, ich hatte da auch durchaus Gefährdung, fahrlässige Körperverletzung und eventuelle Todesfolge im Sinn.

Jetzt muss ich aber erst mal gucken, wo hier von Gutmenschen die Rede ist. Diesen Begriff mag ich auch nicht mehr so gerne verwenden, seit er von Zeitgenossen inflationiert wird, mit denen mich politisch und weltanschaulich dann doch so rasend viel nicht verbindet...

... link  

 
Oh je, ich hab "Strickpulli" gesagt!
Herr papa, was trug Anfang der 80er in der Mehrheit diejenige Klientel, die so einen Film besuchte? Eben. Da weiß der Zeitgenosse doch gleich Bescheid und wird von einer mehr oder weniger wärmenden Erinnerung erfasst.
Ob die Menschen, die darin steckten, gut waren, wußte ich allerdings nicht. Und weiß es bis heute nicht.

... link  

 
"Strickpulli"
ist zumindest kein verbaler Rassismus.

Und von "gentrifizierten Gutmenschen-Ghettos" habe ich hier in diesem Blog selber schon rumschwadroniert.

... link  

 
Es gibt eben Formulierungen, die sich auch gegen den eigenen Willen den Weg nach draußen bahnen;-)

... link  

 
Da sagen Sie was.

... link  

 
Nun ja, auch ich habe mich wieder mal nicht klar genug ausgedrückt. Ich wollte keine Hitliste verwerflicher oder passender Selbsttötungen aufstellen, sondern nur auf die Tragik aufmerksam machen, dass bei ungeschickten Versuchen auch Unbeteiligte betroffen sein können.
Bezüglich der - landläufig bezeichnet - Selbstmordkandiaten und -opfer: Es ist ja spätestens seit Robert Enke bekannt, dass es sich bei Depression um eine ernsthafte Krankheit handelt, die, wie z.B. auch Krebs, bei fehlender oder falscher Behandlung zum Tode führt oder führen kann. Die Betroffenen selbst werden sich kaum Gedanken machen, ob andere Menschen durch ihr Verhalten Probleme bekommen, sondern sind vielmehr gefangen in ihren eigenen Gedanken und Zwängen.
Übrigens ist es für die Angehörigen auch schwierig, mit dem Thema umzugehen. Wie soll man reagieren, wenn der Partner, ein Elternteil, ein Kind oder Freund ankündigt, sich umzubringen? Man kann eine Therapie empfehlen, doch wenn der Kranke nicht will?

... link  

 
Gedanke 1: Mit Sicht auf das Ergebnis ist die Bezeichnung „Tod“-Sünde gar nicht mal so falsch, und das meine ich absolut nicht zynisch. Vereinfacht ausgedrückt ist im weitläufigen biblischen-christlichen Verständnis das Leben eine Prüfung. Die Selbsttötung ist wie der vorzeitige Abbruch dieser Prüfung. Das kann man als Sünde hinstellen. Muss man aber nicht.

Gedanke 2: Es gibt unterschiedliche Methoden sich selbst vom Leben in den Tod zu bringen. Einige davon laufen still ab, andere eher aufmerksamkeitsstark. Manche verursachen Schmerzen, andere nicht. Bei einigen werden die Lebensfunktionen chemisch ausser Kraft gesetzt, bei anderen physisch. Ich würde einen stillen schmerzlosen Tod auf der Basis einer betäubenden Substanz bevorzugen, weil ich ein Feigling bin. Andere wollen, dass jeder mitbekommt das sie nun nicht mehr leben. Mir scheint Letzters tun vor allem die, die damit ein Zeichen setzen wollen.

Gedanke 3: Nach meiner eigenen und unmaßgeblichen Meinung sind Depressionen nur bedingt durch Therapien zu „heilen“. Möglicherweise wird das Ziehen eines Schlusstriches verzögert oder sogar ganz aufgehalten. Die Depressionen aber bleiben, wenn sich nicht die Sichtweise des Betroffenen auf sein Leben aus eigenem freien Antrieb ändert. (Welche Konsequenz daraus zu ziehen ist kann ich nicht sagen)

Gedanke 4: Der Begriff „Strickpulli“ müsste eigentlich präzisiert werden in „Träger eines selbstgestrickten Pullis aus ungebleichter handgesponnener Bio-Wolle von gewaltfrei geschorenen Hochlandschafen die nur mit auf chilenischem Hühnermist gewachsenen Naturgräsern gefüttert wurden“, damit keine Verwechslung mit Trägern italienischer Maschinenstrickpullover (z. B. aus dem Hause Benneton, mit und ohne Blutflecken aus den 10 bekanntesten Konfliktregionen der Welt) möglich ist. Ich hatte beides nicht, durfte aber trotzdem den Film im Kino sehen.

Gedanke 5: Ob diese Menschen Gut waren kann ich auch nicht sagen. Was sie aber immerhin waren (zumindest die, die ich kennenlernen durfte, also etwa 20 -30 Personen) lässt sich in fünf Worte fassen: Beschränkt, geizig, überheblich, intollerant und feige. Was mich übrigens als Jugendlichen ganz besonders irritierte, weil sie von sich behaupteten, genau das Gegenteil zu sein.
- Sie taten weltoffen, aber nur offen für ihre Welt.
- Sie taten großzügig, aber nur so lange es nicht aus ihrer eigenen Tasche bezahlt werden musste.
- Sie taten demütig, aber nur solange sie im Zentrum der Aufmerksamkeit waren
- Sie verlangten Toleranz, aber nur für ihre eigenen Macken.
- Sie forderten Mut, bis sie selbst raus mussten.

Im Gegensatz dazu wollte der „Maschinenstrickpulli“ nur in die Disko.

Nochmal, das sind meine persönlichen Beobachtungen. Die sind natürlich nicht allgemein verbindlich.

Warnung: Die Verwendung eines Pullovers überträgt keine der hier beschrieben Eigenschaften auf den Träger. Auch nicht, wenn der Pullover bestimmungsgemäß getragen wird.

... link  


... comment
 
Zynismus
Hehe. Das ist mein Brevier.
Schreib Du man schön Deine desperate housemen Kolumnen, sonst räch ich mich und schreib über meinen täglichen Kampf mit dem Lappen. Als Rollentausch - sozusagen...
:-P
Westerwelle und sein einer Deutscher - die Unfähigkeit einer bürokratisch verkopften UNO einfach die Lebensmittel zu verteilen, statt erst einmal tagelang über eine ORGA-Stab zu grübeln, das ist ebenso zum Kotzen, wie selbstmitleidige Phasen. Stimmt wohl.

Sich vor die Bahn zu schmeißen find ich trotzdem eine furchtbare Vorstellung. Ist das Hysterie? Ich weiß es nicht - mit ein bissel Insulin ging es ja schneller und schmerzloser.
Volkskrankheiten, ADS und Depressionen, scheinbar auch ein sehr schwer verständliches Chaos im Kopf, bei dem die Botenstoffe nicht mehr dort andocken, wo sie sollten.
Mein ich jedenfalls.
Die Hysteriestudien, die Freud (auch als ein amüsanter Geschichtenerzähler) verfaßt hat, würde ich schon relativieren wollen.

... link  


... comment