Samstag, 6. Januar 2007
C + M + B (&%$#§)!
Mit Blick auf das heutige Datum kommt mir unwillkürlich ein dunkleres Kapitel meiner sittlich desorientierten Jugend wieder in den Sinn: Ich war einmal Mitglied einer terroristischen Vereinigung. (Puh! So, jetzt ist es raus.) Nur ein verblendeter Mitläufer zwar, aber eben doch Teil eines fundamentalistischen Guerillakommandos aus dem vorderen Orient - der gefürchteten "Sternsinger". Gewandet in abartige Kostüme, die hohe Würdenträger aus dem präislamischen arabisch-persischen Kulturkreis kennzeichnen sollten, machten wir die Straßen unseres heimatlichen Vororts unsicher und klingelten unbescholtene Mitbürger aus der wohlverdienten Mittagsruhe. Wer den Fehler machte, uns die Wohnungstür zu öffnen, mußte sich unser gellendes Kampflied ("Wir kommen daher aus dem Morgenland - wir kommen gefü-hürt von Gottes Hand..." anhören und noch eine stattliche Geldspende in unseren mitgeführten Sammelbehälter abdrücken. Gerne nahmen wir auch in Kauf, wenn uns die Bewohner im Gegenzug mit nicht mehr so frischem Weihnachtsgebäck oder selbstgebranntem Schnaps traktierten, um uns schneller wieder loszuwerden.

Wie wenig politisch korrekt diese ganze Veranstaltung ablief, mag man auch daran ermessen, dass einer von uns vorher vom Obersturmführer Oberministranten gezwungen wurde, sich mittels brauner oder schwarzer Schuhcreme im Gesicht als, ähem, Neger Afro-Afrikaner (sagt man das so?) zu tarnen, wohl um auf die Mitleidstour die Spendenbereitschaft der Gemeindemitglieder zu erhöhen. Dass dieser Kelch an mir vorüberging und stattdessen einen Leidensgenossen traf, mag meinen innigen Gebeten zum heiligen Florian geschuldet gewesen sein. Vielleicht gab aber auch nur die Krauslockenpracht auf dem Haupte des Kameraden den Ausschlag, dass er die A-Karte zog.

Wie auch immer: Gelitten hat jeder von uns auf die eine oder andere Art. Die Schnäpse blieben ja auch nicht ohne Wirkung. Speziell unser Sternträger, ein Zweimeter-Hüne von freundlichem, aber schlichtem Gemüt, war am späteren Nachmittag deutlich überfordert damit, den Stern ohne Kollateralschäden durch fremde Hausflure und Wohnstuben zu bugsieren. So manche Hängelampe überlebte diesen denkwürdigen Dreikönigstag nicht oder nur deutlich lädiert.

Und am Ende eines langen Tages, als mir die Mischung aus Weihnachtsgebäck und Hochprozentigem nochmal so richtig übel aufstieß, reifte in mir der Vorsatz, in kommenden Jahren weniger destruktiven Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Daran habe ich mich bis heute gehalten und dem Sternsinger-Klingelterror endgültig abgeschworen.

... link (18 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 4. Januar 2007
Versumpft

... link (17 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 2. Januar 2007
Desparate Houseman (10)
Da ertappe ich die Erzieherin im Kindergarten dabei, wie sie mit meiner Tochter auf dem Schoß am Rechner Solitär spielt. Und dann muss ich erfahren, dass die Kleine "Papa" gesagt hat, als am Bildschirm das grüne Fenster mit den Spielkarten aufging. Hmpf. Bösartige Verleumdung, ich erwäge die Lütte ohne Abendessen ins Bett zu schicken. Ich spiele nämlich gar kein Solitär am Rechner - sondern freecell. Ähem.

Ach ja, und dann immer diese bohrende Ungewissheit, wenn beim Staubsaugen irgendein festeres Teil, das man nur ganz kurz und undeutlich gesehen hat, rappelnd im Saugkopf verschwindet. Zumindest hat nichts gefunkelt, als ich mit der Taschenlampe in den Staubsaugerbeutel leuchtete und in die Öffnung lugte. Eine Pretiose wird es nicht gewesen sein. Also ab dafür.

Und so haben mich die Profanitäten des Alltags wieder im Griff, bevor das kalendarische Jahreskorsett mit der 7 am Ende ohne zu kneifen sitzt. Aber auf alle Fälle wollte ich noch nachreichen, dass der Jahreswechsel an den Hamburger Landungsbrücken entgegen meiner Befürchtungen ("O Gott: Menschenmassen! Wir Individualisten werden alle sterben") ein sehr schönes und eindrucksvolles Erlebnis gewesen ist. Das Nasse in meinem Gesicht waren nicht nur Regentropfen und Gischt, da war auch die eine oder andere verstohlene Glücksträne von meiner Frau und mir dabei. Und wenn ich das massive Geknalle als konjunkturprognostisches Signal deute, dann dürfte 2007 ganz schön brummen.

... link (32 Kommentare)   ... comment