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Mittwoch, 1. September 2010
Unfreiwillige vor!
mark793, 19:17h
Es wird der werten Leserschaft nicht entgangen sein, dass es hier in der Dunkelkammer die letzten Tage relativ ruhig zuging. Und ich weiß nicht so recht, wie ich das erklären soll. Es ist nämlich nicht eine üblichen temporären Blockaden oder Unlustphasen. Es ist, nun ja, etwas Grundsätzlicheres. Vielleicht habe ich es in den falschen Hals bekommen, was ich dieser Tage vom Ende des freiwilligen Internets gelesen habe. Denn wenn das stimmt, dass das Internet ab jetzt nicht mehr freiwillig ist, dann hieße das ja in letzter Konsequenz, dass wir uns hier nur noch unter Zwang digital selbstdarstellen, ohne echte Alternative einer rein analogen Existenz. Und da kommt bei mir unweigerlich so etwas auf wie Trotz und Verweigerungshaltung. Die kaum verhüllte Drohung der Digitalista steht im Raum: Ihr Kinderlein, kommet all ins Internet und zeiget Euch - oder aber andere werden Euch ins Licht der digitalen Öffentlichkeit zerren, und dann seht Ihr vielleicht nicht ganz so toll aus wie wenn Ihr Eure Selbstrepräsentation proaktiv in die eigenen Hände nehmt.
Noch zielen "Aktivisten" der Digitale Armee Fraktion angeblich nur auf verpixelte Häuserfassaden von Google-Streetview-Gegnern. Aber wer garantiert denn dauerhaft, dass nicht die Namen und Gesichter der Hausbesitzer in einer weiteren Eskalationsstufe in eine Online-Prangerdatei gestellt werden? Oder jeder, der keine Lust hat auf die schöne, neue Onlinewelt? Nach dem Motto: Und willst Du nicht mein Facebook-Freund sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein. Die Erfahrung der jüngeren Geschichte lehrt jedenfalls, dass sich die Aktivisten, die wenig später die RAF gründeten, nicht lange damit zufrieden gaben, Kaufhäuser abzufackeln. Es kamen, wie man hinlänglich weiß, durchaus Personen zu Schaden. Und die unschönen Folgen der massiven staatlichen Reaktion (ich sage nur: Radikalenerlass, Rasterfahndung etc.) für unser Gemeinwesen waren immens.
Deswegen ist es höchste Zeit, Klartext zu reden und die vermeintlichen Vorturner der Daseins-Digitalität in ihre Schranken zu weisen. In diesem Konflikt stehen sich nämlich nicht analoge (im Sinne von: rückwärtsgewandten) Lebenswelten und das Internet als solches gegenüber, wie uns die Lobos, Sixtusse und Seemänner dieser Welt einreden wollen. Der unverkennbar totalitäre Unterton, die sportpalastklatscherhafte Begeisterung über das totale Internet stößt auch Zeitgenossen übel auf, die sich durchaus komfortabel und souverän auf dem TCP/IP-Parket bewegen - wie zum Beispiel Benedikt Köhler: Vielleicht das erste Mal in meinen 23 Onlinejahren spüre ich tatsächlich etwas wie Fremdheit, fühle mich tatsächlich wie ein digitaler Einwanderer. Oder nehmen wir meine Frau. Die twittert, posteroust, foursquaret und picasat mit Begeisterung - und fragte sich nach der Lektüre des neuesten Seemansgarns trotzdem, ob der Verfasser noch alle Latten am Zaun hat. Aber gut, was will man erwarten von einem Zeitgenossen, der schon exoskelettierte Erektionen davon bekommt, dass gerade ein Mit-Twitteur in der U-Bahn vorbeifährt, während er selber noch an der Haltestelle steht.
Man muss geistig schon wirklich sehr weit im Hintern von Google stecken, um ernsthaft die Empfehlung zu geben, wenn Ihr ein Problem mit Streetview habt, dann bringt einfach Euren Vorgarten in Ordnung, stellt Blumenkästen auf die Fensterbank und alles wird gut. Oder auch nicht, wie dieses schöne Filmchen zeigt, das ich bei Holgi gefunden habe. Mir kommt in diesem Zusammenhang auch eine frühere Bloggerkollegin in den Sinn, die vor ein paar Monaten einen ziemlich radikalen Strich unter ihre digitale Existenz gezogen hat. Die digitale Dauerentblößung in Blogs, Single-Börsen und Social Networks ginge ihr zunehmend auf den Keks, das sei nicht mehr ihre Welt. Ich fand ihren Rückzug ins Analoge damals etwas überzogen, vielleicht sogar leicht hysterisch. Aber inzwischen verstehe ich diesen Schritt etwas besser. Es ist zumindest eine von mehreren Optionen, mit den Folgen des Kontrollverlustes zu leben.
Noch zielen "Aktivisten" der Digitale Armee Fraktion angeblich nur auf verpixelte Häuserfassaden von Google-Streetview-Gegnern. Aber wer garantiert denn dauerhaft, dass nicht die Namen und Gesichter der Hausbesitzer in einer weiteren Eskalationsstufe in eine Online-Prangerdatei gestellt werden? Oder jeder, der keine Lust hat auf die schöne, neue Onlinewelt? Nach dem Motto: Und willst Du nicht mein Facebook-Freund sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein. Die Erfahrung der jüngeren Geschichte lehrt jedenfalls, dass sich die Aktivisten, die wenig später die RAF gründeten, nicht lange damit zufrieden gaben, Kaufhäuser abzufackeln. Es kamen, wie man hinlänglich weiß, durchaus Personen zu Schaden. Und die unschönen Folgen der massiven staatlichen Reaktion (ich sage nur: Radikalenerlass, Rasterfahndung etc.) für unser Gemeinwesen waren immens.
Deswegen ist es höchste Zeit, Klartext zu reden und die vermeintlichen Vorturner der Daseins-Digitalität in ihre Schranken zu weisen. In diesem Konflikt stehen sich nämlich nicht analoge (im Sinne von: rückwärtsgewandten) Lebenswelten und das Internet als solches gegenüber, wie uns die Lobos, Sixtusse und Seemänner dieser Welt einreden wollen. Der unverkennbar totalitäre Unterton, die sportpalastklatscherhafte Begeisterung über das totale Internet stößt auch Zeitgenossen übel auf, die sich durchaus komfortabel und souverän auf dem TCP/IP-Parket bewegen - wie zum Beispiel Benedikt Köhler: Vielleicht das erste Mal in meinen 23 Onlinejahren spüre ich tatsächlich etwas wie Fremdheit, fühle mich tatsächlich wie ein digitaler Einwanderer. Oder nehmen wir meine Frau. Die twittert, posteroust, foursquaret und picasat mit Begeisterung - und fragte sich nach der Lektüre des neuesten Seemansgarns trotzdem, ob der Verfasser noch alle Latten am Zaun hat. Aber gut, was will man erwarten von einem Zeitgenossen, der schon exoskelettierte Erektionen davon bekommt, dass gerade ein Mit-Twitteur in der U-Bahn vorbeifährt, während er selber noch an der Haltestelle steht.
Man muss geistig schon wirklich sehr weit im Hintern von Google stecken, um ernsthaft die Empfehlung zu geben, wenn Ihr ein Problem mit Streetview habt, dann bringt einfach Euren Vorgarten in Ordnung, stellt Blumenkästen auf die Fensterbank und alles wird gut. Oder auch nicht, wie dieses schöne Filmchen zeigt, das ich bei Holgi gefunden habe. Mir kommt in diesem Zusammenhang auch eine frühere Bloggerkollegin in den Sinn, die vor ein paar Monaten einen ziemlich radikalen Strich unter ihre digitale Existenz gezogen hat. Die digitale Dauerentblößung in Blogs, Single-Börsen und Social Networks ginge ihr zunehmend auf den Keks, das sei nicht mehr ihre Welt. Ich fand ihren Rückzug ins Analoge damals etwas überzogen, vielleicht sogar leicht hysterisch. Aber inzwischen verstehe ich diesen Schritt etwas besser. Es ist zumindest eine von mehreren Optionen, mit den Folgen des Kontrollverlustes zu leben.
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