Montag, 7. April 2008
Träume, Schäume (und bestrullte Bäume)
Vor einiger Zeit hatte ich bei einem Bloggerstammtisch das Vergnügen, in eine Konversation über Träume verwickelt zu werden. Mein Gesprächspartner machte einen einigermaßen kundigen Eindruck, die Unterhaltung begann wirklich interessant zu werden. Und so erzählte ich bereitwillig, dass ich manchmal im Traum genau wisse, dass ich träume. Und dass ich seit meiner Kindheit in der Lage bin, mich selber ohne fremde Hilfe aus jedem beliebig schaurigen Alptraum jederzeit herauszuholen, sobald ich das wünsche. Ich sage dann einfach "jetzt wird mir das aber echt zu blöd" - und prompt wache ich auf.

Mein Banknachbar war begeistert, nachgerade elektrisiert: Da sei ich mit dem sogenannten "luziden Träumen" schon wesentlich weiter gekommen als die Mehrheit der Bevölkerung. Jene träume leider immer noch dumpf und passiv vor sich hin, wie es ihr durch die Synapsen flutscht. Dabei könne man mit disziplinierter Traumarbeit viele neue Dinge über sich erfahren, seine Persönlichkeit weiterentwickeln und richtungsweisende Antworten finden auf die großen Grundsatzfragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wann kommt endlich die versprochene Erderwärmung? Aber als erstes, so der Traumexperte, müsse man sich seiner Träume auf regelmäßiger Basis "sehr viel bewusster werden".

Tja. Das ist nur leichter gesagt als getan. Just nachdem ich diesen festen Vorsatz fasste, mir meiner Träume bewusster als bisher zu werden, herrschte nämlich erst einmal wochenlang Funkstille: Allenfalls undeutliche und verschwommene Fetzen nächtlicher Träumsequenzen hatte ich morgens noch parat, aber nichts, womit sich vielversprechende Traumarbeit beginnen ließe. Dann begann ich fast zeitgleich, einen anderen guten Rat aus meinem Umfeld in die Tat umzusetzen: "Man soll ja viel trinken" - schärft meine Frau mir immer wieder ein. Und just mit der Umsetzung dieses guten Vorsatzes kehrten auch die Träume zurück. Ziemlich regelmäßig träume ich nun, wie ich - getrieben von schmerzhaft pressierendem Harndrang - durch endlose Hotelflure, Messehallen oder kafkaesk verschachtelte Bürotrakte haste auf der verzweifelten und vergeblichen Suche nach einer Toilette. Irgendwann weiß ich mir nicht mehr anders zu helfen als mich in einen großen Büropflanzenkübel oder in das Spülbecken einer Kaffeeküche zu erleichtern. Unter dem Gejohle oder Gezischel der Umstehenden schäme ich mich so, dass ich aufwache - und feststelle, dass es nun wirklich allerhöchste Zeit ist, den Gang zur Toilette ganz real und körperlich anzutreten und nicht nur im Traum.

Nun kann ich mich im Prinzip ja nicht beklagen: leicht zu deutende Träume, die in die nahe Zukunft weisen und die auch eine klare und eindeutige Handlungsanweisung enthalten - das ist sicher besser als das krude und surrealistische Zeugs, mit dem sich meine Mitmenschen Nacht für Nacht auseinanderzusetzen haben und dann den ganzen Tag noch darüber nachgrübeln, was ihnen dieser oder jener Traum denn nun sagen wollte. Aber ehrlich gesagt habe ich mir unter zielführender Traumarbeit doch bisschen was anderes vorgestellt als die Erkenntnis, dass man besser die sanitären Einrichtungen in Anspruch nimmt und danach entspannter weiterschlafen kann. Vielleicht sollte ich in Zukunft doch weniger Flüssigkeit zu mir nehmen abends. Denn allmählich wird mir das jetzt echt zu blöd.

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