Mittwoch, 20. Juni 2007
Bizyklisches Bekennerschreiben
Viel Freigang hatte Sir Walter nicht, seit er Gefangener der Dunkle Armee Fraktion ist. Zweimal durfte er kurz ins Tageslicht blinzeln, als Subcomandante Marco793 sein Hauptquartier verlegte. Aber Auslauf war in den vergangenen 1000 Tagen nicht drin für Mr. Raleigh aus Nottingham, den Renner aus altem englischem Adel.

Doch heute hatte ich endlich ein Einsehen. Ich befreite ihn aus seinem unwürdigen Kellerverlies, blies den schlaffen Reifen frische Luft in die französischen Ventile und wischte den Staub vom Sattel. Dann wagte ich den ersten Ausritt. Anfangs noch leicht wackelig das Gleichgewicht auf den superschmalen Rädern (18-622, also Original Dackelspalter) suchend, die Füße noch nicht wirklich heimisch in der engen Schlaufenpedale. Aber so nach und nach kehrte es zurück, das Gefühl von Vertrautheit. Und das Staunen darüber, dass es nur ein paar kräftige Tritte in die Pedale braucht, um die 100 Kilo (90 vom Fahrer und 10 vom Fahrrad) von Null auf Dreißig zu beschleunigen.

Die Spinnweben in den Speichen hatte der enorme Gegen- und Seitenwind auf dem Deich bald fortgeblasen. Mit den Ablagerungen in meinen Gelenken hingegen hatte ich etwas mehr zu kämpfen. Und so musste ich zähneknirschend so manchen hosengeklammerten Hollandradfahrer an mir vorbeiziehen lassen. Zwei ältere Damen, die eine Weile vor mir herzuckelten, versuchte ich zu überzeugen, dass wir besser vorankommen, wenn wir einen sogenannten belgischen Kreisel fahren. Allein sie verstanden mich völlig falsch und zeigten nach vorne: "Brüsseler Straße und Lütticher Platz könn' Sie gar nicht verfehlen, immer geradeaus, dat sind vleisch zwo Kilomeeter!" Ich bedankte mich artig für die Auskunft und gab Sir Walter ein wenig die Sporen. Mir schien, als würde ich fast so etwas wie Dankbarkeit spüren.

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In dieser Gegend fahren sie mit sowas rum? Hier sind Hollandräder Pflicht!

Und warum ist Ihr Keller so leer? Auch das ist verboten.

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Laufen Sie etwa
in Holzschuhen rum, nur weil Holland so nah ist? ;-) Dass hier so viele Hollandräder unterwegs sind, ist mir auch schon aufgefallen. Aber bei dem Gedanken, so ein schweres Monster jedesmal die enge Kellertreppe rauf- und runterwuchten zu müssen, vergeht mir jegliche Lust auf Fahrradfahren. Wobei mir als Flachlandtiroler die Topographie der hiesigen Gegend schon entgegen kommt. So der Bergfex bin ich nämlich nicht.

Was unseren Keller angeht: Machen Sie sich wegen mangelnder Füllung mal keine Sorgen. Was Sie auf dem Bild sehen ist der öffentlich zugängliche vordere Teil des Kellers. Nachdem ich gesehen habe, dass die Nachbarn dort ein Kinderfahrrad lagern, habe ich mir die Freiheit genommen, meinen Renner an einen massiven Metallbügel vor den Gaszählern zu ketten...

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Mit
massiven Metallbügel vor den Gaszählern anketten...

Sie sind ja ein ganz schlimmer Terrorist!

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Ja,
und zwar vom sendero oscuro. Mit Gewalt gegen Sachen haben Sie mich natürlich am Sack, habe ich doch erst neulich das Dreirad meiner Tochter kaputtgemacht - wenn auch aus Versehen. Aber man weiß ja, wie das läuft: heute ein Dreirad, morgen vielleicht ein Rollstuhl - und dann schreckt man irgendwann auch nicht mehr davor zurück, Autos von Menschen abzufackeln, die es im Mediengewerbe weiter gebracht haben als man selbst. ;-)

Nieder mit dem Quartsextakkord!

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...morgen vielleicht ein Rollstuhl...
Auch noch behindertenfeindlich! In Ihrer schlimmen Phantasie zumindest. Aber da fängt's ja an. Tz tz tz. Das hier ist wirklich eine dunkle Seite!

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Was haben Sie
eigentlich gegen den Quartsextakkord?

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Eigentlich gar nichts,
es ist nur ein Zitat. Dem Komponisten Hanns Eisler wird nachgesagt, er habe bei einer klassenkämpferischen Demonstration in der DDR ein Transparent mit diesem Spruch geschwenkt.

Behindertenfeindlichkeit ist mir in dieser Pauschalität eher fremd. Allerdings gibt es einen ganz bestimmten Rollstuhlfahrer in der deutschen Politik, dem ich aufgrund seines innenpolitischen Wirkens ganz gerne mal die Luft rauslassen würde. Was mich natürlich auch zum Terroristen qualifiziert...

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Und mich
zu Ihrem Verbündeten macht. Unbedingt!

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Ich will auch mal wieder am Deich radfahren. Aber dazu müsste es hier ja erstmal einen richtigen Fluss geben...

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ich war sehr glücklich, als ich vor ein paar wochen feststellte, dass mein bandscheibenvorfall inzwischen zulässt, dass ich wieder eine halbe stunde rumradeln kann. also bin ich mit dem rad zu meinen eltern gefahren und papa wollte das rad gleich mal inspizieren. also hab ich es stehengelassen, denn ich besitze noch zwei weitere, die bei mir im keller stehen: ein sehr normales damen-rad und ein antikes triumpf-adler. denen hat aber, wie ich dann bermerkte, das lange im-stall-stehen nicht gefallen: drei von vier reifen platt. um nicht zu spät ins büro zu kommen, musste ich dann doch wieder u-bahn-fahren. *hmpf*

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Drei Fahrräder?
Also die Jugend von heute - tsss. Hingegen wir damals, nachm Krieg: Waren ja schon froh, wenn uns der Ami mal ein Kugellager oder ein Rücklicht ausm Jeep zuwarf. Ansonsten liefen wir sommers wie winters barfuß in die zwölf Kilometer entfernte Schule, um das einzige Paar Schuhe für den sonntäglichen Kirchgang zu schonen. Mein erstes Zehngangfahrrad kriegte ich nur finanziert, um damit schneller Zeitungen austragen zu können...

Aber genug von den alten Zeiten deklamiert. Ich denke, bei drei Fahrrädern muss man sich nicht wirklich wundern, wenn man die nicht alle gleichzeitig und dauerhaft in Schuss halten kann - selbst wenn Papi mit anpackt. Ein Defekt am einen Drahtesel verführt dann dazu, erst mal den nächsten zu nehmen - und so weiter...

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Hach
hatten Sie ne schöne Kindheit, Wir, also die zwei kleinen Brüder und ich, nachm Kriech, wir mussten unten im Keller immer stundenlang in die drei aufgebockten Drahtesel treten, damit die Mutta oben die Milch warmkriecht und da Pappa Licht hat nach da Schicht, beim Lesen lernen. Ja ja, so war das. Zehn Gänge! Davon träumt unsereins heut noch.

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OK, damit kann ich nicht mithalten,
und ich zertifiziere Ihnen hiermit die goldene Adoleszenz-Ar***karte. Bei mir brachte das Zehngang-Rad tatsächlich die Wende zum Besseren: Mit dem schicken Bike unterm Hintern gewann ich das Herz einer Klassenkameradin in der gymnasialen Mittelstufe. Und zumindest in der kurzen Frist, bis die Zweitakt-Knattersägen (Mopeds, Mokicks und Kleinkrafträder) das Non-Plus-Ultra an Pussy-Pulling-Potential darstellten, hatte ich bizyklisch die Nase vorn...

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Ja schönen Dank auch
für diese goldene Arbeitsdienstkarte, die werde ich mir und den Brüdern in den Keller hängen, wo es doch immer so finster ist und wo wir praktisch immer noch strampeln müssen. Und Ihr Bussi-Dingens, das ist doch was mit Frauen, oder? Na eben, dacht ichs mir doch, diese Reichen! Kriegen immer alles.

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Hier im Bergischen ist ja eher das Mountain-Bike angesagt, wenn überhaupt. Aber 30 ist schon was wenig, oder? Ich meine, das bekomme ich ja sogar mit meinem Böschungshobel hin. Und diese Übersetzung ist oft auch untersetzt. Ich dachte, dieses Raleigh-Dinger nennt man auch "Rennmaschinen"?


Im übrigen werden hier die Dackel nicht geteilt sondern gewalzt. Mit 2,5 Zoll breiten Gummis musste ich mir im übrigen vor kurzem an der Nordsee den Spruch anhören "Sie ham ja noch die Winterreifen drauf".

Wo wir gerade so plauschig Fachsimmpeln: Klickpedale gibts doch auch für Rennräder, oder? Mussten Sie auch lernen, wie man mit angeschnallten/eingeklickten Füßen an der roten Ampel überlebt?

Egal. ich versuche auch mal die 1.000 Euro für so ein Rad aufzubringen. Dann muss ich nicht mehr über die Waldwege holpern und darf auf der Straße in Blitzanlagen lächeln ...

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Selbstredend
ist bei 30 nicht Schluss. Ich sprach ja von einer Geschwindigkeit, die man mühelos mit wenigen Tritten erreicht. Das ist anfangs ja auch das Problem, wenn man nicht mehr trainiert ist oder überhaupt das erste Mal mit sowas unterwegs ist: Der niedrige Rollwiderstand verführt dazu, viel stärker reinzutreten, um den Geschwindigkeitrausch auch ordentlich auszukosten - und dementsprechend schnell ist man dann auch ausgepowert.

Auf die Klickpedale hatte ich seinerzeit dankend verzichtet. Es war mir wichtig, einen Rest Alltagstauglichkeit zu bewahren und den Hobel auch notfalls mal mit Straßenschuhen fahren zu können. Zumal ich damals im 3. OG wohnte und mit diesen Spezialtretern nicht im Treppenhaus rumstaksen und auf die Schnauze fliegen wollte, wenn ich das Fahrrad hoch und runter trage. Zu den Akrobaten, die in beiden Pedalen stehend an der Ampel rumbalancieren, gehöre ich nicht. Dafür fehlt es mir schlicht an Praxis. Ich bin in brenzligen Situationen aber noch jedesmal rechtzeitig aus den Schlaufen rausgekommen.

1000 Euro hätte ich aus dem Stand auch nicht übrig. Vernünftige Einsteigermodelle sind zum Teil aber schon für 5-600 Euro zu haben. Meinen Sir Walter, der ja nun schon paar Jährchen auf dem Buckel hat, habe ich sehr günstig einer früheren Kollegin abgeschwatzt. Die verbauten Komponenten sind auch nicht sonderlich hochwertig, Brems-Schaltkombi sucht man an dem Rad vergebens. Aber der Reynolds-Rahmen und die klassisch eingespeichten Mavic-Laufräder sind ziemlich gut. Allerdings halt nur auf Asphalt, auf Waldwegen oder Schotterpisten geht es damit extrem mühsam vorwärts. Der niedrigere Rollwiderstand ist halt auch mit einem Mangel an Dämpfungskomfort erkauft. Aber wenn Sie im Bergischen Downhilltouren machen, ist Ihr Steiß ja was gewohnt. ;-)

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Bei meiner Bergziege ist bei 30 Schluss, wenn man mal von Schußfahrten den Berg hinab absieht. Immerhin habe ich einen Berggang, mit dem ich eine senkrechte Wand hochklettern kann. Dafür trete ich aber auch wie eine Nähmaschine um auf 4 km/h zu kommen :-)

Die Freiheit auch mal ohne Klicker zu touren habe ich mit einem "Wendepedal" erreicht. Auf der einen Seite SPD, auf der anderen Seite ganz normale Trittfläche. Das bringts. Meine Empfehlung für die junge Knospe. Im übrigen habe ich die Erfahrung gemacht, das eingeklickt besser zu fahren ist ...

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Mangels Tacho
kann ich nur grob schätzen, wie schnell so ein Zwischensprint werden kann. So genau interessiert mich das aber auch nicht. Mir reicht es zu wissen, dass ich im Normalfall eher keinen 30er-Schnitt fahre. In den Bereich müsste ich mich nach jahrelanger Pause erst wieder sehr mühsam reinschaffen.

Diese Kombination aus Klick- und Normalpedale gab es damals nicht, als ich mich (müsste anno 1999 gewesen sein) gegen die Klickpedale entschied. Inzwischen sind auch die dazugehörigen Schuhe auch nicht mehr ganz so starr und staksig wie damals. Aber selbst mit diesem Wissen bleiben die Schlaufen der Kompromiss meiner Wahl. Wobei ich das beim MTB wahrscheinlich auch anders sehen würde. Aber generell bin ich ganz bei Ihnen: Ohne die Möglichkeit zum "Ziehen" fehlt ganz definitiv was, da fühle ich mich auch immer ein bisschen behindert.

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Da muss ich doch auch mal meine Rennmaschine verlinken

http://tinyurl.com/39vg2d

:-) Das nenn ich Spaßgerät, das will schon von alleine fahren ;-) da brauch ich kaum was machen - zumindest auf den ersten 20/50 km, bis der Sprit ausgeht :-) Dann wird es langsam mühselig. Nichtsdestotrotz hat mein Tacho (bergab, mit Verausgaben bis fast zum kotzen) schon über 55km/h gespeichert, wobei als normale Trainingsgeschwindigkeit 28-32 Km/h reichen, wenn man Windschatten fahren kann und im belgischen Kreisel rotiert gehen auch gut 2-5 km/h mehr - je nach Gruppengröße :-)

Aber ich kann nur raten es nicht zu übertreiben und statt Sprints zu trainieren eine vernünftige Grundlagenausdauer aufzubauen, dafür eine Trittfrequenz von ca 90 x per Minute über eine längere Strecke und einen Zeitraum von 1-2h (inklusive Warm-Up/Roll-Out - je ca. 10/20 %, nach Laune und Tagesform) halten. Wenn man das 2-4 Mal die Woche macht und die sonstigen Tage zur Regeneration nutzt, sollte man ganz gut die Kondition steigern können. Muskelaufbau der trainingsspezifischen Muskeln kommt dann (bei vernünftiger Ernährung) von ganz alleine, gerade die Beine als eine der größten Muskelgruppen ... und am Anfang sind die Fortschritte im Verhältnis zum Aufwand eh am größten ;-) Bis man dann gezieltere Reize setzen muß, um sich zu steigern dürfte man sich und seinen Körper dann auch so gut kennen, das man weiß wie es geht ...

Und die Vorteile von Klickpedalen (ich benutze das Look-System) möchte ich hier nicht auch noch ausbreiten, der geneigte Mitleser google nach den Phasen der Trittbewegung, mit entsprechenden Druck- und Zugphasen und den Zusammenhängen mit einer festen Verbindung zum Material :-)

Viel Spaß beim Radeln :-)

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Wow, scharfes Gerät!
Aber mit so einem Hightech-Hobel würde ich mich im derzeitigen Nulltrainingszustand gar nicht auf die Straße trauen. Wäre eine schriftliche Einladung für jeden Opi aufm Hollandrad, mich mal so richtig stehen zu lassen beim AOK-Radsonntag. Da bewege ich mich mit dem Understatement meines englischen Oldtimers dann doch etwas standes- und altersgemäßer.

Noch zum Thema Klickpedale: Ich kenne die Argumente. Aber die paar Newtonmillimeter mehr, die ich damit auf die Kette kriege, sind mir die Einbuße an subjektivem Fahrkomfort nicht wert. Mir gehts in erster Linie um Spaß an der Bewegung, nicht um Bestzeiten.

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Ich lade Sie mal beide auf 'ne Hausrunde hier bei mir im Bergischen ein. Das ist eine Zeitsparende Sache. Sie fahren nur knapp eine Stunde, sind aber so fix und alle, als wenn Sie den ganzen Vormittag im Wiegetritt Tempo machen wollten ...

;-)

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Im Moment
reicht mir auch im Flachland eine Stunde völlig aus, um Sternchen vor meinen Augen tanzen zu lassen. Mehr Steigung als auf den Deich hoch pack ich derzeit noch nicht. ;-)

Fühlen Sie sich aber herzlich eingeladen, mit mir im Flachland rumzugondeln. Aber wenn ich Ihre strammen Waden auf Ihrem Faschingsbild so sehe, dann muss ich befürchten, dass Sie mir mit Ihrem Offroader auch hier unten den A*sch abfahren, wie man so schön sagt...

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Ach, das mit den Waden ist ja gar nix. Würde ich ernsthaft Sport treiben, dann wäre ich jetzt Gouverneur von Californien :-)

Ich bin schlapp wie ein Waschlappen. Obwohl, den Deich rauf schaff ich wahrscheinlich ...

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