Sonntag, 14. September 2014
Ihren Pass, bitte!


In der Theorie ist das Bezwingen einen Alpenpasses mit dem Rad eine ganz simple Sache: Man kurbelt und kurbelt und kurbelt - und wenn man nicht vorher aus dem Sattel kippt oder von einem entgegenkommenden Fahrzeug umgenietet wird, kommt man irgendwann oben an und freut sich aufs Runterfahren. Ob sich das für einen Flachlandtiroler wie mich in der Praxis dann auch so einfach umsetzen lässt, da hatte ich im Vorfeld dieser Tour auf den Jaufenpass allerdings leichte Zweifel. Rund 1150 Höhenmeter galt es hier zu überwinden, das ist drei oder vier mal so viel wie die höchsten Mittelgebirgs-Anstiege, die ich mich je hinaufgekämpft habe.



Doch der erfahrene Begleiter versuchte meine Bedenken zu zerstreuen und schwärmte von der abwechslungsreichen Strecke. Für Abwechslung sorgte zudem das Wetter, denn auf dem ersten steilen Stück gab es gleich einen Regenguss, dessen Ende wir unter den vorstehenden Dach einer Blockhütte neben der Straße erwarteten. Tatsächlich mussten wir nicht allzulange ausharren, bis es aufhörte, und so schraubten wir uns langsam, aber stetig höher. Die Strecke führte größtenteils durch sattgrünen Mischwald, und auf den Lichtungen knallte uns die Sonne auf die Helme.



Der Begleiter behielt recht: Wenn man das erste steilere Stück hinter sich hat, ist der Jaufen ein Pass zum Genießen - was auch die Kenner von quaeldich.de gerne bestätigen: Der Jaufen zählt laut 'tour' zu den Top Ten der Alpenpässe, dem kann man sich anschließen, denn dank herrlicher Landschaft, angenehmen Steigungswerten und abwechslungsreicher Sraßenführung gehört dieser Pass zu denen, die man genießen kann, sofern man nicht gerade am Ötztaler Radmarathon teilnimmt. Nein, also diese Art von verschärfter Quälerei hatten wir nun wirklich nicht im Sinn, im nachfolgenden Bild sehen wir meinen ortskundigen Mitfahrer, dem die Aussicht auf einen Apfelstrudel in der Passhütte förmlich Flügel verleiht und ein vorfreudiges Lächeln ins Gesicht zaubert.



Doch die letzten Kurven hatten es nochmal in sich, zumal da oben jenseits der Baumgrenze ein ziemlich kalter Wind bläst. Aber man hat das Ziel immerhin vor Augen. Weiter unten durch den Wald ist das ja immer bisschen schwierig abzuschätzen, wie hoch man mittlerweile ist und wie viel noch vor einem liegt.



Irgendwann ist man dann oben - und was soll ich sagen, es ist ein gigantisch gutes Gefühl. Zu wissen, da aus eigener Kraft hochgekommen zu sein, den Rundblick über das beeindrucklende Panorama auf sich wirken zu lassen, die Vorfreude darauf, gleich ohne die Beine anzustrengen runter ins Tal brettern zu können.



Dort hinten ginge es hinab ins Passeiertal, wollte man weiterfahren nach Meran. Das haben wir uns diesmal verkniffen, schließlich hatten wir unser Basislager ins Sterzing aufgeschlagen. Aber ich beginne zu verstehen, wie der Begleiter tickt: Wer diesen Pass raufkommt, ohne sich völlig zu verausgaben, der müsste es auch hinkriegen, in zwei Tagen vom Tegernsee aus nach Meran zu fahren. Und von Meran aus könnte man doch locker...



Allzu lange können wir diesen Gedanken hier oben indes nicht nachhängen, der Wind pfeift schneidend kalt, und vor der Abfahrt wäre es ratsam, dem Körper noch eine Stärkung zu gönnen. Der Mitfahrer setzt auf den bewährten Apfelstrudel, ich hingegen wähle eine Gulaschsuppe (die man unter uns gesagt auch genausogut als Gemüseeintopf hätte deklarieren können, aber ich will da jetzt nicht kleinlich sein, ich war froh, auf der Karte überhaupt etwas Warmes zu finden).



So anstrengend das Herauffahren für die Beine ist, so fordernd ist das Runterfahren für die Finger. Immer wieder zupacken und bremsen; sobald die Finger die Bremshebel loslassen, schiebt das Rennrad los wie ein Motorrad, und auch wenn der Mitfahrer die Strecke aus dem Effeff kennt, reichte mein Vertrauen in die Reifen auf den nassen Streckenabschnitten dann doch nicht aus, um sein Tempo jederzeit mitzugehen. Aber ich konnte immer wieder aufschließen, und ehe ich es mich versah waren wir auch schon wieder unten im Tal.



Tja, das war nun also gewissermaßen meine alpine Radlertaufe, den Achenpass zähle ich da jetzt mal nicht mit, da gibt es um Wuppertal herum sicher härtere Prüfungen. Wenn mich daheimgebliebene Pedaleure jetzt fragen, ob es arg anstrengend war, müsste ich ehrlicherweise sagen: nicht wirklich. Allerdings muss ich an dieser Stelle dann doch noch ein paar Worte über das gefahrene Fahrrad verlieren: Dieses Rad ist deutlich leichter als alles, was bei mir im Keller steht, ein veritables Geschoss - überdies hat der Besitzer eine Mountainbike-Kurbel montiert und hinten einen Zahnkranz mit recht großen Ritzeln. Das heißt, mit diesem Antrieb lassen sich wesentlich kleinere Übersetzungen fahren als mit einem normal bestückten Rennrad. Den kleinsten Gang (vorne 22 Zähne, hinten 29) habe ich nichtmal gebraucht, und auf meinem Koga hätte ich mit vorne 30 und hinten 26 als kleinstem Gang schon arg zu drücken gehabt auf dem ersten Stück mit den zweistelligen Steigungsprozenten. Quaeldich.de-Ritter der strengen Observanz mögen über diese MTB-Kombination von Kinderkurbel und Seniorenteller-Ritzeln am Rennrad womöglich die Nase rümpfen, aber meinem Stolz auf die erste Alpenpass-Bezwingung nimmt das nichts.

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Alpenpass-Bezwinger
Da darf man stolz drauf sein. Gratuliere noch einmal!

(Gulaschsuppe, Sie trauen sich ja was! ;-)

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Mille grazie!
Und bisschen mutig war das mit der Gulaschsuppe in der Tat, denn Paprika (also in Form von Gemüse) verursacht mir ja manchmal Beschwer. Aber diese Zutat war nahezu nonexistent, wie übrigens auch die Fleischeinlage, im Prinzip hätte ein nicht übermäßig strenger Vegetarier von dieser Suppe auch essen können, es dominierten doch sehr Kartoffeln und Möhren. Aber wie sagte ich mir da oben? Hauptsache, was Warmes im Bauch. ;-)

Im Übrigen danke ich, dass Sie das auch geschafft hätten. Ein Bekannter schrieb mir im Vorfeld, mit 30x27 komme man jeden Pass der Welt hinauf (was ich zwar bezweifle), aber das Wissen, notfalls mit Untersetzung 22x29 weiterkurbeln zu können, ist schon ein komfortables mentales Ruhekissen, während man da hochstrampelt.

Ziemlich genau das hatte mir der erfahrene Begleiter auch vorhergesagt, aber man glaubt es halt erst, wenn man es selber probiert hat.

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Herr mark,
Sie schreiben da von gemüseartigen Magenbeschwerden....Sie ahnen ja gar nicht, was ich essen durfte musste anläßlich des Erklimmens des Alborzpasses in Persien vulgo Iran. Das war zwar mit dem Auto, aber locker 1000 Höhenmeter mehr.

Erst Ash. Ash ist eine Suppe mit extrem schmeckender Molke.

Danach Halim. Das schmeckt wie Griesbrei mit Fleisch. Ist so ne Art Weizengrütze mit Fleisch.

Und dann:

Schafshoden.

Kein Witz. Nicht schmackhaft übrigens und wirklich sehr, sehr zäh. und gummiartig. Calamares hochnochwas.....

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Puh,
da sehe ich dieses fleischarme Gulaschsüppchen gleich in viel milderem Licht. Exakt so wie Sie es beschreiben haben hätte ich es mir auch vorgestellt, auf irgendwelchen Gonaden rumzukauen. Wobei ich denke, dass es nochmal einen Unterschied macht, ob man sich das dort aus Höflichkeit den Gastgebern gegenüber gibt oder aus Gewinnerzielungsabsicht im Dschungelcamp. ;-)

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Herzlichen Glückwunsch.
Ich neide.

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Aber vorn dreifach! Was das wieder wiegt!

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Naja,
es ist ja nicht die 3fach-Rennrad-Kurbel gewesen, sondern eine kleinere XTR vom MTB, die etwas weniger wiegen sollte. Vier statt fünf Kettenblatt-Schrauben, bisschen kleinere Blätter...

Die großen Ritzel hinten bringen freilich auch was auf die Waage, da wäre man mit einer Maiskolbenkassette sicher leichter unterwegs gewesen. Aber ein weight weenie bin ich allenfalls in Bezug auf das Körpergewicht, sobald es die 93 Kilogrammm überschreitet.

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sach ma dein rühmlicher begleiter
bei dem sein übergewicht
hatteste da wenigstens nen erste hilfe kasten dabei?
die geräte zum messen des blutdrucks
und einen sauerstoffvorrat?

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Braucht es nicht, der Mann ist fit wie ein Turnschuh. Gerade weil seine Puste ein bisschen limitiert ist, fährt er immer im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ich kann vom Glück sagen, dass ich nicht hinterherkeuchen musste.

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naja das die puste limitiert is wär unschwer zu unterschlagen
aber das du das als "fit wie turnschuh" moderierst
hört sich wie bei deinem putin an und seine hilfslieferungen für die notleidende bevölkerung

ich freu mich aber das es abwärts besser ging

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Ach, lass mal stecken mit Deiner langweiligen Putin-Leier. Kannst ja gerne mal probieren, wie schnell (oder ob überhaupt) Du da mit Deiner Omegafettsäuren-Zählerei und dem ganzen Biochemie-Drittstudium hochkommst.

Ich habe in den Bergen jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass Zwetschgendatschi ein formidabler Energiespender ist.

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der jaufenpass is nu man nich von zitterwölfen besiedelt
fahrt ma in die pyrenäen rumm
dann könnte in jeder kehre ein wolf auftauchen und euch würde jede fresserei vergehn

und ihr wüßtet gar nich zu welchen fahrleistungen ihr fähig seid

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Pyrenäen sind weit weg, vielleicht würde ich das erst mal in den Briloner Höhen trainieren. Dort wurden ja auch schon kleinere Exemplare gesichtet.

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...was fallenbeck gestern abend sagte (21:45). Hach.

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@rocky raccoon: Verständlich - aber mir ging das ja beim Betrachten Ihrer Passfotos und der Berichte des Kollegen Fallenbeck ganz genauso.

Voriges Jahr, kurz nachdem ich vom Tegernsee in die niederrheinische Tiefebene zurückgekehrt war, hat er zusammen mit dem Gastgeber nochmal richtig aufgedreht, Transalp und so, da ertappte ich mich mehr als nur einmal bei Gedanken à la "boah, und ich sitz hier rum..."

Und wenn es in Kürze wieder gen Italien geht - *seufz*

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Die Alpen sind ja so ein Sehnsuchts-Urlaubsgebiet von mir und gerne denke ich an die erste größere Fahrradtour über den Gotthardt u.a. mit Hr. cut Mitte der 80´er zurück. Die Kinder geniessen allerdings eher Strand und Meer, so dass ich warten muss, bis sie nicht mehr mit uns zusammen in Urlaub fahren wollen. Dann geht´s zum Wandern und gelegentlichem Radeln wieder in die Berge! Sie sind ja zur Zeit kinderlos, da ist das ja gar kein Problem, nehme ich an. Es gibt natürlich auch Kinder, die die Berge mögen, aber bei unseren eher weniger, wie ich vorletztes Jahr in Südtirol feststellen musste.

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Ob Töchterlein mit uns Bergwandern wollen würde, da kann man auch nicht drauf wetten. Andererseits ist sie vor zwei Jahren bei der Sprach-Freizeit im Lake District gekraxelt wie eine junge Gemse. Wobei da die Anwesenheit anderer (auch älterer Kinder) den nötigen Drive gegeben haben dürfte. Aber wenn man sie fragt, ist Meer das attraktivere Angebot als die Berge.

Vielleicht haben Sie den nötigen Freiraum für Urlaub in den Bergen schneller als Sie denken, Ihre beiden kommen jetzt allmählich in das Alter, in dem Freizeiten mit Gleichaltrigen durchaus ein Thema werden.

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einen Sohn sollte man haben, der einen eines Tages am Berg stehen läßt.
Und dann auf eigene Faust bis Rom fährt.

Gratulation, auch bei der Lebensversicherung 22x29, da hat der Gastgeber aber wirklich an alles gedacht.

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Bis Rom
muss es ja nicht gleich gehen - vor allem nicht ohne vorherige Ansage, so liberal-laissezfaire wären wir dann womöglich doch nicht - wenn wir eigentlich davon ausgehen, dass Sohnemann mit zu Abend isst wie sonst auch. ;-)

Der Gastgeber hatte sich dort beim ersten Mal dem Vernehmen nach mit 30x27 (und Gepäck) hochgerackert und festgestellt: Komfortabel ist was anderes. Ich hatte mit dem MTB-Antrieb die meiste Zeit noch das eine oder andere Ritzel in Reserve, und das war psychologisch sehr hilfreich - vor allem, wenn man nicht so recht absieht, wie weit es noch ist bis zur Passhöhe.

Tags drauf habe ich auf der Mautstrecke Enterrottach – Valepp dann tatsächlich mal das größte Ritzel gebraucht...

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