Dienstag, 21. Juni 2011
Ein Lied zur Nacht
Auch schon wieder fast 30 Jahre alt, diese Nummer. Kennt wahrscheinlich kein Schwein (außer Herrn Kid vermutlich - und Herrn monnemer, dem ichs mal vorgespielt habe); wüßte auch nicht zu sagen, in welche Schublade Minimal Compact damals gepasst hätten. Im Vergleich zu der Musik, auf die ich seinerzeit sonst so abging, waren sie eigentlich zu soft - und trotzdem: Der hypnotischen Wirkung dieses Songs konnte ich mich nicht entziehen, und auch das ganze Album "One by one" hatte ich um 1985 herum in der Dauerrotation. In den frühen 90ern habe ich die LP auf einer Plattenbörse verkauft und lange Zeit auch gar nicht vermisst, dann vor Jahren mal vergeblich auf Youtube gesucht und wieder vergessen. Und vorhin erfreut festgestellt, dass jemand fast alle Songs dieses Albums hochgeladen hat. Wahrscheinlich werden die Videos wegen Urheberrechtsheckmeck in meinem Land nicht mehr lange verfügbar sein, aber ich will mich nicht beklagen. Sondern mich über das unverhoffte Wiederhören freuen. Und heute nacht ein bisschen von den alten Zeiten träumen, die auch nicht immer nur gute Zeiten waren.

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Manchmal weiß man erst Jahrzehnte später, was richtig gut war. Ich hab da auch so ein paar Nummern, die ich mal sträflich stiefmütterlich behandelt und für selbtsverständlich genommen habe. Früher war auch mehr Bedeutung. (Stimmt natürlich nicht, ist nur Sentimentalität).

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Ich weiß nicht,
ob Sentimentalität als alleinige Erklärung wirklich taugt, auch wenn sie in der Gemengelage sicher eine große Rolle spielt.

ich denke auch nicht, das es heute keine großartige zeitgenössische Musik mehr gibt, aber das meiste davon erreicht mich nicht mehr oder trifft und prägt mich eben nicht mehr so tief wie das Zeug aus den Schüler- und Studententagen. Und das könnte man dann schon runterbrechen auf die Festtellung: Let's face it - so ist das eben, wenn man ein alter Sack geworden ist.

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Naja. So verwunderlich ist das ja nun auch wieder nicht. In den Studenten- und ganz besonders in den Schülertagen verändert sich quasi jeden Tag die eigene Welt. Die dann ertönende Musik brennt sich unweigerlich verschmolzen mit der Veränderung für immer in unser Gedächtnis ein. Wenn wir dann irgendwann im Alltag eines Erwachsenen ankommen, sind nur noch wenige Sachen wie die Geburt eines eigenen Kindes wirklich große Veränderungen, die sich einbrennen.
Wenn eines Tages die Arbeitsmühle hinter uns liegt und wir wieder täglich neue Abnteuer erleben können, prägt auch die zeitgenössische Musik wieder mehr };-)

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cool! gefällt.
laden sie sich das doch runter, bevor es weg ist. nehmen ist seliger denn warten.

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Wissen Sie,
ich hab im Internet oft so eine Art Ladehemmung. ;-)

Aber freut mich, dass es Ihnen gefällt (was mich freilich auch nur so mittel bis gar nicht so sehr überrascht).

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soll ich helfen?*g ich mach das ganz legal (noch) und unkompliziert.

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Ja, gerne.
Ich bin was das angeht wirklich total unbeleckt wie die sprichwörtliche Unschuld vom Lande. Weder habe ich je im Leben ein Bit torrentet noch bei kazaa und Konsorten irgendwas rumgenapstert.

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ich kann gut erklären, mit geduld und spucke, sagt meine mama immer. ;) kommse doch mal ebend ins fressenbuch und machen sie pling. aber nicht erschrecken, ich heiß jetzt anders.

p.s.: invocation ist ja wohl auch nur endgeil.

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Herrjemine! Was für eine schöne Überraschung! Ist doch die Kassette längst Bandsalat.
Und da das jetzt ein Lied zum Tag geworden ist - mit frischem Mut voran!

Malka Spigel lass ich aber bis heute nicht aus den Augen;-)

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@monnemer:
Das freut mich außerordentlich, dass da bisschen was geblieben ist. Und danke für den Anspieltip, es gibt sie noch, die guten Klänge.

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Nee, kenne ich nicht, ich war ja mehr so Sonnenschein. Cool. Damals, als Beton noch grau war und ohne bunte Verzierungen auskommen mußte - außer Schriftzügen, die bedauerten, daß er nicht brennt. Graugekalkte Tanzdielen, die als einzigen Schmuck eine diagonal auf der Wand angebrachte Neonleuchte trugen. Abgewetzte Existentialistenjackets und abgezirkelte Tanzschritte. Toll.

Malka Spigel hatte ich wiederum aus den Augen verloren. Das ist ja lustig, daß sie mit Colin Newman verheiratet ist - Githead erinnern sehr an aktuelle Lieder von Wire.

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@kid37:
Schau an, dass die beiden verdrahtet sind, war mir auch nicht bewusst (ich verkehre ja nicht mehr so viel in popkulturellen Topcheckerzirkeln). Und Sie haben recht, diese Githead-Nummer und das aktuelle Wire-Stück verbindet einiges.

Ihre plastische Beschreibung des "damals" schreit förmlich danach, sie sich auf den Unterarm tätowieren zu lassen, aber aus dem Alter für solche Scherze ist man ja mittlerweile auch raus. Hach ja.

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Ganz klar
Wir alten Säcke werden sentimental. So ist das. Nix dran zu deuteln.

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@cut:
Sie sagen es. Wobei ich ja den Verdacht habe, Sie und Herr Rocky Raccoon könnten Herrn Kid, Herrn monnemer, der_papa und mir sogar noch ein oder zwei jahre voraus haben.

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Ich war auch so töricht, Platten auf Börsen zu verkaufen. Einigen laufe ich heute wieder hinterher.
Minimal Compact waren mir unbekannt – hat ein bisschen was von Joy Division. Gefällt mir.

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Ich bereue das eigentlich nicht,
mich von Platten getrennt zu haben. Das Bestreben, große Tongträgersammlungen anzulegen wie viele meiner Freunde und Bekannten, hatte ich auch nie. Was u.a. wohl damit zu tun hatte, dass ich zwei ältere Büder habe, deren Bestände eine gewisse Grundversorgung gewährleistet haben, als das Thema Musik für mich relevanter wurde.

Ja, Joy Division (oder die erste New Order-Scheibe Movement) klingt da durch, bei anderen Stücken erinnert die Instrumentierung entfernt an Tuxedomoon, aber die orientalischen Einflüsse und die z.T. sehr unangelsächsische Singweise verliehen Minimal Compact durchaus eine sehr eigene Note.

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Sie haben wohl keine jüngere Schwester. Die hat mich ganz leicht von meinen Platten getrennt.

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Mein jüngerer Bruder
teilte über eine länge Strecke meine musikalischen Geschmäcker durchaus, war aber nicht von sooo einnehmendem Wesen. Wir waren ja allesamt keine "nass abspielenden" Audiophilen, im Alltag kamen meist Kompaktkassetten zum Einsatz (ja, auch Mixtapes). Entsprechend löste die Frage "kann ich mir mal eben XY von den Sowienochs aufnehmen?" keine innerfamiliäre Krise aus.

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Jein. Man zieht bei den Eltern ja nicht mit Möbelwagen aus, um eine frisch geweißelte und besenreine Wohnung zu hinterlassen. Ich zumindest nicht. Alles, was ich nicht gleich mitgenommen habe, wurde dann halt immer weniger.

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… hmmm, mir sagt der Track nix. Weder meinem Gedächtnis, noch meinem Geschmack. Muss in 'nem Paralleluniversum gewesen sein …

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@der_papa:
Paralleluniversum, genau. Wobei mir natürlich nicht verborgen blieb, was jenseits der abgeschotteten Indie-Zirkel so alles konsumiert wurde an Musik. Ist auch nicht so, dass ich mit Vangelis und Jean-Michael Jarre (um mal Beispiele aus anderen Welten zu nennen) gar nichts anfangen konnte. Es gab aber über diese allgemein gängigen Sachen (wie Soft Cell, Eurythmics, Bronski Beat und anderes, was man damals hören konnte, ohne Krämpfe zu kriegen) hinaus auch ein bestimmte Repertoires, die sich ohne Verbindung zu bestimmten subkulturellen Kontexten und Szenen wohl nur wenigen erschlossen haben.

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Ja, ich denke es lag tatsächlich am „subkulturellen Kontext“. Manche Türen blieben mir immer verschlossen, andere wollte ich, nachdem ich kurz mal rein geschnuppert hatte, nicht weiter öffnen. Wobei mir Joy Division durchaus geläufig war, damals, in jenen lange zurückliegenden Zeitaltern, die oft als wild beschrieben wurden, zu unrecht wie ich meine …

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@der_papa:
Verstehe. In dem einen oder anderen Zimmer, in das Du nur mal reingeguckt hast, habe ich wahrscheinlich etwas länger verweilt. Aber dahinter gab es ja auch noch weitere Türen die ich nur kurz oder gar nicht öffnete. Durch manche bin ich allein gegangen, weil mein damaliges Umfeld zurückscheute (etwa bei dem ganzen Thema Electronic Body Music). Und aus so mancher gängigen Heldenverehrung meiner peer group habe ich mich ausgeklinkt. Hab ich schon mal erwähnt, dass ich Joy Division eigentlich gar nicht soooo überbedeutend fand seinerzeit?<>

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Joy Division waren für mich einfach da. Sie gehörten da hin, und wie alles das genau passt wird es oft als selbstverständlich angesehen. Ich teile also Dein Gefühl, und sehe die Lobhuddelei eher mit gemischten Gefühlen.

Übrigens: Ich war schon immer jemand, der die Qualität von Content (egal ob Film, Musik, Literatur, …) immer erst viel später entdeckte. Ich lese ein Buch und denke, ja, ist ok. Dann lege ich es für Monate oder Jahre weg, lese es erneut und denke, oho, gar nicht so schlecht. Nochmal Weihnachten drüber vergangen, und beim dritten mal bekommt vieles einen Status, der heutzutage total verramscht wird und an jeder Ecke wohlfeil im Angebot ist: Kult.

Geht mir übrigens auch bei EBM so. Ich brauche wohl noch etwas …

___________

PS; „When I go“ scheint mir eher was „für die Nacht“ zu sein …

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Dazu
sag ich morgen was, heute erlaube ich mir frühzeitiges Schwächeln...

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So, da wären wir wieder.
Ich kenne das auch ganz gut, Sachen für mich zu entdecken, wenn andere schon hinter dem next big thing her sind. Die von Herrn Kid genannte Combo Wire beipielsweise habe ich erst Mitte der 90er so richtig schätzen gelernt, da feierte alle Welt längst einen blondierten Karohemdenträger, der irgendwie nicht so richtig klarkam. ;-p

Aber bei EBM war das anders, da war ich exakt getimt dabei und hatte auch das tief empfundene Gefühl, dass diese Musik genau in diesem Kontext von hier und jetzt (also sprich: damals™) so und nicht anders sein muss. Und kurioserweise konnte ich mit den meisten anderen, die darauf richtig abgingen, gar nicht viel anfangen. In dem Club, den ich damals frequentierte (nicht grau gekalkt, sondern weiß gefliest - mit Neonröhren an der Wand) spielten an verschiedenen Wochentagen DJs ihren jeweiligen speziellen Mix. Meine Leute waren eher für Gitarrengeschrammel zu haben, also das Dientagsprogramm, und donnertags musste ich immer alleine zum EBM-Gehämmere.

Aber wenn es mit Dir und diesem Genre nichts mehr wird, muss uns das nicht grämen. Ich glaube, Du bist mehr Harmoniker als Rhythmiker, und das könnte dem ungetrübten Genuss dieser Klangwelten ziemlich im Wege stehen.

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Ich reihe mich da mal ein. Man könnte -wäre man wohlwollend- meine musikalischen Hörgewohnheiten als antizyklischen zick-zack-Kurs bezeichnen. Ich könnte nun auch postulieren, worauf ich -stilunabhängig- tendentiell Wert lege- und sofort fallen mir Beispiele ein, die das widerlegen würden. Also lass ich es einfach sein und stelle fest, dass es kaum eine Richtung gibt, in der ich nicht etwas entdecken könnte.

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in diesem Kontext von hier und jetzt ... so und nicht anders ...
Dieses tiefe Gefühl hatte ich, ab Mitte der 80er, mit diesem britischen Crustcore-/Grindcore-Ding ... Deviated Instinct, Electro Hippies, Extreme Noise Terror, ND, Heresy, Doom ... usw. DAS war es. Sagenhaft. So musste, so sollte das sein. Damals. Sie sagen es. Lange her. Hat sich aber "richtig" und gut angefühlt. Damals ...

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@cut:
Erstaunlich, dass das seinerzeit auch mit dieser Art von Musik funktioniert hat. Puh, das war ja nun auch eher was fürs Minderheitenradio, gemessen daran war meine EBM-Mukke ja schon fast breitenwirksam populär. Ich wusste damals wohl um die Existenz einiger von Ihnen genannter Acts, fand aber nie so recht den Zugang.

@kreuzbube: Rein kopfmäßig ist mir auch immer klar gewesen, dass es doch in nahezu jedem Genre sicher ein paar Perlen zu entdecken gibt. Aber da war dann auch immer die Frage, durch wieviel weniger interessantes Zeug muss ich mich durchquälen, um vielleicht darauf zu stoßen? Oder wie lange müsste ich versuchen, meine bisherigen Hörgewohnheiten umzukonditionieren? Das habe ich dann doch oft als Zeitverschwendung betrachtet.

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Minderheitenradio
Schon. Andererseits spielte im Ak 47, hier im D-Dorf, die gesamte Crème de la Crème der Szene. Für so ein Biotop wie die damalige Kiefernstraße war die Kombination von Hardcoregeknüppel und linker Attitüde natürlich zu 100 Prozent passend. Da fühlte man sich dann doch gleich als Teil einer Bewegung. Das JUZ in Mannheim dürfte ähnlich gestrickt gewesen sein. Ich bin da, in MA, erstmals Anfang/Mitte der 90er gewesen, da war das so. Vorher aber vermutlich auch.

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Anfang der 80er waren im JUZ noch Tee und Stricken angesagt, da haben Sie recht;-)
Wann der Umbruch hin zum Hardcoregeknüppel zeitlich genau passierte, bekomme ich allerdings nicht mehr so genau hin. Ich war da auch nur sporadischer Gast.
Da JUZ war ja damals™ mitten in der Innenstadt, in unmittelbarer Nachbarschaft von der Bekleidungsbutze der Provinz-Haute-Volée.
Da war der Ärger mit den Punks vorprogrammiert. Und Anfang/Mitte der 90er (?) kundenfreundlich ausgelagert.

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Irgendwie war Punk schon alt als ich jung war. Damals...

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Und ich war schon alt, als ich merkte, dass Punk schon alt war als ich jung war.

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... kundenfreundlich ausgelagert ...
Ich kenne den Laden nur an der Käthe Kollwitz Straße / Am neuen Meßplatz.

Und wo wir gerade so nett von der Metropolregieon Rhein-Neckar reden. Ein toller Laden war der hier: AZ Heidelberg (nur noch virtuell). Bei 1-2 Veranstaltungen gegen die Räumung bin ich auch dabei gewesen. 1998/1999. Lang her. Und ganz jung war ich da auch schon nicht mehr. ;-)

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....erinnert entfernt an Joy Division

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Dieses Stück schon,
aber das ist eher die Ausnahme. Da, wo der orientalische Einschlag stärker durchkommt, sind Querbezüge und Parallelen zu anderen Bands aus jener Zeit kaum noch zu erkennen.

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(ausgelagert)
„Ich glaube, Du bist mehr Harmoniker als Rhythmiker, und das könnte dem ungetrübten Genuss dieser Klangwelten ziemlich im Wege stehen.“

Ich bin extremst sensibel für gut gestaltete Rhytmik. Polyrhythmen, am liebsten mit Bewegungen drin, faszinieren mich so sehr, dass die (üblicherweise dahinter zurückfallende) Melodik selbst in schlimmen Fällen mir durchaus erträglich wird.

Wofür ich auch sehr zu haben bin sind gute Hook-Lines. Das ist mir erstmals bei „just can't get enough” von Depeche Mode aufgefallen, und wurde bei mir dann auch mal hinter Türen gesucht, die ich sonst wegen des Publikums nicht geöffnet hätte. Das Publikum war überhaupt oft der Grund die eine oder andere Türe nicht weiter zu öffnen.

Nach meiner Wahrnehmung interessiert sich das Rhythmik-Publikum weniger für die Musik, sondern mehr, wie viel „Wumms“ sie hat, wie sie auf den Körper wirkt. Der Name EBM macht da ja auch keinen Hehl draus. Während also bei mir überwiegend der Kopf interessiert war, achteten die anderen mehr auf den Bauch. Und die dadurch entstehenden (überwiegend aggressiven) „Atmosphären“ waren mir zuwider. Tür zu.

Als Spätzünder habe ich natürlich besonders bei Musikstilen den Vorteil, nicht die ganze Entwicklung abwarten zu müssen, sondern auf dem Zeitpfeil den Bereich als Filetstück zu genießen, den ich persönlich als Höhepunkt ansehe. Hat ja auch was …

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