Montag, 25. Februar 2008
Nur Sonntag Nacht
Grad will ich nochmal den Hund an die frische Luft führen, da sehe ich durchs Küchenfenster gegenüber vor "Paul's Pinte" (jaa, ohne Apostroph ist so ein Etablissement heutzutage nur halb so authentisch) das große Aufgebot rumstehen: Notarztwagen, ein Rettungswagen (Johanniter), dann stoßen noch zwei Streifenwagen hinzu. Alles ohne Blaulicht und ganz großen Bahnhof, aber allein die vier Warnblinkanlagen sind für hiesige Sonntagnacht-Verhältnisse schon ein bisschen Großalarm. Und kurioserweise scheinen auch gerade wirklich sämtliche Hundebesitzer in der Nachbarschaft noch dringende Bedürfnisse bei ihren Fifis und Bellos festgestellt zu haben, um da unten doch mal nach dem Rechten sehen zu können, ohne als böde Gaffer angeguckt zu werden.

Damit ist klar, dass ich mich dieser Bewegung mit unserem Hundi erst mal nicht anschließe, sondern einstweilen hier oben auf dem Beobachtungsposten ausharre. Viel gibt es auch nicht mehr zu sehen. Zwei Polizeibeamte führen einen älteren Herrn aus der Kneipe und zum Rettungswagen. Was sich da weiter abspielt, ist von hier oben nicht zu erkennen. Dann tritt eine ältere Frau aus der Kneipe heraus und redet wild gestikulierend auf einen der beiden Polizeibeamten ein. Der beschwichtigt und schickt sie zurück ins Lokal. Kurz darauf setzt sich der Konvoi in Bewegung, und alles ist hier wieder still und ruhig wie sonst auch. Die Kartenspielerrunde am runden Tisch vorm Fenster kloppt unbeeindruckt weiter ihren Skat oder Doppelkopf.

Was sich da en detail abgespielt hat, werde ich mangels sozialer Verdrahtung in der Nachbarschaft wohl nicht erfahren. Denn eine Meldung auf den Regionalseiten von "RP Online" wird das mit Sicherheit nicht hergeben. Ist ja letztlich auch egal. Wenn ich jetzt mit dem Hund rausgehe, wird es so sein wie immer. So als habe das alles gar nicht stattgefunden.

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Vielleicht sollte da John Rambo siebenundzwanzig gedreht werden?
Und Du hast Dich nicht getraut hinzugehen , um ein Autogramm zu erhaschen?
:))

Aber ich versteh Dich.
Ich guck auch immer nur von oben auf das Geschehen ..
ich muß das nicht wirklich live und in Farbe haben :)

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Vermutlich hat in der Pinte einer geraucht und damit den Großeinsatz ausgelöst.

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@Lady Death:
Nicht, dass ich feige wäre, aber unbewaffnet geh ich nun mal nicht in potenzielle Schießereien. ;-) Der Typ gestern abend sah aber ohnehin mehr nach Colonel Trautmann im Ruhestand aus als nach John J. Rambo...

@gorillaschnitzel: Gute Hypothese, aber hier in NRW sieht das Nichtraucherschutzgesetz eine Übergangsfrist vor. Es wird also da und dort noch munter gequalmt, ohne dass die Ordnungskräfte einschreiten. Wie auch immer, ich kann mir keinen Reim darauf machen. Wenn der Typ nur die Zeche geprellt hätte, dann hätte es den Notarzt nicht gebraucht - es sei denn, der Typ hätte irgendwas Ernstes simuliert, um sich vor dem Begleichen seines Deckels zu drücken.

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..ich dachte Du hättest Deinen Kampfhund dabei ;)

@gorillaschnitzel
das glaub ich nicht.
Entweder wohn ich nicht mehr in Deutschland , und hab es verpennt , das wir jetzt unabhängig sind .. oder
es juckt hier einfach keinen , bei uns wird weitergequarzt.
Egal ob vor oder hinterm Tresen.
Ich glaubte da auch einen sonst grünlich gewandeten Mann dabei gesichtet zu haben ..
:)

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Es lag wohl
ein Stück weit im Ermessen der Bundesländer, wie schnell sie das Nichtraucherschutzgesetz umsetzen. In NRW gilt eine so genannte "Übergangsfrist", was de facto bedeutet, dass bis zu deren Ablauf (wann auch immer das sein wird) muinter weitergequalmt werden darf wie bisher auch. Dass in irgendwelchen Bierschwemmen und Eckkneipen daher weiterhin dicke Luft herrscht, stört mich gar nicht mal so sehr, aber in Restaurants finde ich diese Übergangsfrist so nötig wie ein Loch im Strumpf.

Ach ja, unser Kampfhundilein kämpft vor allem mit Alterserscheinungen und den härteren Bestandteilen des Futters. ;-)

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Wahrscheinlich ein Lokaltreffen (!) der Neigungsgruppe Kummer & Trunk. Manchmal ist nämlich, so meine bisherige Bilanz, die Grenze nicht immer deutlich markiert.

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Hm,
die Hypothese hat was - auch wenn das Lokal nach meinen Beobachtungen sonst eher von Frohnaturen frequentiert wird. Aber ich muss eh immer wieder staunen, wieviele verschiedene Zielgruppen dieses Lokal im Wochenzyklus bedient: Sonntag vormittags sieht man da vor allem honorige ältere Herren beim Frühschoppen. Am frühen Sonntagabend feiern dann eher jugendliche Vereinssportler ihre Siege oder begießen ihre Niederlagen. Unter der Woche wechselt das Hauptpublikum auch nochmals mehrfach von Jung bis Alt und wieder zurück, warum sollte da die Neigungsgruppe nicht auch ihre Nische finden? Aber dass das bei manchen so weit geht, dass man gleich Polizei und Notarzt rufen muss, das macht mich doch schwer betroffen irgendwie.

Ich nehme mir ja immer mal vor, auch mal reinzuschneien in die Pinte - zwecks besserer nachbarschaftlicher Anbindung und so. Spätestens im Sommer, wenn auch die Stehtische draußen stehen und das Gequalme kein Schrecken mehr ist, muss ich mir dann neue Ausreden einfallen lassen, warum ich das weiterhin vor mir herschiebe.

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Bei kummervollen Schnapsexperimenten macht der Kreislauf schon mal schlapp. Hält sich eben nicht jeder an die Statuten (safe, sane, consensual).

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Alter
schützt bekanntlich vor Torheit nicht. Aber solchen Experimenten hatte ich schon längst abgeschworen, als ich in die "Saufschule der Nation" (vulgo: Bundeswehr) einberufen wurde. Ich wage auch nicht, mir auszumalen, was passieren müsste, damit ich an diese Experimente der Jugend wieder anknüpfe. Hochprozentiges geht irgendwie gar nicht mehr.

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Manchmal reicht Metakonsens, Herr Kid.

Lustig, Herr Mark, ich komme gerade erst auf den Geschmack.

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(Manchmal würde bei mir schon Nachdenken reichen. So gerade.)

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(Reden kann auch helfen. Und Hand halten.)

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Ich kann sagen, was da los war. Der Mann hat versucht den Streit zwischen der Frau und einem anderen Mann zu schlichten, der vor dem Tresen mit dem Tode ringt. Da der Mann vor der Tür zwar eine große Klappe aber dafür einen schwachen Haken hat, musste die Frau einschreiten, prügelte den, der immer noch drinnen liegt, zu Boden um dann die Reue zu bekommen, weil sooo schlimm war ihr Heribert nun auch wieder nicht, als dass sie sich dazu anstiften lassen muss, ihn zu Boden zu prügeln, zumal von einem Unbekannten, der unter dem Schutz der Johaniter hinausbegleitet wird, aber die Frau gibt nicht auf und läuft schimpfend und keifend hinterher, will einen Schlag landen, so wie ihn Heribert einstecken musste, aber da wird sie zurück geschickt, zurück in die rauchige Atmosphäre der Skatfabrik, zurück zu den Flüssigkeiten, die die Zügel ihres Lebens in die Hand genommen haben, und die so schwer wieder zurück erobert werden müssen, wenn denn die Kraft noch reicht, und überhaupt — warum nicht einfach scheitern? Ist doch viel einfacher.

Siehste — Da braucht es keine RP-Online.

Aber mal was anderes. Wie kann man es in deutschen Kneipen überhaupt aushalten? Ich bin ja nur noch ein paar Jahre von der 50 weg, aber so alt wie man sein muss für solche Saufläden werde ich wohl nie. Gaststätten in Frankreich, Belgien, Holland, Österreich und der Schweiz haben etwas heimeliges. Auch eine Sportsbar in Amerika ist einen Besuch wert. Aber eine Eckkneipe in Deutschland? Da wollte ich nicht mal rein als ich noch 'ne Spritnase war …

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Nee, nee,
wir sind ja hier nicht in Solingen, wo der Ruhrpott-Bukowski seine legendären Kneipen-Geschichten herhat. Gewalt war da mit Sicherheit nicht im Spiel, das hätte mehr vernehmbaren Umtrieb gegeben, mehr Hektik in der Kneipe und draußen vor der Tür, Blaulicht, das ganze Programm. Nein, das war harmloser.

Was die Attraktion solcher Etablissements ausmacht, da fragst Du definitiv den falschen. Selbst mein Vater, der Alkoholiker war, kommte mit dieser deutschen Kneipenkultur nichts anfangen. Frag doch mal den Herrn Glumm, was er dort sucht.

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Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen schon als Kind dann und wann diesen Ort der Abstürze in meine stillen Beobachtungen und sinnlosen Betrachtungen einflechten zu dürfen. Deutsche Kneipen waren mit einer der markantesten Orte in meiner Jugend. Meine Erlebnisse dort — und ich habe da kaum was getrunken, dass habe ich erst als W15er angefangen, und da auch nicht in Kneipen — also was ich dort erlebt habe, ließ mich eines Tages die Frage stellen, was den „normal“ sei. Mit dieser Frage hat sich mein Leben verändert. Bisher dachte ich immer, die anderen sind „normal“, und ich müsste nur werden wie sie, damit ich endlich nicht überall aneckte. So langsam kamen mir an dieser Vorstellung die ersten Zweifel.

Was die Gewaltvermutung in der o.b. Szene angeht, so war da reine persönliche Statistik im Spiel …

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"Bisher dachte ich immer, die anderen sind „normal“, und ich müsste nur werden wie sie, damit ich endlich nicht überall aneckte."
Hehe... ein weit verbreiteter Irrtum...

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Die Frage
"bin ich normal" wird sich jeder denkende Mensch mehr als einmal im Leben zu stellen zu haben. Davon nicht angefochten zu sein, ist wenn man so will das Privileg der unreflektierten Hohlköpfe. ;-)

Als wir damals zu Mittelstufenzeiten die ersten Sauftouren unternahmen, waren hauptsächlich Studentenkneipen und dergleichen unser Anlaufpunkt in der Stadt. Aber derbe Beizen rustikalerer Art, Kleintierzüchterkneipen (Literglas Bier aus der Flasche: drei Mark) und Ausflugslokale im Naherholungsgebiet haben wir natürlich auch erkundet, das gehörte gewissermaßen zu den Initiationsriten des Heranwachsens. Wirklich heimisch bin ich in dieser Welt aber nie geworden.

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Ich kann nicht leugnen, mir hin und wieder ein Dasein als unreflektierter Hohlkopf zu wünschen.

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Klar,
wer tut das nicht von Zeit zu Zeit? Auf jeden Fall habe ich aber gemerkt, dass mir der Alkohol auch keine dauerhafte Flucht vor der Grübelei ermöglichte. Die Ausgelassenheit der ersten Trink-Experimente wollte sich irgendwann nicht mehr einstellen, stattdessen sackte ich nur noch in Düsternis und Selbstmitleid ab - und dafür auch noch Geld zu bezahlen, um mich in diesen jämmerlichen Zustand zu trinken, das war mir dann auch zu doof.

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Tja, den Fluchtweg zu finden ist sicher eine der Aufgaben, die man im Leben bewältigen muss.
Trinken war bisher nicht meine Orientierungshilfe, ich hatte da eine andere unwirksame Strategie. Aber manchmal löst sich ja im Leben ein Etwas auf, für das man dann einen adäquaten Ersatz finden muss.

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Das Leben als Ersatzhandlung.

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Ja,
da sagen Sie was. Das hört sich jetzt vielleicht total banal an, aber man muss wirklich lernen, auch ein Gespür dafür zu entwickeln, was nicht mehr funktioniert, wann einen nur noch die Gewohnheit auf dem Sattel eines scheintoten Gauls hält. Ich habe da schon manche eingeschliffene Gewohnheit zurücklassen dürfen auf der Suche nach neuen Fluchtmöglichkeiten. Die Bloggerei kam ja bei mir auch zu einem bestimmten Zeitpunkt auf, kurz nach dem Familienzuwachs und dem Entschluss, das Rauchen aufzugeben. Und vielleicht hat die Dunkelkammer hier dann auch irgendwann ihre Schuldigkeit getan und/oder die Attraktion als Zufluchtsort verloren, wer weiß?

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Autsch, Herr Kid, nicht so doll.

@ Mark
So manche Gewohnheit klammert ja mit aller Gewalt, was sehr lästig ist. Die Fluchtmöglichkeit Leben probiere ich gerade zur Abwechslung mal wieder aus, ebenfalls verbunden mit Bloggen. Aber wie das so ist bei Fluchten, kommt man halt doch nie irgendwo an.

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Kann man so pauschal
vielleicht gar nicht sagen, Frau Kinky. Vielleicht reicht es manchmal ja auch, überhaupt erst mal in Bewegung zu kommen und nicht gleich abzusehen wo es hinführt.

Das Stichwort "Flucht" lässt sich ja auch leicht als Totschlagargument missbrauchen, viele völlig normale Tätigkeiten lassen sich als Flucht vor was-auch-immer missdeuten: Was, Du hast eine Familie gegründet - bist Du vor dem Alleinsein weggelaufen? Wie Du gehst heute abend aus - kommst Du mit Dir selber nicht mehr mehr klar, brauchst Du Abkenkung von Deiner Misere? Als ob es nicht auch darum gehen könnte, Spaß zu haben, neue Impulse zu tanken oder auch sich weiterzuentwickeln.

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Die Unsicherheit auf diesem Weg ist ein Hemmnis, das erstmal überwunden werden muss. Obwohl man ja einfach das Spannende des Versuchs in den Vordergrund rücken könnte, anstatt die Angst vor der Ungewissheit.

Ja, Totschlagargument, da haben Sie aber verdammt recht. Spaß und neue Impulse, natürlich sind die wichtig und richtig. Aber leider nur so lange, bis da einer im Kopf zu toben anfängt, die Zunge rausstreckt und mit dem Finger auf die Oberflächlichkeit zeigt. (Ist ja vollkommener Quatsch, weiß ich auch.)

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ich kann nur trinken, wennes mir gut geht. SOnst schmeckt es nicht.
Am liebsten hochprozentiges und durchsichtiges. Dazu Bier...zum nüchtern trinken zwischendurch.
So geht das am Besten.

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