Freitag, 21. Oktober 2011
Spätgotische Nachlieferung

Hier noch ein paar Impressionen aus dieser St.-Jakobskirche in Dieppe. Soweit mein laienhafter Blick dies beurteilen kann, haben wir es hier mit Spätgotik zu tun, womöglich Flamboyant-Stil. Und so ist es nicht ganz reizlos, sich vorzustellen, wie groß die Ähnlichkeiten mit der entprechenden Jakobskirche in Paris gewesen sein mögen, von der nur der Turm erhalten blieb. Wenn Sie also bitte folgen wollen...

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Et voilà:










Das letzte Bild ist leider etwas unscharf, da habe ich auf puren Verdacht hin die Hand mit der Kamera durch ein Gitter gesteckt, das den Zugang zu einer Seitenkapelle versperrte. Ich habe nicht gesehen, was auf dem Display ist oder was mich erwartet, ich habe einfach mal auf den Auslöser gedrückt...

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Schade das im Mittelschiff ein Netz gespannt ist und den Blick nach oben einschränkt. Fällt da der Putz von der Decke?

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Das ist für gefallene Engel.

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@jotwede:
Ja, da bröckelt einiges, nicht nur Farbe und Putz. Ob man jetzt ohne das Netz schon Helmpflicht einführen müsste, kann ich als Laie nicht so recht einschätzen. Auf Panoramio hat jemand tolle Bilder ohne Netz hochgeladen. Und ein besseres Bild der Seitenkapelle hats da auch.

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@ilnonno:
;-)))

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Eindrucksvoll. Danke fürs Teilhabenlassen.

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Aber gerne!
Interessanterweise kommt auf den Bildern der schleichende Verfall und das Abbröckeln an allen Ecken und Enden gar nicht so stark zum Ausdruck.

Das durchs Kirchenschiff gespannte Netz gegen etwaigen Steinschlag gibt der Sache vor Ort eine ganz besondere Note, zumal da oben auch Vögel rumflatterten.

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Ja, der Verfall. Wenn man als Steinmetz in einer Dombauhütte ist, dann hat man sein Leben lang immer zu tun. Aber ich hege, Instandhaltungsarbeiten hin oder her, wenig Zweifel, dass unsere heutigen Bauwerke in 1000 Jahren nicht mehr stehen werden.

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@kreuzbube
Für wahr, z.B, der Kölner Dom. Erst 1880 fertig geworden, fing man 24 Jahre später an gegen den Verfall zu kämpfen.
@mark
Das Kreuzgewölbe auf dem 2ten Bild sieht schon recht morbid aus.

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Schon ein Ideechen zu verspielt für meinen Geschmack, aber andererseits ist es schon Hammer, was die damals lange vor Erfindung des Bauingenieurwesens alles bauen konnten. Der Preis von Versuch und Irrtum war natürlich, dass da auch schonmal ne Kirche eingestürzt ist, wenn die Erbauer zu wagemutig waren. Umso beeindruckender aber, dass so viel immer noch steht und hält.

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Vielleicht ist Ihnen das letzte Bild verwackelt, weils komplett 19. Jh. ist...?

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@berenike:
Normalereise bringt mich nicht mal das 21. Jahrhundert zum Zittern, in dem Fall lags tatsächlich daran, das ich blind um die Ecke fotografiert habe ohne genau zu wissen, was mich da erwartet. Dem Marienbild sehe ich das jüngere Datum natürlich auch einigermaßen an, aber ob der Altar drumrum auch neugotisch ist oder aus älterer Zeit, da wäre ich überfragt. Vermute aber, dass er auch aus neuerer Zeit stammt.

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@muerps:
Viele Details (gerade an der Außenfassade), angesichts derer der Purist sich mit Grausen abwendet, habe ich ja gar nicht erst abgelichtet. Da gehen Flamboyant, Rayonnant und Renaissance-Elemente bunt durcheinander, und im Vergleich dazu bietet dann der Blick durchs Mittelschiff Richtung Chorraum eigentlich einen erfreulich klassischen Kontrast.

Das interessante war ja nicht zuletzt, dass mich der seitlich stehende Turm schon von weitem an den Tour St. Jacques in Paris erinnerte, und dann lese ich auf dem Schild vor der Kirche in Dieppe, dass das auch eine St. Jacques-Kirche auf dem Jakobsweg ist, die noch dazu etwa aus der gleichen Zeit stammt wie die (nicht mehr existente) in Paris.

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„Gottes“häuser? Hier?

Nein nein, ich bin nicht entsetzt, nur überrascht.

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@der_papa:
Die Suche nach 'Gotteshäuser' hat kein Ergebnis geliefert! ;-)

Beim Begriff "Gotteshaus" wird die Dunkelkammergugel übrigens auch nicht fündig. Aber warum überrascht es Dich, hier Kirchenbilder zu sehen? Meine inhaltlichen Differenzen mit meinem früheren Kirchensteuernutznießer sind das eine, mein Faible für gotische Kirchenräume etwas anderes.

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„Aber warum überrascht es Dich, hier Kirchenbilder zu sehen?“

Ach lassen wir das. Ein Gotteshaus ist (für mich) ein Ort, in dem Gottesdienst abgehalten wird. Es ist in erster Linie für diesen Zweck errichtet worden. Zumindest sollte es das. Wie für einen Gast üblich wird das Haus geschmückt. Aber aus Schmuck wurde Prunk, aus dem Gottesdienst wurden (bestenfalls) Traditionen. Gott musste irgendwann leider „draußen bleiben“. Es wurde über ihn gesprochen, aber nicht mehr mit ihm. Auch lässt sich mit einem „Gott“ trefflich Schindluder treiben. Da werden dann auch schon mal „Gottes“häuser gebaut, dessen Schmuck/Prunk nicht dem Gott galt, sondern dem Zeremonienmeister vor dem Altar. Und irgendwann ist „Gott“ dann gar nicht mehr im Geschäft. Dann geht es nur noch um Architektur. Jetzt habe ich doch was geschrieben, Mist …

Auch Albert Speer hat viele großartige Bauten errichtet. Ich habe mir vorgestellt, wie über seine Bauten hier gesprochen wird, und konnte es mir nicht vorstellen, weil dessen Bauten ideologisch belastet sind. Aber sind das Kirchen nicht auch? Deswegen „überrascht“.

Ist jetzt ein wenig durcheinander, sorry. Ich hoffe, Du erkennst was ich meine.

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Also, ich erkenne nicht so recht, was gemeint ist. wenn ich mir Stonehenge ansehe, muss ich kein Abgesandter des Deutschen Druidenordens sein (ja, den gibt's noch).

Wenn ich gläubig bin, heißt das doch nicht, dass ich mich nicht mit dem Kultus anderer Glaubensrichtungen beschäftigen darf. Nicht anders ist es, wenn ich nicht gläubig bin. Die großen Weltreligionen haben unser Leben und unsere Kulturgeschichte über so lange Zeit geprägt (und tun dies noch), dass ich gar nicht anders kann als das Zeugnis ihrer Existenz allerorten wahrzunehmen.

Über Speers Bauten reden? Gerne, meinetwegen auch über Breker und Riefenstahl.

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Das heisst, Sie können kein Bauwerk betreten, ohne mal für einen Moment den ganzen kulturellen und historischen Balast zu vergessen?

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@mark:
Bei mir sinds ja eher die romanischen (und noch früheren) Kirchen, die mich ansprechen.

Meine Lieblingsgotik:
Sainte-Chapelle: Nannten Sie ja schon. Reinstform!
Saint-Denis: Übergangsstil.
Chartres. Das beste in Frankreich, dort habe ich vor vielen Jahren beschlossen Kunstgeschichte zu studieren, da kannte ich die Existenz des Studienfachs allerdings noch nicht. Und die Gewändefiguren sind einfach großartig!
Schwäbisch Gmünde: das Gewölbe ist scharf.
Nürnberg, St. Sebald: Gesamtkunstwerk.
Marburg, Elisabethkirche: ebenso.
Chorin, um auch mal der Backsteingotik eine Chance zu geben.
Soest, St. Maria zur Wiese: Achtung, Schwindelgefahr! (Apropos, schonmal in Beauvais gewesen?)
Dann natürlich noch die englische Gotik: die waren ja völlig verrückt, die Briten!

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@der_papa:
Albert Speer ist ja nun ein ziemliches Totschlagargument, da könnte man im nächsten Schritt auch gleich mal den Besuch von KZ-Gedenkstätten problematisieren. Aber um es eine Stufe drunter zu belassen, ich hätte zu Zeiten auch als dezidierter Nichtkommunist kein größeres Problem damit gehabt, mir den Palast der Republik anzugucken. Hat sich halt nicht ergeben, aber die Mannheimer Moschee z.B. habe ich von innen gesehen. Und wenn es opportun wäre, würde ich mir auch mal einen Tempel von Deiner Kirche angucken. Kann es aber auch respektieren, dass das an Voraussetzungen geknüpft ist, die ich nicht erfülle. Tatsächlich muss ich mir in einer Kirche nicht in jedem Moment den ganzen Ballast bewusst machen, der an der (nach meinem persönlichen Dafürhalten falschen) Lehre dran hängt, da kann ich durchaus durch die kulturhistorische Brille gucken. Im Zweifelsfall könnte ich mich auch auf den Standpunkt stellen, dass ich über die Jahre genug Mitgliedbeitrag gezahlt habe, um immer noch ein Recht drauf zu haben, mir eine Kirche anzugucken und wenn ich lustig bin auch eine Kerze anzuzünden (für die ich im Übrigen selbstverständlich bezahle).

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@berenike:
Speyer und Worms hatte ich ja gewissermaßen vor der Haustür, von daher ist mir die romanische Formensprache früher vertraut gewesen als die gotische. Chatres habe ich gesehen (Amiens auch), ist aber wie Schwäbisch Gmünd schon so lange her, dass es nicht mehr wahr ist. In Beauvais war ich noch nicht, habe dieser Tage aber eifrig Bilder geguckt bei wikipedia und Tante Gu. Zu Backsteingotik fällt mir noch Lüneburg ein, da gibt es ein recht ansprechendes Exemplar. Ihre anderen Anspieltipps werde ich gleich mal zumindest virtuell besuchen.

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Mark, ich möchte keine Rechte streitig machen. Und mir ist auch bewusst, dass mit dem Auftauchen der Nazis jedes weitere Gespräch sinnlos wird. Und wie ich schon sagte, ist alles nicht so beschreibbar wie ich es eigentlich will.

Ich habe gerade die Parodien der Religionen angesehen. Eine aus meiner Sicht sehr schwierige Grundlage für Gespräche über Religionen. Das „Kirche“ es schwer hat in der Gesellschaft, hat sie sich selber zu zu schreiben. Aber das Gott gleich mit verworfen wird verstehe ich nicht. Über Gott und Religion kann man sich in Blogs üblicherweise nur spöttisch äussern, wenn man nicht hinweggefegt werden will. Und wie ich schon anmerkte sehe ich in den Gebäuden Gotteshäuser. Ich kann sie nur schwer von ihrem Zweck, dem vorgeschobenen und dem tatsächlichen, trennen. Genau so wie ich die Bauten Speers nur schwer von der Ideologie trennen kann, deren Ziele sie unterstützen soll. In diesem Sinne ist Dein „Auschwitz“-Vergleich als Weiterführung meiner Gedanken äusserst unangemessen, und hat mich getroffen. Die KZ-Gebäude (es gab ja noch viel mehr, nicht nur die in Polen) sind sicherlich architektonisch nicht weiter erwähnenswert (falls wer bei ihrem Anblick überhaupt an die Architektur denken mag). Speers Gebäude hingegen verteilen deutliche Botschaften.

In Grass' Buch „Ein weites Feld“ hat das ehemalige Reichsluftfahrtministerium einen zentralen Platz. (Das Gebäude ist viel älter, und wurde nicht von Speer gestaltet). Dort wird auch beschrieben, welchen Weg Besucher nehmen mussten, und wie die Architektur dazu beigetragen hat, dass der Besucher nicht nur beeindruckt, sondern möglichst auch gedemütigt wird.

Bei aller Faszination für die reine Architektur, sehe ich darin immer auch ihre Nutzung bzw. Nutzungsabsicht. Ich kann den Dom in Köln nicht von der katholischen Kirche trennen. Ich sehe das Gebäude immer auch als Verlängerung der Absichten seines Erbauers. Hier lerne ich, das ich mit meiner Ansicht wohl alleine stehe.

Naja, ist ja auch egal …

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@der_papa:
Ich kann Dir versichern, dass ich Dir mit "im nächsten Schritt..." keinen Auschwitz-Vergleich unterjubeln wollte, sondern aufzeigte, wo man mit dem Speer-Argument eben auch landen kann - nämlich da, wo es nichts mehr diskutieren gibt. Es ist ein legitimer Standpunkt, ein Gebäude primär als Verlängerung der Absichten seines Erbauer zu betrachten, aber für mich ist das nun mal nicht die einzig denkbare Sichtweise. Ich versuche es mal mit einem sachfremden Beispiel: Du wirst Dich vielleicht erinnern, dass ich hier im Blog mal die vom Chor der roten Armee gesungene Hymne der Sowjetunion verlinkt hatte. Natürlich kann und will ich dieses Musikstück auch nicht völlig losgelöst von dem ideologischen Hintergrund betrachten und hören, aber gleichwohl muss ich gestehen, das es selbst in mir mit all meiner weltanschaulichen Distanz zum Marximus-Leninismus doch etwas zum Klingen bringt.

So ähnlich ist das mit schönen Kirchen. Dort
spricht mich auch etwas an, ungeachtet dessen, dass ich den Glauben, in dessen Bezugssystem diese Gotteshäuser errichtet wurden, nur zu einem sehr geringen Grad teile. Ist das so schwer nachzuvollziehen?

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Ich glaube nicht, dass man als Mitteleuropäer mit einer Sozialisation, die "Kirche" beinhaltet, diesen "Ballast" (ein in meinen Augen hier ganz unpassender Begriff) abwerfen kann. Ich stimme dem papa insofern zu, soweit er schreibt:

"Ich kann sie nur schwer von ihrem Zweck, dem vorgeschobenen und dem tatsächlichen, trennen."

Mir geht das ebenso, auch wenn ich nicht gläubig bin. Ich sehe immer eine Kirche, und wenn ich sie betrete, dann ist mir sofort das Weihwasserbecken gegenwärtig, die Erinnerung an ein Niederknien, das Aschekreuz auf der Stirn usw. Ich führe mir das nicht bewusst vor Augen, es ist mir auch nicht jedes Mal bewusst, aber immer zumindest unterschwellig präsent.

Damit sind wir aber am Punkt: Das geht mir zwangsläufig bei Gebäuden, die durch andere Religionen genutzt werden, nicht so. Wie auch? Das steht doch meinem Interesse nicht entgegen.

Zu Speer noch ein paar Worte: Ich muss doch Werk, Architekten und Ideologie nicht trennen, um mich mit den Gebäuden zu beschäftigen. Ganz im Gegenteil, statt Nazi-Kunst per se damit abzutun, dass es eben Nazi-Kunst sei, liegt für mich die Feststellung viel näher, dass die ihre Ideologie in fast perfekter Weise ästhetisch unterfüttert hatten. (Auch) deswegen hat das alles so gewirkt, nicht weil es miese Nazi-Kunst war, sondern weil sie perfekten Bilder hatten zu dem, was sie verkörpern wollten.

@mark793, die Sowjethymne ist mein absoluter Favorit unter den Hymnen.

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@kreuzbube:
Ich habe den Begriff Ballast nicht gänzlich ohne Bedacht gewählt. Mit Blick auf meine persönliche Biographie mit dem nicht ganz einfachen Loslösungprozeß von der von den Eltern praktizierten Religionsausübung oder gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen Kirche/Staat hätte ich auch von Altlasten sprechen können. Aber es fällt mir längst nicht mehr sonderlich schwer, das auch mal außen vor lassen zu können, wenn ich eine Kirche betrete. Meine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema findet eher in anderen Zusammenhängen statt.

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Falls Bilder der hiesigen Kirche gewünscht sind, berenike und mark793, dann kann ich in naher Zukunft gern welche zur Verfügung stellen. Was möchten Sie denn sehen?

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@texas-jim:
Also schwindelerregender Kreuzrippen- oder Netzgewölbe-P0rn0 zum Beispiel, hohe Pfeiler und bunte Fenster sind immer gern gesehen.

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