Dienstag, 26. Juni 2007
Kindermund tut Wahrheit kund
Ich bin - wie Sie sicher mit einiger Dankbarkeit bemerkt haben werden - bislang nicht groß auf der Tatsache herumgeritten, dass meine Tochter mittlerweile in der Lage ist, syntaktisch korrekte und vollständige Sätze von sich zu geben. Zum einen, weil ich nichts anderes von ihr erwartet habe - und zum anderen, weil ich immer noch im Ohr habe, was der journalistische Lehrmeister meines journalistischen Lehrmeisters zu sagen pflegte: "Was Kinder von sich geben, das interessiert allenfalls deren Eltern und Großeltern - aber sonst niemanden."

Nun wohne ich ja in Nordrhein-Westfalen, und hier interessiert sich auch die Landesregierung oder das Oberschulamt (Stichwort: Sprachstandserhebung) für das Artikulationsvermögen meines Nachwuchses. Grund genug, mir auch mal eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen und gegen die güldene Regel des Herrn Kress zu verstoßen. Denn es gibt eine häufig zu hörende Äußerung meiner Tochter, die mich nachhaltig verstört: "Papa hat im Herbst Geburtstag", so posaunt die Kleine bei jeder passenden und unpassenden Gelgenheit herum.

Jetzt frage ich mich, wer ihr diesen völlig randständigen und bedeutungslosen Fakt so gründlich eingebimst hat, dass sie ihn alle naslang wiederholt. Ich war es jedenfalls nicht. Wer mich näher kennt, der weiß, dass mir irgendwelches Gedöns um meinen Geburtstag tendenziell eher unangenehm ist. Und wie ich bei Herrn Poodle lese, stehe ich damit nicht alleine:

Mein typischer Geburtstag sieht so aus, dass ich Punkt Mitternacht knapp konstatiere: »Sehr erfreuliches Vorkommnis, meine Geburt, doch«, anschließend routinemäßig die mit drängelndem Fiepen um Aufmerksamkeit buhlende Vodafone-Belästigung lösche und damit hat es sich. Alles andere halte ich für übertrieben, schließlich ist so eine Geburt nicht das Verdienst des Geborenen. Vollkommen plemplem ist die vielerorts zu beobachtende Angewohnheit, anderen mit seinem Geburtstag auf den Wecker zu fallen. »Ich lade ein zu meinem soundsovielten Wiegenfeste« heißt doch im Klartext nichts anderes als: »Ich halte den Umstand meiner Geburt – obschon es sich um eine milliardenfach auftretende Bagatellbegebenheit handelt – für dermaßen bedeutend, dass ich schon einen Kreis von Interessierten erwarte, der sich bereit erklärt, dem Umstand dahingehend zu huldigen, dass alles andere abgeblasen wird, womit man sich zum Zeitpunkt der Feierlichkeiten eigentlich viel lieber beschäftigt hätte, mir außerdem von Herzen gratuliert und planlos Glück bzw. Gesundheit gewünscht wird oder was immer einem sonst an originellem Content einfallen mag, mit dem man mich zutextet.

Schöner und treffender hätte ich es auch nicht ausdrücken können. Und mit Blick auf den Herbst (der, wenn ich aus dem Fenster sehe, gar nicht mehr so weit weg zu sein scheint) und mein Existenzjubiläum sage ich deswegen schon heute:

Von Kranz- und Blumenspenden bitte ich abzusehen.

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