Montag, 24. Juli 2017
Die ideale Anzahl Fahrräder ist bekanntlich n + 1 (Teil n)


Zugegeben, dringend gebraucht habe ich dieses Rad nicht. Aber jemand anderes brauchte den Platz im gut sortierten Fahrradspeicher anderweitig, der Preis war selbst unter Freunden geradezu lächerlich niedrig, und so ist mir dieses schöne Bianchi Vento 527 gewissermaßen zugelaufen. Es war noch ein bisschen Arbeit damit verbunden, Hinterrad (mehrmals) flicken und diversen Alterungserscheinungen mit Scheuermilch und Politur zu Leibe rücken und die Look-Pedale gegen normale tauschen, damit auch die beste Ehefrau von allen den italienischen Drahtesel mal reiten kann.

Am Samstag habe ich eine erste Biergartenrunde damit gedreht, und um das Fazit gleich vorwegzunehmen: Es hat Laune gemacht! Die Umgewöhnung auf die Schaltung von Campagnolo mit ihrer von Shimano etwas abweichenden Ergonomie geht recht schnell, zumal ich vor Jahren eine Weile lang ein ähnlich ausgestattetes Krabo exklusiv hier beherbergte. Einziges Manko am Bianchi ist der sehr lange Vorbau, der dafür sorgt, dass ich gestreckter sitze als mir das für längere Touren frommt, ansonsten fährt sich das Rad sehr leichtgängig, auch wenn der Oria-Chrommoly-Rahmen nicht gerade ein Ultraleichtgewicht ist. Die italianità ist jetzt auch nicht ausgereizt bis zum Gehtnichtmehr, zwischen Hinterrad und Sattelrohr ist noch Platz - und doch scheint das Rad beim Kurvenfahren eher in seinem eigentlichen Element als beim Geradeauslauf.

Mit der Übersetzung - vorne 53 und 39 und hinten 12-25 - reicht es bei mir noch für die Süchtelner Höhen, aber für linksrheinisch-niederbergische Herausforderungen würde ich im Zweifelsfall eher Monsieur Mercier mit seiner Kompaktkurbel verpflichten, denn selbst mit dem Chesini, das 39x28 hat, meide ich Höherprozentiges wie die Weltmeistersteigung, Eulental/Schöne Aussicht und Stindertal/Gans. Also vielleicht läuft mir ja noch ein großes Ritzel oder eine Ersatzkasette zu, ansonsten bleibt es halt ein Flachlandrad.

Die graue Ausstattung der Veloce-Serie ist sicher nicht das schönste, was Campagnolo je auf den Markt geworfen hat, sie ist mehr so das Pendant zur matt eloxierten 105er-Gruppe von Shimano, bei der die Solidität und Zuverlässigkeit auch weit vor der Schönheit kommt. Aber mit der schön verchromten Gabel und dem Hinterbau, der polierten Aero-Sattelstütze und den sehr blanken Naben ist der Blingbling-Faktor auch so schon ganz beachtlich.

Und seien wir ehrlich: Natürlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass dieser Kauf auch sowas wie eine späte Wiedergutmachung dafür ist, dass so ein Renner in Celeste für mich in jungen Jahren völlig unerschwinglich war. Wir hatten ja nichts, damals nach dem Krieg - nur ein blaues 10-Gang-Sportrad aus dem Wertkauf. ;-)

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Da unterhalten wir uns kurz über ihre vorgeburtlichen Freudesstürme und schon haben sie sich so zum Ausgleich oder Dank mit einem neuen Rad beschenkt;-) Weiter so.

Einfach zu schauen ist Twin Peaks 2017 nicht. Ich glaub ich lach andauernd an der falschen Stelle.

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Habe bisher nur die ersten vier Folgen gesehen, muss mich also dringend um Nachschub kümmen, um nicht völlig den Anschluss zu verlieren. "Anstrengend" trifft es schon ganz gut, zumal ja klar war, dass es nicht einfach nur eine Fortschreibung der ersten beiden Staffeln werden würde. Kyle McLachlan, der Hauptdarsteller, ließ dieser Tage in einem Interview verlauten, am Ende würde alles zusammenpassen, so dass es Sinn ergibt, aber ich weiß nicht, ob ich das glauben soll.

So ein italienisches Rennrad anzugucken, das ist aber immer was für die Sinne. Allein wie sich die Landschaft in der verchromten Gabel spiegelt und das Sonnenlicht in den Speichen spielt, schärft das Bewusstein für das hier und jetzt und vertreibt die Geister der düsteren Vergangenheiten.

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Glückwunsch! Zusammen mit dem Olmo ist ja jetzt richtig Farbe im Fuhrpark.
Ich persönlich würde die Kassette wechseln, um bergab die Kurvenfreudigkeit des Rades voll auszukosten;-)

Den letzten Satz kann ich natürlich unterschreiben. Nur müsste es "rot" heißen. Ein Rotes aus dem Wertkauf:

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So ein rotes Alfira habe ich neulich in den Kleinanzeigen gesehen, da habe ich an Sie gedacht. Mein blaues hatte ich ja mal in den Sommerferien von allen überflüssigen Anbauteilen befreit, damit es rennmäßiger aussieht. Nur habe ich dann beim Wiederaufrüsten etwas geschlampt und die Befestigungsschraube vom Dynamo wohl nicht fest genug zugezogen, der kam mir irgendwann bei voller Fahrt in die Speichen vom Vorderrad, und da hat es mich so über den Lenker geschmissen, dass ich vom Fahrradfahren für die nächsten 10-15 Jahre bedient war.

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Dynamo in die Speichen - der Klassiker.
Auf dem Gepäckträger hatte ich immer ein Stück trockenes Brot als Wegzehrung dabei. Wir hatten ja sonst nichts. Ansonsten hat mir das Rad viel Ärger eingebracht. Wiederholt wurde ich von Nachbarn/Bekannten meiner Eltern auf Strecken weit außerhalb des erlaubten Aktionsradius gesichtet.
Noch in der Garantiezeit musste das Tretlager gewechselt werden, das Neue hielt dann auch nicht lange. Und dann hatte ich eine Westernszene nachstellen wollen, in der ein Cowboy sich aus vollem Galopp in einem perfekten Felgaufschwung auf einen Baum katapultierte und so seine Verfolger narrte - Gabel krumm/Totalschaden und schwere Gehirnerschütterung.
Aber schön war's!

OT: *kicher*
Der Rahmen befindet sich in Berlin, ein Versand nach Deutschland ist aber auch möglich.

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Oh no,
was für ein stunt! Abgesehen von der Dynamosache kann ich wenig Schlechtes sagen, obwohl doch: Den Zahnkranz habe ich mit meinen langen dünnen Beinen tatsächlich zu Klump getreten, das ständige Anfahren im 10.Gang, vor dem man immer gewarnt worden war, hat das Gewinde vom kleinsten Ritzel irgendwann mürbe gemacht. So einen brettharten Plastiksattel und einen derart dünn gewickelten Lenker (das war kaum mehr als Isolierband aus dem Elektrofachbedarf) könnte ich heute auch nicht mehr fahren.

Nach meinem Radius haben meine Eltern eigentlich nicht gefragt, standardmäßig bin ich ja nachmittags zu meiner Liebsten nach Seckenheim geradelt (auch dann, wenn ich mittwoch nachmittags eigentlich Sport gehabt hätte), ansonsten habe ich an den Wochenenden öfters die Runde Schriesheim-Wilhelmsfeld-Schönau-Neckarsteinach-Heidelberg-Mannheim gefahren und einmal auch zu einem Urlaubsflirt aus Groß-Gerau. Das habe ich damals aber nicht mal meinen Brüdern erzählt...

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Bei diesen Sichtungen sollte ich eigentlich an ganz anderen Orten sein, muss man dazu sagen.

Mit den Salzstangen nur die dicksten Dinger treten, das wars doch! So ähnlich mache ich das heute noch;-)
Also ich bekam das Rad 1974, da hatte ich weder eine Liebste, noch Urlaubsflirts neben Beckenbauer oder Netzer. Wow, Groß-Gerau. Wie haben Sie denn dahin gefunden? Seite aus dem Diercke rausgerissen?

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1974?
Okay, da regierte tatsächlich noch König Fußball die Welt - und ich war noch auf 24-Zoll-Reifen unterwegs. Den nötigen Wachstumsschub für 27'' hatten Sie dann wohl deutlich früher. Ich bekam meinen 10-Gang-Halbrenner 1976, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt. Im Landheim 1977 kam ich mit meiner Jugendliebe A. zusammen, die Sie dann ja später auch noch kennenlernten, und die Tour nach GG müsste im Sommer 1978 gewesen sein, kurz bevor ich zu Ihnen in die Klasse kam. Die Route hatte ich ganz grob mit dem Shell-Atlas im elterlichen Auto ausbaldowert, wobei ich der Direttissima B 44 nicht traute, die war ja teilweise schon Kraftfahrstraße, weswegen ich den kleinen Umweg über die Bergstraße B 3 bis Darmstadt in Kauf nahm, für die genaue Zieladresse hatte ich eine grobe Beschreibung, mit 2x Durchfragen und einmal falsch geschickt werden (es hat schon Gründe, warum Männer ungern fragen) bin ich angekommen.

Bei diesen Sichtungen sollte ich eigentlich an ganz anderen Orten sein, muss man dazu sagen. Verstehe, das hatte bei mir ja auch Tradition. Und ich weiß noch, wie wir geschwitzt haben, als unsere Mütter mal übereinkamen, sie müssten sich mal treffen und austauschen. Das galt es mit allen Mitteln zu verhindern!

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Unsere Leben wären nach Hausarrest bis zur Volljährigkeit völlig anders verlaufen...

Zusammenfassen lässt sich sagen, dass die Dinger zwar als Rennrad verkauft wurden, aber das Bild da oben auch im Titanic-Stil untertitelt werden könnte
Monnem-Heini im Glück:
Mein erstes Rennrad

Insofern ist das Bianchi durchaus als späte Wiedergutmachung zu sehen.

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Wohlstandskinder
Ach, da merkt man doch, daß ihr jungen Leute schon in der Kindheit schon wohlstansverwarlost gewesen seid.
Ich hatte naturgemäß nur ein schwarzes Vaterland Rad ohne jeder Schaltung.
DasBianchi ist jedenfalls molto bella!

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Soweit richtig: Wir haben keinen existenziellen Mangel mehr gelitten wie Generationen vor uns. Aber ein 139,90-Mark-Sonderangebot aus dem Wertkauf ist jetzt auch kein großer Luxus gewesen. Für meinen jüngeren Bruder gab es paar Jahre später immerhin ein Staiger-Markenrad. Aber Peugeot, Motobecane, Raleigh und Bianchi waren nochmal eine andere Liga und blieben ein ferner Traum. Ich kann mich an Berichte erinnen, wo es hieß, das Rad von Didi Thurau hätte 4000 Mark gekostet. Soviel hatten meine Eltern in den späten 60ern für ihr erstes Auto gezahlt.

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Oh wie hübsch! Das hätte ich auch nicht von der Bettkante gestoßen :-)

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Das denke ich mir. Hatte nicht das Diamant-Wunschrad, das Sie mal verlinkten, die gleiche Farbe?

Lustigerweise stand das kurz nachdem Sie mich drauf gestoßen hatten als Deko-Element in einem Laden hier am Eck...

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Ja stimmt! Ich springe ja grundsätzlich auf alles blau/türkis/petrolfarbene an :-) Auf diese Weise ist mir gerade eine neue Regenjacke zugelaufen ;-)

An dem Diamant schreckt mich letztlich der geschweißte Rahmen ab, das will ich glaub ich nicht.

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Verstehe ich gut, außer an einem brachialen Moutainbike finde ich solche Schweißnähte auch eher unschön. Das freut mich so an meinem Koga, bei dem man sich die Mühe gemacht hat, die Schweißstellen sorgfältig zu verschleifen, wass bei Alurahmen eher untypisch ist.

Die Befürworter der offensichtlichen Schweißnähte sagen, das sei ein Qualitätsausweis, weil man ja genau sehen könne, wie gut da gearbeitet wurde. Dem entgegene ich: Das kann man bei den monströsen Landschaftslöchern im Tagebau auch sehen, dass da ordentlich gearbeitet wird, aber das heißt nicht, da ich's schön finden muss.

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Schöner Vergleich! Zudem kann ich als Laie eigentlich nicht beurteilen, ob eine Schweißnaht 100%ig sauber ist. Beim Diamant stört mich vor allem, dass es insgesamt recht retro daherkommt, da gehört ein gemuffter Rahmen einfach dazu.

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Ah, dann hätte ich da was für Sie. ;-) Mehr retro in Celeste geht nicht. Wenn Sie mich nun (völlig berechtigt) fragen, wer kauft denn sowas, dann würde ich nach meiner Beobachtung bei der L'Eroica sagen, vor allem reiche Amis.

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Oho! Leider nicht mehr in meiner Größe erhältlich :-/

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Ich les jetzt mal gar nicht den Text, sondern sage: schöne Bild : )

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Hatte sogar nach einem Blumenkübel gesucht, aber auf der Route war da nix (außer dem Friedhof)...

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Ich find genau den Farbkontrast sehr gelungen und besser als einen Blumenkübel : )

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Schick, aber vermutlich weiß keine Sau, wieso der Spitzname für die changierenden Türkistöne als Celeste, irgendwie Himmel, durchgeht. Positionieren der Marke hat voll hingehauen.

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Das stimmt. Wenn man den Himmel über Düsseldorf zum Maßstab nehmen würde, wäre celeste ein undefinierbares Aschgrau mit paar blauen Anklängen.

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