Mittwoch, 22. August 2012
Wer hat hier ein Rad ab?
Ich bin leicht anuriniert, um es mal zurückhaltend auszudrücken. Der hiesige Radladen hat das Hinterrad von Sir Walter verbaselt. Das hatte ich vor dem Urlaub wegen einer gebrochenen Speiche zur Reparatur gegeben. Vorgestern dann, ähm Moment, ist grad viel los, muss heute abend mal im Lager gucken, wir rufen Sie an, lassense doch mal die Nummer da. Ruft natürlich keiner an, denn wie sich heute nicht mehr leugnen lässt: Das Teil ist weg. Steht zwar ein so ähnlich aussehendes noch herrenlos rum. Aber das heißt, jemand hat jetzt mein repariertes Hinterrad dran - und, nein, ich möchte das Rad des betreffenden Kunden nicht als Ersatz. Dabei wäre es technisch gesehen (Dura-Ace-Nabe) eigentlich keine Verschlechterung, aber da geht es mir jetzt ums Prinzip. Das Auge fährt mit, und mit Seitenblick auf rollende Ersatzteilkisten, bei denen nichts zusammenpasst, habe ich einiges in Kauf genommen, damit Vorder- und Hinterrad auch nach dem Umbauprojekt im Vorjahr (Umrüstung auf Schaltbremshebel und 8-fach-Ritzel) noch aus einem Guss waren. Die Möglichkeit, dass so etwas passieren könnte, hatte ich gar nicht in Betracht gezogen, und daher hatte ich mir nicht mal die perfekt passende Ritzelabstufung vom Zahnkranz aufgeschrieben.

Also was auch immer der Laden da jetzt an Ersatz ranschafft, es wird wahrscheinlich den status quo ante nicht wiederherstellen und mich noch eine Weile ärgern. Es sei denn, der Blindfisch von Kunde, der es nicht gemerkt hat, dass man ihm das falsche Hinterrad verpasst hat, kommt noch auf den Trichter. Aber darauf wetten würde ich nicht.

+++ update +++ update +++ update +++

Kunde B hat doch was gemerkt: Da ist ja plötzlich ein Schnellspanner zuzumachen, wo vorher Muttern zuzudrehen waren, und hier blecken acht Ritzel ihre Zähne, wo vorher sechs ihren Dienst taten, und wenn dann auch noch die 130-Millimeter-Achse nicht ohne Gewürge in den 126-mm-Hinterbau passt, dann ist es tatsächlich nicht die blödeste Idee, das Hinterrad in den Reparaturbetrieb zurückzubringen. Also: Alle wieder vereint mit ihren ureigenen Hinterrädern. Ladenpersonal zerknirscht, aber doch erleichtert. Und nachdem der Austausch der kaputten Speiche auf Kulanz ging, habe ich mich auch nicht kleinlich und nachtragend gezeigt und gleich den nächsten fälligen Ersatzreifen im Dackelspalterformat 20-622 geordert.

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Und dieser Laden weiß nicht, welche Kunden in dem Zeitraum ebenfalls Hinterräder in der Größe reparieren ließen? So viele, die eins mit Dura-Ace-Nabe hatten, dürften das doch eigentlich auch nicht gewesen sein, oder? Schreiben die in diesem Laden da keine Rechnungen?

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Naja,
mit Blick auf Datensparsamkeit (die mir sonst ja auch am Herzen liegt) kann ich es nicht wirklich kritisieren, dass Namen und Telefonnummern nicht gespeichert werden. Man bringt das Rad oder Teil hin, normalerweise wird ein Kärtchen drangehängt, auf dem handschriftlich notiert ist, was zu notieren ist, und mit Beendigung des Reparaturauftrags wandert das Kärtchen in den Papierkorb. Weiß nicht mal, ob man da mit EC-Karte zahlen kann.

Ansonsten gibt es hier doch paar Leutchen, die Vintage-Räder mit nicht brandaktuellem Zeugs dran fahren. Und wenn der andere kein Stammkunde ist, finde ich es nicht so verwunderlich, dass man sich nicht so recht erinnert. Zumal in diesen Sommerwochen im Laden wirklich Hochbetrieb herrscht.

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Abwarten. Vielleicht legt der Kunde Wert darauf, dass bei ihm Dura Ace verbaut ist. Vielleicht putzt er das Rad ab und an, vielleicht hat er einen Platten und merkt es dann. Ich drücke die Daumen.

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Danke!
Die Resthoffnung habe ich natürlich auch. Aber wenn es ein älterer und kurzsichtiger Herr aus dem nahen Villenviertel ist, der sein betagtes Highend-Stahlrad vom Hauspersonal putzen lässt, kann das dauern. ;-)

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Sachen gibts. Muss der Fahrer doch merken? Aber wer weiß. Wenn er sein Knie nicht mehr vom Ellbogen unterscheiden kann, dann wird er die Dura-Ace-Nabe auch nicht vermissen.

Und ärgern würde mich das auch.

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Zumal es
mit einem einzigen Anruf oder einer SMS zu verhindern gewesen wäre. Paar Tage vor dem Urlaub hieß es, sie wären nicht sicher, obs noch vor meiner Abfahrt klappt, ich solle Nummer dalassen, man gebe Bescheid. Nachdem ich nichts hörte, ging ich auch davon aus, dass es noch brauchen würde, und das schien ja auch kein Problem. Jetzt hieß es, das Laufrad wär Montag drauf auch fertig gewesen. Aber auf Verdacht und ohne Ansage gurk ich doch da nicht hin, wenn vorm Urlaub noch Dringerenderes zu erledigen ist.

DAS ärgert mich so maßlos: Jedes verdammte Mal, wenn ich dort was machen lasse, notiert man schön Namen und Handynummer, aber die haben es noch nicht ein einziges Mal geschafft, anzubimmeln und ne Ansage zu machen. Ich bin versucht, Internet-Rufmord zu begehen Namen und Telefonnummer mit dem Glasschneider großflächig in die Schaufensterscheibe zu ritzen, so als kleine Erinnerungshilfe - auch für den Fall, dass Kunde B doch noch was merkt.

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Merke: Reklamationsgespräche immer mit der abgesägten Schrotflinte am langen Arm. Siehst ja was sonst passieren kann …

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@der_papa:
Ja, ich merke immer wieder, dass ich eigentlich zu nett und freundlich für diese Welt bin.

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Das sicher nicht. Aber es hilft doch immer wieder die möglichen Eskalationsstufen[1] von vornerein ehrlich zu vermitteln …

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[1] siehe dazu auch Mario Puzzos Buch „Der Pate“, Seite 8, 22, 31-38, und so ziemlich der ganze Rest.

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Ich denke mal,
die Drohung mit dem Glasschneider kam schon rüber. Da hatte ich die weitergehende Option "Shitstorm im Interet entfachen" noch gar nicht erwähnt. War dann ja auch nicht nötig...

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Kicher
Ich stelle mir gerade den Händler vor, mit roter Birne und stammelnd. Was brachte er denn so zu seiner Entschuldigung vor?

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Nicht viel,
da war das Sprachzentrum schon schwer in Mitleidenschaft, aber zumindest kam recht schnell die Ansage, man werde sich um Ersatz bemühen. Dass es die silberne Mavic MA2 (der entsprechenden Serie mit den grün-gelben Bappern) noch irgendwo NOS gibt, hatte ich ja selber schon gesehen, bleibt abzuwarten, was sie an Speichen, Nabe und Kassette auftreiben und dranfummeln. Wobei ich zur Not noch eine 8fach-Kassette dahätte, aber das binde ich denen nicht auf die Nase, die sollen schon ins Schwitzen kommen.

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Da bin ich aber froh, daß das gute Stücke wieder da ist!

Andernfalls hätte ich Ihnen anempfohlen, zum Trost Ihren Rätselgewinn zu konsumieren!

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Da sagen Sie was.
Ich habe Ihre feine Lieferung tatsächlich auf dem Zettel, wollte sie aber nicht für die Frustbekämpfung verballern, sondern eher für richtig gute Momente aus dem Regal ziehen.

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Ich habe ja selber mal in so einem kleinen Reparaturbetrieb gearbeitet (also nicht Fahrrad). Man nimmt das Teil entgegen, Zettel mit Namen und Telefonnummer drauf, und stellt es ins Regal. Leider gehen solche Zettel auch mal ab, und man meine nicht, der gemeine Kunde könne sich daran erinnern, was er überhaupt für ein Gerät abgegeben hat. ("Das war schwarz!" - "Ah, Sie meinen das hellgraue hier?" - "Ja, genau, das ist es.") Darf natürlich trotzdem nicht passieren, schon klar.

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Mein Ärger
ist ja auch schnell weider verraucht. Und wie gesagt, wenn ich sonst für Datensparsamkeit plädiere, kann ich schlecht kritisieren, dass der Laden hier bezüglich seiner Kundschaft sehr datensparsam arbeitet, selbst wenn sich das in diesem Fall zu meinem Nachteil ausgewirkt hätte.

Aber was den Kunden B angeht: Selbst wenn ich konzediere, dass die Beschriftung Dura-Ace oder Exage auf der Nabe tatsächlich nicht das super Unterscheidungsmerkmal ist und ein weniger geübtes Auge nicht auf den ersten Blick sieht, ob da sechs oder acht Ritzel dran hängen, dann wäre mir doch aufgefallen, wenn da ein Schnellspanner baumelt statt der Radmuttern auf der Achse.

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Wie gesagt, man macht sich keine Vorstellungen. "Tach, Meier. Ich wollt' das Gerät abholen." - "Was war das für eins? [insert gängige Gerätemarken]?" - "Keine Ahnung. Das war schwarz." Ich fand das faszinierend, ich meine, das stand bei denen im Wohnzimmer, sie haben es gekauft...

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Finde ich auch ziemlich endschräg. Selbst wenn sich die Optik vielleicht nicht so im Detail eingeprägt hat, man müsste es doch merken, wenn die Knöpfe und Regler anders sind, wenn da auf einmal fünf Stations-Festtasten sind oder der 108,0 MHz-Anschlag auf der linken Seite.

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