Montag, 31. Januar 2011
Äh, Ägypten
Ursprünglich hatte ich vorgehabt, in meinem nächsten FAZ-Blogbeitrag etwas zum Thema Shitstorms oder Bloggergate zu schreiben. Habe mich dann aber nicht zuletzt mit Blick auf Aktualität und Relevanz dazu überreden lassen, mir die jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen zum Thema Ägypten mal zu Gemüte zu führen. Mit meiner Kompilation des Materials werde ich sicher keine Schönschreibwettbewerbe gewinnen oder waschkorbweise Retweets einheimsen. Aber man kann ja nicht immer nur auf der eigenen Glatze selbstreferenzielle Löckchen drehen, während ein ganzes Land von Internet und Mobilfunk abgeklemmt wurde und nach mehr als einem Vierteljahrhundert ein Regimewechsel im Bereich des Möglichen liegt.

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So isses. Und danke für die Mühe

Ein von der Bevölkerungszahl ungefähr so großes Volk, wie das unsere sollte also weiterhin die westlich/israelisch gewünschte Rolle des Islamismuspuffers spielen.
Mal sehen, unter welchen Verrenkungen uns in nächster Zeit erklärt wird, dass das ein viel höheres Ziel sei, als irgendwelche Menschenrechte.

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Yep.
Bei Licht besehen ist diese ominöse Muslimbrüderschaft allenfalls eine ziemlich aufgebauschte Bedrohung des laizistischen Staates. Dabei hat es sich aber als ziemlich praktisch erwiesen, dass man mit diesen Muslimbrüdern im gleichen Aufwasch auch jede anders gelagerte Opposition unter Hinweis auf Notstandsgesetze unterdrücken kann.

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Das Umstürzen einer alten Ordnung macht noch keine Neue.

Wo will Ägypten denn im Moment hin, ausser weg von Mubarak?

PS: Kommt es nur mir so vor, als wenn alle bekannten Bilder aus der Ägyptenrevolte an zwei oder drei Schauplätzen gemacht wurden?

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Schwer zu sagen,
vielleicht sieht es da überall ziemlich gleich aus. Habe da aber nicht so drauf geachtet, weil ich mehr mit dem Lesen von Texten beschäftigt bin.

Ansonsten ist "wohin will das Land?" natürlich die 1000-Dollar-Frage. Für den Moment versuche ich die Möglichkeit, dass das künftig nicht mehr nur einer allein entscheidet, durchaus als Chance zu sehen.

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Also Kairo sieht tatsächlich überall ziemlich gleich aus...markante Punkte sind halt der Nil, die Pyramiden und der große Kreisverkehr am Tahrirplatz.

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Ist natürlich ein Vergleich
von beschränkter Aussagekraft, aber bei vielen Innenstadt-Ansichten auf mks denke ich auch öfters, dass die Städtenamen eigentlich austauschbar sein könnten. Und dann wieder sehe ich mehrere Aufnahmen von sagenwirmal Bielefeld, und ich krieg kaum zusammen, dass das Ansichten der gleichen Stadt sind.

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Naja, es sind halt immer Bilder von diesem Tahrir-Platz und einem anderen Ort mit einer Hochstraße im Hintergrund. Die kennt man so von Bielefeld nicht. Aber vielleicht täusche ich mich auch. Das passiert mir oft.

Aber wo Ägypten (und Tunesien?) jetzt hin wollen, das würde mich schon interessieren. Auch wenn es mich erst mal nur am Rande berührt. Immerhin haben andere Staaten den in Auflösung befindlichen Herrn Mubarak unterstützt, nicht weil er so ein erfolgreicher Despot war, sondern weil die Alternativen (aus Sicht dieser Unterstützer) allesammt schlimmer waren.

Das (westliche) Regierungen Unrechtsregime stützen weil ihnen die Leben der Menschen egal sind – Hauptsache das Öl fließt, dass halte ich für dummes Zeug. Solche Behauptungen zeigen mir wie schwachsinnig unsere Bildungelite möglicherweise ist, kommen solche Sprüche doch überwiegend aus den Reihen derer, die alle anderen immer „aufklären“ wollen. Die Prioritäten von Regierungen (egal welcher Richtung) sind sicherlich auf die Sicherung der Rohstoffquellen gerichtet. Aber dafür Folter und Mord in Kauf zu nehmen, das halte ich für unwahrscheinlich. Wer so was behauptet, schließt als schlechter Menschen von sich auf andere …

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@der_papa:
...Aber dafür Folter und Mord in Kauf zu nehmen, das halte ich für unwahrscheinlich.

Nimms mir nicht übel, aber ich weiß wirklich nicht, unter welchem Stein man gelebt haben muss, um sich solch eine Auffassung bewahren zu können. Mir fehlt heute abend leider auch die Zeit, um all die Gegenbeispiele aufzuzählen, in denen westliche Regierungen, allen voran die USA, irgendwelche Despoten unterstützt, toleriert oder erst an die Macht gebracht haben, solange es ihnen in den geopolitischen Kram passte. Nur soviel auf die Schnelle: Pinochets Militärputsch in Chile war CIA-gesteuert (und das ist keine Verschwörungstheorie, sondern allgemein anerkannte Lesart), Saddam Hussein wurde solange gepäppelt und hofiert, wie man ihn gegen das Ayatollah-Regime brauchen konnte, Schah Reza Pahlevi wurde auf den Thron gehoben, um die gewählte Regierung Mossadegh zu stürzen, die mit der Verstaatlichung der Ölindustrie im Land ernst machen wollte. Welche Despoten Frankreich in Schwarzafrika alles unterstützt hat, habe ich nur noch lückenhaft in Erinnerung, aber da gab es auch einige.

Und sorry, das Argument mit dem von-sich-auf-andere-schließen, wenn man die Dinge beim unschönen Namen benennt, ist in diesem Zusammenhang wirklich allerunterste Schublade. Wenn dieser Kommentar von jemand anders gekommen wäre als von Dir, wäre ich in Versuchung gewesen, mit dem bekannten Dieter-Nuhr-Zitat zu antworten.

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„Nimms mir nicht übel, aber ich weiß wirklich nicht, unter welchem Stein man gelebt haben muss…“

Wenn das stimmt was Du sagst (und es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Du Recht hast), dann sind in den meisten Regierungen auf dieser Welt durchweg Schwerstkriminelle Mörder und Betrüger an der Macht. Auch hier in Deutschland. Aber das glaube ich nicht.

Politik ist nicht einfach. Es gibt unglaublich viele Interessen die unter einen Hut zu bringen sind, die sich oft auch noch ausschließen. Es gibt keinen allgemein gültigen richtigen Weg. Aber es gibt Situationen, in denen muss man eine Waffe in die Hand nehmen um Frieden zu behalten. Bündniss90/Die Grünen mussten das im Balkan schmerzlich erfahren. Nicht so sehr die Parteispitzen (die ahnten das schon lange), sondern viel mehr die Mitglieder, Anhänger und Sympathisanten. Es ist einfach von Frieden zu sprechen, aber nur äusserst schwer ihn zu bewahren. Welcher Weg ist der Richtige?

Was ich geschrieben habe ist, dass von den vielen möglichen Übeln meiner Meinung nach in den jeweiligen Situationen das ausgewählt und unterstützt wurde, das am wenigsten schlimm schien. Chile, Iran, Irak und Afghanistan waren ja keine Hippikomunnen mit landesweitem Kammilenteeanbau, bevor passiert ist, was Du oben beschrieben hast.

Wie gesagt: Wenn das stimmt was Du sagst, dann sind in den meisten Regierungen auf dieser Welt durchweg Schwerstkriminelle an der Macht. Auch hier in Deutschland. Siehst Du das so?

Oh, und das oft bemühte Nuhr-Zitat ist bei mir höchstwahrscheinlich passend angewendet. Ich habe keine Ahnung. Aber wer hat die schon?

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Tja,
machen wir uns nichts vor: Deutschland ist keine Insel der Seligen, sondern hängt da auch mit drinne, wenngleich nicht so prominent wie die westliche Führungsmacht und unser westlicher Nachbar mit seiner postkolonialen Tradition.

#Schwerstkriminelle, hm, ich weiß nicht, ob ich das Urteil so pauschal unterschreiben würde. Aber generell denke ich, es kommt kaum irgendwo jemand mit wirklich sauberen Händen an die entscheidenden Hebel der Macht. Wirklich Böses werden die wenigsten wollen, ich denke es mir eher so, dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist, an Verpflichtungen hängt, die man auf dem Weg nach oben mal eingegangen ist, da werden dann ferner liegende Interessen den naheliegenderen geopfert, das ist in der Innenpolitik so und in der Außenpolitik erst recht.

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Mark, Du hast gesagt „Pinochets Militärputsch in Chile war CIA-gesteuert“. Hat die CIA (bzw. der Präsident der USA) Pinochet zur Macht verholfen damit er nach belieben Menschen foltern und töten kann? Hat der US-Präsident irgend eine Gegenleistung (welche?) bewusst mit dem Blut vieler tausender Chilenen „erkauft“?

Und schreibst Du nicht selbst, dass Hussein nur so lange geduldet wurde, wie er den Deckel auf die Ayatollas halten konnte? Und was ist die Herrschaft der Ayatollas im Vergleich zu dem was Hussein drauf hatte? Ein Dreck! Diese Wahnsinnigen ermorden jedes Jahr tausende ihrer eigenen Landsleute und stellen das als Krieg gegen fremde Besatzer hin!

Ich will und kann nicht aufrechnen was schlimmer ist. Ich finde alles schlimm was diese Vollspacken da treiben. Jeder unterdrückte Mensch ist ein Skandal und erfüllt mich mit körperlichen Schmerz. Jeder Gefolterte ist eine nicht gut zu machende Schande für alle Menschen, egal ob sie gefoltert haben oder dabei standen oder einfach nur davon wussten.

Aber ich kann verstehen wenn ein möglicherweise kontrollierbarer größenwahnsinniger Sadist im Gegenzug für einigermaßen stabile Verhältnisse in der Region Hilfe bekommt an die Macht zu kommen. Vor allem wenn die Alternative eine Horde total durchgeknallter Schwachköpfe ist, die ohne die Bohne darüber nachzudenken die ganze Region, zur Not die ganze Welt in Brand stecken, tausende Menschen töten und auch sonst vor nichts zurückschrecken um der zu sein, der am Ende den Fuß auf dem Kopf eines anderen legen kann — und das im Namen einer Religion die Friede und Liebe und Respekt vor der Schöpfung von ihren Anhängern einfordert.

Gehen wir doch noch einen Schritt weiter. Welche Schuld laden wir auf uns, wenn wir sagen: Das geht uns alles nichts an? So wie in Dafur? Ist das der Weg?

Manchmal brauchen wir anscheinend diese kranken Despoten. Der US-Präsident hat in 10 Jahren die Kontrolle in Afghanistan nicht aufrichten können. Hussein konnte das.

Natürlich geht es dabei auch um Rohstoffe. Politiker haben ja auch Verantwortung für das eigene Volk. Was passiert mit unserem labilen Wirtschaftssystem wenn der Ölpreis auf über 200$ steigt? Al Quaida glaubt es zu wissen und will um jeden Preis die Kontrolle über die Rohstoffe im Nahen Osten. Dabei gehen sie über tausende Leichen ihrer eigenen Leute. Alle anderen glauben es auch zu wissen, und versuchen das verzweifelt zu verhindern.

Ich habe keine wirkliche Ahnung, das ist das Einzige was fest steht. Aber ich versuche mich immer mehr von den Meinungen andere zu lösen und mir eine eigene Meinung zu bilden. Das muss geübt werden und geht oft schief. Und ich stoße dabei überwiegend auf Unverständnis und sogar Widerstand.

Aber eine meiner so gewonnenen Erkenntnisse hat bisher jeder Überprüfung standgehalten: Egal was wer tut oder sagt, er hat immer eine Motiv. Auch die „Aufklärer“ von eigenen Gnaden, die Durchblickprofis in den Medien, Analysten und Kommentatoren. Jeder kocht an einem Süppchen, und das ist selten seins. Die meisten haben eine Klientel die sie bedienen müssen, sonst sind sie draußen. Und wer will das schon?

Wenn ich hier so unpopuläres Zeug schreibe, und mich dabei der Lächerlichkeit Preis gebe, dann habe auch ich auch Motiv: Ich hoffe, das jemand meine Ansichten widerlegt (dann habe ich was gelernt) oder jemand darüber ernsthaft nachdenkt (dann hat er was gelernt). Ich glaube, dieses Motiv ist nicht verwerflich …

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Nein, sicher nicht.
Und Versuche, sich einen eigenen Reim auf das Ganze zu machen, sind auch aller Ehren wert. Damit mache ich mal Sendeschluss für heute.

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Wenn jeder immer vorher wissen müsste, wo er hin will, wenn immer vorher schon die Alternative zum Bestehenden feststehen müsste, dann würde sich nie etwas ändern.

Veränderung heißt nicht notwendig, dass etwas besser wird. Kein Veränderung jedoch heißt, keine Chance, dass etwas besser wird.

Manchmal sagt man im Leben halt: Es reicht. Ohne in diesem Moment bereits zu wissen, was stattdessen folgen wird. Man weiß nur, dass es so wie bisher nicht weitergeht. Und dann sieht man weiter.

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@kreuzbube:
Eben. Die Montagsdemonstranten in Leipzig hatten auch keine Roadmap oder einen genauen Plan, wo es mit dem Arbeiter- und Bauernstaat hingehen sollte oder ob überhaupt gar nicht. Klar, es hätte auch schiefgehen können, aber hey, es war nun mal genug Druck auf dem Kessel, um Veränderungen voranzutreiben.

Und nun weiter mit Musik.

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Jaha, nach Jahrzehnten wieder aktuell...

Gehn wie ein Ägypter

Unsere amerikanischen Freunden noch mit ein paar Schwierigkeiten, sich locker zu machen, aber immerhin, sie geben sich Mühe.

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Ich brech zusammen,
die Wohnzimmerlampe in dem Ärzte-Video ist exakt das gleiche Teil, das hier im Arbeitszimmer hängt, nur dass ich die 70er-Jahre-Rauchglaskugeln weggelassen habe.

Die Countryversion von "Walk like an Egyptian" rult ohne Ende, vielleicht kennt Herr Cut ja auch eine Death-Metal- oder Grindcore-Version. ;-)

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Ich kenne eine
von den Lokalmatadoren =)

http://www.youtube.com/watch?v=9nI45RBPnUE

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Ein Atomium habe ich auch an der Decke, nur leider grad kein Foto zur Hand. Muss ich mal nachliefern.

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Death-Metal- oder Grindcore-Version
Leider nein. Aber da trösten wir eben uns mit den lokalen Ruhrgebietsprollpunkrockern. Auch schön. ;-)

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