Donnerstag, 17. September 2009
Kevin allein auf der Eselsbank
Unsere Regionalzeitung berichtet heute über einen vermeintlichen bildungspolitischen Skandal: Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt Einer Studie der Universität Oldenburg zufolge seien unter Pädagogen Vorurteile über Namen weit verbreitet. Demnach würden Schüler mit bestimmten Namen von Lehrern eher negativ oder positiv bewertet: Chantal oder Kevin hätten es deutlich schwerer als Alexander oder Hannah. Kinder mit Vornamen wie Charlotte, Sophie, Marie, Hannah, Alexander, Maximilian, Simon, Lukas oder Jakob stellten sich Lehrer als eher freundlich, leistungsstärker und verhaltensunauffällig vor. Demgegenüber stünden Namen wie Chantal, Mandy, Angelina, Kevin, Justin oder Maurice im Bewusstesein der Lehrkräfte eher für Leistungsschwäche und Verhaltensauffälligkeit.

Die Autoren der Studie kritisieren nun, solche einseitigen Erwartungshaltungen führten eventuell dazu, dass Schüler "in Schubladen gesteckt" werden, aus denen sie nur schlecht wieder herauskämen, lässt sich die federführend an der Studie beteiligte Erziehungswissenschaftlerin Astrid Kaiser gegenüber RP Online vernehmen. Der überwiegende Teil der Grundschullehrer assoziiere Persönlichkeitsmerkmale zu Vornamen, ohne darüber zu reflektieren oder kritische Distanz zu Vorannahmen in Verbindung mit Vornamen zu halten.

Soso. Jetzt wüßte ich nur noch gerne, mit welcher ausgefeilten Methodik der Befragung der Beleg erbracht wurde, dass es sich hier um Vorannahmen oder gar Vorurteile handelt und nicht etwa um einschlägige Erfahrungen aus der Schulpraxis oder gar uraltes tradiertes Menschheitswissen. Immerhin lässt der Kindername Kevin (oder weiblichenfalls Chantal) den Rückschluss zu, dass die Erziehungsberechtigten an sogenanntem Kevinismus in besonders schweren Fällen leiden. Und selbstredend hat diese psychosoziale Störung auch Auswirkungen auf die Kinder. Somit liegt es relativ nahe, dass die Wahrscheinlichkeit von Verhaltensauffälligkeiten und Schulproblemen mit dem Vornamen korreliert. Die Ursachen sollten die Forscher der Uni Oldenburg also nicht in erster Linie bei den Lehrern suchen, sondern im Elternhaus.

Nachtrag: Ein lesenswertes Interview mit der Oldenburger Pädagogik-Professorin Astrid Kaiser zur Thema findet sich bei Spiegel Online - inklusive einer netten Pointe am Schluss.

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Ich sehe das wie Sie. Namen sagen nun mal in der Regel etwas über die Herkunft eines Menschen aus. Daran kann ich aber nichts Schlimmes finden, sofern ich die Kevins und Mandys nicht schlechter als die Hannahs behandle.

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Wobei es wahrscheinlich
auch gar nicht so verkehrt ist, sich diese Vorannahmen mal bewusst zu machen, die man mit Vornamen verbindet. Aber solange daraus keine strukturelle Ungleichbehandlung oder gar Diskriminierung resultiert, finde ich diesen Befund an sich nicht sonderlich alarmierend.

Bei uns im Kindergarten gibt es einen Jungen, dessen kleiner Bruder mit Vornamen T*son heißt, also so wie der berüchtigte Boxer mit Nachnamen. Da kann man Vorannahmen und Vorurteile haben wie man will, wenn man den zweijährigen Knirps mit mehreren Ohrlöchern auf jeder Seite, Vokuhila-Frisur und in Flecktarn-Kinderhosen sieht, fragt man sich spätestens, warum ihm die Eltern nicht gleich "Assi" auf die Stirn tätowiert haben. Aber verhaltensauffällig (oder gar gewaltbereit) scheint mir der Wicht bislang nicht zu sein. Da ist der Name also nicht zwingend Programm...

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Na ja, ich würde so einen kleinen Floh niemals wg. des bescheuerten Geschmacks seiner Eltern anders behandeln als Kinder mit "normalen" Namen. Auch nicht unterbewusst, hoffe ich. Und als Lehrer (der ich leider nicht bin, sonst hätte ich jetzt schon Feierabend) schon gar nicht. Aber der verlinkte Artikel "Kevinismus" ist schon lustig. Wenn ich mir da so die Namen der Kinder von Uwe Ochsenknecht anschaue (Wilson Gonzales, Jimi Blue und Rocco Raphael Maria), dann hat man schon Mitleid mit denen, die sich beizeiten nicht wehren konnten...Und auch ansonsten hört man ja ab zu von Namen, da graust es einen ("Pepsi"..., wurde dann aber gerichtlich doch untersagt).

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Scheinbar hat es sich noch nicht überall herumgesprochen, dass der Feierabend eines Lehres nicht mit dem Schulgong nach der sechsten Stunde beginnt. Und auf jeden Fall wäre ein Lehrer schon mal nicht in der Lage, vor Unterrichtsschluss, der hier mit Feierabend gleichgesetzt wird, zu bloggen oder zu kommentieren, wozu andere Berufsgruppen aber scheinbar in der Lage sind.

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Das ist mir schon klar...
...daß nach der 6. Stunde kein Feierabend ist. Zumindest in der Grundschule ist ja viel früher Schluss ;-))

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Nicht unbedingt.
Hier gibt es auch die sogenannte "Offene Ganztagsschule" mit Betreuung bis 16 Uhr, die sich anscheinend auch ziemlicher Nachfrage erfreut, wie ich dieser Tage bei rp-online las.

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Also, an den "freiwilligen Ganztagsschulen" hier wird die Nachmittagsbetreuung gar nicht mit Lehrkräften gedeckt, sondern mit Extra-Personal.
Schon wieder ein Punkt für Rocky. ;-)

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Danke, Frau Violinista.

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Hmm, ich kenne einen Kevin, der hat einen für diesen Namen völlig untypischen Familienhintergrund, und der ist trotzdem total auffällig. Vielleicht liegt es doch am Namen und an den Menschen, die mit dem Namen etwas verbinden …

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Im Einzelfall
ist das immer schwierig zu beurteilen. Kommt auch drauf an, wie alt der Betreffende ist. Die ersten Kevins dürften wohl schon in den späten 70ern aufgetaucht sein, benannt nach einem Kevin Keegan der beim HSV kickte. Damit assoziierte man damals wahrscheinlich noch nicht das Assi- oder Ossi-Stigma, das dem Namen heute anhaftet.

Ich kenne z.B. auch eine Schackeline Jacqueline in unserem Alter, die hat nicht im entferntesten diesen Ruhrpott-Prollinentochter-Background, der klischeemäßig an diesem Namen hängt.

Aber trotzdem stelle ich fest, dass ich mir bei bestimmten Namen im Kindergarten oder beim Nachwuchs von Bekannten schon mein Teil denke. Ein geschätzter Ex-Kollege von mir hat seinen Stammhalter tatsächlich Nepomuk genannt. Dazu fiel mir dann wirklich nicht mehr viel ein (zumindest nichts, was ich frischgebackenen Eltern offen und unverblümt ins Gesicht sagen würde).

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Doch, das ist ein toller Name - viel Geschichte : )
Nestroy hieß mit 2ten Vornamen so.

Ok, der sagt Ihnen jetzt vllt nix, aber ich finde den Namen klasse : )

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Aber natürlich sagt mir Nestroy was,
auch wenn der "Lumpazivagabundus" heute an den städtischen Theatern nicht mehr so oft gespielt wird wie früher. Als Zweitname finde ich den Nepomuk eigentlich auch nicht soo verkehrt, aber den Spitznamen "Pumuckl" würde ich meinem Sproß doch lieber ersparen wollen.

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Ah - Sie sind schnell als ich, ich hätte den mal eben für die Leserschaft verlinkt, aber daß Sie den kennen - wundert mich jetzt eigentlich nicht : )


(Pumukel, daran hab ich vorhin auch denken müssen. Ich finde es gibt einen Unterschied zwischen Tauf- u. Rufnamen (Nicks auch) und dann nochmal Spitznamen. Meine Familie hat mich so im Alter von 8-10 Pumukel genannt, sehr oft zumindest, aber Spitznamen hab ich in meinem Leben ganz viele gesammelt : ) und da ist ja auch meistens eine Geschichte dahinter. Ich kenn btw. auch jemand, der Pepsi heißt (das ist allerdings ein Nick). Spannend wirds, wenn der eine "Kleine" zu mir sagt, und der nächste aus dem gleichen Umfeld "Große" - da muß ich dann doch immer bisserl albern kichern : ) )

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Von Spitznamen,
die irgendwas aus meinem Vor- oder Nachnamen machen, bin ich verschont geblieben. Lag wohl nicht zuletzt an meinem kompakt-einsilbigen Vornamen mit vier Buchstaben und einem Vokal (nein, nicht Kurt).

Aber was halt so an Namen hängt: Meine Frau und ich haben vor zehn Jahren, als wir zusammen arbeiteten und "nur" Kollegen waren, den Mann einer anderen Kollegin aufgrund seiner, ähem, spezifischen Umgangsformen insgeheim immer "Horst" genannt (obwohl der eigentlich Thomas oder so ähnlich heißt). Da war das noch gar keine stehende Redewendung, sich zum Horst zu machen oder aufzuführen wie der letzte Vollhorst. Was aber sehr schön aufzeigt, dass viele andere mit diesem Namen wohl ähnliche Empfindungen verbunden haben wie wir.

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Uwe Ochsenknecht
...hat auch noch eine Tochter: Cheyenne Savannah!

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Hab ich auch gelesen.
Allerdings das mit Namensvorurteilen kenn ich selber. Es gibt da einfach Leute, von denen ich mich etwas fern halte, denn nicht immer sind Namen nur Schall und Rauch.


Aber das denke ich und als mir der junge (huch - jetzt sag ich da auch schon) Kollege in der Anstalt letztens erzählte, daß der demnächst aufzuweltzukommende Sproß "Ke*vin" heißen wird, war meine Reaktion - aehm nach außen wohl doch nicht ganz sooo, wie ich erhofft hatte: Kollege spricht grad nicht mit mir (bin aber auch grad nicht in der Anstalt, somit kein Thema : ) ).


Jedenfalls weiß ich von mir - und da soll sich jeder mal an der eigenen Nase nehmen - wenn ich jemanden kennenleren und den Namen erfahre, dann tut sich was. Ob ich will oder nicht. Und wenn ich mir nur frag, warum dieser Name zu diesem Menschen.

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Schicken Sie dem Kollegen doch
vielleicht den Link zu dem Artikel über Kevinismus, auf den ich oben im Beitrag auch Bezug nehme. Ich frage mich auch, ob der Name bei Ihnen in Österreich vielleicht auch gar nicht so sehr den Stallgeruch von Assi oder Ossi verströmt wie hier. Überhaupt wäre es mal interessant, ob die Wahrnehmung der anderen genannten Namen bei Ihnen auch in etwa so ist wie hier.

Dass Maurice auch in diese Kategorie fällt, war mir beispielsweise gar nicht bewusst gewesen. Aber tatsächlich hatten wir einen ziemlich auffälligen Jungen dieses Namens in der Kindergartengruppe, der dort überhaupt nicht klarkam und jetzt in eine integrative Gruppe in einer anderen Einrichtung gewechselt ist.

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Mir fällt das verstärkt bei so "Familien-Dokus" auf, da kann ich mich immer schütteln.
Klar, brüllt man hier Adi, drehen sich 10 um - aber das gehört auch mehr zum Kulturkreis..

Kevins nehmen bei auch überhand, so wie Noels und - was alles aus dem dt. Tv herüberschappt...

Hmmm.. ich frag mich echt, was sich manche Eltern denken. Kinder nehmen nämlich Namensgebungen mitunter sehr übel...

(Artikel über Kevinismus krusiert doch eh schon seit Jahren durch die Blogs : ) Muß aber den Kollega direkt übernächste Woche fragen, obs noch bei dem Namen bleibt *gg*)

Die Tochte von der Ex-Cheffe heißt Olivia. Find ich schön (zwar auch paar blöde Erinnerungen daran, aber nicht ganz so 08/15)

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Adi?
Lassen Sie mich nicht unwissend sterben: Adalbert, Adidas - oder gar, ähem, Adolf? Olivia finde ich gar nicht übel. Da ich seit Jahren praktisch kein TV mehr gucke, bin ich da nicht ganz à jour, welche Namen in diesem Paralleluniversum dort exzessiv "penetriert" werden. Ich les nur ab und zu mal die einschlägigen Top-10-Listen.

Wäre mal interessant, wie das beim Bloggernachwuchs ausschaut, aber die meisten sind da ja einigermaßen diskret. Ona und Jo-Jo, um mal zwei bekannte Beispiele aufzugreifen, finde ich schon mal ganz gut. Einen guten Griff hat auch Herr Nicodemus bei der Namenswahl seiner Tochter getan, aber das verrat ich hier nicht (ich geh mal davon aus, dass Sie's wissen).

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Ich war zu schnell unterwegs und wollte eigenlich Andi schreiben, nu ists sicher klarer : )

Nein, Herr Nicodemus ist irgendwie von der Bildfläche verschwunden und da weiß ich eigentlich gar nix, außer daß wir (auch) für den Zoo verabredet sind - so latent : )
Die sollten mir mal Provision zahlen : )

Den Ona, den find ich total kuhl - auch mit vollem Namen. Bei uns gibts in der Familie auch ne Preferenz was Namen angeht, deswegen paß ich immer auf, wenn mich wer fragt und hab die "also die wären auch gut" parat. Man will ja nicht, daß später alle Kinder im Umkreis schon so heißen, wie man es sich müühselig in jahrelanger Kleinarbeit zusammen gesucht hat : )
Wie tragisch sowas sein kann, kennen Sie vllt aehm also Ihre Frau aus "Se* and the C*ty", da wird auch ein Name gestohlen..

Ich bekomm ja jetzt einen P**l... der aber derzeit ganz anders genannt wird, was auch total süß ist (darf ich das hier sagen? süß?) jedenfalls.. im Oktober mehr dazu bei mir.

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Nachtrag: In meinem Bekanntenkreis hat ein Funkelnagelneuer Erdenbürger den Namen „Emil“ bekommen. Nach anfänglichem Schmunzeln muss ich sagen: cooler Name.

Könnte die Renaissance von Günther, Herbert und Wilhelm einläuten …

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Wird man sich dran gewöhnen,
wie auch an die ganzen Pauls, Antons und Oskars, vermute ich mal. Ich denke da auch an einen geschätzten Leser und Kommentator, dessen Frau vor rund 20 Jahren auf die Idee kam, den Sohnemann Max zu nennen. Damals hat diese Namensidee aufgrund ihrer Exotik noch leichte Irritationen ausgelöst, und keine zehn Jahre später maxte es an allen Ecken und Enden.

Ich bin nach wie vor froh, dass ich mir um Jungsnamen keinen Kopf machen muss, da fehlt es meiner Frau wie mir auch nach wie vor an der zündenden Idee.

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Ich lese gerade,
in London und einigen anderen Regionen des Vereinigten Königreichs ist "Mohammed" inzwischen der am häufigsten gewählte Vornamen - aber auch nur, wenn man die verschiedenen Schreibweisen wie "Muhammad" etc. dazurechnet. Ich würde sagen, hier liegen größere Herausforderungen an die Vorurteilsfreiheit des Lehrkörpers als bei Kevin, Mandy & Co.. ;-)

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Emil fetzt auch.


Das wundert mich ja immer. Es gibt wirklich so viele schöne Namen, müssen es da immer die gleichen 10-20 verdächtigen sein? Und was sag ich meinem Kind damit? Du warst es mir nicht wert, 2 Minuten nachzudenken?

Ich mein jetzt vor allem die "neuen" Exoten a la Ke*vin ect... weil die Heiligennamen, das ist halt so seit Jahrhunderten... Aber wann haben Sie zB das letzte Mal einen "Martin" am Spielplatz getroffen? Also im Stöpselformat : )

Btw. Oliver kenn ich auch nur als extrovertierte Typen, die sich allerdings beim Sezieren von Herzen ganz ganz fürchterlich iiiiii angestellt haben (wie man es von kleinen Mädchen erwarten tät). Gut, beim Auge wars bei mir dann auch vorbei, weil ich generell nicht zusehen kann, wie sich wer ein Aug eintropft ect... aber das Herz?

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Was mich interessieren würde
wie haben die Leute von der Uni das rausgefunden? Welcher Lehrer hat freiwillig zugegeben, dass er Vorurteile gegenüber bestimmen Vornamen hat? Das sind doch irgendwie trotz allem Akademiker. Niemand von denen würde doch jemals zugeben, überhaupt irgendwelche Vorurteile zu haben, weil sie ja schlau und Pädagogen und weiß ich noch was sind. Ich habe mich erkundigt, die Studie beruht auf Fragebögen an Lehrer, also ich versteh das nicht.

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Das ist eben der Vorteil
einer anonymisierten Befragung. Ich denke schon, dass die Mitwirkenden da deutlicher Klartext reden als wenn sie sich namentlich dazu bekennen müssten.

Ob auf dem Weg aber nun wirklich Vorurteile und unhinterfragte Vorannahmen zum Vorschein kommen, tja, schwer zu sagen, um das wirklich zu beurteilen müsste man den Fragebogen vorliegen haben. Mit den richtigen Fragestellungen und multiple-choice-items zur Auswahl kann man solchen Mustern schon auf die Spur kommen (bei der sogenannten MPU, vulgo dem Idiotentest, funktioniert das auch ganz gut).

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Glaub ich nicht
Ich glaube nicht, dass Leute wie Lehrer auch nur sich selbst gegenüber eingestehen würden, dass sie Vorurteile haben. Da hilft alles anonym nichts. Aber natürlich wird die Studie irgendwie recht wissenschaftlich zustande gekommen sein.
Zur MPU: Was ist da los, muss man da gestehen, Alkoholiker zu sein, oder was. Das ist aber was anderes, da muss man eine Prozedur mitmachen mit Kalkül, um wieder einen Führerschein zu kriegen, oder?

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Naja,
die betreuende Professorin sagt: Unter der Hand und in privaten Gesprächen bestätigen fast alle Lehrer, dass auch bei ihnen die Namensfalle zuschnappt. Nur sobald es öffentlich diskutiert wird, fühlen sich viele ertappt. Das ist das Spannende an Vorurteilen gegenüber Vornamen: Sie sind nicht sichtbar und den meisten deshalb auch nicht bewusst - anders als etwa bei der Hautfarbe. Dafür sind viele Lehrer sensibilisiert.

So platt und direkt nach Vorurteilen wird im Fragebogen nicht gefragt worden sein, gehen Sie mal davon aus, dass sich diese Schlussfolgerung erst aus der Kreuzung mehrer Antwortblöcke ergibt oder erhärten lässt. Bei der MPU (bei der es ja nicht allein um Alk geht, sondern alle möglichen anderen Verhaltensweisen, welche die Eignung zum Führen eines Fahrzeugs mindern) ist das sehr geschickt gemacht. Da tarnen viele Fragen ihren eigentlichen Erkenntiswert (neigt der Typ zu Selbstüberschätzung?) sehr subtil auch hinter der Abfrage technischen Wissens. Und wenn man das nicht immer und bei jeder Frage im Hinterkopf hat (was bei der Fülle an Fragen, die man gar nicht alle schaffen kann in der vorgegeben Zeit, auch ziemlich schwierig ist), dann heißt es "versiebt".

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Ich glaube nicht, dass Leute wie Lehrer auch nur sich selbst gegenüber eingestehen würden, dass sie Vorurteile haben.

"Leute wie Lehrer". Jesses, schön, dass Sie keine Vorurteile haben. Das klingt auch mächtig reflektiert.

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@leuwerik, da ich am Freitag ein Gespräch mit der Rektorin meiner Tochter hatte, stellte ich ihr bei der Gelegenheit die Frage, ob sie bei bestimmten Vornamen Rückschlüsse auf den sozialen Hintergrund zieht. Antwort:"Sicher. Wer macht das nicht? Besonders oft liegt man damit auch nicht falsch. Ich habe von dieser Studie auch gelesen. Und jetzt?"
Die Dame passt also nicht ganz in ihr plattes Lehrerbild.

@Mark, Max ist zufrieden mit seinem Namen, also: alles richtig gemacht;-)

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In diesem Zusammenhang fällt mir gerade die Schlagzeile "Kassandra immer noch nicht bei Bewusstsein" auf.
Unabhängig davon, was dem armen Kind zugestoßen ist und was alles an unfreiwilliger Komik in diesem Satz steckt, habe ich kein Problem damit, Eltern, die ihre Tochter Kassandra nennen, in eine Schublade zu stecken.

Darunter hat eigentlich nur die Schublade derer Platz, die ihren Sohn so nennen.

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Ja,
habe mich beim Lesen fast gleichlautender Überschriften auch gefragt, was die Eltern wohl zu dieser Namenswahl getrieben haben mag. Auf alle Fälle kann man wohl ausschließen, dass die auch nur den geringsten Schimmer hatten, welch unglückliche Rolle diese Protagonistin in der Ilias spielte.

Was Max angeht, hatte ich nie den Eindruck, das wäre ein Fehlgriff gewesen. Aber eine mutige Wahl fand ich das damals schon.

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die theorie mit den namen kenne ich schon aus meinem 60er-jahre-pädagogische-diagnostik-schinken. insofern: alt. in den heutigen zeiten des bildungschaos ist so eine studie natürlich öl in die feuer. hübsches marketing für frau kaiser. es gibt vermutlich 1000 andere wichtigere faktoren, über die man bei der unterschichtenbildungsproblematik (ja, sie existiert und ist seit ungefähr 40 jahre ein immer brisanter werdendes thema) schreiben sollte.
aber das interview ist sehr gelungen. danke, oliver, dass du es als problemkind in die spiegelredaktion geschafft hast!

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Das mit dem Oliver
war vermutlich ein kalkulierter Joke auf Kosten des Interviewers. Die Olivers, die ich kannte, waren zwar allesamt einigermaßen extrovertiert, aber bestimmt keine Problemkinder.

Welche Namen standen denn laut Ihrem antiquarischen Lehrbuch in den 60ern für Unterschicht oder Bauernstand?

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da sind keine explizit genannt. aber namen sind als notenbeeinflussender faktor genannt. genauso, wie brillenträger oder hübsche kinder/mädchen mit intelligenz verbunden werden (lipstick-effect) und daher vor allem in mündlichen prüfungen milder bewertet werden. außerdem steht da, dass jüngere lehrer strenger beurteilen als ältere.
insgesamt war das ein nützliches wissen, das ich bei all meinen examensprüfungen berücksichtigt habe. ich habe, soweit möglich, nur bei alten männern mündliches examen gemacht, und immer röckchen getragen, war über die maßen sorgfältig geschminkt und trug zeitweise (wenn trockenes wetter) auch brille anstatt kontaktlinsen. tatsäclich habe ich meine einzige schlechte note (eine drei) bei einer jüngeren, weiblichen prüferin gemacht.

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Dass diese Beobachtungen
sogar als Lehrbuchwissen quasi kodifiziert sind, war mir nicht bewusst, aber gleichlautende Grundannahmen waren auch zu meinen Studizeiten "common sense".

Wobei ich das mit der Notenstrenge der älteren und jüngeren Lehrer nicht so ohne weiteres in Übereinstimmung bringe mit meinen Erfahrungen aus der Schulzeit. Zum Teil hatten wir in den ersten Gymnasiumjahren noch Lehrer aus der Kriegsgeneration, die wesentlich strenger benoteten und auch sonst viel mehr Wert auf "Zucht und Ordnung" legten als die Generation der mehr so 68er-mäßig sozialisierten Lehrer. Wobei es auch jüngere gab, die extrem streng benotet haben - bis hin zu dem Spezialisten, der den Notenschnitt nach dem geometrischen Mittel berechnete statt wie übliich nach dem arithmetischen.

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"Wieso heißen plötzlich alle Oliver?"

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