Montag, 27. April 2009
Saisonal bedingte Raserei
Hätte ich weder externes Thermometer noch eine körpereignene Sensorik für Temperaturen, ich würde es trotzdem merken, wenn sich die Abendtemperaturen allmählich an die 20-Grad-Grenze herantasten. Ich müßte nicht mal aus dem Fenster schauen und sehen, dass drüben vor Pauls Pinte wieder der Stehtisch aufgebaut ist, an dem die üblichen Verdächtigen ihr abendliches Alt zischen.

Nein, das frappierende ist, wie sich der Fahrstil mancher Leute hier im Viertel ändert, sobald es mal 17 oder 18 Grad hat. Da wird hier abends um die Ecken geschirgelt mit aufjaulenden Motoren und quietschenden Reifen. Man sitzt hier oben und fragt sich, nanu, sind wir hier ein abendlicher Austragungsort der DTM? Und man hofft, dass grad niemand im falschen Moment den Zebrastreifen zwischen dem Gehweg vor unserer Tür und dem Eingang zu Pauls Pinte benutzt.

Gerade eben habe ich beim Blick aus dem Küchenfenster einen ziemlich seltsamen Flash gehabt. Aus zwei ziemlich dunklen Fenstern in verschiedenen Häusern, aber auf gleich Höhe, drang simultanes bläuliches Bildröhrenflimmern, beziehungsweise dessen Reflektionen an Zimmerwänden. Für einen Moment konnte ich das nicht so recht einordnen, es sah ein bisschen so aus, als spiegele sich in den beiden Fenstern ein rotierendes Blaulicht weiter unten auf meiner Straßenseite. Aber wahrscheinlich wurde da nur in zwei verschiedenen Wohnungen das gleiche "Tatort"-Finale geguckt. Also wieder nichts mit meiner Hoffnung, die Ordnungshüter hätten sich mal endlich einen der Motorsportsfreunde zur Brust genommen, die unsere Straßenecke mit der Nürburgring-Nordschleife verwechseln. Aber gut, so viele Raser, dass es sich wirklich lohnen würde, hier ständig auf der Lauer zu liegen, sind es auch wieder nicht. Es ist wirklich nur eine kleine, aber lautstarke Minderheit.

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hier auch. und autoradios werden lauter mit steigender temperatur. warum? hormone? gibt es da forschung zu? wäre mal lohnend.

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Hormone
wären auch meine erste Hypothese. Andererseits: Ich hab ja auch Hormone, kessel aber nicht abends (und selbstredend auch nicht tagsüber oder spätnachts) mit heruntergelassenen Seitenscheiben und Uffta-uffta-uffta-Kirmesmucke in der Tempo-30-Zone rum wie eine gesengte Sau.

Am vorigen Wohnort im Multikultikultiviertel hatte ich zeitweise den Verdacht, das Phänomen beträfe vor allem Dragan-und-Alder-Typen Mitbürger aus südlicheren Ländern. Aber Eingeborene betriffts ja auch.

Ich hoffe ja auch, das Sozialforschung und/oder
Medizin irgendwann wissenschaftlich valide Erkenntnisse liefern.

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Wahrscheinlich sind das die gleichen chemischen Reaktionen die die Vögel (im Baum die, nicht die im Auto) den ganzen Morgen, Vormittag, Mittag, Nachmittag und Abend wie bescheuert rumtwittern lassen. Paarungswilligkeit hat wohl immer auch was mit Lärm zu tun.

Auf der anderen Seite hatte ich schon immer das Gefühl, als wenn es Paarungswillige gibt, und die, die sich einfach paaren. Es scheint da einen fundamentalen Unterschied zwischen beiden Gruppen zu geben :-)

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Wer laut bumm-bumm macht will gerne, aller anderen tun es und haben keine Zeit für Spazierfahrten in der rollenden Parkplatzdisco …

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und die, die sich schon gepaart haben, verabschieden sich vor jedem zebrastreifen schon mal gedanklich vom kind im kinderwagen...

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Als Fußgänger
lebt man in D-Dorf eh gefährlich, hab ich neulich irgendwo gelesen. Und ich glaube nicht, dass in erster Linie diejenigen gefährdet sind, die bei Rot die Straße überqueren. Sondern die, die sich auf Grün verlassen. Oder denken, der sieht doch, dass hier ein Zebrastreifen ist...

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ist bekannt

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Und anderen Anwohnern
auch schon aufgefallen. ;-P

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....was ich neulich belächeln durfte:
Aus der Garage einer Mietwagenfirma fährt eine sauteure Kiste. Lamborghini. Gelb. Welches Modell genau: Ich weiß es nicht.
Drin sitzen 2 Jungs, die voll ins Klischee passen: Kurze Gelhaare, dünnrasierte Bärtchen, RayBan-Pilotenbrillen und das alles mit etwa 120 Dezibel Bummbumm.
Sie müssen an der roten Ampel halten und es macht wummbummbumm. Musik und Motor. Zusätzlich geben sie immer wieder im Leerlauf Gas. Und dann....dann....dann wirds grün und die Jungs geben Gas. Dumm, wenn dann immer noch kein Gang drin ist. Noch peinlicher wird es dann, wenn nach dem einlegen des Gangs der Motor abgewürgt wird.
Das sind Blicke....

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Hihi.
Das reduziert den Pussy-Pulling-Faktor eines solchen Ausritts gleich ganz erheblich.

Die Kupplungen solcher Flundern sind aber auch oft fies eingestellt. ;-)

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Was ich mich in meiner Eigenschaft als Frau frage: Wen wollen die damit abschleppen? Ich spring so dermaßen überhaupt nicht auf solcherlei Alphamännchengehabe an, aber anscheinend habe ich Geschlechtsgenossinnen bei denen das wirkt. Ansonsten wären solche Kerle ja schon längst ausgestorben.

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Das ist tatsächlich
die 1000-Dollar-Frage, die sich auch mir als Mann stellt. Sagen wirs mal so: Was meine gelegentlichen Blicke auf die Copilotinnen solcher Dezibel-Bomber als unrepräsentative Stichprobe zeigten bisher, liegt weitab meines eigenen Beuteschemas. Die Resultate solcher Verbindungen sehe und höre ich nur im Kindergarten oder am Quengelware-Regal im Supermarkt. Und da denk ich mir regelmäßig mannmannmann...

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Da hab ich neulich an der Straßenbahnhaltestelle so ein Exemplar getroffen, bei der ich mich gefragt hab, ob die jemals einen Kerl längerfristig abbekommt. Haare tiefschwarz und schon ganz strohig da zu oft gefärbt, Hautfarbe tendierte zum Schokobraun obwohl sonst eindeutig mitteleuropäischer Herkunft und die Klamotten waren zwei Nummern zu klein und überhaupt sehr knapp geschnitten, weshalb überall was rausquoll. Erstaunlicherweise scheint der Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zum stilvollen Umgang mit Mode und dem Stellenwert, den die Mode im Leben einnimmt, innerhalb gewisser Grenzen indirekt proportional zu sein.

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Wahrscheinlich eignen dieser Spezies
innere Werte, die von uns verkannt werden. Wer, wenn nicht diese oberdrallen und dunkelgebrutzelten Presswurst-Trullas (oder deren Töchter), wäre imstande, es mehr als ein paar Minuten mit den tiefergelegten und goldkettchenbehängten Spackos auszuhalten, die in ihren LED-Rücklichter-3er-Golfs in der Tempo-30-Zone DTM spielen?

Ihrer Gleichung mit der Mode kann ich auf die Schnelle indes nicht ganz folgen. Aber vielleicht liegt das an dem absolut unterproportionalen Stellenwert, den die Mode in meinem Leben einnimmt. ;-)

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Deshalb meinte ich ja, innerhalb gewisser Grenzen (Sie müssen wissen, ich hatte heute eine Mathe-Vorlesung). Die Leute, die sich so gut wie gar nicht mit Mode beschäftigen sind ausgenommen, ebenso (hoffentlich) diejenigen, die professionell damit zu tun haben.

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Bei uns im „Dorf“ läuft auch so eine aufgetakelte Person herum: grelle T-Shirts, Fußkettchen, grüne Schminke, rosa Fingernägel, kurze Röcke, kaputtgefärbte und dauergewellte Haare, Grillhähnchenhaut, weißer Lippenstift, metallic-grüne Ballerians an den Füßen — Das volle Programm eben. Die Person ist (wie ich aus sicherer Quelle weiß) ist weit über 50. Da habe ich dann nur noch Mitleid …

PS: Der Ehemann ist ein Cord-Anzug-Träger mit original 60er-Jahre-Pilzkopf-Frisur

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Ich kenne da jemanden,
die war in den Siebzigern die jüngste Professorin der BRD, eine blitzgescheite, hochgebildete Frau aus dem Denkwissenschaftlichen, damals mit geistigem Schwerpunkt Hegel und Voegelin. Mit der zu sprechen, war eine Wonne, sie anzuschauen eher weniger. Nicht daß sie häßlich gewesen wäre, eher das Gegenteil war der Fall. Aber sie war immer gewandet wie, na, sag ich mal, ein wenig wie die Schaufensterpuppen aus der Herbertstraße. Und wenn sie die Straße entlangging, dann rollte sie ihren obenrum etwas überproportionierten Körper wie die alte Allotar ohne Stabilisatoren bei Windstärke 10 bis 11 durch die Ostsee. Diese Bewegungsabläufe allein waren Kino. Da mußten auch harte Seemänner mal an die Reeling. Und als Partner wählte sie sich zunehmend Männer aus, die, ohne Übertreibung, an Vogelscheuchen erinnerten, durchweg abgerissen, auch charakterlich. – Die Menschheit rollt manchmal seltsam und auch komisch durch die Welt.

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Manch einem ist dies die einzige Möglichkeit, aus der Masse hervorszustechen, um für den Bruchteil einiger Sekunden die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er seiner Meinung nach verdient. Andere Bloggen, was - gerade bei Dunkelheit betrachtet - die ruhigere Alternative ist. ;-))

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Andy Warhol
sprach noch von 15 Minuten Ruhm, die jeder erreichen könnte. Ich denke, wir sind heute bei 15 Sekunden...

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Machen wir uns nichts vor: Die Grenzen sind fliessend. Die Oldtimerparade mit dem 65jährigen auf dem Motorrad von 1921, das so schön blubbert, finden wir cool. Die Harleys, die in 50er-Rudeln um den Edersee knattern, sind von weitem nett anzusehen, aber nerven nach kurzer Zeit enorm. Die Bumm-Bumm-Honda-Civics mit fetten Endrohr saugen von Anfang an. Aber irgendwie ist alles die selbe Show.

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Ehrlich gesagt
gehen mir die alten Säcke Altersgenossen mit ihren Harleys extrem auf die Gonaden, vor allem wenn sie in Rudeln auftreten. Veteranentreffen oder Schnauferl-Rundfahrt ist nicht so oft. Wenn man von dem Termin weiß, kann man das Areal mit seinem Geknatter, Gepröttel und Bleibenzinabgas ja auch weiträumig meiden.

Im Übrigen stimme ich zu: Irgendwie ist das alles die selbe Show mit geringfügig variierendem Nevigkeitsfaktor. Am anderen Ende der Straße ist z.B. ein Nest von US-Autoliebhabern, wenn die hier mit ihren 40 l verbrauchenden und rumpelnden V 8-Dodges und Chevys um die Ecke kesseln, wackeln hier auch die Gläser im Schrank. Den Spezialisten würd ich den Krach auch gerne mal zurückgeben - in Form einer Pumpgun-Salve, die Kühlergrill und Motorblock ihrer lauten Kackschleudern perforiert.

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:)
Hier die Corvette brubbelt alle 14 Tage mal vom Hof. Das ist schön.

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Es gibt einen Unterschied. Ein Maybach aus den 20er-Jahren ist schön. Die rote Corvette auch. Ein plan auf dem Asphalt liegender 1996 Corsa mit mehr Leistung in der Audio-Anlage als vorne im Motorraum ist eine optische und akustische Belästigung. Ausserdem sind rote Corvettes nachts um halb zwei nicht laut donnernd auf der Straße vor meinem Haus sondern brav in der Garage.

Es gibt einfach Fahrzeuge, die sind optisch und haptisch ein Genuß. Ein 3erGOLFBMW ist das nicht. Diese Ästhetik liegt auch nicht im Auge des Betrachters. Die Dinger sind schlichtweg ungeeignet über den Gebrauchswert hinaus irgend etwas zu liefern. Hätte die Dorfjugend Geschmack, würden sie das anders machen. Haben sie nicht. Darum müssen wir eben leiden …

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Ich würde ja gerne zustimmen. Aber leider hat eine Corvette aus den 50ern auch null Gebrauchswert. Und schön ist ein Maybach aus den 20ern auch nicht, und selbst wenn er es wäre, könnte er auch im Stehen schön sein.
Ein tiefergelegter alter 3er hingegen ist schön, und auch alle PoloCivicCalibraSchleudern, zumindest in den Augen der Besitzer, die sich für die Perlmutt-Lackierung verschuldet haben und viel Schweiss und Tränen beim TÜV vergossen haben. Und der Lärm nützt ja nix, wenn die Jungs ihn Mittwochs um 13:30 im Industriegebiet machen.
:-)

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Ah, ich sehe grade,
dass Herr Kristof mir schon zuvorgekommen ist mit dem Hinweis darauf, dass die Schönheit im Auge des Betrachters liegt - ganz gleich, ob es die chromzieratgepimpte Harley oder die tiefergelgte Spacko-Schleuder mit Perlmuttlack und LED-Blinkfunzeln ist. Von daher können wir dieses Argument getrost in der Pfeife rauchen.

Die (für mich) entscheidendere Frage ist die nach der Lärmdosis, und vor diesem Hintergrund sehe ich eine alle 14 Tage bewegte Alt-Corvette natürlich in einem milderen Licht als den gleich lauten Dodge Ram 4x4, der hier mehrmals am Tag mit infernalischem Lärm ums Eck schirgelt.

(Im Übrigen muss man keine Krachkiste fahren, um es genießen zu können. Mir macht mein unspektakulärer und unaufgemotzter 316er compact nach neun Jahren immer noch Freude an Fahren - sogar immer noch ein bisschen mehr als der neue Audi A 3 meiner Frau, der viel perfekter und mit weniger Anstrengung zu fahren ist. )

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Nein nein meine Herren, ihr missversteht mich. Die Prekariatskutschen scheitern in *meinem* Betrachterauge. Das reicht mir doch schon. Mehr Leute müssen da gar nicht für belästigt werden :-)

Zu hoffen bleibt, dass die wie Kaninchen über die Piste hoppelnden Rennbrötchen ihre Arbeit an den Bandscheiben ihrer Besitzer gründlich machen, damit bald Ruhe ist, des Nachts.

(Gibts da keine KFZ-Zulassung für Lärmemmissionen eines Fahrzeuges?)

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Die Bandscheibenbesitzer wachsen zuverlässig nach, machen Sie sich keine Hoffnung ...
:D

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@der_papa: Mit den Lärmemissionen von Autos verhält es sich vermutlich wie mit den Lärmemissionen von Staubsaugern. Hier wie dort kann man technisch geringere Lautstärken erreichen, aber trotzdem wird laut gebaut (bei Staubsaugern ab Werk, bei Autos in der heimischen Garage), weils genug Leute gibt, die das so richtig finden.

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Wie? Staubsauger gibts auch in leise?

Ich würde ja jede noch so laute Lahn- Karre einem gewöhnlichen Feld- Wald- und Wiesen- Staubsauger vorziehen...

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Normalerweise ärgere ich mich nur über Walkärsche in öffentlichen Verkehrsmittel. Während einer meiner seltenen Autofahrten aber bemerkte ich an jeder zweiten Ampel, daß es den Individual­verkehrern eher schlechter ergeht. Und seit dem herein­gebrochenen Sommer sitze ich auch nicht mehr gerne auf dem Balkon. Von weitem aufheulende Motorräder, vor der Tür Autofahrer mit offenem Fenster und lauter Musik.

Eigentlich stören mich Rauch, Dreck und Lärm kaum, selbst Türkendudel kann ich ertragen. Aber die immer öfter zugrundeliegende rücksichtslose Gesinnung regt mich auf. Deshalb habe ich einige Walkärsche zur Ordnung gerufen, vernahm aber keine Unterstützung der schweigenden Mehrheit. Inzwischen tröste ich mich damit, daß meine Mitmenschen es nicht besser verdient haben.

Statt Gegenwehr zeigt die Mehrheit gerne ihre sog. Toleranz, sagt nichts, ruft nicht die Polizei, fordert keine Verbote. Ist der Gewaltäter, der Nervasack weg und erschlägt bzw. nervt einen anderen, dann wird über dessen Motive gegrübelt, Forschung gefordert, sein Verhalten als suboptimal eingestuft, um wenigstens noch zu rechtfertigen, warum man selbst nicht mitmacht, sondern duldet, duldet, duldet.

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So hat natürlich ein jeder
seine eigenen spezifischen Empfindlichkeiten. Müsste man nicht eigentlich froh sein, wenn im ÖPNV "nur" das reduzierte Gezischel aus den Ohrstöpseln schallt, anstatt dass die Musikliebhaber ihre Handies oder gar Ghettoblaster durch den ganzen Wagen plärren lassen?

Aber ich weiß, was Sie meinen. Ich habe auch mal einen verstöpselten Lärmemittenden gebeten, seinen noise level mal um ein paar db zu reduzieren. Aber da war nicht mal das geringste Problembewusstsein, der glotzte einfach nur blöd und schob sich den Stöpsel wieder ins Ohr.

Was macht man da? Wenn man nicht Michael Douglas in "Falling down" nacheifern will, ist ein gewisses Maß an duldsamer Abstumpfung vielleicht gar nicht das schlechteste. Ich habe da kein Patentrezept - und bin froh, dass ich mein Darkmobil i.d.R. nur einmal pro Woche durch eine innerstädtische Stop-and-go-Zone navigieren muss.

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Die von mir angesprochenen Plärrer haben zumeist artig die Lautstärke reduziert. So sind eben Menschen, die voll auf die Reaktionslosigkeit der anderen bauen. Es ist ihnen peinlich, bemerkt und angesprochen zu werden. Sie reagieren mit oberflächlicher Scheißfreundlichkeit. Erst im Abgang werden sie gelegentlich pampig.

Ließe die Mehrheit ohne große Worte unmißverständlich ihre Verachtung durchblicken, würde aus einer nervigen Minderheit schnell eine seltene Ausnahme. Aber die Mehrheit ist feige, sie heuchelt Verständnis und fürchtet die Verfolgung der eigenen Freiheiten und Gesetzesbrüche, wenn man damit bei anderen beginnt.

Viele schützen sich mit eigenen Musikanlagen und machen sie damit salonfähig. Ich wollte mir schon abgeschnitte Ohrstöpsel zur Abwehr mitnehmen. Aber inzwischen reicht es mir zu sehen, wie andere sich ärgern und trotzdem das Maul nicht aufkriegen. Nicht nur bei lauter Musik in Bussen und Bahnen, auch bei Überheizung, mutwilliger Verspätung und saumäßiger Fahrweise.

Gewiß ist Abstumpfung eine normale Reaktion. Es ist auch nicht dumm, beim Spaziergang durch den Urwald unbemerkt zu bleiben. Besser ist es allerdings, auch den Umgang mit der Machete geübt zu haben. Und ich akzeptiere diese Anpassung nicht als wertvolle Leistung oder gar Tugend, die jeder verständige Mensch zu erbringen habe, bis ihm das Magengeschwür zum Hals rauskommt.

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Hmm, es gibt „Belästigungen“ die sich nur schlecht beheben lassen. Fenster auf oder zu ist so eine Sache. Warum soll ein Frierkopp unter einem Frischluftfanatiker leiden? Und umgekehrt.

Auf der anderen Seite haben Sie natürlich recht. Rübe ab. Es gibt genügend Tugenden die auf der allgemeinen Rücksicht basieren — Wertschätzung gegenüber dem Nächsten — und genau daran verhungern.

Warum soll ich meine persönliche Freiheit mir die Ohren in aller Öffentlichkeit freizublasen aufgeben, und zwar für Typen die meinen Räspekktt nicht verdienen, weil sie mich nicht in die Schranken verweisen in die ich gehöre? Lesen Sie den Satz getrost noch mal.

Ich habe in Köln mal in der U-Bahn Linie 11 am Breslauer Platz gesessen. Das war so 1982 oder 84. Die Bahn stand mit offenen Türen und wartete auf irgend was. Und das schon seit mehrern Minuten. Sie war gut gefüllt, keiner musste stehen. Über den leeren Bahnsteig liefen zwei junge Erwachsene (etwa 18 - 20 Jahre). Der eine verfolgte den anderen. Beide sprangen in die Bahn, liefen ein Stück den Gang herunter und der Verfolger schlug den Verfolgten mit einem wuchtigen Schlag in den Rücken zu Boden. Als der sich aufrappelte hangelte sich der Angreifer an den beiden Haltestangen hoch und trat mit beiden Beinen gleichzeitg seinem Opfer in den Bauch, sprang dem nochmals Fallenden hinterher und trat drei- oder viermal zu. Dann hob er den Kopf, schaute sich um und brüllte in die starren Gesichter „Ihr elenden Feiglinge!“ Nach einem letzten Tritt auf den am Boden Liegenden drehte er sich um und verließ unbehelligt die Bahn.

Ich war von der maßlosen Gewalt dieses Angriffs vollständig gelähmt. Ich konnte kaum atmen und dachte nur, dass ich nicht auffallen wollte um nicht ebenfalls Opfer zu werden. Feigling? Sagen Sie es mir.

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Wahrscheinlich
wäre es mir nicht anders gegangen. Das hat aber noch mal eine ganz andere Qualität als ein plärrender mp3-Player oder andere Belästigungen dieser Kategorie. Ich wollte im Übrigen auch nicht so verstanden werden als redete ich einer mühsam aufrecht gehaltenen Duldsamkeit bis hin zum Magengeschwür das Wort. Wo ich hinkommen möchte, das ist eine heitere Gelassenheit, in der mich ein plärrendes Musikgerät oder ein um die Ecke schirgelnder Vollhorst im Spackomobil nicht so stört, dass ich nur mit unterdrückter Aggression reagieren kann.

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Das hat aber noch mal eine ganz andere Qualität als ein plärrender mp3-Player

Ja, richtig. Passt eigentlich nur am Rande zum Thema. Zeigt mir aber schön, wie weit so was gehen kann.

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Beeindruckt
bin ich von dieser Schilderung der Wirklichkeit (13.22). Ich fürchte mich auch, oft, meistens. Aber manchmal kriege ich auch den Mund auf. Etwas genauer angeschaut habe ich mir meinen Ansprechpartner dann zuvor allerdings schon.

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Ich habe mal bei einem Versuch mitgewirkt,
zwei so richtig engagierte Streithähne im öffentlichen Raum zu trennen. Lust auf "mehr davon" hat das nicht gerade gemacht.

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Huch, ich dachte ich wäre der Einzige der die Schau-nicht-weg-Aufkleber ignoriert. Naja, besser ein Weichei als gar kein Härtegrad …

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Lieber Papa, wäre mir klar, ob "Rübe ab" als Killerphrase, dreifach iterierte Ironie oder ganz anders zu lesen ist, dann hätte ich auf Ihre Schlußfrage geantwortet. So möchte ich mich wieder dem Thema Geräuschbelästigungen im öffentlichen Raum zuwenden:

Offensichtlich fühlen sich viele Menschen durch öffentliches Musizieren gestört. Je nach Veranlagung, Angst, Abstumpfung, Gutmenschgrad und eigener Nervigkeit kann darauf verschieden reagiert werden. Man kann mitmachen, sich wie an Handy-Gespräche über die Jahre gewöhnen, sich lustig machen, alles in sich reinfressen, unterdrückte Aggression an anderen auslassen, breit darlegen, warum Hummerfahrer und Nervsäcke einen kurzen Schwanz haben, und sich selbst als gelassen, überlegen und bei Frauen erfolgreicher ausgeben.

Man darf sich aber auch über seine Mitmenschen aufregen, wieder einmal feststellen, daß Gesetze und Verordnungen eigentlich reichen, das Musizierverbot in öffentlichen Verkehrsmitteln nur nicht genügend kontrolliert würde, Nervsäcke als gerechte Strafe für Hosenscheißer sehen, kein Mitgefühl empfinden für den Schwerverletzen im Krankenwagen, dessen Sirene nicht gehört wird, und die Hinschauphrase nicht mehr hören können.

Am erfolgreichsten ist es wohl, Gebiete hoher Primitivität zu meiden. Das geht am besten mit Geld. Davon habe ich keines, dafür offensichtlich seit sechszig Jahren die Idioten automatisch gemieden, daß ich nie unter einer erhöhten Nervsackdichte leiden mußte und auch nicht in die Nähe von gravierenden Gewalttaten kam.

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Könnten Sie das nochmal zusammenfassen, bitte? Ich hab den roten Faden grad nicht ganz ...

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Der letzte Ihrer Punkte ist pures Glück. Über alles andere lässt sich streiten. Will ich aber nicht.

Rübe ab ist eine Killerphrase, wenn auch kein Totschlagargument, wie die Wikipedia behauptet, weil überhaupt nicht im Sinne eines Argumentes gebraucht, und daher eher von mir im Sinne eines „dummen Spruches“ verwendet, der an Stammtischen sein übliches Habitat findet. Rübe ab sollte mein Schlusspunkt hinter der Frage sein, was mit so Typen die nerven passieren sollte, weil eh nix passiert. Sinnlose Antwort auf sinnlose Frage. Dreifach iterierte Ironie kann ich nicht, muss ich aber mal drüber nachdenken. Scheint interessant. Aber Antwort auf meine Schlußfrage ist sehr erwünscht. Wirklich.

PS: Herr Kristof, die Zusammenfassung würde Sie noch mehr im Regen stehen lassen weil dort versteckte Anspielungen mit weiteren noch besser versteckten Anspielungen beschrieben werden, was ich als Kompliment gegenüber Herrn wuerg verstanden haben möchte. Herrn wuergs Kommentare (und auch Beiträge) sind vielleicht nicht immer meine Sache, aber immer wunderbar formuliert. Man kann sich an ihnen abarbeiten und hat am Schluss immer noch nicht die Gewissheit alle Ebenen besucht zu haben. Wie gesagt, das ist eine absolute Verneigung gegenüber Herrn wuergs Methode Sprache zu verwenden.

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O...OK.

:)

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Sehnse, jetzt hätte ich das Wichtigste beinahe vergessen. Das Spuckexperiment. Was machen Sie mit einem Jugendlichen Fahrradfahrer, der sie als Fußgänger anspuckt. Ignorieren? Dann läuft er Ihnen hinterher und spuckt weiter, beleidigt Sie vor allen Leuten und verfolgt Sie bis zu Ihrer Haustüre, die er ebenfalls mit seinem Speichel dekoriert. Sie machen es besser? Sie stellen Ihn zur Rede? Dann passen Sie auf, dass er Ihnen nicht in den offenen Mund spuckt. Ansonsten läuft es weiter wie oben beschrieben. Sie drohen ihm Gewalt an? Überlegen Sie schon mal wie Sie Ihre Klamoten von der Rotze des Bengels sauber bekommen. Das berührt ihn gar nicht. Sie geben Ihm was vor dem Latz? Dan überlegen Sie sich schon mal was sie dem Vater/der Polizei erzählen, warum sie einen Minderjährigen Niedergeschlagen haben und dabei schwere Verletzungen zugefügt haben (was nicht stimmt, aber das können Sie nachher versuchen der Presse zu erklären).

You see the point? Unsere Regeln funktionieren nur wenn sich alle dran halten. Wir haben keine Handhabe gegen Unverschämtheiten. Oder haben Sie eine besser Lösung gegen den Spucker?

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@der_papa:
Die Welt ist auch schon im Indikativ kompliziert genug, als dass ich allzuviel Hirnschmalz investierte in Gedankenexperimente, was ich täte, wenn der Iwan etwa mit einem atombombenbestückten Flugzeug über den Park flöge, in dem ich grade mit meiner Freundin spaziere und zufällig eine Flugabwehrkanone mit mir führe. Gut, das hier ist jetzt nicht ganz so kompliziert, deswegen mache ich eine Ausnahme und antworte wie folgt: Wahrscheinlich würde ich dem Spucker nach der zweiten Warnung eine schallern, die sich gewaschen hat und die Konsequenzen tragen - selbst auf die Gefahr hin, dass die "Bild"-Zeitung mich deswegen zum Volkshelden kürt..

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Das mit dem Schallern
mag ja gut und richtig sein, tät ich auch manchmal ganz gerne, wenn's zu arg kommt, auch die Ignoranz gegenüber dem Bildungsmeinungsblatt. Wenn aber so ein eins achtzig langer und fast ebenso breiter Fünfzehnjähriger herumspukt und -spuckt, dann überlege ich kleines altes Männlein mir das dann nochmal. Oder gehe grundsätzlich nicht ohne meine Söhne aus dem Haus. Die spucken dann für mich zurück.

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Mit meinem Gardemaß
von 1,90 m und der richtigen Schutzkleidung muss ich mir um juvenile Spuckattacken nicht so die Riesensorgen machen, denke ich. Da gibt es zweifellos gefährdetere Zeitgenossen.

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Haha, "Scheiße, der ist bei der G*st*p*! Schnell weg!", ich stell mir die Panik vor.
(Vielleicht aber den Kinderwagen daheim lassen, wegen der Wirkung, und den rosa Hasen auch, Lederpeitsche stattdessen ...)

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Der Kinderwagen
ist schon länger nicht mehr in unserem Gebrauch. Weiß jetzt gar nicht, ob der nur weiterverliehen oder verkauft wurde. Meine Frau ist ja dankenswerterweise immer bestrebt, den kosmischen Güterkreislauf in Schwung zu halten. Was mich daran erinnert, dass das Laufrad jetzt ja auch schon wieder obsolet geworden ist. Hach ja. Es nur dafür aufzuheben, um es einem etwaigen Spucker um die Ohren zu hauen, scheint mir doch etwas unverhältnismäßig. ;-)

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Hmmm, meine Frage bezüglich des Spuckers war schon ernst gemeint und weitab jeglicher BW-Einstellungsmethoden, weil ähnlich schon passiert. Aber egal.

Welche minimale Sitzhöhe hat das Laufrad denn? Ich brauche 35 cm und tiefer.

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Meine Antwort
war auch absolut ernst gemeint. Ich würde mir das nicht bieten lassen, selbst wenn mich das paar Tagessätze kostet. Aber genau aus diesem Grund ist es auch nicht sehr wahrscheinlich, dass mir das passiert. (#Täter-Opfer-Dialektik, aber das würde hier zu weit führen).

Ich denke, das Laufrad ist genau das, was Sie suchen, Sitzhöhe (grob gemessen) ab 32 cm aufwärts. Testsieger von Puky in Gelb-Schwarz, Klingel nachgerüstet, Handbremse müsste vielleicht mal nachjustiert werden, aber sonst Top-Zustand. Kanns bei Gelegenheit auch mal ablichten, falls gewünscht.

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Ok, was soll es kosten? (vielleicht machen wir das Weitere per E-Mail aus: der_papa ät gmx punkt net)

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Nanu,
zu hoch gepokert?

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Ich habe schon viele Rotzer gesehen, doch noch keinen der vom Fahrrad auf ein Fußgänger zielte. Träfe ein solcher mich, wäre ich normalerweise so machtlos wie gegenüber einem rumsbumsenden Autofahrer. Er ist schnell weg, und ich habe keinen Knüppel für die Speichen zur Hand. Sollte ich ihn aber wiedersehen, würde ich ihn ausforschen und dann im Schlaf einen mit der Dachlatte überziehen. In diesen Plan hatte vor Jahren schon einmal viel Zeit investiert, kam dann aber nicht weiter.

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Die Drohung mit der Dachlatte
hat in Ihrem Bundesland ja eine gewisse politische Tradition. ;-)

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