Sonntag, 17. August 2014
Von großen Löchern und kleinen Bildungslücken
Da draußen septembert es schon ganz gewaltig, und wer in dieser Saison noch ein paar Kilometer machen möchte, kann sich dabei nicht mehr auf Schönwetterfahrerei beschränken. Heute hatte ich mit Blick auf die Windrichtung Süd-Südwest den Vorsatz gefasst, entweder in die verbotene Stadt weiter rheinaufwärts zu radeln oder das andere große Landschaftsloch der Region (den Tagebau Hambach) zu umrunden. Letztlich gaben die dunkleren Wolken in Richtung der Domstadt den Ausschlag, und seien wir ehrlich, abgesehen vom immer wieder beeindruckenden Dom ist Köln auch nicht nennenswert schöner als das monströse Baggerloch in der Landschaft.



Zudem fährt es sich auf den Land- und Kreisstraßen rund um Hambach und die Sophienhöhe besser als durch die Outskirts von Kölle. Am Aussichtspunkt in Elsdorf herrschte denn auch trotz der kippligen Wetterlage einiger Betrieb. Mein persönliches Hochlicht des Tages lieferte ein altklug daherquäkender Pimpf, der im nervigsten Ich-weiß-was-Frau-Lehrerin-Tonfall rumdozierte, da unten würden "Kohlehydrate abgebaut für die Energiegewinnung". Die Eltern guckten schwer beeindruckt von der Allgemeinbildung ihres Sprösslings, und ich rang mühsam den Impuls nieder, die ganze Familie zu den Infotafeln von RWE Power zu zerren, die eigentlich recht anschaulich und nachvollziehbar darlegen, was genau hier vonstatten geht.



Überhaupt hätte ich gerne noch etwas länger in der Gegend verweilt und auch die Monstermaschinen beim Aufschütten der Sophienhöhe von etwas näher dran abgelichtet, aber von West nahte eine dunkle Regenfront. Zudem hatte mich der neunmalkluge Knabe daran erinnert, dass ich zum Auffüllen meiner Energievorräte vielleicht auch demnächst noch irgendwo ein paar Kohlenhydrate schürfen müsste.



Auf dem Speedway Terra Nova (der Trasse einer ehemaligen Bandförderanlage) konnte ich genug Tempo bolzen, um der Regenfront erst mal davonzufahren. Als ich dann allerdings nahe der Neurather Kraftwerke nicht mehr so recht den Plan hatte, wo es lang geht, bekam ich doch noch einen Guss ab. Auf das Mitführen von Regenkleidung hatte ich ja verzichtet, aber um mich darüber noch groß zu grämen, war es dann auch zu spät. Letztlich blieb es bei einem kurzen und lokal begrenzten Schauer, wie ich das hier in der unmittelbaren Nachbarschaft der Wolkenfabriken schon paar mal erlebt habe.



Ach ja, irgendwann muss natürlich auch noch die Sophienhöhe bezwungen werden. Die höchste künstliche Erhebung der Gegend ist nämlich mit etwas über 300 Metern fast so hoch wie der Vaalserberg, allerdings sind die Radwege dem Vernehmen nach nicht durchgängig befestigt, das erfordert also Profilreifen, die ich heute nicht aufgezogen hatte.

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Donnerstag, 14. August 2014
Desperate Houseman (31)


Größerer Bildschirm und viel mehr Programme - die neue Glotze weiß zu begeistern.

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Dienstag, 12. August 2014
Von Leichtmatrosen, die gegen den Wind pinkeln


Mit Seemansgarn unseres netztheoretischen Nachwuchs-Nietzsches aus Berlin wollte ich mich ja eigentlich erst wieder beschäftigen, wenn sein crowdfinanziertes Opus Magnum vorliegt. Aber nachdem ich ja manchmal bei diesem Kurznachrichtendienst mit den 140 Zeichen reingucke (und dortselbst törichterweise eine klandestine Karteileichen-Präsenz eröffnet habe), wollte ich dieser Tage per Reply dann doch mal wissen, welche netzfeindlichen Umtriebe der Schriftstellerin Juli Zeh denn eine offensivere Bekämpfung durch die Netzszene erforderten.

Eine Antwort habe ich nicht bekommen, vielleicht geht Seemann davon aus, dass die hinter dem Link zu findenden Einlassungen der Literatin so selbsterklärend evil sind, dass sich eine detailliertere Ausarbeitung der Anklage schon erledigt hätte. Ich kann das chrismon-Gespräch rauf und runter lesen und von hinten nochmal nach vorne, aber ich finde keine Stelle, an der Frau Zeh die Abschaltung des Internets oder dergleichen gefordert hätte. Da steht allenfalls der Wunsch nach einem Ethikrat und einer europäischen Datenschutzrichtlinie, die Handhabe gegen internationale Konzerne böte. Desweiteren plädiert Frau Zeh dafür, dass jeder, der existenzielle Entscheidungen aufgrund von Profilen und Scoring-Ergebnissen trifft, zur Offen­legung seiner algorithmischen Verfahren verpflichtet wird. Außerdem müsse beim Internet der Dinge die Zulassung von neuen Technologien reglementiert werden.

Man mag diese Forderungen für naiv oder gar weltfremd halten. Aber dass davon irgendweine Gefahr ausgeht für das Internet von heute oder das von morgen, scheint mir so weit hergeholt wie nur irgendwas. Und wenn die Äußerung solcher Gedanken mittlerweile schon ausreicht, um von irgendwelchen selbstbesoffenen TCP/IP-Theoretikern auf Proskriptionslisten gesetzt zu werden, dann muss ich mich ernsthaft fragen, ob erstens der Mann noch alle LED-Lämpchen am Router anhat und ob zweitens diese sogenannte Netzszene nicht ein größeres Geschwür am Arsch der modernen Menschheit darstellt als eine Autorin wie Juli Zeh, deren Transparenz-Dystopie "Corpus Delicti" ich nach wie vor für einen der wichtigsten Romane der Dekade halte.

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