Mittwoch, 20. Juni 2012
Mit dem Fnord Mondeo ins Jammas-Tal
Wo ich diese Anekdote gelesen habe, weiß ich nicht mehr so genau, aber das muss uns für den Moment auch nicht so sehr interessieren wie der Inhalt: Ein junger Mann aus einer wohlhabenden jüdischen Familie war irgendwann vor dem ersten Weltkrieg nach Übersee aufgebrochen und dort in ernste Schwierigkeiten geraten. Kurz vor seiner Rückkehr wollte er seine Eltern schonend darauf vorbereiten, dass nicht alles zum Besten stand, und so kabelte er ein Telegramm mit folgendem Text in die Heimat: MACHT EUCH SCHON MAL SORGEN +++ NAEHERES SPAETER +++ EUER URI +++ STOP +++

Solche Telegramme schreibt heute keiner mehr, aber die Berichterstattung in den letzten Monaten zum Thema Eurokrise, Rettungsschirm und Bankenunion folgt ziemlich exakt diesem Muster: Nichts genaues weiß man nicht, aber man möge sich bitteschön schon mal ordentlich Sorgen machen. Griechenland grad nicht so schlimm? Macht nichts, wir haben ja noch das Spanien-Problem, und falls uns das zufällig vom Radarschirm rutschen sollte, gucken wir mal genauer nach Italien. Nachdem Europa in den vergangenen zwölf Monaten angeblich mehrfach vor dem Komplettkollaps stand (entweder weil Griechenland drinbleibt im Euro-Verbund oder doch ausscheren muss), stelle ich mit Schrecken fest, dass mein Guthaben auf dem Sorgenkonto nahezu auf Null geschrumpft ist. Da könnt Ihr Euch bei japanischen Atomkraftwerksbetreibern und Erderwärmungspropheten bedanken, aber meine Sorgenmachkapazitäten sind nun mal begrenzt. Wenn wir für den geplanten Sommerurlaub Euros in Drachmen umtauschen müssen oder bis dahin wieder die D-Mark haben, dann ist das eben so. In diesem Sinne: Jammas!

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Sonntag, 17. Juni 2012
Die Nordschleife unter den Schwimmbadrutschen
Nach der kleinen Enttäuschung über den nicht begehbaren Looping in Duisburg wollte ich es heute mal wissen: Hält die Loopingrutsche im Aqualand Köln, was der Name verspricht? Legt man die bei Achterbahnen gängige Definition zugrunde, nach der man einen vertikalen Kreis aufwärts fährt und sich an der Spitze kopfüber befindet, handelt es sich bei der Kölner Rutschenattraktion (man betrachte auch die zwei Videos) nicht wirklich um einen Looping. Wobei der Konstrukteur dieses Bespaßungsgeräts von einem "geneigten Looping" spricht, aber ich will da jetzt nicht kleinlich sein, unstrittig ist soviel: Diese gelbe Gefahr hats wirklich in sich: Sobald die Fußplattform wegklappt, reißt es einen im fast freien Fall 10 Meter runter, bevor es dann mit solchem Karacho in die Steilkurve geht, dass einem Hören und Sehen vergeht. Da doch recht viel Wasser spritzt unterwegs, ist es ohne Schwimmbrille praktisch unmöglich, die Augen die ganze Zeit offen zu halten. Man merkt nur: Wow. Das. Ist. Verdammt. Schnell. Und schon schmeißt es einen unten ins Auffangbecken, aus dem man dann heraustaumelt, ohne so recht zu wissen, wie einem geschah. Um es mit den unsterblichen Worten einer Bloggerkollegin zu sagen: Kann man ja mal machen. Durchaus auch mehrfach hintereinander.

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Donnerstag, 14. Juni 2012
Stairway to heaven
Von Zeit zu Zeit zieht es mich ja mit Macht nordwärts, dorthin, wo einst die Schlotbarone regierten, die Krupps, Thyssens, Hoeschs und Mannesmänner. Da kommt dem Freund der Industrial-Musik die Stahlwerksinfonie in den Sinn, und die Füße pedalieren im Takt der "Machineries of Joy". So muss das sein, und in diesem Setting stört dann auch das graue und trübe Wette gleich viel weniger.

Heute ging es also auf den Magic Mountain Tiger & Turtle, eine imposante Landmarke auf der einstigen Schlackenhalde einer Zinkhütte in Duisburg-Hüttenheim, direkt gegenüber der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM). Auf diesem künstlichen Hügel steht seit November 2011 eine begehbare Großskulptur, eine Art Achterbahn für Fußgänger. Der Looping ist leider abgesperrt, aber der Erlebniswert des stählernen Großgeringels ist auch so schon beachtlich. Durch die Treppenstufen aus Gitterrost hat man überall klare Sicht nach unten, und wenn Wind weht oder ein paar Leute darauf herumturnen, dann wackelt das ganze Konstrukt aus verzinktem Stahl merklich.



Oben kurz vorm Looping kam ich mit einem Rentner aus Wanheim-Angerhausen (also in Spaziergang-Entfernung von da oben) ins Gespräch. Der hatte über 40 Jahre bei Berzelius, einer metallverarbeitenden Firma, malocht. Gibbet aber auch nicht mehr, allerdings zeigt Google Maps immer noch die Fortsetzung der Berzeliusstraße, wo heute der Hügel mit der begehbaren Achterbahn steht. Wie auch immer. Der Pensionär konnte mir jedenfalls beim Rundumgucken ganz genau sagen, was zu sehen ist (oder auch nicht mehr): Da drüben das Containerterminal, da war früher das Krupp-Stahlwerk Rheinhausen, daneben da ist schon Moers mit der Halde Rheinpreußen, weiter rechts, die Schlote, das müsste das Kraftwerk Walsum sein, da hinten, das gehört schon zu Oberhausen. Ich fragte dann, wie er als Anwohner denn zu diesem Magic Moutain stehe. Darauf er so: Mmmja, natürlich frage er sich schon, ob die Millionen nicht besser in Kindergärten und Schulen gesteckt worden wären. Andererseits wärs schon toll, was die hier aus der Halde gemacht haben, kämen ja jedes Wochenende viele Leute zum Gucken. Tja. Zuletzt gab er mir noch den Tipp, auf dem Rückweg unter der Kreisstraße hindurch dem Angerbach zur Mündung zu folgen, da gebe es einen schönen Aussichtspunkt auf den Rhein. Gesagt, getan, geguckt und geknipst:



Und als kleinen Bonus gibt's hier noch ein Großbild.

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