Freitag, 7. September 2007
Verstummt
Tja, da waren es nur noch zwei Tenöre. Mehr als pflichtschuldiges Bedauern mag ich mir angesichts des Ablebens von Luciano Pavarotti indes nicht abringen. Ich sage es auch auf die Gefahr hin, von kulturell und musisch interessierten Zeitgenossen künftig peinlichst gemieden zu werden: Ich konnte dem gepressten Geknödel irgendwelcher Tenöre noch nie etwas abgewinnen - auch im Dreierpack nicht.

Und wenn wir schon mal dabei sind: Mit Operndiven und Primadonnen ist es nicht besser. Opern sind mir nahezu ausnahmslos ein Graus, weil mir nicht einleuchtet, warum man Monologe und Dialoge auf der Bühne unbedingt schwer verständlich und an der Schmerzgrenze entlang trällern muss. wenn man sie stattdessen auch ganz normal sprechen könnte.

Dabei habe ich ansonsten gegenüber klassischer Musik keinerlei Berührungsängste: Choräle, Oratorien, Motteten, Symphonisches, Orgelkonzerte, Kammermusik - immer gerne. Von daher verstehe ich es selber nicht, dass der Funke bei Oper, Operette und Kunstlied auf mich nicht überspringen wollte. Vereinzelt gibt es Stücke, die mich nicht sofort in die Flucht schlagen - etwa der Liebestod aus Tristan und Isolde. Aber sonst ist das meiste Einzelgejodel von großen Sangeskünstlern allenfalls dazu angetan, meine Schmerzgrenze auszuloten. Ich glaube, eher wird es noch was mit mir und Free Jazz oder atonaler Musik als mit dem gängigen Opernrepertoire. Schade eigentlich, denn in der Theorie kann ich den kulturhistorischen Wert dieser Kunstform durchaus würdigen. Nur mit dem Anhören ist es halt in der Praxis etwas schwierig. Nimms nicht persönlich, Luciano...

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Dienstag, 4. September 2007
A 3 - Treffer
Nach großen Familienfesten mit viel Präsenz an buckliger Verwandtschaft möchte ich eigentlich gleich wieder anfangen zu rauchen. Nicht, dass der 80. Geburtstag meiner Mutter am Wochenende besonders nervig gewesen wäre oder die Kleine uns zur Verzweiflung getrieben hätte. Nein, weit gefehlt: Fast durchweg angenehme Stimmung, keine großen Misstöne oder gar Ausfälligkeiten, die Kleine präsentierte sich auch das ganze Wochenende als Sonnenscheinchen, gutes Essen gab es in Hülle und Fülle. Und trotzdem: Es strengt an. Lutscht mich förmlich aus. Und das liegt nicht an den mehr als 600 Kilometern, die ich Freitag und Sonntag in einem vollgeladenen Darkmobil mit Frau, Tochter und Hund an Bord vom Nieder- an den Oberrhein und zurück kesselte.

Ich kann es nicht sagen, was es ist, das mich an diesen Famlilienzusammenkünften immer so anstrengt. Und den Wunsch weckt, mir danach eine Zigarette anzuzünden, um wieder einen anderen Geschmack auf die Zunge zu bekommen. Und dann die Reifen der hinteren Antriebsachse des Darkmobils bisschen anzukokeln beim Herausbeschleunigen aus dem Parkplatz des Lokals, in dem wir gefeiert haben und gefühlte anderthalb Stunden brauchten vom Entschluss, zu gehen bis hin zu dem Punkt, wo man sich endlich von allen verabschiedet hatte und das ganze Geraffel, das man als Kleinfamilie so mit sich rumschleppt, endlich im Auto verstaut war.

Irgendwann am früheren Samstagabend hatte mich mein jüngerer Bruder gefragt, ob ich es mir denn vorstellen könnte, nach Mannheim zurückzukehren. Klar, vorstellen kann man sich viel. Auch wenn mir ehrlich gesagt die Phantasie für ein entsprechendes Szenario fehlt, das einen solchen Schritt zurück in die Heimat nahelegen würde. Davon abgesehen weiß ich auch genau, dass es mit Familie/Verwandtschaft ja auch nur unter der Prämisse der größeren räumlichen Distanz so entspannt läuft wie jetzt. Säße ich wieder näher dran, wäre ich unausweichlich auch wieder vermehrt Adressat von Erwartungshaltungen und womöglich Lieferant von Zurückweisungen und Enttäuschungen, die daraus resultieren, dass ich keine Veranlassung sehe, mich mit auf diese Erwartungshaltungen und Projektionen allzuweit einzulassen.

Wer weiß, vielleicht verkläre ich dieses Städtchen am Zusammenfluss von Rhein und Neckar aus der Ferne auch zu sehr. Der Sommer war da unten in der sonst so sonnigen Rheinebene genauso verregnet wie hier. Und was diese Ecke hier noch so alles zu bieten hat, haben wir ja gerade erst angefangen zu erkunden. Wenn also nicht die Pegel der Weltmeere um 50 Meter steigen, sollte es sich noch eine Weile aushalten lassen am Niederrhein. Und bei akuten Schüben von Heimweh kann man sich immer noch sagen, hit the road, Jack!. A 3 - Treffer, versenkt.

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Donnerstag, 30. August 2007
Di-Day revisited
An den letzten Augusttag vor zehn Jahren kann ich mich noch sehr gut erinnern: Es war der 70. Geburtstag meiner Mutter, und wir saßen bei Kaffee und Kuchen im Garten meines Elternhauses in harmonischer Runde in der Spätsommersonne. Einzig die Wespen, die ziemlich penetrant Luftangriffe auf Kuchen und Obsttorten flogen, nervten ein wenig. Ganz beiläufig erwähnte mein Bruder, der etwas später eingetroffen war, er habe im Autoradio gehört, dass Lady Di tödlich verunglückt war. Das wurde in der Familienrunde kurz zu Kenntnis genommen, dann wandte man sich wieder anderen Themen zu: dem Gang der Dinge auf dem Bauernhof meines Cousins, der Klage darüber, dass man die Kinder meines Bruders seit der Scheidung kaum noch zu Gesicht bekäme und all so was eben.

Abends, als ich nach der Feier im heimischen Wohnzimmer den Fernseher einschaltete, wurde mir dann sehr schnell klar: Das Sommerloch für dieses Jahr ist ja nun unwiderruflich vorbei. Ich hatte mir die Woche vom 1.9. eigentlich frei genommen, aber irgendwie ahnte ich, dass sich hier in den kommenden Tagen ein großes Mediendrama abspielen würde. Und so beschloss ich, nicht wegzufahren, sondern in Reichweite des Fernsehers auszuharren. Vielleicht ließe sich das, was sich da anfing abzuspielen, ja später fachpublizistisch noch ausschlachten.

Was ich damals (gebloggt hat man da ja noch nicht) leider nicht aufgeschrieben habe: wie ich ganz persönlich und subjektiv den Fernsehmarathon dieser ersten Septemberwoche erlebt habe. Die meiste Zeit saß ich eigentlich nur kopfschüttelnd da und dachte mir, mein Gott, was für ein Gewese um eine bei Licht besehen doch so unbedeutende Person. Muss sich die Queen jetzt tatsächlich vom emotional aufgepeitschten Trauermob vorschreiben lassen, ob sie ihren schottischen Sommersitz auf Balmoral jatzt halbmast zu flaggen hat oder nicht? Tut es Not, dass ausgerechnet Elton John eine offiziöse Trauerhymne auf den Markt werfen muss? Als dann aber der beflaggte Sarg seinen Weg durch London zu der letzten Ruhestätte der Diana Spencer nahm, konnte ich es nicht verhindern, dass ich mich plötzlich als Teil einer Trauergemeinde fühlte. Zumindest für einen kurzen Moment.

Der Text, den ich wenige Wochen nach dem Diana-Drama für ein Medien- und Werbefachmagazin schrieb, findet sich im Kommentar.

Nachtrag: Holgi hält sein Versprechen und sägt ebenfalls am Thron der Königin der Herzen...

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