Donnerstag, 27. März 2008
Nur mal so in die Tonne getextet
Dass ich meinen bescheidenen Beitrag zu unserem Haushaltsnettoeinkommen damit bestreite, Texte zu verfassen, die in obskuren Fachzeitschriften abgedruckt werden, hatte ich glaube ich schon mal beiläufig erwähnt. Im weitesten Sinne sind dies kleinauflagige Bulletins für Menschen aus der Medien- und Werbebranche, Marketeers, Drückerkolonnen-Einpeitscher, Kreative und Zahlenschieber aus der Mediaplanungs-Abteilung. Kurzum: Es ist ein lustiges und eigenwilliges Völkchen, für das man da schreibt und dem man als Branchenberichterstatter auch selber angehört - na ja, zumindest ein Stück weit.

Und warum erzähle ich das alles? Nun, es gibt Kollegen, die hat es härter getroffen. Die wollen eigentlich Schriftsteller werden, müssen ihr Dasein aber als Werbetexter fristen. Was per se nicht ehrenrührig ist. Wie wie alle wissen, war der große Dichter Frank Wedekind ("Frühlings Erwachen", "Lulu") auch mal als Werbeverantwortlicher für Maggi tätig. Wahrscheinlich würde aber selbst der gute Frank Wedekind heute verständnislos mit den Schultern zucken, wenn die Kollegen ihm mal so in die Tüte gesprochen Fachvokabeln wie Benefit oder USP und seltsame Redewendungen wie Neger vor der Hütte um die Ohren knallen würden. Oder gar wissen wollten, was die Kampagne am Ende des Tages denn so an Messbarem liefert. Um beim Otto Normalverbraucher das verbale Verständnis für seine Innung zu erhöhen, hat der Kollege Schreiber verdienstvollerweise ein kleines Werbewörterbuch ins Netz gestellt. Ein paar gängige Trendvokabeln wie Touchpoints oder 360-Grad-Kommunikation werden zwar noch vermisst. Aber immerhin: Ein Anfang ist gemacht.

P.S. Eine schöne Sammlung von Werbe- und Marketing-Phrasen haben auch Olaf K. und die Kommentatoren von off-the-record.de zusammengetragen.

P.P.S. Der Dank für das obige Fundstück gebührt dem Werbeblogger.

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Hä?
"Neger vor der Hütte" hab ich ja noch nie gehört.

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Nee?
Ich schon. Aus dem Munde eines Chefredakteurs, bezogen auf eine Bildunterschrift, die nur umschrieb, was auf dem Foto zu sehen war. Von daher hätte ichs auch nicht unbedingt für Werberdeutsch gehalten, sondern eher für Mediensprech allgemein.

Aber vermutlich würde man heute in einer Blattkritik nicht mehr "Neger" sagen, sondern Afro-Afrikaner. Oder so.

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sehnen sie sich nach 1 neuen job?

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Gute Frage.
Sagen wir so: Ich hab durchaus schon mal mehr damit gehadert als im Moment. Aber den kompletten Familienunterhalt wollte ich damit nicht unbedingt bestreiten müssen.

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Ich will bezahlter Blogger werden, weiß aber nicht, wie das geht. Dr. Mark, können Sie mir hier helfen? Bei Bedarf schicke ich Ihnen eine Liste mit meinen USPs, auch gern von meinem Markenprofil, aber schneiden Sie sich daran bitte nicht;-)

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Mal gucken.
Meine eigenen strategischen Überlegungen bezüglich der besseren Monetarisierung dieser kleinen Off-Broadway-Butze habe ich seinerzeit ja nicht konsequent umgesetzt. Aber hey, welcher Wegweiser läuft denn selber in die Richtung, in die er zeigt? Also ich denke, wir könnten bei Ihnen im Cove schon ein paar Erlösströme generieren. Allerdings erscheint mir der Markenkern noch etwas zu diffus, eine klarere strategische Ausrichtung entlang der Kernkompetenzen täte noch Not. Dabei müssen wir die Leser Ihres Blogs aber auch verstärkt da abholen, wo sie sind, wenn Sie verstehen, was ich meine... ;o)

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"...oder USP und seltsame Redewendungen... Oder gar wissen wollten, was die Kampagne am Ende des Tages denn so an Messbarem liefert..."

Schön. Herrlich. Allein schon USP. Herrlich.

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An der Stelle
im Wörterbuch habe ich auch sehr gelacht. Und besonders schön herausgearbeitet ist der branchenspezifische Irrsinn unter dem Stichwort werblich: Eine Werbung ist dann werblich, wenn sie wirbt, aber der CD das Gefühl hat, dass sogar der Kunde das mitbekommt. In der Werbung sind werbliche Werbungen wenn möglich zu vermeiden.

Ich glaube, diese Passage ist der Lackmustest, der Insider und interessierte Laien scheidet. Nur der Nichtwerber sieht darin einen Widerspruch: "Wie, Werbung soll nicht werben?" Und der Experte sagt, "Werbung soll natürlich schon werben, das ist doch klar. Aber nicht, indem sie wirbt."

Noch Fragen?

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Wollen eigentlich nicht alle Schreiber Schriftsteller werden? Vor allem die tüchtigen Werbetexter?

Eigentlich? *duckt sich

"Am Ende des Tages" ist kulturindustrielles Allgemeingut inzwischen. Ich hörte es zuerst von Wennemer in den 80igern glaube ich, als er noch mein Chef war und nicht Conti-Chef...

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"Am Ende des Tages"
ist streng genommen auch nicht "werbisch", sondern ein Anglizismus, eingeschleppt von Leuten, die gerne businessmäßige Weltläufigkeit verströmen.

Bei Journalisten mag die Schriftstellerei als eigentliches Berufsziel durchaus vorkommen. Werbetexter kenne ich zu wenige, um das beurteilen zu können. Ich für mein Teil habe mich jedenfalls nie als künftigen Romancier gesehen. Dafür bringe ich einfach nicht das mit, was es an imaginativen Fähigkeiten braucht.

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