Freitag, 8. November 2013
Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Also nur mal angenommen, das Bundespräsidialamt hätte bei mir angefragt, wo unser Staatsoberhaupt denn mal die "wirkliche Wirklichkeit" kennenlernen könne, dann wäre die Neckarstadt-West in Mannheim exakt mein Vorschlag Nummer eins gewesen. In dem Carré der gestern von Gauck besuchten Neckarschule habe ich lange gewohnt, meine frühere Lebensgefährtin hat an dieser Schule im Rahmen ihres Pädagogikstudiums ihre allerersten Lehrerfahrungen gesammelt. Schon damals bildeten Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft eine Minderheit, und der Trend hat sich - nicht zuletzt durch den Zuzug aus Südosteuropa - in den letzten Jahren noch weiter verstärkt. Ich bin seit meinem Wegzug vor fast zehn Jahren nicht mehr so direkt am Puls des Viertels, aber ich kriege noch genug mit, um zu wissen, welche Probleme das Zusammenleben von Bewohnern aus so vielen unterschiedlichen Nationen und Weltgegenden mit sich bringt. Auf der anderen Seite muss man es schon auch als Riesenerfolg anerkennen, dass der Totalabsturz der Neckarstadt-West bislang verhindert werden konnte und dort keine bürgerkriegsähnlichen Zustände herrschen. Jenseits des gemauerten Torbogens in dem kleinen Park zwischen der Draisstraße und der Bürgermeister-Fuchs-Straße war es durch die unmittelbare Nähe des Rotlichtbezirks schon immer sehr, nunja, speziell. Und dass der vordere Teil zwischen Messplatz und Neumarkt, wo ich einst wohnte, dann doch nicht so hip geworden ist, wie es sich die Makler und Vermieter zu Beginn der Neunziger erhofft hatten, ist in meinen Augen nicht unbedingt eine Vollkatastrophe.

Aber dauerhaft abgewendet ist die Gefahr des völligen Verfalls des Viertels mit seinen vielen denkmalgeschützten Altbauten nicht. Zumindest scheint die Stadt erkannt zu haben, dass sie es sich (trotz ihrer leeren Kassen) nicht leisten kann, den Stadtteil mehr oder weniger aufzugeben. Ich glaube tatsächlich, wenn Multikulti trotz aller Probleme hier einigermaßen funktioniert, dann sollte es auch anderswo möglich sein. Und in diesem Kontext halte ich die Stippvisite des Staatsoberhaupts (auch wenn das letztlich nicht mehr als eine symbolische Geste gewesen sein mag) dann doch für ein richtiges und wichtiges Signal.

In den Kommentaren zum FAZ-Artikel melden sich jetzt freilich viele Besserwisser zu Wort, die sagen, der BuPrä hätte sich in Mannheim ja wohl das totale Wohlfühl-Programm gegönnt. Wäre es ihm um die eigentliche Wirklichkeit gegangen, hätte er nach Duisburg fahren müssen. Liebe Duisburger, nehmt es mir nicht übel, aber Wanheimerort, Hochfeld und Marxloh sind selbst für einen langjährigen Bewohner von MA-Neckarstadt-West noch ziemlich schwer verdauliche Brocken. In manche Ecken traut sich ja nicht mal mehr Schimanski-Darsteller Götz George hin: Neben dem aufgehübschten Duisburg gibt es in der Stadt inzwischen Orte, die sind so heruntergekommen, da willst du wirklich nicht mit dem Filmteam anrücken. Traurig verwahrloste Gegenden, wo kein Mensch zu sehen ist und alle Häuser vernagelt sind. Es wäre blanker Voyeurismus, sich daran zu weiden. Dann kann man da auch nicht unseren Staatschef hinschicken, das ist doch klar. So einen Rest Hoffnung sollte der besuchte Ort ja wohl noch ausstrahlen.

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warum sollten die duisburger übelnehmen? sie haben sich das ja nicht gewünscht. und auch nix dafür getan. die neue armuts- und elendseinwanderung in manche stadtbezirke (kenn ich hier auch) potenziert probleme, deren überwindung man mit den vorherigen einwandererschüben mittlerweile so langsam in den griff zu bekommen hoffen konnte. alles für die katz.

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Ja, so wie der mühsam hochgerollte Stein immer wieder vom Berg herunterrollt, und dann auf ein Neues. Ist in MA aber ganz ähnlich gelaufen (wenngleich ich die letzten Einwandererwellen dort nicht mehr hautnah mitbekommen habe).

Hier in der Verbundgemeinde haben wir ja das einzigartige Luxusproblem, dass die Japaner die größte Ausländergruppe bilden. Die laufen brav mit im Martinszug und sind sich auch für Karneval nicht zu schade, entsprechend redet da auch keiner von Integrationsproblemen, obschon die auch in vielen Belangen durchaus ihr ganz eigenes Ding machen.

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Kennen tu ich die Gegend ja nicht wirklich. Bin da aber ein paar Mal gewesen. Vor Jahren. JUZ Mannheim am Neuen Messplatz (der oben erwähnte Messplatz?), Lagerhaus und noch so eine Kneipe wo früher bisweilen Konzerte waren, Neckarpark hieß die, glaube ich. War das alles Neckarstadt? Glaube schon. Aber wie auch immer. Das war eine tolle Zeit. Und eine irgendwie tolle, aufregende Gegend. Vermisse ich fast ein wenig. Das AZ in Heidelberg war auch klasse. Da ist ja nix mehr. Das JUZ in Mannheim dagegen scheint es unverändert zu geben.

Mensch, lang ist es her.

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Mit Messplatz meinte ich den alten Messplatz, Kurpfalzbrücke, Alte Feuerwache und so. Der neue ist dann schon etwas weiter draußen Richtung Herzogenried, Luzenberg und Waldhof. Die Hauptachse der Neckarstadt-West ist die Mittelstraße, und wahrscheinlich zählt die Industriestraße (Lagerhaus) und die Friesenheimer Insel verwaltungstechnisch auch noch zum Stadtteil.

Ja, da war schon einiges geboten, auch wenn ich mich irgendwann mehr dem Cocooning hingab als dem Ausgehen. Trotzdem war es wichtig, diese Möglichkeiten zu haben.

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Da er wohl eher in der scripted reality unterwegs ist, kann ich ihm den Ausdruck "wirkliche Wirklichkeit" fast verzeihen.
Den Stadtteil aufzugeben, davor schützt ihn wohl die zentrale Lage.
Seit mein Sohn dort wohnt, bin ich wieder öfter dort und habe auch den Eindruck, dass das Zusammenleben einigermaßen funktioniert.
Dass Zuwanderer aus Südosteuropa, die im Jungbusch/in der Neckarstadt-West landen, "mit offenen Herzen" empfangen werden sollen, halte ich allerdings für pastorales Geseier einen frommen Wunsch.
Wenn das so weiter geht, wie in den letzten Jahren, sorgt das mit Sicherheit für deutlich verschärfte soziale Spannungen.

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Ja, der Deckel klappert schon vernehmlich auf dem Topf, und man muss wirklich aufpassen, dass die Chose nicht völlig überkocht. Auf der anderen Seite ist es erstaunlich, wie stabil es trotz allem die meiste Zeit dort geblieben ist. Ich erinnere mich, dass frühere Zuwanderungswellen (etwa aus Ex-Jugoslawien in der ersten Hälfte der 90er, anschließend verstärkt Osteuropa) das empfindliche Gleichgewicht schon sehr ins Wackeln brachten, und irgendwie hat es sich doch wieder eingependelt, ohne zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen zu führen. Daraus nun die Folgerung abzuleiten, man könne das immer munter so weiter betreiben, halte ich indes für einen naiven und gefährlichen Trugschluss.

Ich erinnere mich aber auch noch daran, wie wild und gefährlich mir das Viertel erschienen war, solange ich noch meine Butze im idyllischen Hendesse hatte. Vor dem Umzug hatte ich mich noch bei der Überlegung ertappt, ob ich mir nicht vielleicht eine Knarre besorgen sollte. Und was soll ich sagen, in all den Jahren dort hatte ich nicht einmal Stress.

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Ich bin weit von einer Expertin für Mannheimer Stadtteile entfernt. Aber Bremen kenne ich mittlerweile recht gut.
Es gibt Viertel, die sind seit Jahrzehnten Krisengebiet, und sie bleiben in diesem Zustand. Irgendwie. Und solange es funktioniert, ist es erstmal gut. Das vielbesprochene "Miteinander" findet unabhängig von Arbeitslosenzahlen, Haushaltseinkommen, Migrationshintergrund und so weiter statt. Eine Bekannte ist Lehrerin in Gröpelingen und immer wieder begeistert, wie viel an "Miteinander" da läuft, wie sich die Eltern engagieren, wie die Schule im Stadtteil eingebunden ist, wie die Schüler miteinander umgehen und so weiter.

In anderen Vierteln kackt das Miteinander trotz eigentlich besser aussehender Ausgangsbedingungen ab.

Kann man von Außen was machen? Gute Frage. Geld kann zwar helfen, gute Ideen umzusetzen, löst aber alleine noch kein Problem.

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Es gibt Viertel, die sind seit Jahrzehnten Krisengebiet, und sie bleiben in diesem Zustand. Irgendwie. Und solange es funktioniert, ist es erstmal gut.

Ja, wobei der Hinweis auf Duisburg nicht ganz von der Hand zu weisen ist, nach dem Motto "schlimmer geht's immer", dort hätte sich der BuPrä auch Viertel angucken können, die als Modell dafür herhalten könnten, wie es eher nicht funktioniert.

Aber ehrlicherweise muss ich auch sagen, dass ich vorhin mal wieder durch DU-Rheinhausen geradelt bin, und da wird man als Mehrheitsdeutscher auch nicht vom Rennrad geschossen. Auf der Eisenbahnbrücke nach Hochfeld hat ein Türkenjungspund mit seinem Kopftuchmädchen geknutscht (das letzte Mal übrigens auch schon, als ich vor paar Monaten da unterwegs war).

Wo früher das umkämpfte Stahlwerk war, dessen Schließung 1987 Symbolcharakter hatte für den Niedergang der Montanindustrie, ist heute ein Containerterminal, und ob die Wohngegend drumherum vor 25 Jahren eine bessere war als heute, keine Ahnung.

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Ohne die letzten Jahre in Duisburg gewesen zu sein, so auf der Basis von Hörensagen, allerdings nicht nur aus der Presse, sondern von eigentlich recht vertrauenswürdigen Freunden&Bekannten, die entweder von da weg sind oder aus der Nähe: ja, schlimmer geht immer.

In der Presse taucht das phasenweise auf, macht den Eindruck von Harlem 1983 in Rheinland, alle sind betroffen/besorgt, der soziale Friede und so, dann verschwindet es wieder und kommt ein Jahr später weitgehend unverändert wieder.

Nu' sind die "Roma-Häuser" dazugekommen, das ist ein bißchen was anderes weil es zusätzlich zur "die Schere geht auseinander"-Rhetorik noch das Rassismus/Antrassismus-Element bedient. Leute, die niemals ihren Popo aus dem Diskurs-Blabla-Plenum rausbekommen würden, sind auf einmal da und total bewegt. Da stören dann nicht mal fundamentale Unterschiede im gender-Verständnis zwischen den Bewohnern und den plötzlich dort Auftauchenden, man ist solidarisch bis zum Dorthinaus.

Das soll auf keinen Fall runterspielen, das es massivste probleme gibt, die angegangen werden sollten- kann doch nicht angehen, daß in einem der reichsten Länder der Welt undsoweiter. Aber trotzdem wundere ich mich ein wenig, daß die Chose immer wieder überrascht.

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(...) man ist solidarisch bis zum Dorthinaus

Und das wahrscheinlich umso mehr, je weiter man selber vom eigentlichen Brennpunkt weg wohnt.

Ach ja, bevor Kanzlerkandidat Steinbrück das Problemhaus besuchte, wurde wohl großflächig Unrat entsorgt und aufgeräumt. Sonst wäre es wohl zuviel der Wirklichkeit gewesen. Steinbrück sagte laut RP-Online übrigens, dass "die Probleme vor allem bei den Anwohnern und den Kommunen" lägen. Na, das sind ja mal Einsichten...

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ich find ja auch bemerkenswert, dass einwanderung immer in die ärmsten stadtteile passieren soll, wo ein sozialer friede vielleicht am fragilsten ist.
in hamburg wird grad sehr laut über ein asylbewerberheim im feinen winterhude nachgedacht. da ist vielleicht was los, die kommentare dazu sind reines gold: dafür seien andere stadtteile ja wohl geeigneter.
vorher hatte ich nur so eine halbe meinung dazu - spätestens ab da war ich fan des projekts.

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Dann müsste Ihnen das Setting des sogenannten Roma-Hauses in Duisburg tendenziell auch zusagen. Das befindet sich zwar im Bezirk Rheinhausen, aber eher nicht in einem Problemviertel, sondern in Parknähe im relativ bürgerlichen Bergheim, wenn ich das richtig lokalisiere.

Aber Winterhude (oder meinetwegen auch Eppendorf), das hätte nochmal eine ganz andere Qualität. Oder gerne auch Elbvororte...

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Blankenese ist im Gespräch. Ein öligglänzender Ex-HSV-Präsident ist um die armen Armen bereits ganz besorgt. Die könnten sich in den teuren Geschäften doch gar nichts kaufen, das wäre nicht gut für die.

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korrektur: ich meinte harvestehude. aber das ändert an der grundausrichtung meines beitrags letztlich wenig.

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"Die kommen dann mit diesen Hosen da." Wahrscheinlich auch nach HH.

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Ah, Bad Soden. Hatte gestern noch in der Richtung gedacht: Königstein, das wärs doch, da sehen die Neuankömmlinge dann, wie weit mans hierzulande bringen kann, wenn man sich richtig anstrengt und Leistung bringt.

Aus dem Beitrag übrigens ein schönes, neues Berufsbild gelernt: Protestforscher. Das wär sicher auch was für mich, ich könnte mich auf Shitstorm-Meteorologie Onlineprotestforschung spezialisieren und dann im Fernsehen schlaue Dinge sagen...

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Als im Bremer "Viertel" (also da, wo man wohnt, wenn man irgendwie links ist und zu Geld gekommen) eine entsprechende Unterkunft diskutiert wurde, war die Kacke am Dampfen, und zwar so richtig. Bitte lieber doch Gröpelingen oder Walle... Tenever hat keiner vorgeschlagen oder es ist mir entgangen. Ich steigerte auf "Schwachhausen", aber mich nahm mal wieder keiner ernst :-)
mittlerweile ist sie doch da, die Schlagzeilen waren nicht so pralle. Und wer wohnt da? Zumindest in der Lokalberichterstattung weitgehend akademisierte Flüchtlinge, aber alles klappt jetzt ganz toll. Wundert mich das?

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das "Roma-Haus" in Duisburg verortet meine Lokalconnection auch in einem eher "guten" Viertel, verrentete Stahlarbeiter mit Reihenhäuschen und so.

Mit den entsprechenden Vierteln in Duisburg und woanders ging es ja schon bergab, bevor auch nur einer von den Bewohnern dieses dieses Hauses besagtes Haus bezog. Das haben wir ganz alleine hinbekommen.

In Duisburg scheint einiges verquer zu laufen:
a) das sind keine Asylbewerber/Flüchtlinge, sondern reguläre EU-Bürger, die die Freizügigkeit der EU nutzen, um woanders zu wohnen, was jedem offensteht.
b) da fließen Sozialleistungen erst seit es kracht (Integrationsprograme, Deutschkurse etc)

Da dann Anti-Asylbewerber-Rhetorik zu betreiben (was zumindest in Duisburg zu passieren scheint und durch die mediale Präsens dieses Hauses als Schreckgespenst von Zuwanderung bei entsprechenden Protesten in von hellersdorf bis Blankenese durch die Köpfe zieht) zeigt höchstens eins: wenig Ahnung von der Situation.

Das kommt in die äußerst unschöne Situation eines erhöhten Flüchtlingsaufkommens. Die Flüchtlinge werden lt deutschem Asylrecht fast alle kein Asyl bekommen werden, da Krieg zwar Fluchtgrund, aber kein Asylgrund ist.
Mitte der 1990er hatten wir das schon mal: Flüchtlinge aus Jugoslawien (kein Asyl, nur Bleiberecht aus humanitären Gründen und wg Genfer Konvention), auf einmal hieß es "das Boot ist voll" und die ganzen abgelehnten Asylanträge zeigten ja, daß ganz viel Asylmißbrauch betrieben werde.
Jedenfalls stellte sich damals schon die Frage "wohin mit den Leuten" und die Unterkünfte wollte schon damals keiner als Nachbars haben.

Neben einem vermüllten Haus, egal wo die Bewohner/Besitzer weg sind, mag fast keiner wohnen und Krach bis sonstewann geht irgendwann fast jedem auf den Senkel. Das man um den Wiederverkaufwert seines Reihenhäuschen bangt, wenn es "bergab" geht, verstehe ich auch. Da helfen Besorgt-Betroffene von weiter weg nur, wenn sie den Müll wegräumen. Die existenten Probleme mit der "ey, du Rassist"-Keule zu hauen ist nicht zielführend, wenn auch am einfachsten.

Patentlösungen gibt es wenige. Kompromißbereitschaft muß bis zu einem gewissen Grad erst mal von denen kommen, die dazukommen: Stichwort deutsche Mülltrennungsregeln (eine Art Ersatzstaatsreligion, aber ist nun mal so), grobe Ruhezeiten, Schulbesuch und so weiter. Toleranz immer nur von denen, die auf der Terrasse ihres Reihenhäuschens sitzen zu fordern, löst da gar nichts.

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Da sagen Sie was. Dass so eine Unterkunft auch für an sich gutwillige Anwohner nicht nur toll und kunterbunt ist, sondern eine ziemliche Herausforderung sein kann, weiß ich nicht nur aus dem Fernsehen. Hatte einige Zeit lang eine Asylbewerberunterbringung schräg über die Straße in 50 Metern Entfernung vom Schlafzimmerfenster, und ehrlich gesagt war ich nur mäßig traurig, als das Gebäude irgendwann für andere Zwecke umgewidmet wurde. Trotzdem muss man auch sagen, dass die Anwohner trotz leichter Genervtheit immer ein wachsames Auge auf irgendwelche Umtriebe von Glatzköpfen hatten, die fanden anders als in MA-Schönau eine sehr intakte Alarmkette vor und kriegten entsprechend wenig bis gar nichts gebacken (und stattdessen paar aufs Maul).

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da sind wir wieder beim "funktionierenden Miteinander". In intakten Nachbarschaften haben Krawallnasen von Außen wenig Chancen, ein Hoyerswerda-Reenactment durchzukriegen.

Genervtheit kann ich verstehen. Meine Toleranz war nachts gegen 3 arg strapaziert als das gute Wetter zu nächtlichen Grillen genutzt wurde. Da war dann auch meine bemühte Erklärung, in der Türkei sei das nun mal so, eher Hilflosigkeit als alles andere. Ist schon ein paar Jahre her, unsere türkischstämmigen Jetztnachbarn wären wahrscheinlich die ersten, die sich beschweren.

Das das multikulturelle Miteinander Konfliktpotential birgt, leugnet nur der, der immer eine nette, ruhige, gesetzte Nachbarschaft um sich rum hatte. Was tun, wenn die Kids in der Nachbarschaft miteinander nur Türkisch reden, das eigene Kind aber dummerweise nur deutsch spricht?

Die Nummer ist auch für die Angestellten des öffentlichen Erziehungswesen nicht ganz einfach (um es mal diplomatisch auszudrücken). Im KiGa war bis vor einem Jahr ein Mädchen mit Roma-Hintergrund. Die hatte einen der umkämpften Ganztagsplätze (reserviert für Eltern ab 1 &3/4 Vollzeitverdiener) weil das mit dem ansatzweise pünktlich abholen überhaupt nicht klappte und der KiGa irgendwann beschloß, daß es einfacher wäre, sie ganztags dazuhaben, bis zur Schließzeit um 17:3 würde schon jemand kommen und sie abholen.
Das Mädel verpaßte durch ihre äh... anders strukturierte... Familie regelmäßig Highlights weil sie erst um 11 kam, Oma (oder so) noch im rosa Schlafanzug mit Schlappen.

In Schulen sieht es nicht viel anders aus, die Schule, auf die die Tiger in Gö gekommen wären, hatte einen hohen Migrantenanteil. Die Lehrer unterschieden in 3 Kategorien: Kinder aus dem benachbarten Familienwohnheim des Studentenwerks, größtenteils asiatisch, konnten nach 2 Monaten deutsch sprechen, lesen und schreiben. Problempotential etwa so DüDorfer Japaner.
Dann die Kinder von türkischen und griechischen familien der 2. bis 4. Generation. Sprachen zu Hause nicht deutsch, waren oft nicht im Kindergarten gewesen und lernten dementsprechend Deutsch erst in der Schule, klappte aber in der Regel dann auch gut.
Und dann die Kinder aus dem bekannten Haus. Hier geboren als Kinder von jugoslawien-flüchtigen albanischen Roma. Kamen meist, aber eher irgendwann als pünktlich. Schulsachen dabeihaben war Glückssache, Schulfrühstück unbekannt. Elterngespräche sinnfrei, scheiterte oft schon an der Sprachbarriere. Verdammte Scheiße, die sind seit dem Jugoslawischen Bürgerkrieg hier und sprechen immer noch nicht genug Deutsch, um Alltagskram zu regeln? Oder wollen die einfach nicht und tun nur so? Wie dem auch sei, nett ist das definitiv nicht. Ein paar Eltern wurden dann recht schnell aggressiv und die durchschnittliche Grundschullehrerin ist da nicht in ihrem Metier.
Unter dfen bedingungen kann man kaum erwarten, daß sich das Lehrpersonal Beine ausreißt, nach ein paar Jahren setzt auch beim idealistischen Referendar mal Ernüchterung ein.

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Sowas zu äußern
ist halt eine Gratwanderung. Man (also unsereins zumindest) will ja auch nicht klingen wie Methusalix aus dem gallischen Dorf: "Ich habe nichts gegen Fremde; einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden - die sind nicht von hier."

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„Falls du in der Schule nicht fleißig bist, wirst du später wie die Mami oder Papi putzen gehen“
Um die persönliche Lebenssituation des Einzelnen kommt man nicht herum. Nehmen wir das besagte Reihenhäuschen. Das hat sich ein Ehepaar vielleicht als Altersversorgung gekauft. Ersparnisse reingesteckt, 25 Jahr lang bei der Bank abbezahlt. Nun erleben sie, dass ihnen das keiner mehr abkaufen will, wegen der Nachbarschaft. Die sind fast im Rentenalter und können ihren Lebensweg und ihre Vorsorge nicht mehr korrigieren. Da gibt es kaum mehr Argumente, wieso, weshalb und warum doch die Gesellschaft...

Das hat auch nicht per se mit Ausländerfeindlichkeit zu tun. Besagte japanische Gemeinde in Düsseldorf ist sicher ein Ausnahmefall. Aber hier gibt es zum Beispiel traditionell, noch aus der DDR-Vergangenheit her, viele Vietnamesen. Die halten ihre Kinder an, nicht nur in die Schule zu gehen, sondern dort auch fleißig zu sein und was zu lernen. Es gibt da kaum Probleme im Zusammenleben.

"Die Schulleistungen der Kinder werden somit oft mit den Kindern anderer vietnamesischen Familien verglichen. Viele der Eltern wären sehr enttäuscht und denken, sie könnten das Gesicht gegenüber Freunden und anderen Familien verlieren, wenn sie erfahren, dass ihre Sprosslinge eventuell den Gang ins Gymnasium nicht schaffen würden. Viele vietnamesischen Eltern sehen es als Pflicht, dass die ihre Kinder ins Gymnasium gehen. Eine Stufung von der Grundschule in die Realschule sind für die meisten eine herbe Enttäuschung, abgesehen von der Hauptschule. Trotz des geringen Verdienstes investieren viele in die Schulbildung ihrer Kinder, z. B. Nachhilfe und geben oft sogar das Urlaubsgeld dafür aus."

http://www.vietnam-aktuell.de/forum/35-wie-leben-die-vietnamesischen-kinder-in-deutschland/77-erziehung-d-vietnamesischen-kinder-in-deutschland

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"Um die persönliche Lebenssituation des Einzelnen kommt man nicht herum. Nehmen wir das besagte Reihenhäuschen. (..)"

Eben.
Wenn ich es mir recht überlege, dann ist es im Grunde rassistisch, wenn man von der einen Gruppe Toleranz bis zur Versenkung der Lebensersparnisse erwartet.
Ebenso rassistisch ist es anzunehmen, daß die Familie des hier zitierten Mädchens aus dem KiGa unter einer Art Naturschutz lebt und deswegen ihre Lebensweise auf keinen Fall ändern muß. Noch rassistischer ist es anzunehmen, daß sie dazu nicht imstande wäre und man deswegen Rücksicht nehmen sollte, können ja nichts dafür, die sind halt so.
Am Ende (ich geb' jetzt mal den Methusalix) muß, wer dauerhaft hier lebt, sich irgendwie arrangieren. Da gehen im Idealfall dann beide Seiten aufeinander zu, aber die kleinere Gruppe wird sich weiter bewegen müssen als die größere.



"Aber hier gibt es zum Beispiel traditionell, noch aus der DDR-Vergangenheit her, viele Vietnamesen. Die halten ihre Kinder an, nicht nur in die Schule zu gehen, sondern dort auch fleißig zu sein und was zu lernen.(...)"

Das entspricht in etwa dem, was die Lehrerinnen in besagter Grundschule an Praxiserfahrungen gemacht haben.
Das ist ein enormer Druck für die Kinder und auch nicht unbedenklich, Tiger Mom Chua läßt grüßen.

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Alles Gute als Extrawunsch heute in der Jetztzeit, Wirklichkeit und der augmented Wirklichkeit weiterhin!

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OT / Gerade in der Nachbarschaft drüber gestolpert
Sollten Sie heute Geburtstag haben: ganz herzlichen Glückwunsch und alles Gute! Ansonsten: alles Gute! Das schadet ja nie.

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Sie haben Geburtstag? Glückwunsch!

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Ja, nicht zu leugnen. Runder Geburtstag sogar. Kämpfe mich noch durch Waschkörbe voller Glückwunschdepeschen und habe einen leichten Schwips...

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Dazu habe ich die passenden Blumen für Sie.

arboretum überreicht einen Strauß Kornblumen.

Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!

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Vielen lieben Dank (und wozu genau passen jetzt die Kornblumen?)!

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Zu Ihrem leichten Schwips - nicht nur, weil sie blau sind. ;-)

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Naja, also Korn hab ich mir ja nicht appliziert. ;-) Sonst wäre das kein leichter Schwips mehr, sondern ein schwerer Vollrausch.

Aber wie auch immer, um Ihre Fähigkeit, Dinge durch die (passende) Blume zu sagen, beneide ich Sie schon.

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Das hätte mich auch sehr gewundert, wenn Sie Korn getrunken hätten, zumal heute. Aber ein Strauß Champagnerroggen macht halt nicht so viel her.

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Jeder, der mich kennt ein wenig kennt weiß, dass ich sehr humanistisch eingestellt bin, liberal möchte ich hier nicht sagen, dieser Begriff ist ja nun mal schon sehr gelb besetzt. Ich möchte auch hinzufügen dass ich, obwohl seit nunmehr 20 Jahren in dieser Bundesrepublik lebend, noch immer Ausländer bin und, möge man es mir verzeihen auch bleiben werde. Vor wenigen Monaten wurde ich von einem Unternehmen am Bosporus für Marketing und Vertriebsmanagement angeheuert. Um die dunkle Seite nicht unnütz zu bekleckern, ein kurzes Fazit meiner Erkenntnis: Die zweitwichtigste Sprache in diesen deutschen Landen ist Türkisch. Mancher Orts ist auch Deutsch bereits eine Fremdsprache. Integration gelingt nur bei einem guten Bildungsniveau und erschreckend wie gering der Anteil ist. Der Rest lebt in einer Parallelwelt die man als naiver, deutschsprechender Ausländer nicht erfährt. Dementsprechend sind auch die geschäftlichen Gepflogenheiten osmanisch.

Einfach gesagt: Türk almanya geleceği olan

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Herr Nicodemus, ich freue mich so über Ihre Wortmeldung, und die Vorstellung, ein Kommentar von Ihnen könnte die dunkle Seite bekleckern, erscheint mir nachgerade aberwitzig.

In Sachen Bosporus-Bizness kann ich nicht wirklich mitreden (und würde da gerne mehr erfahren), aber was ich aus fast anderthalb Jahrzehnten im Multikultiviertel mitgenommen habe ist: "Die Türken" in Deutschland sind alles andere als eine homogene Masse. Ich weiß nicht, ob sie die Zukunft Deutschlands sind (Tante Gu hatte Schwierigkeiten, Ihren Schlußsatz zu übersetzen), aber auf alle Fälle ist eine Zukunft Deutschlands ohne diesen Bevölkerungsteil nicht mehr so recht denkbar.

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Kürzlich hatten Sie doch noch Suzie Quattro verlinkt und nun sind schon 2 weitere Jahre herum? Dann auch von mir: herzliche Glückwünsche zum rundesten aller Geburtstage! Gesundheit, Glück, Geld, Zufriedenheit...wünsche ich Ihnen (und Ihrer Familie).

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Der Vollständigkeit halber noch ein Nachtrag zum hohen Besuch aus dem lokalen Käseblatt.
In der angesprochenen Pumpwerkstr. hat ja meine Frau in den 80ern mal kurzzeitig gewohnt.
Die konnte Abends nicht vor die Tür, ohne auf Beischlaftarife angesprochen zu werden.
Aber ich hab ihr damals ja gleich gesagt, dass die unmittelbare Nähe zur Neunzehnten nicht unbedingt ein Wohgebiet für Branchenfremde ist.
Heute ist's da immer noch Scheisse, nur noch schlimmer.

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Danke für den Input, solche kritischeren Töne hatte ich in der Berichterstattung unmittelbar nach dem Event vermisst.

Auch wenn nicht wegen Staatsbesuchs selektiv aufgeräumt wird im Viertel: Ein zwei Blocks Entfernung können da einen Riesenunterschied machen. Meine Ex-Gefährtin ist nach unserer Trennung auch in die Ecke gezogen, kurz hinter das gemauerte Tor, das ich weiter oben erwähnte. Ich hab da ja vor dem geistigen Auge immer die Inschrift gesehen "Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate", aber dem Vernehmen nach gab es da kaum Ansprache von zahlungswilliger Kundschaft (oder sonstigen Hassel). Das mag in den Querstraßen 15-18 durchaus anders zugehen, aber wie ich von Frauen im Bekanntenkreis immer wieder gehört habe, ist man bzw. frau davor auch in den Quadraten nicht gefeit. Speziell in den U-Quadraten zwischen Herschelbad und Friedrichsring scheint sich das recht hartnäckig zu halten, da soll es in den 60ern schon mal einen Straßenstrich gegeben haben. Das wussten aber die weiblichen Gäste und Bedienungen im "Café Metropol" (das ich in den 80ern gern frequentierte) nicht, die fanden das nur total schräg und ziemlich nervig. Und später (also spätestens Ende Neunziger, frühe Nullerjahre) ging in der Ecke auch tatsächlich wieder was, so dass sich die ordnungskräfte immer wieder veranlasst sagen, besonders rollig rumgukenden Verkehrsteilnehmern Platzverweise zu erteilen.

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