Mittwoch, 14. Mai 2014
Ein Beitrag zur Beitragsfrage
Eigentlich wäre ich in dem Fall ja lieber wiederlegt worden, aber wie es aussieht, habe ich (bislang zumindest) recht behalten mit folgender Einschätzung:
Das Gegenargument der Steuer wird das neue Beitragsmodell nicht kippen. Denn wenn der Beitrag tatsächlich eine Zwecksteuer wäre, würde er ja vom Finanzamt (oder der Kommunalverwaltung) eingezogen. Aber das besorgt die staatsfernere GEZ, ergo kann der Beitrag keine Steuer sein, so einfach ist das. Rundfunk obliegt der Kulturhoheit der Länder, und die erstreckt sich traditionell auch auf die Festlegung eines Rundfunkfinanzierungsmodells. Dabei wird es aus höchstrichterlicher Sicht wahrscheinlich nur ein Nebenschauplatz sein, wenn die konkrete Ausgestaltung der Abgabepraxis künftig etwas mehr wie eine Steuer gehandhabt wird, aber verwaltungsrechtlich korrekt als Beitrag firmiert.
Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof in Koblenz, der über eine Klage gegen den neuen Rundfunkbeitrag zu urteilen hatte, scheint dieser Linie jedenfalls gefolgt zu sein. Und ich rechne eher nicht damit, dass der bayerische Verfassungsgerichtshof, bei welchem gerade eine Popularklage zum gleichen Thema anhängig ist, zu wesentlich anderen Schlüssen kommt.

Bleibt das Thema Ungleichbehandlung: Die Richter in Koblenz sind der Argumentation des Klägers nicht gefolgt, wonach sein nach Mitarbeiterzahl kleiner Betrieb mit vielen Fahrzeugen unverhältnismäßig stärker belastet werde als eine Firma vergleichbarer Größe, die über keinen Fuhrpark oder wenige Standorte verfügt. Auch wenn die Verfassungsrichter in München nicht gehalten sind, sich an der Koblenzer Entscheidung zu orientieren, müsste schon mehr als ein Wunder geschehen, damit das ungeliebte Beitragsmodell noch gekippt oder auch nur erschüttert wird. Vielleicht wird zugunsten großer Filialisten noch etwas nachjustiert, eventuell etwas Entlastung für die Kommunen geschaffen, aber das dürfte es dann auch schon gewesen sein. Wie Medienredakteur Michael Hanfeld, nicht gerade als großer Fan des Beitragsmodells bekannt, in der FAZ sinngemäß kommentierte: Das Ding ist durch - jedenfalls in dem Sinne, dass das Beitragsmodell juristisch kaum noch zu kippen sein dürfte.

Wer also jetzt noch ernsthaft etwas bewirken will, sollte anfangen, über andere Formen des Widerstands nachzudenken.

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Sonntag, 11. Mai 2014
Perspektivwechsel

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Samstag, 10. Mai 2014
Meta-Gedöns mal wieder
Nachdem mich ein paar Leute zustimmungsheischend auf den Vortrag von Sascha Lobo auf der republica stupsten, habe ich tatsächlich eine Stunde Lebenszeit geopfert, um mir den Sermon des Meta-Ironikesen anzuhören. Und um ein Fazit gleich vorwegzunehmen: Es ist nicht alles verkehrt, nur weil es aus dem Munde des Klassenkaspers der Jahrgangsstufe Web 2.0. kommt. Seit dem Losbrechen der NSA-Affäre hat Lobo jede einzelne seiner Spiegel-Online-Kolumnen dem Thema gewidmet, und diese Hartnäckigkeit nötigt mir einen gewissen Respekt ab. Aber was nehme ich aus der Rede sonst noch mit? Wir hätten den Netzlobbyisten Digiges und D 64 mehr Geld spenden sollen - und jetzt lasst uns neue Schimpfwörter für die Urheber und Nutznießer des Überwachungs-Irrsinns prägen.

Hmja. Vielleicht wäre in den allerletzten Minuten der Predigt, die ich mir geschenkt habe, noch was Substanzielleres gekommen. Aber der Irrtum Lobos, wir bräuchten neue Erzählungen, neue positive Utopien bezüglich der Digitalisierung, wird durch ständige Wiederholung nicht richtiger. So wie ich die Sache sehe, hat der ganze naive Digital-Neohippie-Scheiß, von wegen das Internet werde eine freiere Gesellschaft schaffen und den Weltfrieden befördern, viel zu lange den Blick dafür verstellt, dass so ein bisschen dezentralere Datenverteilung die real existierenden Machtverhältnisse nicht aus der Welt schafft. Felix Schwenzel stellt da die richtigeren Fragen, nämlich: Leben wir nicht schon seit jeher in einer Überwachungsgesellschaft - und hat das Internet nicht einfach nur mehr Effektivität und eine neue Dimension in die Überwachungsgesellschaft gebracht?

Das ist in etwa genau das, was die Aluhut-Träger sensibilisiertere Zeitgenossen seit Jahr und Tag sagen. Dafür durfte man sich dann das hämische Geschnatter irgendwelcher aufmerksamkeitsgeiler Gänse anhören, Datenschutz sei ja sowas von Eighties; andere nützliche Idioten der Dienste glauben immer noch ernsthaft, wenn sich nur genügend Leute nackig machen und jedem alles an Daten liefern, was sie haben, würden die staatlichen Überwachungsapparte irgendwann von selber implodieren. Das sehe ich aber nach wie vor nicht kommen, und wenn ich meine Sicht auf die Lage der Nation in fünf Buchstaben abkürzen müsste, läse sich das so:

SNAFU - situation normal - all fucked up.

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