Donnerstag, 23. November 2017
Dialytische Gedanken
Tag um Tag geht ins Land, und allmählich frage ich mich, ob mir die Dialyse die Inspiration für Blogbeiträge (und so manches andere, was ich lieber drinbehalten würde) aus der Blutbahn saugt. Unangenehm auch, dass ich nach der Prozedur mittags erst mal einen gigantischen Fressflash kriege und dann Verdauungsschläfchen machen muss, den Rest des Tages komme ich dann auch nicht mehr so recht in die Gänge. Das ist für meinen Geschmack dann doch ein bisschen viel der Entschleunigung, und ich kann nur hoffen, dass sich das mit dem Essen auch wieder auf Normalmaß einpendelt, sobald meine erhöhte Cortison-Dosis wieder runtergefahren ist.

Während der Blutreinigungs-Prozedur als solcher geht es mir eigentlich ganz gut. Ich habe den privilegierten Platz am Fenster, und wenn mich Bücher, TV und Smartphone nicht mehr zu fesseln vermögen, schaue ich auf eine ca. 17 Meter hohe Birke im Hinterhof, auf der diverse Vögel einen regen Start- und Landebetrieb unterhalten. Nach welchem Schema sich das Elsternpärchen mit dem Taubenschwarm und den Spatzen abwechselt auf den höchsten Ästen, habe ich noch nicht heraus, aber unterhaltsam ist das allemal, dem Geflatter da oben zuzusehen.

Ansonsten hat man, wenn man sowohl venös als auch arteriell mit so einer Apparatur verkabelt ist, allerlei Denkstoff zum Verhältnis Mensch und Maschine. Die Matrix kommt einem in den Sinn und die Frage, ob die Maschine, die uns die Nieren ersetzt, uns nicht im Gegenzug auch irgendwie als Energiespender braucht. Allerdings gibt es auf Station keine roten und blauen Pillen zur Auswahl, meine Präparate kommen allesamt in weiß daher. Ich muss mich also schon selber entscheiden, welche Version ich glaube.

... link (12 Kommentare)   ... comment