Mittwoch, 23. Juli 2008
In die Glaskoogle geguckt
Es gibt Korrespondentenplätze, da ist man als Journalist mittendrin statt nur dabei. Wie Matthias Hohensee von der "Wirtschaftswoche" zum Beispiel. Der arbeitet im Silicon Valley, und dort denkt man bekanntlich internettechnisch schon ein bisschen weiter als hier am Niederrhein in der Nähe der Heitmatredaktion. Hohensee hat dieser Tage die Zukunft gesehen und einen Bericht ins alte Europa gekabelt, den ich den Lesern der Dunkelkammer nicht vorenthalten möchte:

(...) Und jetzt ist absehbar, dass beim Web 3.0 der einzelne Nutzer in den Mittelpunkt rückt: Er wird dann sein eigenes, persönliches Internet um seine Interessen herum formen können und einen auf ihn zugeschnittenen Internet-Browser bekommen, der alle Dienste organisiert – und kontrolliert.

Es ist die Rückkehr der Vorzimmerdame in virtueller Gestalt: Theoretisch ist der Chef wie in den Frühzeiten des Internets zwar noch immer für alle per E-Mail erreichbar. Aber nicht jeder wird mehr vorgelassen. Dieser Assistent wird sehr mächtig sein.(...)


Wow. Das wird toll. Ich könnte diesem Assistenten dann auch beibringen, Kommentare von Sie-wissen-schon-wen-ich-meine im Vorzimmer der Dunkelkammer auflaufen zu lassen. Und mich rechtzeitig daran zu erinnern, meinen Abonnenten und bloggerollten Nachbarn und Freunden zu runden Blogjubiläen zu gratulieren. Vielleicht kann er irgendwann auch selbst entsprechende Glückwunsch-Kommentare dort absetzen. Aber die Entwicklung wird ja nicht stehen bleiben. Ich wage an dieser Stelle daher mal die kühne Vorhersage, dass der einzelne Nutzer im Web 4.0 noch mehr in den Mittelpunkt rückt:

Der persönliche Internet-Assistent wird mobil: Per Bluetooth-Plombe oder UMTS-fähigem RFID-Chip-Implantat begleitet der personalisierte Browser den Nutzer durch alle Lebenslagen: Ob beim Shoppen oder auf dem Amt, die virtuelle Paypal-Kreditkarte mit Social-Security-Add-on ist immer dabei. Nie mehr in allen Taschen kramen müssen nach Papieren oder Geld dank Web 4.0.

Und es geht weiter:

Das Web 5.0 rückt den Nutzer nun endlich ganz in den Mittelpunkt. Jeder User ist dank leistungsfähigerer Funkchips nicht nur permant online, er fungiert auch als Backbone-Teilstück und stellt im Zuge von "shared netting" aktuell nicht benötigte Netz- und Rechenkapazität anderen Backbones zur Verfügung.

Das permantente Scanning von Vitaldaten der User wie Atmung Puls und Blutdruck macht das Netz zum persönlichen Hausarzt. Google hat die Online-Apotheke Doc Morris aufgekauft und startet seinen neuen Gesundheitsdienst Doc Google.


Aber an diesem Punkt wird die Entwicklung nicht stehenbleiben. Welche Innovation letztlich den Quantensprung zu Web 6.0 vollziehen wird, sehe ich nur undeutlich. Aber eines ist absehbar: Der User nutzt nicht mehr das Netz, er ist jetzt das Netz. Er ist assimiliert. Widerstand ist zwecklos.

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