Donnerstag, 12. Januar 2006
Medienmittwoch revisited
Eigentlich geböte es die Chronistenpflicht, von einer Veranstaltung zu berichten, die ich gestern besucht habe. Zumal mich das Thema "Weblogs - Revolution des Journalismus oder überschätztes Phänomen?" gleich doppelt interessiert - nämlich als Blogger und als Journalist gleichermaßen. Mit der Vorstellung der Referenten und ihrer Statements sind mir aber einige andere Bloggerkollegen zuvorgekommen. Den eigentlichen Hammer des Abends hat Don Alphonso erst hinterher in der kleinen Bloggerrunde am Stehtisch losgelassen: "Sex und Blogs - das könnte noch ein Riesenthema werden", wagte die eloquente und hyperesistente "Rampensau" (O-Ton-Selbstbezeichnung D.A.) einen ungewohnt optimistischen Blick in die nähere Blog-Zukunft. Aha: Sex sells notfalls auch social software, oder was? Leider trieb es den aktiveren Teil meiner Fahrgemeinschaft so schnell zurück in heimatliche Gefilde, dass ich nicht mehr dazu kam, zu fragen, wie das Businessmodell dafür aussehen könnte. Ich hoffe inständig, diese Frage wird mal Thema einer spannenderen und lebhafteren Podiumsdiskussion als der gestrigen.

... comment

 
Na danke, laß mal lieber stecken.
die elektronische Prostitution reizt mich genausoviel wie die analoge - nämlich garnicht...

... link  

 
Was aber nicht bedeutet,
dass da kein Markt vorhanden wäre. Insofern ist die Einschätzung vom Don sicher nicht verkehrt. Ohne den Drang zum privaten Pornogucken hätte sich ja auch der Videorekorder nicht durchgesetzt bei den early adopters. Nur mal so als Beispiel.

Aaaber: Dieses gesamte Themenfeld "Sex im Internet" langweilt mich ziemlich. Und in Blogs ist das schon gar kein Topic, das mich dauerhaft lockt. Es gibt ein paar wenige Ausnahmen, die wirklich lesenswerte Geschichten damit hinkriegen.

Was mich viel mehr interessieren würde ist das Blogger-Balzverhalten allgemein, wieviele Pärchen sich auf diesem Weg schon gefunden haben. Auf Anhieb fallen mir da schon drei, vier Bloggerpärchen ein - und angesichts der Tatsache, dass ich nicht soo rasend viele Blogger persönlich kenne, wird die Dunkelziffer nicht unerheblich sein, wenn wir von 200.000 Bloggern in Deutschland ausgehen.

... link  

 
Englischsprachige Blogs von Hostessen, Dominas und Callboys gibt's doch schon lange, die haben zum Teil auch schon irgendwelche Preise gewonnen. Die ein oder andere Kundschaft wohl auch.

... link  

 
Davon hörte ich verschiedentlich
Auch aus Asien berichten Blogkundige von bizarren Kreuzungen aus der Schnittmenge von Blogs und Geschlechtlichkeit. Hierzulande ergötzt man sich halt stattdessen an den Inventurproblemen eines norddeutschen Supermarkt-Filialleiters, und zur Entspannung und Erbauung guckt man Katzenbilder. Hach ja, und das meine ich gar nicht mal böse...

... link  

 
Aber es gibt sie doch...? Von den (eingeschlafenen) Belledejours, Schmuddelblogger zu Bettgeflüster et. al.
Eine Nische wie viele andere auch. Dieses Gerede von Blogs als Geschäftsmodell macht mich eh ganz krank. Bezahlte "Revolution" (von der ja meist im selben Atemzug die Rede ist)?

... link  

 
Jaaa, es gibt sie.
Und das wissen Sie wahrscheinlich besser als ich. Für mich ist das auch nur eine Nische unter vielen, und nicht mal die interessanteste.

An der Frage nach dem Geschäftsmodell - sofern sie richtig gestellt wird - kann ich nichts verwerfliches finden. Vom Insider-Idiom des Wirtschaftsjournalisten übersetzt in den Sprachgebrauch von Oma Karsuppke heißt das doch nichts anderes als: Und wer zahlt am Ende die Rechnung? Kann sein, dass besonders Zeitgenossen, die sich als Teil einer Graswurzelbewegung verstehen, diese ökonomischen Basisfragen nur ungern ventilieren. Aber ich glaub nun mal nicht, dass Yahoo, Google & Co. uns ihre Ressourcen auf Dauer kostenlos und uneigennützig zur Verfügung stellen werden. Ich möchte schon wissen, wie hoch der Preis für mich als Endkonsument oder kleines publizistisches Grashälmchen sein wird, wenn die Spielwiese hier von Springer oder Murdoch aufgekauft wird.

Mit seinem Punkt "wir wollen ja kein Geld verdienen, sondern nur die Kosten wieder reinholen" hat Bildblog-Macher Christoph Schultheis das Dilemma gestern auf den Punkt gebracht. Und für diese ehrlich gemeinte Ansage gabs im Publikum auch noch höhnisches Gezischel. So gesehen haben Sie natürlich recht, wenn Ihnen die Frage nach dem Geschäftsmodell eines einzelnen Blogs (oder meinetwegen auch eines Blog-Verlags oder einer Blog-Gattung) übel aufstößt.

... link  

 
Es stößt mir nicht übel auf. Wenn es jemand schafft, damit Geld zu generieren, meinetwegen. Mir käme es nur nicht in den Sinn, danach zu fragen. Ich gründe keine Punkband, weil ich eine Plattenfirma besitzen möchte. Ich habe schon andere Szenen und Bewegungen sterben sehen - warum nicht auch Blogs? Wenn die Party vorbei ist, gehe ich heim und male meine Notizbücher voll oder befriedige mich auf andere Weise (um beim Subthema zu bleiben).

Ich sagte es schon mal: Ich sehe hier keine Revolution, nur eine CB-Funk-Phase.

... link  

 
Die CB-Funker
haben uns der Verwirklichung von Brechts Radiotheorie ja auch nicht wesentlich näher gebracht, insofern seh ich in der Bloggerei auch nur sehr limitiertes revolutionäres Potenzial.

Für mich, der ich 1977 nicht dabei war, war die Party nicht das primäre Ziel gewesen, als ich mich hier registrierte. Ich wollte im Sinne einer teilnehmenden Beobachtung verstehen, was hier abgeht. Und die Frage nach der Wertschöpfungskette (oder um im Bild zu bleiben: wer die Getränke und die Combo und die Raummiete zahlt) ist für mich Teil des Gesamtzusammenhangs, den ich verstehen möchte. Aber keine persönlich empfundene Notwendigkeit, mein monetäres Freizeitbudget mit Adsense-Anzeigen in meinem Dunkelkämmerlein aufbessern zu müssen.

... link  


... comment
 
…der erwähnte Beitrag von Don bringt mich zum Lächeln und erinnert mich an babylonische Wirrungen und Irrungen. Es ist weniger der Stellenwert der Blogger als vielmehr das heischen Dieser (ok Einzelner) nach Anerkennung. Denken wir an die Evolution - hier die der Bits und Bytes - so ist das Prinzip leicht zu verstehen. Viele Blogger - Viel Aufmerksamkeit von allen Seiten. Die Masse wird zum begehrten Objekt, egal für wem auch immer - Wirtschaft, Werbung, Politik usw. Und wie Darwin feststellte überleben die mit den besten „Genen“ bzw. mit der besten Anpassung.
Wollen wir angepasste Blogs??

... link  

 
Zum Lächeln bringen,
exakt das war das Ziel, mit dem ich diese Äußerung vom Don ein wenig aus dem ernsten Kontext dieser sehr staatstragend-steifen Veranstaltung gerissen habe.

Aber Sie führen mich hier aufs begriffliche Glatteis. Erfolgreiche Anpassung im evolutionstechnischen Sinne darf man nicht mit sozialer Angepasstheit und dem klaglosen Hinnehmen der herrschenden Verhältnisse (überspitzt gesagt: des Schweinesystems) verwechseln. Um ihren share of voice und damit den Fortbestand zu sichern, müssen Blogger manchmal etwas lauter brüllen, um im permanenten Glockengebimmel der etablierten Massenmedien nicht unterzugehen. Ist das Rufen erst mal laut genug, dann werden die Medienvertreter ein paar ihrer Mikrophone schon in die Richtung der Blogger drehen, und exakt an diesem Punkt der Evolution befinden wir uns jetzt nach meiner bescheidenen Einschätzung. Wie es weiter geht? Gute Frage...

... link  

 
Erfolgreiche Anpassung ….darf man nicht mit sozialer Angepasstheit und dem klaglosen Hinnehmen der herrschenden Verhältnisse……verwechseln.

Ich stimme Ihnen zu, dass es „moralischer“ in Sinne der Humanität ist, gegen das „Schweinesystem“ zu stehen. Nur, auch das ist „Mode“ und „Methode“ Aufmerksamkeit zu erzielen. Es kann nicht um Kritik allein gehen wenn es keinen Ansatz eines eigenen Lösungsgedanken gibt. Kritik zu übernehmen und weiter zu geben ist ein fruchtloser Gedanke. Vieler unserer Kollegen platzieren sich als erweitertes Sprachrohr eben dieser Massenmedien mit wenig bis keinen eigenem Meinungsbild. Das evolutionäre am Bloggen könnte die Meinung einzelner in der Masse sein oder besser die direkte Stimme, die öffentlich gemacht wird und dadurch erreicht das sich das Interesse der stringenten Medienwelt verändert.

Den Einsatz von Don sehe ich für eine kleine Gruppe von sozialkritischen, beobachtenden und reflektierenden Bolggern sehr wichtig und ich schätze dies auch sehr - wenn ich auch wenig von seiner Hau Drauf Taktik halte.

... link  

 
Nun,
als per se "moralischer" habe ich die lauten Lippendienste gegen das System nicht deklariert - auch für dieses Verhalten ließen sich letztlich niedrige Motive finden wie zum Beispiel Neid oder die Verdrängung der Tatsache, dass die eigene Schweinchenexistenz auch ihr Scherflein dazu beiträgt, das Schweinesystem zu perpetuieren. Denn wer von uns kann schon komplett gegen das System arbeiten? Also reagiert man sich ab mit Motzen auf "die da oben".

Oder drischt ein auf "die anderen" - aus Sicht der Blogger beispielsweise die etablierten und saturierten Medienfuzzis im Mainstream. Für mich, der ich mich in beiden Sphären bewege, existiert dieser Antagonismus so nicht. Ich sehe stattdessen eine funktionale Ergänzung, die ich mal bei Gelegenheit genauer herausarbeiten werde. Natürlich kann ich auch nicht in die Kristallkugel gucken und vorhersagen, ob und wann diese beiden Sphären auf eine neue hybride Form hin konvergieren oder dauerhaft zwei Pole einer Öffentlichkeits-Sphäre bleiben werden. Aber ich werde weiter beobachten und versuchen, in meinem persönlichen Spagat eine Haltung zu finden, mit der ich einigermaßen stabil stehen kann, auch wenn alles in Bewegung ist.

Was den Don und seine Hau-Drauf-Taktik angeht, bin ich nach dem kurzen persönlichen Beschnuppern gestern bereit zu glauben, dass er diesen Wesenszug hauptsächlich in seinem Blog auslebt und offline ein sehr umgänglicher und smarter Zeitgenosse ist. Auch wenn ich manche der Kampagnen, die er im Rebellmarkt so fährt auch eher für najaa halte, habe ich doch Respekt vor seinem Engagement für die Bloggerszene, seinem klaren Blick für Mißstände und seiner enormen Fähigkeit zu pointieren. Dass in seinem umfangreichen Fanclub auch ein paar Hohlbohrer mitschwimmen, jo mei. Aber mit den meisten der Stammgäste drüben im Rebellmarkt würd ich wahrscheinlich jederzeit ein Bierchen trinken gehen.

... link  


... comment
 
Die einen bloggen ihre aus Nasensekret geformten Knetmännchen, die anderen den aus Biowolle gestrickten Pullover, warum soll es da nicht möglich sein, den Samstagabendfick zu bloggen? Lesen muss niemand, was er nicht lesen mag, schreiben muss niemand, was er nicht schreiben mag. Und ist es nicht allemale besser, über Geschlechtsverkehr zu berichten als Geschlechtsteile vom Körper zu trennen und darauffolgend zu verspeisen?

"Nein", schreit die Bloggerwelt, "wir wollen keine Säfte und kein Stöhnen", die Klickzahlen jedoch sprechen eine andere Sprache und in den empörten Diskussionen weiß ein jeder Bescheid, was die sexbloggende Drecksau zuletzt so alles trieb. Mein Herz ist rein, soll Schurwolle drin wohnen allein....

Ich mag Sex, ich mag Sexblogs - und es ist mir kein bisschen peinlich, so ehrlich zu sein.

... link  

 
Blut, Schweiß und Tränen
Sekretblogger sind mir oft noch die liebsten. ;-)

... link  

 
Ah, endlich!
Ich hatte gehofft, Sie noch hier begrüßen zu können, Frau Luise, bevor ich mich an die warme Rückseite meiner Frau schmiege. Natürlich muss es möglich sein, die Samstagabendnummer genauso selbstverständlich zu bloggen wie einen Strickpullover oder meinetwegen auch ausgekotzte Fellknäuel aus Katzenmagen. Wenn sich da Angebot und Nachfrage treffen, why not? Dazu kann man stehen, da braucht einem Blogger nix peinlich zu sein. Nicht mal mir die Tatsache, dass Sex für mich in Blogs nicht der premium content ist, dem ich aktiv hinterherscrolle. Das ist nun mal eines der Themen, wo mir "selbermachen" dann doch wesentlich wichtiger ist als "drüber schreiben" und "davon lesen". ;-)

... link  


... comment